Sonntag, 25. November 2018

Vespasian - Das Tor zur Macht - von Robert Fabbri

Weltmacht Rom. Ein Imperium der Politik, der Gewalt und der Dekadenz? Ja stimmt, aber Rom war auch vieles mehr. Wie jede Weltmacht gibt es immer zwei Seiten, die man übergeordnet betrachten und bewerten muss. Das Kaiserreich nach Augustus – insgesamt die Metropole Rom, war eine gefährliche Bühne – Brot und Spiele – Politik und Gewalt – Intrigen, Mord, Eifersucht, Hass. Als ein solcher Mittelpunkt in einer sozialen Struktur, lieferte diese Infrastruktur auch viel Dekadenz. Die sieben Todsünden – müssen sich recht wohl am Tiber gefühlt haben.

„Vespasian – Das Tor zur Macht“ von Robert Fabbri ist der zweite Band um die Person des späteren Kaisers Vespasian. Im Jahre 30. n. Chr. regiert noch immer Tiberius das Weltreich Rom. Der junge Tribun Vespasian der mittendrin in der Intrige um den Kommandeur der Prätorianergarde Seianus steckt, betritt mit seinen Freunden das Tor zur Macht - Rom. Es gibt verschiedene Interessengruppen, die die Nachfolge des Kaiserthrons anstreben und immer tiefer wird er in den Strudel einer hasserfüllten Politik, die auch vor Mord nicht zurückschreckt gezogen. Es gibt keinen Ausweg mehr. 

Wir alle kennen die großen Namen der berüchtigten und berühmten Kaiser von Rom. Augustus, Tiberius, Caligula, Nero...usw. Mit diesen Namen verbindet man viele nicht immer negativen Assoziationen wie: Mord, Krieg, Inzest, Orgien, sexuelle Ausschweifungen, Folter, Misshandlung und vieles mehr. Leider ist vieles davon faktisch überliefert. Höchstwahrscheinlich war es noch schlimmer, als die Quellen der Historiker es berichten. Legen wir darüber einmal den Mantel der Vergangenheit, nicht des Schweigens.

Im vorliegenden Band präsentiert uns der Autor Robert Fabbri ein verdorbenes Rom mit einem völlig psychopathischen Kaiser und der designierter Nachfolger, ist sein Freund und Schüler. Willkommen in der Familie. Rom mag zweifelsfrei dekadent gewesen sein, voll von völlig durchgeknallten Machtmenschen, die willkürlich mit einer bloßen Geste, einer Laune, einem Lächeln den Tod bringen konnten. Diese Botschaft kommt neben einer brillanten Spannung beim Leser an. Gut gemacht Herr Fabbri. Allerdings ist mir das zu einfach interpretiert und viel zu polarisierend. Rom hatte neben dieser dunklen Aura, auch eine sehr helle Seite – diese erreicht in „Vespasian – Das Tor zur Macht“ kaum die Oberfläche, der insgesamt spannenden Handlung. 

Der Unterhaltungswert ist immens groß. Spannend, abwechslungsreich und eine gewisse Konsequenz zeichnen auch diesen zweiten Band aus. Robert Fabbri hat das Talent mit seinem Stil, seinem Ausdruck und seiner zwar einfachen Sprache, einen Blockbuster zu erzählen. Wie auch schon im ersten Band, reihen sich hier  die Actionelemente nahtlos ineinander, aber überziehen die Handlung insgesamt nicht. 

Neben der Spannung, die der Autor transportiert, reitet auch eine prickelnde Angst mit und etwas abgrundtief. verdorbenes zeigt sich auch, als Tiberius sich seinen persönlichen Spielereiehen widmet und die Protagonisten zitternd vor Todesangst versuchen keinen Fehler machen. Hilflos, fast schon panisch – die Atmosphäre allerdings grauenhaft gut erzählt. 

Auch in der Handlung wird mein eine parallel zu dem großartigen Klassiker Ben Hur finden. Schauplatz diesmal nicht der Circus mit einem brutalen Wagenrennen, sondern eine Seeschlacht und natürlich Vespasian mitten drin. 

