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Samstag, 9. April 2011

[Rezension] Fever - Schatten der Vergangenheit (Douglas Preston/Lincoln Child)

Fever – Schatten der Vergangenheit (Douglas Preston/Lincoln Child)

Die amerikanischen Autoren Douglas Preston und Lincoln Child haben mit Ihrer Figur des immer eleganten, hochintelligenten und geheimnisvollen Special Agent Pendergast, einen „Helden“ geschaffen, der sich nun nach bisher 9 Bänden berühmt nennen darf.

Das Autorenduo schreibt seit einigen Jahren sehr, sehr erfolgreich wissenschaftliche, mystisch bekleidete Thriller, die neben der Spannung auch mit Geheimnissen glänzen, die eigentlich keine sind. Doch so geschickt wie die beiden ehemaligen Lektoren Preston/Child ihre Geschichten erzählen, lassen diese ihre Rätsel und manchmal auch Legenden, auf einer perfekt inszenierten Bühne spielen. Doch auch die Protagonisten die sich mehr oder minder in fast allen Pendergast-Romanen wiederfinden, haben einen sympathischen Wiedererkennungswert, doch sie sind weder unsterblich noch verfügen sie übermenschliche Eigenschaften.

Schon in der Diogenes-Trilogie erfährt der Leser mehr über die Familiendynastie der Pendergasts und oh ja – es ist nicht alles Gold was glänzt. Die Abgründe der Familie mit ihren Dramen wirken so herrlich ehrlich und lassen den perfekt erscheinenden Pendergast oftmals doch recht hilflos zwischen den Kapiteln handeln. Gerade das ist hinsichtlich einer persönlichen Entwicklung von Pendergast ein kluger Weg, denn wie heißt es doch „Nette Männer kommen in den Himmel, Böse überall hin“.

Auch im vorliegenden 10 Band der Pendergast-Reihe eröffnet sich mit „FEVER – Schatten der Vergangenheit“ eine neue Trilogie um den außergewöhnlichen Mann, der immer gekleidet in einem schwarzem Anzug, den Eindruck eines Totengräbers macht, die zweite Saga. Nun aber wird es noch persönlicher, denn hier erfahren wir noch mehr über Special Agent Pendergast.

Inhalt

Musalangu, Sambia: Aloysius und Helen Pendergast die seit zwei Jahren verheiratet und verbringen eine Jagdsafari in einem afrikanischen Wildpark. Das junge Ehepaar wird gebeten sich an einer Jagd auf einem menschenfressenden Löwen zu begeben. Dieser hat bereits einen Touristen getötet und verschleppt und somit werden die Pendergast gebeten die Leiche zu finden und den Löwen zu töten.

Doch die Jagd auf den Löwen endet tragisch. Helens Waffe versagt und sie wird durch den Löwen in Stücke gerissen, ihr Mann schwer verletzt. Nun 12 Jahre später als Pendergast den Familiensitz besucht, schwelgt der FBI Agent melancholisch über das Inventar dieser Räume. Vor dem Waffenschrank stehend fällt ihn die Krieghoff-Doppelbüchse seiner getöteten Frau auf. Das herrliche Gewehr, eine Sonderanfertigung für Helen weckt Erinnerungen an eine schöne, scheinbar unbeschwerte Zeit herauf. Als Pendergast das Gewehr in den Händen hält und mit der Reinigung der Waffe beginnt, fällt ihm auf, dass das Gewehr sabotiert wurde. Damit wird Pendergast klar, dass dieser Unfall ein sorgsam inszenierter Mord gewesen ist. Helen Pendergast wurde von irgendjemanden ermordet – sie hat nicht daneben geschossen, denn es waren Platzpatronen in den Doppelläufen dieses großkalibrigen Gewehres.

Pendergast will den oder die Mörder zur Rechenschaft ziehen, auch wenn es, dass weiß er, die Spur nach 12 Jahren eher schwer bis gar nicht zu rekonstruieren ist. Pendergast bittet seinen alten Freund und Weggefährten Lieutenant Vincent D’Agosta um Hilfe. Vincent lässt sich vom Dienst bei der Polizei New York freistellen und begleitet ohne viel Fragen zu stellen Pendergast auf seinem ganz persönlichen Kreuzzug ins ungewisse. Die Reise führt die beiden Ermittler über Afrika wieder in den Süden der USA.

Die letzten Monate ihres jungen Lebens verbrachte die junge Ärztin Hellen auf der Suche nach dem einzigartigen und nun verschollenen Bild eines berühmten Tiermalers. Bei ihren Recherchen erfahren die Pendergast und D’Agosta, dass Helen unkonventionelle Wege beschritt und auch vor Diebstahl eines Papageis nicht zurückschreckte. Was suchte und erforschte die junge Frau, eine talentierte Ärztin die quasi ihre Laufbahn noch vor sich sah und letztlich nichts anderes wurde als den brutalen Tod in afrikanischer Steppe.

Mit jedem Schritt der beiden kommen sie Helens Mörder näher und als sich die Spur immer weiter verdichtet, werden sie durch einen Scharfschützen unter Beschuss genommen und einer von den beiden tödlich verletzt....

Kritik

„Fever“ von Douglas Preston und Lincoln Child ist routiniert gut, zwar überrascht es noch nicht, aber es ist ja auch der erste Band einer Trilogie um Pendergast. Doch haben Sie keine Sorge: Für spannende Unterhaltung ist gesorgt, denn die beiden Erfolgsautoren wissen wie man die Leser faszinieren und begeistern kann.

So spannend wie „Fever“ auch ist, manchmal übertreiben es die Autoren mit ihrer Fantasie. Durch das hohe Tempo das Preston und Child der Handlung und ihren Protagonisten auf den Leib schreibt, fallen diverse erzählerische Schnitzer gar nicht großartig ins Gewicht. Zwar fallen sie auf, aber nur zwei, drei Seiten später sind sie vergessen. Zum Beispiel finde ich es höchst merkwürdig, dass das Gewehr von Helen erst nach 12 Jahren aus dem Waffenschrank geholt wird. Kann es sein, das diese nie wieder wirklich benutzt oder gereinigt worden ist? Der Haushalt der Pendergast läst also die „Sauberkeit vermissen?!

Die Rezeptur der Handlung ist gleich, der Geschmack allerdings deutlich intensiver wie in den letzten Romanen mit dem routinierten Pendergast. Wie schon in der „Diogenes-Trilogie“ wird es nun sehr persönlich für den Agenten, eigentlich noch viel persönlicher, denn seine Frau wurde schließlich ins Jenseits befördert. Also kein Wunder das Pendergast manchmal seine formvollendeten, kulturvierten Manieren über Bord schmeißt.

In „Fever“ lernen wir einen Pendergast kennen der von Rache getrieben jenseits der Legalität ermittelt, dass ganz bewusst und ohne zu zögern. Selbst vor psychischer Folter macht er keinen Halt und wer ihn hier in die Quere kommt, der wird „geärgert“. Pendergasts Charakter ist schwierig zu entwickeln, also sollte möglichst ein dramatischer Schicksalsschlag hier die Routine durchbrechen können. Damit ist Pendergast nun aufgefordert auch über seinen Schatten zu springen und es überraschte mich, den gutgekleideten Agenten mal drastischer handeln zu sehen.

Die anderen Charaktere allerdings bewegen sich auf sicherem Terrain. Hier fällt niemals wirklich aus seiner bisherigen Rolle. Einzig und allein eventuell und nur ein wenig wird Laura Hayward, ebenfalls Polizistin und Freundin von D’Agosta gefordert. Die Zusammenarbeit mit Pendergast fällt ihr schwer, zumal die gute von ihm zwar wenig eingeschüchtert ist, doch es nicht verzeihen kann, dass ihr Freund fast seine Karriere zerstört für ihn. Nach und nach allerdings bricht das Eis zwischen den beiden.

Die Schauplätze der Handlung wechseln wie eh und je. Für meines Erachtens ist es aber zu schnell. Ähnlich wie bei einer Schnitzeljagd wechseln Pendergast und D’Agosta die Linienmaschinen und die Kontinente. Klar, Tempo muss sein, aber hier bleibt mir dann die Plausibilität auf der Strecke stehen.

Auch wenn bei „Fever“ die Hintermänner schnell aufgedeckt werden und man die eine oder andere Überraschung erlebt und sehr schnell klar ist, wer auf die Seite der „Bösen“ gewechselt ist, bleibt es spannend. Der mittlere Teil dieser Trilogie wird eine Duell sein, zwischen Pendergast und jemanden den er bisher vertraut hat. Das Pendergast diese Auseinandersetzung überlebt ist logisch, denn es wird ja schließlich noch einen dritten Teil geben.

