Ist das „Böse“ in uns von
vornerein ein fester Bestandteil unserer Neurologie? Liegt der Schlüssel zum
Bösen in einer kryptischen Verkettung innerhalb unserer DNA? Welche sozialen
Muster und genetischen Risikofaktoren sind bei Trieb- und Serienmördern
analysiert worden um vielleicht die Auslöser zu erkennen und ggf. abschalten zu
können?
Ist das Böse die Summe von
insgesamt dramatischen Traumata und schrecklichen Erlebnissen, die in uns die
Tür zur dunklen Seite öffnen? Heilbar – oder gibt es schlichtweg keine
medizinischen Möglichkeiten in Form von Therapien, oder neurochirurgischen
Operationen, die das Böse ausknipsen können!?
Interessante Gedanken,
oder?! Doch dies ist keine Fiktion, kein Science Fiction – die Wissenschaft
forscht schon relativ lange auf diesem Gebiet und noch immer dringt diese in
Bereiche vor, die uns noch völlig hilflos und mit vielen Fragezeichen dastehen
lassen.
Warum faszinieren uns
gewissenslose und grundlose systematische mordende Menschen so sehr? Können wir
ggf. auch Sympathien für diese „Monster“ entwickeln, wenn diese „Bestie“
ihresgleichen jagt?
Im Genre „Thriller“ tummeln
sich viele Serienmörder – viele davon haben realistische Vorbilder, die
inzwischen zum Kulturgut in der Literatur und Film gehören.
Das in Bremen lebende
Schriftstellerehepaar „Alex Thomas“ beschreibt in ihrem neuesten Roman : „So
finster der Zorn“ das „Böse“ in nicht abstoßendem Auftreten. Im Gegenteil –
auch wenn deren Hauptfigur: Paula Tennant, Agentin der fiktiven Behörde ISA den
Serientäter „Ghost“ jagt, so kann diese nicht ihr Gewissen abschalten.
Selbstjustiz eines Mörders, der seinesgleichen foltert und brutal exekutiert –
Die Waage der Gerechtigkeit und der Vergeltung wechselt immer mal wieder die
Gewichtung und Paula Tennants moralischer Kompass verfängt sich in einem
anziehenden und erbitternden Bereich, der sie selbst ängstigt.
Dieser dritte Band mit der
Hauptfigur Paula Tennant und dem „Gost“ ist ein komplexer, hochspannender
Pageturner. Ihre mörderische Beziehungskiste ist salonfähig und das
Autorenehepaar katapultiert die Figur des „Ghosts“ in den Hochadel der
Serienmörder. Selten hat man in der Literatur mit einem Serienmörder
sympathisiert – in der sogenannten Todeszone zwischen Gut und Böse, kann man
schon mal in einem emotionalen Minenfeld hochgehen.
Die Spannung in dem Titel:
„So finster der Zorn“ in omnipräsent – sehr lobenswert allerdings ist der Stil
des Autorenehepaars, die für sie ganz selbstverständlich Faktion und Fiktion
auf wissenschaftlicher Art locker in einem spannenden Roman einbauen. Gar nicht
überfrachtet, oder völlig übertrieben – sondern immer schön auf den Boden der
Tatsachen bleiben. Der Leser wird nicht nur die Identität des „Ghost“
kennenlernen, sondern auch an seiner Vergangenheit teilhaben können. Damit
verwischen sich die internen Grenzziehungen und Paula Tennant verläuft sich in
einem Nebel ihren Gewissens und ihrer beruflichen Pflicht. Ein „Exit“ aus
dieser nicht unbequemen Situation möchte sie sich anscheinend nicht unbedingt
nähern.
Die bestehende Trilogie ist
komplex, aber nicht irreführend – es gibt ggf. mehrere Ausgänge und wenn nicht
– Paula Tennant könnte in ihrem emotionalen Dschungel neue Wege bahnen – diese
könnten aber verdammt „endlich“ werden.
Weiterhin eröffnet sich dem
Leser ein völlig neues Handlungsfeld, dass auch in dem vierten Band weiter
ausgebaut werden dürfte – die Wissenschaftlichen Thesen und medizinischen
Möglichkeiten die Psyche zu kontrollieren? Ob nun mit neurochirurgischen Operationsbesteck,
oder der traditionellen Couch beim Therapeuten bleibt noch offen. Informativ
und innovativ allemal – Großartiger Schlenker.
„So finster der Zorn“ auch
sein mag – er ist hochspannend, tolle Charakterzeichnung und toll
wissenschaftlich mit einigen Fakten durchsetzt. Ich hätte mir allerdings
gewünscht, dass der „Ghost“ mehr erzählerisches Volumen bekommen hätte.
Vielleicht lässt sich ja mal über eine Vorgeschichte nachdenken?
Stellenweise bedienen sich
die Autoren aus dem Fundus anderer Ideen, die schon in anderen Titeln, ggf.
leicht abgewandelt erfolgreich eingesetzt wurden, aber größtenteils
verwirklichen sie ihren eigenen Stil. Bravo – weitermachen J
Wir werden beim lesen diesen
Titels in einem imaginären Wartesaal zwischen den traditionellen Ein- und
Ausgängen zwischen Gut und Böse sitzengelassen. Man wird nachhaltig dazu
aufgefordert, sich zu fragen: „Wie würde ich ggf. an Paula Tennants Stelle
reagieren? Das Böse mit dem Bösen zu bekämpfen – ist das eine Alternative, oder
eine Verzweiflungstat!? Was passiert wenn man der Legalität ausweichen muss, um
die Ausfahrt zur Gerechtigkeit nicht zu verpassen!?
Fazit
„So finster der Zorn“
handelt von einem Serienmörder, der, der nette böse Mann von Nebenan sein
könnte (es aber nicht ist). Eine Figur, die wenn wann sie noch weiter ausbaut
in den literarisch-kulturellen Hochadel berufen sein könnte.
Hochspannender Pageturner –
Wissenschaftlich interessant – Grenzüberscheitende Emotionales Minenfeld.
Perfekte Unterhaltung.
Michael Sterzik
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