Durchgängig zeichnet der Autor Robert Fabbri ein authentisches Porträt aus dieser Epoche. Im Nachwort erklärt er auch, dass dieser historische Roman sich an den Historikern Suetonius, Tacitus und Cassius Dio orientiert. 

Robert Fabbris Bild von Rom ist schlüssig, aber auch sehr eindimensional. Rom ist hier nicht das helle Licht – sondern so wie es der Autor schildert – eine abgrundtiefe, mörderische und böse Weltmacht. Bedingt richtig – aber es wäre auch mal toll gewesen, die Vorzüge dieses Imperiums aufzuzeigen. Auch Tiberius hatte seine Erfolge und war höchstwahrscheinlich nicht immer das Monster, als das er hier gezeigt wird.

Herausragend auch hier die Figurenzeichnung. „Vespasian“ ist nun nicht mehr der unschuldige, einfache „Junge“ vom Land. Er tötet – er wird zunehmend kompromissloser, ehrgeiziger, grausamer – aber ist grundlegend noch immer sympathisch. Der Römische Adler hält ihn mal sanft, mal grausam in seinen Krallen. 

Fazit

„Vespasian – Das Tor zur Macht“ von Robert Fabbri ist ein Blockbuster im Genre historischer Roman – Subgenre: Römisches Reich. Sehr actionlastig, mit einer guten Figurenzeichnung überzeugt auch der zweite Band. 

Gute Unterhaltung. Um einiges realistischer als andere Romane – aber auch faszinierend böse.

Michael Sterzik




Samstag, 17. November 2018

Vespasian - Das Schwert des Tribuns - Robert Fabbri

Rom –26 n. Chr. Es gibt keine Republik mehr, regiert wird das Römische Reich durch Kaiser Tiberius. Und diese Epoche ist nicht weniger blutig und durch politische Intrigen zersetzt, als die vorherigen Bürgerkriege es schon vorgemacht haben. Die Legionen des Kaiserreiches kämpfen an verschiedenen Fronten, um die Grenzen des Imperiums weiter auszudehnen. Viele Staaten wurden mit konsequenter Brutalität annektiert – es gilt die Macht des Stärkeren, immer schon. 

Der britische Autor Robert Fabbri erweckt in seinem Debütroman: „Vespasian – Das Schwert des Tribuns“ erschienen im Rowohlt Verlag, das alte Rom. Es gibt inzwischen im Genre „Historischer Roman“ eine ganze Reihe von Autoren, die diese Epoche reanimieren wollen. Robert Fabbri – ist ein Autor, den man sich gut merken sollte. Sein sehr plakatives und vor allem lebendiges Bild des Kaiserreichs am Tiber, sowie die selbstbewusste und selbstverständliche Authentizität, die Robert Fabbri in diesem vorliegenden Band entwirft, verdienen hohen Respekt. 

Die Jugendjahre des späteren Kaisers Vespasian, der erstaunlicherweise eines natürlichen Todes starb, und seinen Militärischen Aufstieg inmitten einer traditionell verankerten intriganten Politik im Herzen des Imperiums erzählt, sind hochspannend. Als junger Tribun nimmt er Teil an der Zerschlagung einer Rebellion in Thrakien und erlernt dort das effektive und kompromisslose töten der Feinde Roms...

Robert Fabbris Perspektive eines kaiserlichen Roms ist schlichtweg großartig. Der erste Band dieser mehrteiligen Reihe überzeugt durch eine grandiose Spannung und einem hohen Wissen über die damalige Zeit. Er ist einer der wenigen Autoren, denen es gelingt schon in den ersten Kapiteln eine Atmosphäre aufzubauen, die einem völlig fasziniert. Ich war und bin sehr positiv erstaunt mit welcher Selbstverständlichkeit der Autor, dass Leben, die Politik, die Traditionen und auch die Religion in seiner Story einbaut. Absolut perfekt dosiert und faktisch überzeugend beschrieben, bekommt man sofort den Eindruck, dass der Autor weiß, wovon er schreibt. 