Fazit

„Fever – Schatten der Vergangenheit“ von Douglas Preston und Lincoln Child ist deutliche Steigerung zu den letzten beiden Bänden aus der Pendergast-Reihe.

Es wird persönlich und damit wird der Handlung und der Person Pendergast quasi alles an Möglichkeiten und Freiheiten gegeben sich zu entwickeln. Auch die Überraschungen und die dunklen Familiengeheimnisse werden hier wie bei der Diogenes-Trilogie wieder ihren festen Platz haben.

„Fever“ ist ein starker Pageturner mit einem dunkeln Pendergast der sich ziemlich nahe an seinem ganz persönlichen Abgrund befindet.

„Fever“ ist wie ein leicht steigendes Fieber. Ein heißer Garant für unterhaltsame und spannende Lesestunden.

 Michael Sterzik






Freitag, 1. April 2011

[Rezension]Die letzen Tage Jesu - Protokoll einer Hinrichtung (Nick Page)

Die letzten Tage Jesu – Protokoll einer Hinrichtung (Nick Page)


Das Osterfest nähert sich und mit diesen christlichen Festtagen verbinden wir den Tod und die Auferstehung eines Mannes der Frieden und Liebe gepredigt hat, der verraten, verkauft und getötet wurde. Dieser Mann ist unsterblich geworden, sein Name, sein Opfer, seine Worte sind der Grundstein einer Religion geworden, in deren Namen viel Recht aber auch Unrecht geschieht.

Die historische Person, sowie der Mensch der Jesu von Nazareth nun war, ist historisch durch Quellen belegt. Sein Wirken und Handeln imponierte idealisierte Menschen zu großartigen Taten, seine Wunder werden im neuen Testament und in den vier Evangelien gerühmt. Doch immer wieder stellen sich Bibelforscher, Historiker und ein jeder die Frage, wie waren wohl die letzten Tage, die letzten Stunden und Momente dieses Mannes, der von der örtlichen Aristokratie vor Gericht gezerrt wurde, von der römischen Besatzungsmacht gefoltert und gekreuzigt wurde?

Der britische Autor Nick Page beschreibt in seinem im Verlag Pattloch erschienenen Verlag die letzten Woche Jesu – das heißt – vom Einzug in Jerusalem bis zur Interpretation einer Auferstehung nach seinem grausamen Tod am Kreuz auf Golgatha.

„Die letzten Tage Jesu – Protokoll einer Hinrichtung von Nick Page ist kein religionswissenschaftliches Buch, genauso wenig findet man hier wirre, spirituelle Ansätze. Der Autor geht auch nicht fiktiven Thesen ein, sondern stützt sich auf archäologische Quellen, tatsächlichen Personen und Regionen, aber auch die Augenzeugenberichte die als Grundlage der Evangelien zu sehen sind, finden hier eine äußerst interessante und logische Grundlage.  Es ist ein Buch das den gegenwärtigen Wissenstand um das Leben und Sterben dieses einzigartigen Mannes faktisch plausibel und mit einer großen Wahrscheinlichkeit wiedergibt.

Nick Page erzählt von einem reellen Jesus, keinen Mythos oder einer Metapher, auch nicht über ein Symbol oder eine Legende.

Nein, Nick Page gibt nicht nur Jesus ein Gesicht, sondern einer ganzen Kultur, einer ganzen Region die alles andere als friedlich und einträchtig gelebt hat. Nick Page gibt den Menschen, egal ob es sich um Pontius Pilatus handelt oder um den Hohepriester Kaiphas, jede Person und jedes Interesse der jeweiligen Volksgruppen die dort mehr oder weniger nebeneinander zusammengelebt haben, wird analysiert und interpretiert. Für die einen war Jesus eine Persona non grata, ein Politikum dem man sich schnell entledigen musste, denn auch schon vor zweitausend Jahren gab es wirtschaftliche Gründe, auch in der Religion, die vor mit Kalkül geplanten Mord nicht zurückschreckten. Hinter Jesus steckt eine interessante Geschichte die er hier sehr, sehr spannend erzählt.

Wir wissen alle wie tragisch und schmerzhaft das Leben Jesus endete. Doch lesen Sie dieses Buch und verfolgen sie die letzten Momente eines Mannes, der mit der Predigt des Königreichs Gottes eine sagenhaften Bruchlandung im Römischen Imperium hinlegte, aber genau wusste was er tat, bis zum letzten Atemzug am Kreuz.


 
Fazit


 
„Die letzten Tage Jesu“ von Nick Page sind zeitlich genau getaktet und der Leser wird wie in einer Fremden Stadt die letzten Tage Jesu, seine letzten Spuren verfolgen können. Er wird teilhaben an politischen Machtkämpfen, er wird begreifen das Pontius Pilatus gar nicht anders handeln konnte, wenn er nicht einen Aufstand und damit das vernichtenden Urteil eines Imperators in Rom riskieren wollte.

Es ist ein sehr professionelles Buch, das nicht nur für gläubige Menschen evtl. eine neue Perspektive präsentiert, sondern auch jedermann davon überzeugt das Geschichte sehr spannend ist, wenn man riskiert über den Tellerrand zu schauen um ein umfassenden Bild zu bekommen.

Hier wird Religion und Geschichte mit Politik und Gewalt kombiniert. Nick Page schildert die letzten Tage dieses eindrucksvollen Mannes ohne Heroismus, und konzentriert sich dabei an Fakten die man schwerlich leugnen kann.


 
Autor


 
Nicke Page ist Bestseller-Autor, Kreativ-Berater und Informations-Designer. Er lebt mit seinen drei Töchtern und seiner Frau Claire in Eynsham, einem kleinen Dorf in der britischen Grafschaft Oxfordshire. Mittlerweile hat er mehr als sechzig Bücher veröffentlicht, unter anderem den HarperCollins Atlas of Bible History. In Deutschland wurde Nick Page vor allem mit Bibelblatt – Der Weltbestseller in Schlagzeilen bekannt. Die Church oder England Newspaper schrieb anlässlich seines Buches Die letzten Tage Jesu: „Nick Page ist ein sehr erfahrener, technisch brillanter und akribischer Autor. (Verlagsinfo)
 

 
Michael Sterzik



Freitag, 4. März 2011

[Rezension] Die Blutsäule (Iris Kammerer)

Die Blutsäule – Iris Kammerer

Die Domhauptstadt Köln ist immer einen Besuch wert und die über 2000 Jahre alte Stadt am Rhein hat viel zu erzählen. Natürlich beherrscht die Kunst, sowie auch die Kultur diese Metropole und natürlich ist der Kölner Dom das traditionelle Ziel vieler Touristen.

Der Kölner Dom gehört zu den weltweit größten Kathedralen im gotischen Stil und seit 1996 gehört dieses imposante Bauwerk zum Weltkulturerbe der Unesco.

1248 wurde der gotische Bau vom Dombaumeister Gerhard von Rile begonnen. Sein Vorbild war die Kathedrale von Armiens. Er war der erste der Dombaumeister von Köln.

Iris Kammerer die schon brillante historische Romane wie „Varus“, und u.a. „Der Tribun“ erfolgreich verfasste und die bereits in mehreren Auflagen erschienen sind, lässt in ihrem neuesten Roman „Die Blutsäule“ die Stadt Köln und den Dombaumeister Gerhard von Rile eine Hauptrolle spielen.


 
Inhalt


 
Köln 1248: Der noch sehr junge Baumeister Gerhard von Rile hat in der Stadt am Rhein den Auftrag angenommen, eine prachtvolle Kathedrale zu errichten. Die Stadt Köln entwickelt sich rasant. Sie ist zu einem Magnet für Handwerker und Kaufleute geworden die im Schatten dieses Doms Reichtum und Rum wittern. Die Konflikte zwischen Klerus und Bürgerschaft nehmen zu und auch Gerhard von Rile und sein Neffe Gerwich geraten schnell zwischen die verfeindeten Fronten, genauso wie der eigentliche Stadtherr – der Erzbischof.

Als Gerwich unmittelbarer Zeuge eines Mordes wird, und dieser kein Einzelfall bleibt, überschlagen sich die Intrigen und Ereignisse innerhalb der Stadtmauern. Die beiden Predigermönche Albert von Lauingen und sein noch jünger Schüler Thomas von Aquin helfen Gerwich bei den Ermittlungen. Doch kein weltlicher Richter wird über die Verdächtigen urteilen können. Denn die „Blutsäule“ entscheidet letztlich über das Schicksal, über Schuld und Sühne der potentiell verdächtigen Personen.