Die historischen Quellen, wissen relativ viel von diesen und jenen Kaiser dieser Epoche. Die römischen Historiker konnten uns viel Wissen ermitteln, aber dennoch gibt es Lücken. Im Nachwort zeigt Robert Fabbri darauf auf, dass er sich natürlich der schriftstellerischen Freiheit bedient hat, allerdings sind seine Interpretationen und Ideen absolut nachvollziehbar und entspringen nicht irgendwelchen abgedrehten Phantasien. Ansonsten hält sich der Autor gut an der verbürgten Biographie des späteren Kaisers. 

„Vespasian – Das Schwert des Tribuns“ braucht sich hinter den Werken eines Bernard Cornwell, oder eines David Gilman nicht zu verstecken. Im Gegenteil – absolut ebenbürtig verleiht er dieser römischen Epoche eine erzählerische, spannende Wucht, die überzeugt. Robert Fabbri Schilderung einer römischen Feldschlacht gehen unter die Haut. Historisches Breitbildkino in der man förmlich hört und spürt, wie tausende von römischen Legionären die brutale, militärische Tötungsmaschine Roms in Gang bringen. Der Autor nimmt hier kein Blatt vor dem Mund – der einzelne Legionär zählt nichts, dass Leben eines Soldaten – uninteressant. Die ethischen und moralischen Ideale und Vorstellungen verlieren an Gewichtung, wenn die Legionäre über siebenhundert Sperre den Angreifern entgegenschleudern, oder die Kurzschwerter in einer streng aufgebauten Formation zwischen den Schilden zücken müssen. Ach – und wer das berühmte Wagenrennen von dem Klassiker Ben Hur – noch kennt – das gibt es hier auch – aber um einiges besser geschildert. 

Robert Fabbri ist konsequent – es gibt kein Glanz und Gloria, keine romantisierten Vorstellungen, keine selbstlosen Heldentaten inmitten eines Schlachtfeldes. Es gibt wenige Autoren – die sich nicht davor scheuen, zu beschreiben, wie es ggf. gewesen sein kann – Robert Fabbri gehört ganz gewiss dazu. 

Die Figurenzeichnung von Robert Fabbri ist sehr, sehr gut. Stellenweise überzeichnet, aber Haupt- und Nebenfiguren tragen die inhaltliche Spannung gut verteilt auf den Schultern. Selbst an situativer Komik, die durch eine Nebenfigur immer mal wieder mit einer sarkastischen und frechen Note aufkommt, fehlt es nicht. 

Fazit

„Vespasian  - Das Schwert des Tribuns“ von Robert Fabbri gehört mit zu den besten historischen Romanen, die ich dieses Jahr gelesen habe. Geschichtlich Hochklassig – Unterhaltungswert in der ersten Liga und Spannung allgegenwärtig. 

Zu erwähnen sei noch, dass es dem Autor gelingt, dem Leser diese Epoche so schmackhaft zu machen, dass dieser mehr erfahren möchte. 

Unbedingte Leseempfehlung. Schlichtweg „Brillant“. 

Michael Sterzik



Freitag, 16. November 2018

Totenliste - Harald Gilbers

Der deutsche Autor Harald Gilbers, lässt in seinem neuesten Roman, seine Titelfigur Richard Oppenheimer erneut ermitteln. Schauplatz dieser Story ist das Ende des dritten Reiches – Berlin im Dezember 1946. Die Stadt ist in vier Besatzungszonen aufgeteilt – die alliierten Siegermächte: Amerikaner, Engländer, Briten und Franzosen geben einen zerstörten Deutschland ein Stück Hoffnung. Doch nach Hitlers großem Krieg – liegen die Großstädte im ehemaligen Nazideutschland in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau ist ebenfalls eine Zeit der Anstrengungen, des Mangels, des Hungers und des Elends. Ruinen in einem zerbombten Berlin, lange Schlangen vor Geschäften, florierender Schwarzmarkt, eine desillusionierte Bevölkerung. Wo bleibt da der Wille weiterzumachen, neu anzufangen? Wo beginnt auch das Vergeben und Vergessen, wann endet die Angst und wann entzündet sich der Funke zu einer kleinen Hoffnung auf ein besseres, neues Leben!? Doch es gibt auch die Schattenseiten in der Gesellschaft – der elementare Drang nach Vergeltung und Rache....

Wir können es in unserer aktuellen Komfortzone nur schwerlich begreifen, welche existenziellen Sorgen und Nöte unsere Urgroßeltern erlebt haben. Von Glanz und Gloria – nach dem Schrei für einen totalen Krieg – bleiben nur noch Staub und Schatten und eine Schuld, die man nicht wegdiskutieren kann. 

Harald Gilbers schildert in seinem neuesten Roman „Totenliste“, eine finstere kompromisslose Atmosphäre, die den Leser auch nachhaltig wie ein dichter Nebel umfängt. „Totenliste“ ist ein Kriminalroman – aber ebenfalls ein Stück deutscher, historischer Geschichte. Der vierte Band um den jüdischen Ex-Kommissar Richard Oppenheimer handelt von Rachegedanken – Der oder die Täter rechnen kompromisslos mit ihrer Vergangenheit ab. Die Morde sind brutal, die Symbolik identisch – die Täter grausam. Richard Oppenheimer beginnt mit seinen Ermittlungen in einem zerstörten Berlin – finden wird er „zerstörte“ Seelen...

Das realistische Bild von der jüngsten Nachkriegszeit und dem Wiederaufbau wird von Harald Gilbers perfekt projiziert. Das ist zwar unheimlich gut gelungen, allerdings versteckt sich die Spannung hinter diesem historischen Vorhang und kommt auch nur bedingt hervor. Die Story ist derartig zäh strukturiert und künstlich mit vielen Dialogen durchsetzt, dass es schwer ist einen Spannungsbogen zu folgen. 

Befasst man sich mit den Protagonisten, so gibt es davon eine Menge aus den drei vorherigen Titeln. Es sind zwar nur Nebenfiguren, aber dennoch sind diese phasenweise deutlich interessanter aufgestellt, wie die eigentliche Hauptperson „Oppenheimer“ selbst. Der alltägliche Wahnsinn und das Überleben der Bevölkerung sind die fokussierten Themen, die den Roman wirklich inhaltlich tragen. 

„Totenliste“ ist wie gesagt der vierte Band, dieser offenen Reihe und mit viel Abstand der schwächste. Vielleicht ist es auch an der Zeit aufzuhören und sich neuen Themen zu widmen. Ich glaube nicht, dass die Figur des Richard Oppenheimer strukturell und auch inhaltlich, noch viel neue Ideen parat hat. 

Insgesamt ist die Reihe außerordentlich gut – wer sich für diese Epoche interessiert, wird begeistert sein, wie Harald Gilbers nachhaltig eine authentische Stimmung schafft, die uns zeigt, woher wir kommen und welche Verantwortung wir tragen und auch in die nächsten Generationen transportieren sollten. 

Fazit

„Totenliste“ ist der schwächste Band dieser starken Reihe. Ein Kriminalroman ohne wirkliche Spannung – dafür mit einer historischen Wahrheit, die lange nachklingt. 

Michael Sterzik 



Samstag, 10. November 2018

Bluthaus - Romy Fölck

„Bluthaus“ ist der zweite Band um die beiden sehr unterschiedlichen Ermittler Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Die Autorin Romy Fölck setzt ihre Handlung nur wenige Wochen nach den Ereignissen in dem Titel „Totenweg“ fort. Gut gelungen, da die erzählerische spannende Grundstimmung aktiv bestehen bleibt. 