Als „Gottesurteil“ soll diese Säule an der Jesus Christus gemartert und ausgepeitscht wurde, dienen. Denn das heilige Blut soll den Stein getränkt haben und den wahren Sünder entlarven oder freisprechen können.

Die Kölner die endlich Ruhe und Frieden in der Domstadt haben möchten, und die nicht zuletzt durch die Anbetung von Reliquien an Tourismus und Handel gut verdienen handeln durch Aberglauben gehetzt etwas vorschnell. Als der regulär durch die Blutsäule entlarvte Täter identifiziert und gefangen wird, und trotzdem noch weitere Morde geschehen, überschlagen sich die Ereignisse....


 
Kritik


 
Iris Kammerer hat ihren Schauplatz hervorragend gewählt. Köln sprüht ja förmlich über von Geschichte, aber nicht nur durch die auch schon damals im Jahre 1248, gab es umfangreiche Intrigen unter den Kaufleuten, Handwerkern, den Stadträten. Auch die Kirchenväter wollten an den Touristen ihren Profit weiter ausbauen, und die Gewinnung von Macht und Einfluss rief doch weltliche Motivationen hervor.

Die Autorin hat wie schon erwartet hervorragend recherchiert und wer Köln kennt, wird im Lesen quasi an die Hand genommen und gleich durch die Domstadt spaziert. Hjer nimmt das Mittelalter Gestalt an, die Gassen, die verschiedenen Straßen und Plätze, der Bau des Kölner Doms – all das entwickelte sich in eine ungemein dichte Atmosphäre.

Doch nicht nur die Kunst und Kultur spielt in „Die Blutsäule“ eine tragende Rolle. Auch die Menschen die in dieser Metropole lebten, hat die Autorin realitätsnah und vielseitig aufleben lassen. Zudem Iris Kammerer noch sehr beispielhaft und sagen wir es ruhig, sehr lebhaft uns an deren täglichen Leben teilhaben lässt. Da wie immer die Kirche ihre Schäfchen leitete und führen wollte, wird das Thema Aberglauben hier auch stark thematisiert.

Das eine Säule einen Verbrecher entlarven oder einen Unschuldigen retten könnte, ist für unseren Intellekt nur schwerlich nachvollziehbar, doch für viele Personen im 13 Jahrhundert und auch noch später hatte der Glaube an Wunder und Reliquien eine immense Gewichtung. Doch nicht alle waren so gutgläubig, natürlich gab es auch Menschen die mit einer gewissen Skepsis solchen Wundern begegneten, aber ungefährlich war das freilich nicht. So oder so, dass Mittelalter war ein prägende Epoche, ein Zeitraum in der Kunst und Kultur, und natürlich auch die Architektur wahre Quantensprünge vollführte.

„Die Blutsäule“ von Iris Kammerer ist ein abwechslungsreicher und sehr, sehr spannender Roman der zu überzeugen weiß. Die Stadt am Rhein lebt hier auf, die Menschen und deren Schicksale werden vielfältig und überzeugend auf die frühmittelalterliche Bühne geworfen.

Es ist kein historischer Kriminalroman wie vielleicht der Leser ihn hier erwartet. Iris Kammerers Stil ist weit vielfältiger. Im Vordergrund stehen die sozialen Verflechtungen, die Intrigen der Händler, der Kampf um Macht und Einfluss in dieser Großstadt die alles dafür tut um wachsen zu können

Dem Leser wird Gerhard von Rile begegnen, der erste Dombaumeister zu Köln von dem nicht wirklich viel bekannt ist, aber viel vermutet wird. Iris Kammerer gibt diesen und anderen historischen Persönlichkeiten ein gewisses Gesicht, dass der Vergangenheit durchaus entsprechen könnte. Thomas von Aquin und Albertus Magnus sind zwei der herausragenden Geistliche denen hier die Autorin die Gelegenheit gibt in dieser Geschichte mitzuspielen.


 
Fazit


 
„Die Blutsäule“ von Iris Kammerer ist grandios und überzeugt nicht nur durch Spannung und Abwechslung in ihrem Roman, sondern auch durch eine sichere und realitätsnahe Beschreibung des Mittelalterlichen Kölns und seiner Bewohner.

Am liebsten möchte man sich auf den schnellsten Weg nach Köln begeben, um die Atmosphäre in der Nähe des Doms zu spüren, zu begreifen wie faszinierend und spannend eine Autorin „Köln“ beschreiben kann. 



Michael Sterzik




Sonntag, 27. Februar 2011

[Rezension] Nephilim (Asa Schwarz)

Nephilim – Asa Schwarz

Greenpeace ist berühmt, fast schon berüchtigt sind die Aktionen der Umweltaktivisten. So auch Nova Barakel, die junge Frau stürmt zusammen mit einigen gleichgesinnten „Kollegen“ die Wohnung des Vorstandsvorsitzenden von Vattenfall, um einem der größten Klimasündern eine Lektion zu erteilen. Allerdings verläuft die Aktion alles andere wie geplant. Der Geschäftsmann und seine Frau sind daheim, nur findet Nova diese beiden Menschen brutal ermordet und geschändet vor.

Wie eine makabres Theaterbild arrangiert und ins beste Licht gerückt, liegen die beiden Geschäftsleute auf dem Bett. Hinter ihnen an der Wand zeigt sich ein mit Blut und Exkrementen verfasstes Bibelzitat über die Sintflut. Zu Tode erschrocken flieht die junge Frau vom Tatort. Hals über Kopf die Wohnung verlassend hinterlässt sie einige persönlichen Spuren, so dass die Kriminalpolizei leichtes Spiel hat und sie als mutmaßliche Täterin sieht.

Nova Barakel die kürzlich ihre Mutter durch einen Unfall verloren hat und seit kurzem Vollwaise ist, sieht nur die Chance ihre Unschuld zu beweisen in einer recht eiligen Flucht. Novas Probleme sind aber noch vielfältiger – ihre Mutter die in ihrem Erbe das Vermögen geteilt hat, hat eine Organisation mit dem Namen FON bedacht und diese behauptet steif und fest, dass ihre Mutter und auch sie selbst direkte Nachkommen von gefallenen Engeln sind.....


 
Kritik


 
Wer hier einen Ökothriller vermutet, liegt total daneben. Hier reihen sich wie die Lemminge die verschiedenen Genres die Hand. Thriller, Horror, Fantasy, Mystery von allen etwas, aber von jedem zu viel oder zu wenig.

Sicherlich gibt es akute Umweltprobleme die nicht von der Hand zu weisen sind, aber in diesem Roman sind sie thematisch überflüssig. Mit einigen Details spielt die Autorin Asa Schwarz gekonnt ihre eigene Interna aus und weist mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Probleme und evtl. Lösungen die ein jeder nicht nur einmal bisher gehört hat. Nebenbei gibt sie einen Exkurs in Bibelgeschichte und katapultiert die Leser in das Alte Testament inmitten der Geschehnisse von Noah und seiner Arche.

Das die Engel und deren Nachkommen alles andere als eine reine Weste haben, wird hier schnell deutlich, doch ihr Motiv ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass eine aufkommende Atmosphäre schon im Keim erstickt. Die Handlung überschlägt sich mit Flucht, Gefahr, späteren Intrigen und den persönlichen Problemen einer Polizistin, deren „Liebster“ ein Pathologe natürlich auch der Nachkomme eines gefallenen Engels ist.

So richtig konnte sich die Autorin scheinbar nicht entscheiden und so ist „Nephilim“ nichts anderes, als ein schlecht gewebter, löchriger Flickenteppich.

Tja, und wer hier erwartet, etwas mehr über die Sintflut, deren Ursache und den überlebenden „Engeln“ und deren Nachkommen, zu erfahren, der wird außer ein paar, wenig plausiblen und auf Fakten basierende Erklärungen stoßen.
Auch wenn das Thema „Übernatürlichkeit“ immer gerne in Romanen aufgegriffen wird, so wird es hier doch eher missbraucht.

Die Story ist vorhersehbar, unlogisch und absolut eindimensional erzählt. Die Protagonisten wenig wirklich greifbar und alle weder sympathisch noch unsympathisch, sie sind einfach nur da und handeln, aber wirkliches Mitgefühl empfindet man hier in keiner Situation.


 
Fazit


 
„Nephilim“ von Asa Schwarz ist absolut nicht zu empfehlen. Eine der wenigen Autorinnen die es nicht versteht Spannung zu erzeugen oder wenn schon das nicht, dann wenigstens die Protagonisten interessant und vielseitig zu konzipieren.

Spannend ist der Roman keinesfalls, eher enttäuschend und für mich persönlich war es eine wertvolle Verschwendung von Zeit.



 
Michael Sterzik




Sonntag, 13. Februar 2011

[Rezension] Pakt der Hexen - Kelley Armstrong

Nach den turbulenten Ereignissen um den Sorgerechtsstreit um ihre Stieftochter Savannah, hat die Hexe Paige Winterbourne noch immer alle Hände voll zu tun. Da sie aus dem Hexenzirkel ausgeschlossen wurde und nun in der paranormalen Welt etwas verloren dasteht, versucht sie selbst eine zauberhafte Vereinigung von Hexen ins Leben zu rufen, was gar nicht so einfach ist.

Doch es gibt auch viel Neues und Positives in ihrem persönlichen Umfeld. Paige hat nun einen Mann an ihrer Seite und dieser ist alles andere als normal. Lucas Cortez ist Magier, Rechtsanwalt und Erbe des wohl mächtigsten Magierclans. Bisweilen ist er ein wenig eigensinnig und sieht sich als glorreicher Ritter und bekämpft Ungerechtigkeiten, wo er sie nur finden kann, doch er hat ungeahnte Talente und ein Selbstbewusstsein, das nur schwer zu erschüttern ist.

Die Ruhe findet ein plötzliches Ende als Lucas Vater Benicio, das Oberhaupt des Magierclans, während der Abwesenheit seines Sohnes bei Paige erscheint. Indirekt bittet Benicio Cortez Paige und Lucas um Hilfe. In Miami, dem Sitz des Cortez-Clansm gibt es einen Mörder, der die Kinder der Magierfamilien bedroht, es ist schon zu ersten Todesfällen gekommen und ein Mädchen liegt noch im Koma. Paiges innerliche Alarmglocken schlagen schon an und gemeinsam mit Lucas und Savannah reist sie nach Miami.

In der sonnigen Stadt erwartet sie aber das "Böse". Nicht nur der Cortez-Clan hat mit der Bedrohung durch den Killer Angst und Schrecken erlebt, auch der Boyd- und der Nast-Clan sind schon von ersten Angriffen eines höchst wahrscheinlich paranormalen Mörders bedroht.

Lucas und Paige, die beide Angst davor haben, dass auch Savannah getötet werden könnte, vertraut ihren Freunden Elena und Clay Savannah an. Beides Werwölfe und damit durchaus im Stande, jegliche Bedrohung auszuschalten.

Gemeinsam mit einer Nekromantin und einer schon sehr alten Vampiren, die Lucas und Paige bei ihren gefährlichen Ermittlungen unterstützen, werden auch sie selbst das Ziel des Killers und geraten in tödliche Gefahr ...


Kritik


"Pakt der Hexen" von Kelley Armstrong ist der vierte Teil der Reihe "Woman of the Otherworld". Armstrongs Protagonisten sind zumeist Frauen, die in den Geschichten ihren Mann stehen müssen. Waren es in den ersten beiden Romanen weibliche Werwölfe, so spielt in dem dritten und vierten Teil Paige Winterbourne in ihrem Wesen als Hexe die Hauptrolle, im fünften Teil wird Eve, die verstorbene Mutter von Savannah, als Geist die Geschicke lenken.

Sicherlich ist "Pakt der Hexen" unabhängig von den anderen Teilen zu lesen, doch empfehle ich es, bei Band 1 anzufangen, da alle Protagonisten, weibliche wie auch männliche, in fast allen Bänden manchmal sogar eine tragende Rolle spielen. Manche Dialoge und Rückblenden sind also erst für den Leser verständlich, wenn er die Vergangenheit der Figuren nachvollziehen kann.

Gerade das etwas schwierige und angespannte Verhältnis zwischen Lucas und seinem Vater Benicio findet in Band 3 eine erste Erklärung, die in diesem Band weiter vertieft wird. Lucas im Schutze und Schatten seines mächtigen Vaters aufgewachsen, weiß um die Strukturen und Gesetze des Magierclans, sieht aber in vielen Situationen Ungerechtigkeiten, die das ganze System für seine Augen als unglaubwürdig darstellen.

Sein Vater dagegen, der das rebellische Verhalten seines Lieblingssohnes eher für jugendlichen Übermut hält, unterstützt ihn finanziell und behindert ihn auch nicht.

In Kelley Armstrongs magischer Welt geht es natürlich auch wie im realen Leben der Menschen nicht ohne Konfrontationen zu. Auf der einen Seite gibt es die Magier, die sich arrogant und schier selbstsicher als Denker und Lenker verstehen, daneben existieren die Hexen, die mit den Magiern seit den Anfängen konkurrieren, aber aus verschiedenen Ängsten nicht an Boden gewinnen können, innerhalb dieser Welt spielen dann noch Nekromanten, Schamanen, Druiden und natürlich auch Dämonen, die den Magiern zumeist dienen, mit. Etwas abseits davon und für sich selbst verantwortlich, trennen sich die Vampire und Werwölfe von den anderen Gruppierungen und haben ihre ganz eigenen Probleme. Schon als Minderheit und vom "Aussterben" bedroht, beteiligen sich diese nicht an den Vorherrschaftskämpfen und magischen Auseinandersetzungen um wirtschaftliche und politische Macht.

Man erkennt also, Kelley Armstrongs magische Welt ist komplex und sehr kompliziert, was in den Handlungen der einzelnen Romane die Spannung und Abwechslung sehr nach vorne treibt.

"Pakt der Hexen" ist ein magischer Thriller, mit vielen unterschiedlichen Ansätzen, was den Protagonisten positiv anzurechnen ist. Jede Spezies hat so ihre eigenen Fähigkeiten und Eigenarten und selbst erschaffenen menschlichen Probleme. Paige Winterbourne, eine noch junge, aber talentierte Hexe, ist eher überheblich und aufbrausend, wohingegen ihr Freund Lucas als Magier, ruhig und sachlich versucht, die Situationen zu entschärfen. Eine Mischung im Duo, die sich wunderbar ausgleicht und ergänzt.

Aber sie kommt nicht ohne Konfliktpotential in der Beziehung aus. Paiges Ziehtocher hat enormes, magisches Potential, was sie ihrer verstorbenen Mutter Eve zu verdanken hat, aber mit ihren jungen Jahren und noch lange nicht abgeschlossenen Ausbildung, bietet sie ein leichtes und viel beachtetes Ziel für einige Interessenten.

Die Autorin Kelley Armstrong hat in dem Roman "Pakt der Hexen" der Spannung, die auch schon im dritten Teil durchweg konstant und sogar steigend war, einen weiteren Schubs nach vorne geben können. Da sich die Charaktere und ihre einzelnen Geschichten immer weiter vertiefen, nimmt der Anspruch und die Spannung auch linear immer weiter zu. Zwar gibt es immer den gleichen engeren Kreis paranormaler Personen und es kommen auch immer einige dazu, doch gibt es auch Opfer, die nach ihrem (un)natürlichen Tod wohl nicht wieder auferstehen werden.

"Pakt der Hexen" ist spannend verfasst und weiß zu überraschen. In diesem Thriller, auch mit seinen phantastischen Elementen, verfolgt der Leser die Serienmorde eines paranormalen Killers und die Ermittlungen unserer zwei mit magischen Fähigkeiten gesegneten Protagonisten. Der Leser ist zwar versucht, auch selbst den Täter zu ermitteln, aber aus Unkenntnis der nicht menschlichen Verdächtigen kann das gar nicht gelingen. Trotz allem, die Spannung steigt, für Action ist vielfach gesorgt und als besonderes Schmankerl kommt der Humor erst recht nicht zu kurz. Paiges etwas aufbrausendes Temperament und ihre erzählerische Perspektive sind gleichsam zynisch lustig, wie auch ansprechend der Situation abgestimmt.

Der Roman ist zwar ein in sich abgeschlossener Roman, doch weiß man als Leser nach der letzten Seite, dass es noch weitergehen muss. Allein schon die Familienverhältnisse innerhalb des Clans der Cortez gibt viel Handlungsspielraum und Idee für zukünftige Projekte.


Fazit


Pakt der Hexen kann ich sehr empfehlen. Nicht nur Frauen wird der Roman spannend, vielseitig und interessant sein, auch wenn in den Romanen jedes Mal der weibliche Part die Zügel in der Hand hat. Sicherlich ist hier auch für Romantik gesorgt, und auch wenn die Protagonisten untot, unheimlich und unglaubwürdig agieren, so sind sie oder waren es zumindest auch Menschen. Für Leser, die komplexe Verflechtungen, Intrigen und Magie lieben, wird dieser Roman viele Überraschungen bereithalten.