Die Handlung spielt regional im norddeutschen Raum und Mittelpunkt der Storyline hat diesmal nichts mehr mit der Vergangenheit der jungen Polizeibeamtin unmittelbar zu tun. Persönlich ist also Frida Paulsen nicht befangen, nicht in erster Instanz. Ihre alte Freund-Feindin Jo(hanna), die in Hamburg als erfolgreiche Privatdetektivin lebt und arbeitet, ist nun auf die Hilfe ihrer Freundin aus Internat Zeiten angewiesen. Eine ehemalige Beamtin des Landeskriminalamts verstirbt, schwerverletzt in ihren Armen. Kein Unfall – eindeutig brutale Verletzungen, die nur den Schluss zulassen, dass sie ermordet wurde. Jo weicht einer Mitarbeit mit Bjarne Haverkorn aus und verschwindet sang- und klanglos. Frida Paulsen versucht, die nun zur Fahndung ausgesetzte Freundin zu finden um den Mordverdacht aufzuklären...

Atmosphärische Spannung weht mit hohem Tempo durch die Handlung. Da die Vergangenheit einer Frida Paulsen nun nicht mehr im Mittelpunkt steht, ist der Personenkreis von Haupt- und Nebenfiguren etwas eingeschränkter. Sicherlich kommen die Eltern von Frida Paulsen vor, aber das war es auch schon an bekannten Nebenfiguren aus dem ersten Band. Insgesamt hat die Autorin Romy Fölck das Tempo ihrer Story stark erhöht. Es gibt Nebengeschichten, die aber weniger inhaltlichen Raum einnehmen und Bjarne steht mit seinen privaten Herausforderungen an erster Stelle. 

Romy Fölck ist eine raffinierte Autorin, sodass sie parallele Wege geht – wir klammern natürlich die Nebengeschichten aus. Die Vergangenheit drängt sich auch diesmal mit einem Mordfall an die Oberfläche und schon kombiniert die Autorin einen komplexen Plot. In dieser „zweiten“ Rahmenhandlung hätte ich mir gewünscht, dass diese mehr Raum einnimmt. „Bluthaus“ ist weniger blutig, dafür ein Stück weit mysteriöser. Ein altes, verlassenes Haus mit einer dunklen, dramatischen Geschichte, inmitten von einer von Wind und Meer geformten Landschaft – perfekt. 

Durch das extreme Tempo das die Autorin vorlegt, verringert sich die Spannung nicht, doch eine weniger rasante Fahrt durch die Handlung, hätte der Story und den Personen mehr tiefe gegeben.
Charakterliche Konzeption ist hochklassig. Spannung perfekt. Tempo...zu schnell. 

Für den nächsten Band empfehle ich, eine Handlung ohne kriminalistische Altlasten aus der Vergangenheit zu verwenden. Romy Fölck ist durchaus konzeptionell so flexibel, dass sie nach „Totenweg“ und „Bluthaus“  - einen neue, originelle Handlung entwickeln kann, zumal mal doch auffällt, dass der Showdown in „Bluthaus“ verwandtschaftliche Ähnlichkeiten zum seinem Vorgänger hat. 

Fazit

„Bluthaus“ ist ein starker Pageturner. Packend, stürmisch, wild und brutal. Minimal schwächer wie der Vorgänger, aber ich bin mir sicher, dass uns der dritte Band mit einer großartiger Spannung überfallen wird. 

Danke Romy Fölck. Großartig – Prädikat: Unbedingt sofort nach „Totenweg“ lesen. 

Michael Sterzik



Sonntag, 4. November 2018

Schwert und Krone - Zeit des Verrats - Sabine Ebert

Auf der Suche nach historischen Romanen, die das deutsche Mittelalter, unsere Vergangenheit unter der Herrschaft von Kaisern, Königen und dem Klerus, thematisieren, wird man auch noch viele Jahre später, die Romanreihe „Schwert und Krone“ von Sabine Ebert finden. 

Nicht nur finden – sondern man sollten sie auch lesen. Die zurzeit in Leipzig lebende Autorin, die bald ihren Wohnsitz nach Dresden verlagert, hat (noch) keinen Lehrstuhl an einer Deutschen Universität, oder Hochschule für das Thema „Mittelalter – Deutsche Geschichte. Mit ihrer Reihe um die familiären Dynastien der Staufer, Welfen, Wettiner u.a. Königshäuser, die das Römisch-Deutsches Kaiserreich regierten hebt sich Sabine Ebert von der breiten Masse des gemütlichen Genre „Historischer Roman“ ab. Kann man diese Reihe noch im Bereich der Belletristik zuordnen, oder transportiert man diese Titel doch besser ein paar Räume weiter in der Ecke mit den nüchternen, vielleicht wenig unterhaltsamen Sachbüchern? 

Die Autorin Sabine Ebert ist eine großartige Erzählerin. Ihr Stil, ihre Erzählkunst optimiert und entwickelt sich von Titel zu Titel weiter. Wenn man den eigenen Ansatz hat, eine Reihe so realistisch und authentisch wie möglich schreiben zu wollen, dann ist es unabänderlich, dass man sich plötzlich als recherchierender Detektiv zwischen Hochschulen, verstaubten Bibliotheken und beschädigten Buchdeckeln wiederfindet. Immer auf der Suche aufkommende Fragen aus irgendeiner Quelle abschließend beantwortet zu bekommen. Genauso geht die Autorin Sabine Ebert vor.

Im vorliegenden Band: „Zeit des Verrates“ beschreibt dieser dritte Romane aus der Reihe „Schwert und Krone“, die ersten Jahre des Königs und späteren Kaisers Friedrich Barbarossa. Der Staufer, der seine familiären Wurzeln auch im Adelsgeschlecht der Welfen hat und nun als gekröntes Oberhaupt über allen steht, hat es in den ersten Jahren schwer, seinen Volk Frieden zu bringen. Die Königs- und Kaiserwürde lastet schwer auf seinen breiten Schultern, aber er ist auch eine Persönlichkeit, die anfangs noch von Freund und Feind unterschätzt wird.

Die Autorin beschreibt die Anfangsjahre seiner Herrschaft geschichtlich absolut authentisch. Sabine Ebert fokussiert sich auf die charakterliche Persönlichkeit des Herrschers. Auch losgelöst von dem Titel Kaiser zeigt sie Friedrich als „Menschen“. Die Interpretation seiner Person ist genau wie die Storyline spannend und tiefgründig. Die Perspektiven der erzählenden Figuren lenken den Leser dazu, die Geschichte vollumfänglich und nachhaltig betrachten zu können. Die Abhängigkeiten, die sozialen und herrschaftlichen Strukturen der Adelshäuser zu beschreiben, war bestimmt die größte Herausforderung, da diese nicht nur über eine Ecke verästelt waren. 

Friedrich Barbarossa – war als Herrscher sehr ehrgeizig, er wirkte polarisierend, stark. Er wurde von seinen Freunden gefeiert und von Feinden gefürchtet, aber auch als Kaiser ist man abhängig von der Freundlichkeit und Gunst seiner Herzöge und Grafen, und ja auch der Papst möchte auf der politischen Bühne keine undankbare Nebenrolle spielen. Das führt natürlich dazu, dass manche Person des Adels aus seiner Komfortzone katapultiert wird und wer gibt schon gerne familiäre Herrschaftsgebiete auf!? Zeit heilt bekanntlich die meisten Wunden, doch Macht und Einfluss verlagert sich und drängelt die Opposition an die Oberfläche. Es kommt eine Zeit des Verrats – eine Zeit der heimlichen Besprechungen, der Funke innerer Rebellion....

Der Roman „Zeit des Verrats“ befasst sich mit dem „Verrat“ auf politischer Ebene, doch der Begriff Verrat beinhaltet noch mehr. Neben Kaisern und Königen, die dem Verrat ausgesetzt sind, handelt der Roman auch von „verratenen“ Frauen, die sich in jener Zeit entweder durchsetzen mussten, oder dramatisch untergegangen sind. Als Ehefrau hatte man ggf. einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf dem Adelsgatten, aber man konnte auch schnell an Macht, Würde und Einfluss verlieren und sich im Exil hinter Klostermauern wiederfinden, oder darauf hoffen, dass man der Milde und Wohltätigkeit eines Gönners hatte und irgendwie, irgendwo überlebte. 