Kelley Armstrong schreibt erstaunlich frisch und flüssig, sie hält sich nicht lange in Beschreibungen auf, sondern legt viel Wert auf prickelnde, zynische Dialoge und ansteigender Spannung.

Der Roman sollte, und das empfehle ich wärmstens, nicht als erstes Buch der Serie gelesen werden, der vorherige Titel - "Nacht der Hexen" - in dem auch die Hexe Paige die Hauptrolle spielt , sollte zumindest schon gelesen sein. Besser noch, man fängt gleich mit den beiden Romanen "Blut der Wölfin" und "Rückkehr der Wölfin" an, denn das ist der Anfang der magischen Saga. Somit ist dem Leser gewährleistet, dass er einige Personen die dort auftauchen, wie eben die Werwölfe, schon kennen- und lieben gelernt hat.


Taschenbuch: 576 Seiten
Originaltitel: Industrial Magic
ISBN-13: 978-3426638071

www.droemer-knaur.de/home

Women of the Otherworld:

01 "Die Nacht der Wölfin"
02 "Die Rückkehr der Wölfin"
03 "Nacht der Hexen"
04 "Pakt der Hexen"
05 "Nacht der Geister"
06 "Blut der Wölfin"
07 "Lockruf der Toten"
08 "Nacht der Dämonin"
09 "Living with the Dead" (noch ohne dt. Titel)
10 "Frostbitten" (noch ohne dt. Titel)
11 "Walking the Witch" (noch ohne dt. Titel)
12 "Spell Bound" (noch ohne dt. Titel)

Samstag, 12. Februar 2011

[Rezension] Der Totenmeister - Nick Stone

Wenn wir den Begriff Voodoo hören, so interpretieren wir immer schwarze Magie und Zombies, die seelen- und willenlos als Diener, Sklave jemandem dienen. Als Symbol fungiert oftmals eine sogenannte Voodoo-Puppe, die das Opfer darstellen soll und die durch dunkle Magie verhext, bzw. verflucht ist. Hier werden oftmals Fakten mit Fiktion kombiniert. Voodoo gibt es wirklich und es ist eine anerkannte Religion, die auf Haiti, in Afrika und auch in südlichen Teilen der USA aktiv praktiziert wird.

Durch die Sklaverei kam dieser Glauben, der auch für viele Magie beinhaltet - schwarze wie auch weiße, auf die westindischen Inseln. Voodoo ist aber keine "böse" Religion, oder ein fanatischer Irrglaube, Voodoo beschäftigt sich auch viel mit Medizin, Trance und alternativen, natürlichen Heilverfahren. Inzwischen hat sich der Voodoo-Glauben in vielen Regionen mit den Glaubenslehren des Islams vermischt. Oftmals besonders in afrikanischen Staaten wird der christliche Glaube neben dem Voodoo-Kult praktiziert, und viele Menschen glauben dort an Gott genauso wie an ihre traditionellen Geister des Voodoos.

Wie auch bei anderen Religionen gibt es Priester und auch Priesterinnen, die Menschen verhexen, bzw. durch schwarze Magie und Rituale erschrecken und manipulieren können. Hier gibt es durch die Medien viele Übertreibungen, doch genauso sicher ist es, dass hier ein auch wahrer Kern existiert. Natürlich gibt es pflanzliche Stoffe, die behandelt oder kombiniert verschiedene Reaktionen im menschlichen Körper hervorrufen können: Z. B. Besessenheit, Trance, Hypnose, Suggestion.

Als Europäer kennen wir sicherlich ähnliche Religionen, die sich an Geister oder überhaupt eher an Kulten orientieren, doch diese ist uns gänzlich sehr fremd. Voodoo gehört in die Kategorie der "Naturreligionen". Alleine schon dadurch tun wir uns aus Erziehungsgründen schwer, damit umzugehen oder an etwas zu glauben, das auf den ersten Blick nicht erklärbar oder nicht zu sehen ist.

Der englische Autor Nick Stone hat schon in seinem ersten Roman "Voodoo", erschienen 2007 im Goldmann Verlag, diesen Kult thematisiert. Nun ist im Goldmann-Verlag "Der Totenmeister" veröffentlicht worden, in dem auch Max Mingus wieder die Hauptrolle spielt.


Inhalt

Miami, die sonnige Stadt im Herzen Floridas im Jahre 1980. Ronald Reagan ist der 40. Präsident der Vereinigten Staaten. Miami, einstmals für viele Rentner und Geschäftsleute das Erholungsparadies, ist zu einer gefährlichen, kriminellen Stadt geworden.

Cuba, das kleine kommunistische Land wird von Fidel Castro regiert und um sein Land zu reorganisieren entleert er seine "kubanischen Toiletten" und schickt Massen an Kriminellen und Psychopathen gen Florida. Nach kurzer Zeit wimmelt es in der damaligen paradiesischen Stadt von kriminellen Latein- und Südamerikanern und die Metropole verwandelt sich schnell in eine Hölle. In Zeltlagern wohnen die mittelosen Menschen, die sich Hoffnung auf ein besseres Leben gemacht haben, dicht zusammen gepfercht auf engstem Raum. Die tägliche Gewalt und die Drogen, die aus Südamerika kommen, lassen die Polizei verzweifeln, überfordert wie sie ist.

Doch auch die Polizei passt sich der neuen Bedrohung an. Neue Elite-Einheiten betreten die Bühne des Verbrechens und gehen genauso hart und rabiat vor, wie man ihnen selbst begegnet. Max Mingus und Joe Liston gehören der Polizeieinheit der Miami Task Force an. Sie sind ein eingespieltes Team und die besten Freunde.

Als im Zoo von Miami die stark verweste Leiche eines Mannes gefunden wird, ist das der Beginn einer Auseinandersetzung zwischen Solomon Boukman, dem brutalen König der Unterwelt Miamis, der mit schwarzer Magie und Angst und Einschüchterung über die Stadt herrscht. Das Opfer, das im Zoo tot aufgefunden wurde, hat vorher scheinbar grundlos seine gesamte Familie grausam und kaltblütig erschossen. Ebenso gehören seine Geschäftspartner zu den Opfern. Bei der Obduktion der Leiche wird im Magen eine seltene, geheimnisvolle Tarotkarte entdeckt, die den "König der Schwerter" zeigt. Welche Symbolik und welches Ritual steckt hinter diesem brutalen Verbrechen? Als Mingus und Liston ermitteln, führen alle Spuren zu Soloman Boukman und seine Voodoo-Hexe Eva Desamours, die sich diabolisch gut mit schwarzmagischen Ritualen auskennt und diese auch praktiziert.

Max Mingus ist ein erfahrener Polizist, aber je mehr er in diesem Mordfall ermittelt, desto enger zieht sich auch die Schlinge seiner eigenen Ängste und Sünden, die er auch im Dienst begangen hat, zu. Als Polizeibeamter musste und wollte er auch das "Böse" mit dem "Bösen" bekämpfen; Beweise und falsche Indizien streuen, Gewalt und Misshandlungen als letztes Mittel zur Überzeugung einsetzen, usw. die Liste ist lang und langsam wird ihm bewusst, dass er sich in der Mühle des Gesetzes verliert.

Nicht zuletzt lernt er eine Frau kennen, die ihm ins Gewissen redet und seine Methoden anzweifelt. Was unterscheidet ihn von den Gesetzlosen, die er bekämpft? Ist er nur eine Marionette seines Bosses, der, wie er ahnt, selbst zu nicht legalen Mitteln greift? Kennt er sogar Soloman Boukman - den König der Schwerter persönlich? Als Max' Freundin entführt wird, verschwimmen seine Grenzen und verzweifelt greift er zu allen Waffen, die ihm zur Verfügung stehen.


Kritik

Nach dem Roman "Voodoo" von Nick Stone konnte man schon gespannt sein, wie die Geschichte um Max Mingus, dem gestrauchelten Polizisten, Ex-Häftling und jetzigen Privatdetektiv weitergeht. "Voodoo" spielte im Jahre 1996, die Geschichte warf ziemlich viele Fragen auf, allein schon die rätselhafte Vergangenheit des Protagonisten blieb kurz angerissen im Dunkeln.

Nun werden in "Der Totenmeister", dessen Originaltitel "Der König der Schwerter" lautet, viele Fragen beantwortet, denn diese Handlung spielt ca. 16 Jahre vor den Ereignissen in "Voodoo".

Nick Stones Stil kommt dem eines James Ellroy recht nahe, auch die Handlungen seiner bisher veröffentlichten Romane weisen Ähnlichkeiten zu Ellroys Werken auf. Doch steht Stone nicht in dem Schatten des jüngeren Autors. Gekonnt entwickelt sich die Geschichte um Max Mingus in einer Welt von Voodoo und Ritualen, von Bandenkriegen, von Religionen und Traditionen, die oftmals der Grundstein, der Anstoß der Handlung sind.

Der Schauplatz der Geschichte ist Miami mitsamt seinen Schattenregierungen und Abhängigkeiten untereinander. Das organisierte Verbrechen, die Gewaltbereitschaft und auch die sozialen Probleme der Stadt in der Zeit der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts sind realistisch und erschreckend geschildert. Nick Stone übertreibt hier nicht, wenn er beschreibt, wie öffentliche Ämter und Beamte mit dem Verbrechen Hand in Hand arbeiten, um sich vielleicht zu bereichern und um Feuer mit Feuer zu bekämpfen.

Kriminell ist hier jeder, auch die Polizei, allen voran Max Mingus und Joe Liston, hat hier keine reine fleckenlose, weiße Weste. Selbst ihr Polizeichef setzt seine eigene Politik durch, und das gerne, wenn es nicht anders geht auf dem Rücken seiner Beamten, die für ihn die Drecksarbeit erledigen. Und die er entweder lobt und unterstützt oder vernichtet.

Nicks Stones Protagonisten sind vielschichtig und psychologisch interessant konzipiert. Wie ein komplexer Motor ist jeder Bestandteil wichtig, hier erfüllt jeder Charakter seinen Zweck, es gibt nicht viele Nebenfiguren oder kleinere Geschichten, die parallel zur Haupthandlung erzählt werden.

"Der Totenmeister" ist ein Thriller, kein Krimi und sicherlich auch kein Roman mit Horrorelementen oder übernatürlichen Phänomen. Zwar bildet hier "Voodoo" die Basis, aber mit diesem Glauben wird nur die Schreckensherrschaft von Soloman Boukman und seiner Priesterin Eva Desamours erklärt. Diese beiden negativen Charaktere sind das Spiegelbild von Max Mingus und Joe Liston. Vielschichtig und interessant beschrieben, erfährt man hier viel von deren Weg ins kriminelle Milieu und ihrer Herrschaft, die sie durch faulen Zauber und Einschüchterung, sowie Aberglauben ausüben.

Max Mingus, der Titelheld, den viele schon aus "Voodoo" kennen, ist kompliziert und unnahbar. Verzweifelt, aber nicht eingeschüchtert sucht er immer eine Lösung, auch wenn das eine gefährliche Konfrontation auslöst. Sich seinen eigenen Ängsten stellend weiß er, dass er einen Hang zur Selbstzerstörung hat, aber noch lange nicht zur Selbstaufgabe. Mit seiner neuen Liebe Sandra sieht er sich an einer Kreuzung stehen, und als diese unmittelbar in Gefahr gerät, dreht er sozusagen durch und auf.

Mit der Bekämpfung des "Königs der Schwerter" - Soloman Boukman schafft er sich einen Todfeind fürs Leben. "Du gibst mir Grund zu leben" ist ein Satz der Mingus schon in "Voodoo" verfolgt hat. Hier in "Der Totenmeister" erfährt man, wie es dazu gekommen ist.


Fazit

"Der Totenmeister" ist der zweite Roman von Nick Stone, aber um die Figuren und die Handlung vom ersten Teil "Voodoo" besser verstehen zu können, ist es empfehlenswert erst mit dem Roman "Der Totenmeister" zu beginnen.

Spannend, düster und brutal ist die Schilderung der Geschichte. Miami ist nicht nur hell und paradiesisch, sondern auch im Schatten dunkel und diabolisch. "Der Totenmeister" sondert sich von anderen herkömmlichen Thrillern positiv ab. Mit viel Raum für die Entwicklung der Protagonisten, allen voran Max Mingus und Soloman Boukman, schafft der Autor einen Schauplatz voller Spannung, unterstrichen von etwas Mystischem wird man sich nach dem Lesen der Romane schon auf den dritten Teil freuen, der unter dem Titel "Voodoo Eyes" auf Englisch erschienen ist.

Nick Stone ist keine schriftstellerische Eintagsfliege, und dass er es versteht, seinen spannenden und fesselnden Schilderungen Leben einzuhauchen und sich nicht auf dem Erfolg auszuruhen, zeigt sich mit "Der Totenmeister" oder auch genannt "Der König der Schwerter".


Autor

Nick Stone wurde 1966 im englischen Cambridge geboren. Sein Vater ist ein renommierter Historiker, seine Mutter entstammt einer der ältesten Familien Haitis, den Aubreys. Nick Stone verbrachte seiner frühe Kindheit in Haiti, bevor er 1971 nach England zurückkehrte. Ein späterer Aufenthalt in Haiti inspirierte ihn schließlich zu seinem Debütroman "Voodoo". Das Werk begeisterte Leser wie Kritiker und wurde als bester Thriller des Jahres mit dem Steel Dagger sowie mit dem Debut Thriller Award ausgezeichnet und erhielt den Macativy Award für das beste Romandebüt. "Der Totenmeister" ist Nick Stones zweiter Roman mit Max Mingus. Der Autor ist verheiratet und lebt in London.


Taschenbuch: 640 Seiten
Originaltitel: King of Swords
ISBN-13: 978-3442468669

www.randomhouse.de/goldmann
http://www.nickstone.co.uk/


Nick Stone bei Buchwurm.info:
"Voodoo"
Michael Sterzik

Sonntag, 6. Februar 2011

[Rezension] The Lost - Jack Ketchum

The Lost – Jack Ketchum

1965: Es ist die Zeit der Love & Peace Generation. Die Zeit der Drogen, der stillen Revolution unter den Teenagern die in den Wirren der unruhigen Zeiten in denen Politik und aufkommende Kriege die Zukunft düster und seltsam erscheinen lassen. Der amerikanischer Bürgerrechtlicher Malcom X wird erschossen, in Asien wird der Vietnamkrieg bald das ganze Land in ein Chaos verwandeln und Amerika wird eindeutig Stellung beziehen und militärisch eingreifen.

Der amerikanische Jack Ketchum verarbeitet den Amoklauf eines verlorenen jungen Mannes, der als Sinnbild einer ganzen Generation steht, die Drogen, Sex und Egoismus gelebt und geliebt haben. Der Roman „The Lost“ ist im Heyne Verlag in der Sparte „Hardcore“ erschienen.

Inhalt

Wir schreiben das Jahr 1965. In der kleinen Stadt Sparta in New Jersey ist das Leben beschaulich und ruhig. Die dortigen Polizeibeamten haben es weniger mit Gewaltverbrechen zu tun, eher routiniert geht es hier um Verkehrsdelikte, Ehestreite, Katzen die es aus Regenrinnen zu retten gilt und manche abendlichen kleineren Schlägereien zwischen pubertären Jugendlichen.

Ray Pye, ein narzisstischer und psychopathischer Teenager hat seine beiden Freunde Tim und Jennifer fest in seinem Bann. Ray ist ein kleinwüchsiger Mann, der seine Stiefel mit Dosen und Zeitungen ausstopft und größer zu ein. Seine egomanischen Triebe lebt der Sohn einer Motelbesitzerin aus, indem er nach seiner Arbeit im elterlichen Motel, seine sexuellen Begierden auslebt. Mit dem Dealen von Drogen manipuliert er seine Käufer und macht sich besonders die jungen Frauen gefügig. Sein Selbstwertgefühl ist ein Betrug an sich selbst.

Der Frieden in Sparta wird an diesem Tag dramatisch enden. Ray Pye der mit Jennifer und Tom im Wald campt, trifft zufällig auf zwei junge Frauen. An diesen sommerlichen Tag feuert Pye mit seinem Gewehr ohne Vorwarnung und Motiv auf die beiden jungen Frauen. Lisa wird von mehreren Kugeln in Kopf und Brust zusammengeschossen und stirbt noch im Wald. Elise dagegen kann mit ihren schweren Schussverletzungen entkommen, stirbt aber nach vier Jahren im Komastadium.

Jennifer und Tim decken Ray und verschweigen auch vier Jahre später die grausamen Morde. Aus Angst und Respekt gegenüber Ray sind sie im hörig, und Ray genießt seine Macht. Trotz das er der Hauptverdächtige in diesem Mordfall war, konnten die beiden Polizeibeamten Ed Anderson und Charlie Schilling Ray nicht als den Täter überführen. Doch Charlie der von der Schuld Rays überzeugt ist, lässt nicht los, und sucht mit einer verzweifelten Intensität nach Beweisen. Er nutzt jede Gelegenheit um Ray aus der Fassung zu bringen.