„Zeit des Verrats“ von Sabine Ebert ist ein sehr politisch geprägter Roman. Staats-und Ländergrenzen verschieben sich. Titel verändern sich wenn man in Ungnade fällt und der Kampf um die dänische Königskrone wird nicht unblutig ausgefochten. 

Der Handlungsspielraum bewegt sich innerhalb eines Zeitkreises von fünf Jahren. Das römisch-deutsche Kaiserreich war nicht klein – und somit erweitert die Autorin die Handlung auch um den Einfluss Heinrich des Löwen, der ehrgeizig wie sein kaiserlicher Vetter die Augen auf das Herzogtum Bayern ausrichtet. 

Das Volk der Slawen, der Kampf um die Krone der Dänen, der Polenfeldzug und auch die Reise nach Italien zur Krönung in Rom finden hier ihren Auftritt.
Insgesamt ist der Roman: „Zeit des Verrats“ politischer wie seine Vorgänger, aber verliert zu keinem Zeitpunkt seine spannende Atmosphäre. Sabine Ebert interpretiert die starke Rolle einer Frau im Mittelalter authentisch und geht damit den realistischen Weg. Damit hebt sie sich selbstbewusst von der üblichen, romantisierten Form ihrer Kollegen ab. Ja, es gibt Herz-Schmerz-Passagen, aber die künstliche Theatralik gibt es in dem Drehbuch einer Sabine Ebert zum Glück nicht. Das Schicksal ist die Summe unserer Handlungen – trifft nicht unbedingt auf die Rolle einer Frau im Mittelalter zu. Emanzipation? Na ja...absolut in der Minderheit, doch die Autorin ermöglicht es ihren Leser einen tiefen Einblick in die sozialen und familiären Beziehung eines Adelsgeschlecht zu werfen, auch um diese realistisch zu verstehen. Es gibt da durchaus Abgründe. 

Sabine Ebert lässt ihre Figuren leben und reanimiert damit das Genre historischer Roman. Weiterhin versteht sie sich literarisch als die neutrale Schweiz, und verurteilt ihre Charaktere mit ihren nicht immer tollen Entscheidungen nicht. Sie ist eine neutrale Krisenberichterstatterin – weniger Fotos, dafür aber mit einer Sensibilität und einem Gesamtblick auf das wesentliche. Die Unterhaltung kommt garantiert nicht zu kurz. 

Es gibt aber durchaus auch etwas zu bemängeln: Persönlich fehlen mir hier kurze Momentaufnahmen, die sich auf die Bürger des Kaiserreiches beziehen. Bei all diesen Streitereien um Macht und Einfluss, muss sich das ja unmittelbar auf die Bevölkerung auswirken. Kaufmänner, Handwerk, Landwirtschaft, Bürger, usw. all das wird leider kaum thematisiert. Fiktive Personen, die dass Spiel um die Throne aus der einfachen Perspektive betrachten, wäre außerordentlich interessant. 

Zu guter Letzt und vor dem Fazit: Die Autorin fügt ihrem Werk einen umfassenden Anhang hinzu: Die Stammtafeln der Adelshäuser, die Quellenangaben für weitere Fachliteratur, eine komprimierte Zeittafel und natürlich ihr persönliches Nachwort und Dank runden das Bild ab. Sabine Ebert ist Autorin, aber ich denke, sie könnte sich dazu auch bequemen irgendwann vor Studenten zu referieren. Damit ist sie einer der wenigen nationalen Autoren, die es schaffen den Spagat zwischen Belletristik und Fachliteratur perfekt auszuüben. 


Fazit

„Schwert und Krone – Zeit des Verrats“ von Sabine Ebert ist ein brillantes Werk, dass nachhaltig die deutsche Geschichte Vorurteils- und wertfrei und verdammt spannend erzählt. 

Brillanter Geschichtsunterricht und man hat wirklich Lust auf ein ganz langes Nachsitzen. Danke Sabine Ebert – Sie sind eine Historikerin geworden, die uns brillant gefangen nimmt. Danke für die tolle Unterhaltung.


Michael Sterzik