Als die junge Katherina aus San Francisco zuzieht spielt sie perfide mit dem psychopathischen Ray Pye, der sich mehr und mehr zu der attraktiven und selbstbewussten Frau hingezogen fühlt. Sie hat ihn völlig in seiner Hand, und als sie ahnt wie gefährlich der Mann ist und sie sich Abstand gewinnen möchte, ist der point of no return schon lange überschritten.
Ray der ahnt, dass er bei der jungen Frau nicht landen kann, sucht natürlich die Schuld und Ursache nicht bei sich. Als er bei der jungen und ebenfalls attraktiven Sally, die die Freundin von Ed ist, ebenso abgewiesen wird und seine langjährige Freundin Jennifer sich mit Tim vergnügt, fällt sein selbstgebasteltes Kartenhaus von Selbstverliebtheit und überspielten Minderwertigkeitsgefühlen zusammen. Emotional in einer Ruine seiner kranken Persönlichkeit stehend, begibt sich Ray auf einen Kreuzzug gegen die drei jungen Frauen die ihn so ignoriert und abgestoßen haben. Sein Amoklauf kennt an Brutalität und Unmenschlichkeit keine Grenzen und selbst unschuldige Menschen sind nur überflüssige Statisten in seiner Abrechnung....

 
Kritik

“The Lost“ von Jack Ketchum ist ein Schock. Wer bislang Jack Ketchum noch nicht gelesen hat, für den wird der Roman abstoßend und zugleich faszinierend sein.
Jack Ketchum brachialer Stil die Morde und selbst die Charakter zu beschreiben, verbindet er verstörend detailliert. Alleine schon die Charakterzeichnung von Ray Pye, der mit seiner Testosteron gesteuerten Entwicklung, als ein eiskalter und brutaler Manipulator sich zu einer Mordmaschine entwickelt, ist verstörend, aber auch genial. Ray Pye ist das personifizierte Sinnbild einer Zeit in der die Generation sich vollkommen in Stich gelassen fühlte und nicht wirklich wusste, was sie mit sich anfangen sollte. Auch hier beschreibt der Autor sehr eindrucksvoll, mit welchen Ängsten und Hoffnungen sich diese jungen Menschen ihr Universum schufen und welchen Werten sie doch hinterherrannten.
Doch nicht nur die Love & Peace Generation hat hier ihr Päckchen zu tragen, auch die beiden Polizisten und die älteren Personen tragen ihrer Schicksale und sich nicht immer bewusst wie und wann sie handeln haben. Letztlich beschreibt  Jack Ketchum das in einer langen Kette von Eskalationen endet, so als würde man den ersten Stein einer Dominokette umwerfen. Die explosive Welle der Gewalt verschlingt am Ende auch die Unschuldigen und diejenigen die Überleben, tragen in sich die Schuld oder Unschuld, die sie immer wieder hinterfragen.
Das die Handlung auf einer wahren Begebenheit beruht, wird auf den Leser noch viel verstörender wirken. Und wenn man sich auf die Wortwahl des Autors stürzt, so kann man diese als durchaus vulgär, aber ehrlich beschreiben. Die Gedankenbilder seiner Figuren, denken und überlegen in der gleichen Sprache, selbst die Dialoge sind für den Leser der sonst eher den feinen Stil bevorzugt, mehr wie gewöhnungsbedürftig.
Die Spannung wird durch die Charaktere getragen, und nur noch diese. Die Verhältnisse und Abhängigkeiten, die Machspielchen und die Grenzen der einzelnen Personen stehen im Fokus. Die Dialoge sind ebenso einfach wie glaubwürdig beschrieben und die Wahl das jeweilige Kapitel aus der Perspektive der verschiedenen Figuren zu erzählen, ist wahrlich meisterlich. Man ahnt zwar wie es ausgehen wird, aber der Weg dorthin ist absolut fesselnd erzählt.
Das “Böse“ ist hier ist die Summe der Gesellschaft, dass Produkt unserer Ängste und Hoffnungen und der mutlosen Hilflosigkeit, die wir uns nicht erklären können.   

Fazit
„The Lost“ ist schwer einzuordnen! Ist es ein gesellschaftliches Drama, oder eher Horror, vielleicht doch ein Thriller? Es ist, was es ist....ein genialer Roman der noch Stunden oder gar Tage nachwirkt.
„The Lost“ ist ein explosiver und eiskalter Thriller der im Genre “Hardcore“ wohl platziert ist und dieser Bezeichnung alle Ehre macht. Die Angst die sich hier entwickelt, lässt das Grauen kontinuierlich wachsen, und selbst am Ende des Romans wird der Leser nicht wirklich zum Luft holen kommen.
Jack Ketchums „The Lost“ nicht zu empfehlen, geht nicht, also lassen sie es zu und folgen sie den Protagonisten in einem Amoklauf der Gewalt und der Gefühle.

 Michael Sterzik


Autor:
Jack Ketchum ist das Pseudonym des ehemaligen Schauspielers, Lehrers, Literaturagenten und Holzverkäufers Dallas Mayr. Seine Horrorromane zählen in den USA unter Kennern neben den Werken von Stephen King oder Clive Barker zu den absoluten Meisterwerken des Genres, wofür Jack Ketchum mehrere namhafte Auszeichnungen verliehen wurden.











Originaltitel: The Lost

Originalverlag: Leisure Books
Aus dem Amerikanischen von Joannis Stefanidis
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag,
ISBN: 978-3-453-67551-3
€ 19,99 [D] (empf. VK-Preis)
Verlag: Heyne


Samstag, 5. Februar 2011

[Rezension] Die Stadt der verschwundenen Kinder - Caragh O`Brien

Die Stadt der verschwundenen Kinder (Caragh O`Brien)

Die dramatischen Endzeitromane gerade im Genre der Jugendbücher werden immer mehr. Viele dieser Romane thematisieren aktuelle Politische und Kulturelle Probleme, widmen sich aber auch einer Diskussion die deutlich macht wie nahe die Menschheit eigentlich schon am Rande des Abgrundes steht, sollte sie sich hinsichtlich unseres Klimas und unserer Natur nicht den Problemen stellen.

Auch die Amerikanische Autorin Caragh O`Brien lässt unsere Zukunft in ihrem erstem Roman „Die Stadt der verschwundenen Kinder“ rabenschwarz erscheinen.

Inhalt

Die Welt ist unbarmherzig in der die junge, sechzehnjährige Hebamme Gaia aufwächst. In ihrem Dorf Wharfton werden die Lebensmittel, die Kleidung und selbst der Luxus der Unterhaltung durch die Enklave streng rationiert. Die Enklave ist eine kleine Stadt, die geschützt durch eine Mauer, die umliegenden Siedlungen ausschließt. Im Jahre 2390 steht die Menschheit vor ihrem Exodus, nur wenige Menschen finden den Weg durch das Ödland in die Umgebung in der die geheimnisvolle Enklave, dass Paradies zu sein scheint. Doch den „einfachen“ Menschen ist der Zutritt verboten und sie sind abhängig von deren Wohnwollen. Doch dafür ist der Preise kein geringer, sondern eher hoch: Jeden Monat müssen die ersten drei gerade erst geborenen Säuglinge an der Mauer abgegeben werden. Eine Weigerung wird nicht geduldet, gar mit dem Tode bestraft, sollten die Hebammen ihren Dienst nicht pflichtgemäß erfüllen.

Gaias Mutter ist wie sie auch eine herausragende und äußerst fähige Hebamme, und als wenig später die Eltern Gaias verhaftet werden, kann die junge Frau gar nicht verstehen welchen Verbrechen sich ihre einfachen Eltern zu verantworten haben!?

Ihr Entschluss ihre Eltern in der Enklave zu suchen und evtl. zu befreien, wird nicht nur ihr ganzes Leben verändern, denn auch dies- und jenseits der Mauer werden die Antworten auf alle unausgesprochenen Fragen eine passende Antwort finden...

Kritik

Caragh O`Brien erzählt ihre Geschichte aus der Perspektive der jungen Hebamme Gaia die einer archaisch organsierten Welt aufwächst. Ihre Welt sowie ihr Leben ist beschränkt, sie kennt es nicht anders und trotzdem besitzt sie den Mut nach Antworten zu suchen, die sie evtl. noch gar nicht zu begreifen vermag.

Schauplatz dieser Geschichte ist das Jahr 2390 und damit unternimmt die Autorin einen großen Schritt in die Zukunft. Leider wird der Leser hier mit seinen Vermutungen ziemlich im dunklen gelassen!? Was in den letzten drei Jahrhunderten passiert ist, wie sich die Zivilisation fast vernichten konnte, bzw. was der Auslöser dazu war und die Überlebenden ihre Existenz retten konnte, bleibt im dunkeln.

Ohne wirklich der Handlung optimistische Entfaltung zu geben, vermittelt die Autorin doch durch ihrer Figur der jungen Gaia Hoffnung. Das die Kultur der Menschen sich ihren eigenen Weg sucht, ohne auf moralische und ethische Gründe Rücksicht zu nehmen schildert die Autorin anschaulich und realistisch. In der Epoche in der der Roman spielt, werden die Notwendigen Werte und Normen eine ganz andere Gewichtung darstellen. Immer wieder wird der Leser in diesem Zukunftsszenario geradezu gedrängt die notwendigen Handlungen nachzuvollziehen.

Caragh O`Brien schildert die Menschen innerhalb der Enklave als gewissenslose Kreaturen die ihre Menschlichkeit verloren haben. Die Mächtigen dieser Stadt haben das Schicksal ihrer Einwohner in der Hand und haben Gründe wenn ihre Handlungen eher funktional und rational ausfallen. Die Ressourcen sind knapp, technischer Luxus auf das notwendigste beschränkt, jedenfalls das was noch vorhanden ist. Hier geht nicht primär um fehlender Emotionslosigkeit oder Mitgefühl. Das Leben ist kostbar und dies gilt es mit allen Mitteln und Verwertungsalternativen zu sichern.

Damit kommt die Autorin schon zum wesentlichen Grund, sozusagen ihrer Kernbotschaft die zugleich der Hauptkonflikt in dem vorliegenden Roman ist. “Das Wohl und Überleben der Allgemeinheit gegenüber dem einzelnen. Pro und Kontra auf der Waage die das Überleben sichern sollen und diese Situation ist viel schwerer in Einklang zu bringen, als Schwächere zu stützen und Stärkere nicht zu verletzen.

In „Die Stadt der verschwundenen Kinder“ überreizt die Autorin leider genau diese ethischen und moralischen Entscheidungen, Überlegungen und lässt ihre Handlung auf einen schmalen Grad zwischen Gut und Böse laufen. Viele Dialoge nehmen der Handlung den Raum für eine aufbauende Spannung die sich selbst streckenweise erst mal gar nicht erst zeigt. Caragh O`Brien überschätzt sich und vergaloppiert sich in viel zu vielen ethischen und moralischen Problemen die sie im Grunde lieber neutral als wertend interpretieren möchte.

Ihre Protagonistin Gaia ist eine “Einzelkämpferin“ in ihrem Roman, die viel zu schnell und nicht realistisch über sich hinauswächst. Ihr Charakter ist zu gradlinig und ohne Ecken und Kanten entworfen, zudem noch recht langweilig geschildert.

Die “Lösung“ der verschwundenen Kinder ist genauso einfach erklärt. Bei einer beschränkten Anzahl von Menschen auf noch eingeschränkteren Raum die sich zeitlich dazu noch räumlich gar nicht fortbewegen, ist es im Grunde sehr schnell klar, dass die “Kinder“ die familiären Lücken in der Enklave füllen müssen. Erb- und ebene genetische Krankheiten und Defekte dezimieren die Einwohner der Stadt und können das Überleben dieser kleinen Gemeinschaft nicht garantieren. Womit wir wieder beim Grundtenor angekommen sind: Der Dringlichkeit und Notwendigkeit Entscheidungen fällen zu müssen, bei denen auch „Menschen“ nicht überleben.

Langatmig und ohne eine dramatische Atmosphäre hat der Roman solche immensen Längen, dass sich das Interesse deutlich in Grenzen hält. Viele Szenen bzw. Ideen sind im Grunde schon alle mal in anderen Romanen oder Filmen angerissen und hinken mit der Spannung derart hinterher, dass auch die wirklich zu lobenden Botschaften der Autorin den Leser nicht erreichen.

Fazit

“Die Stadt der verschwundenen Kinder“ ist ein in sich abgeschlossener Roman, der aber unter Anstrengungen der Autorin fortgesetzt werden könnte. Allerdings benötigt man hier eine dichte Atmosphäre, verschiedene Handlungen die Abwechslung bieten und zudem noch Charaktere die nicht so eindimensional konzipiert sind.
Für mich selbst würde auch der zweite Teil, sollte es einen geben, nicht von Interesse sein.

Weder in der thematischen Spannung noch der Zeichnung der Figuren konnte mich das Buch “Die Stadt der verschwundenen Kinder“ nicht überzeugen.

Michael Sterzik

Autorin

Caragh O'Brien ist eine amerikanische Schriftstellerin, die in Minnesota aufwuchs. Sie studierte Literatur und Kreatives Schreiben, anschließend begann sie in einer High School als Lehrerin zu unterrichten. Sie lebt mit ihrem Mann, mit dem sie drei Kinder hat, in Connecticut. Mit Die Stadt der verschwundenen Kinder schrieb Caragh O'Brien ihr erstes Jugendbuch. In Deutschland erschien das Buch am 28. Januar 2011.









 

Originaltitel: Birthmarked
Originalverlag: Roaring Brook Press
Aus dem Amerikanischen von Oliver Plaschka
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 464 Seiten,
ISBN: 978-3-453-52800-0

Sonntag, 30. Januar 2011

Die Zahlen der Toten – Linda Castillo


Man nennt sie die „Amische“ oder „Amish People“, eine Glaubensgemeinschaft die sich darauf beschränkt ihren Leben ganz Gott zu widmen. Die Amish People entsagen jeglichen Luxus und jeder Art von Technischen Fortschritt. Keine Elektrizität, keine Sanitären Anlagen die für uns zur Normalität gehören und die wir im Grunde nicht zu schätzen wissen. Ihre Religion bezieht sich auf eine disziplinierte Strenge die sie sich selbst auferlegt hat. Doch auch unter den konservativen Amish People gibt es liberale Gruppen die sich anpassen, sich aber selbst auch disziplinieren müssen um ihre Religion und damit sich selbst, treu zu bleiben.

In den USA und im kanadischen Ontario leben die Amishe in 26 Staaten, ihre familiären Rollen sind stringent jeglichen Kontakt zur Außenwelt wird strikt gemieden, sofern es sich vermeiden kann. Überwiegend stammen die Amish von Süd- Westdeutschen und Schweizerdeutschen ab, ihre Sprache ist das tradierte  Pennsylvannia Deutsch.  

Linda Castilo hat in ihrem Debütroman „Die Zahlen der Toten“ einen Thriller geschrieben, in der die kleine, pazifistische Glaubengemeinschaft der Amishe erschüttert wird.


Inhalt


In Painters Mill, einer kleinen ländlichen Kleinstadt in Ohio gab es vor 16 Jahren, eine brutale Serien von Morden. Auch die jetzige Polizeichefin Kate Burkholder, eine ehemalige Amishe wurde das Opfer des Killers, der sie vergewaltigte und fast tötete. Ihre Kindheit endete mit 14 Jahren und wenig später, als junge Erwachsene entschließ sie sich dafür nicht als vollwertiges Mitglied der Glaubensgemeinschaft beizutreten. Sie brach mit der Tradition, die wurde so zur einer „Gebannten“ und verließ ihre Familie um ihren eigenen Weg zu finden.

Doch als eine verstümmelte Frauenleiche auf dem Feld eines amishen Bauen gefunden wird, die offensichtlich gefoltert und vergewaltigt worden ist, fühlt sich Kate in die Vergangenheit katapultiert. Als noch auf der Leiche der jungen Frau römische Zahlen entdeckt werden, die jemand ihr bei vollen Bewusstsein, auf den Bauch geschnitten hat, werden die Alpträume zur erbarmungslosen Realität für die kleine Gemeinde.

Kate Geheimnis, die Wahrheit um den Serienmörder von vor 16 Jahren trägt sie zusammen mit ihren Bruder und ihrer Schwester die Amishe sind. Keine weitere Menschenseele weiß von den Vorgängen die damals geschehen sind und Kate ist sehr daran gelegen, dass dies auch genauso bleibt. Kann es trotzdem sein, dass der „Schlächter“ noch lebt und weiterhin mordet? Kate Burkholder ermittelt mit ihren Kollegen auf eigene Faust, die Ermittlungen werden dadurch ein wenig verschleppt, denn eigentlich hätte sie sich direkt um Unterstützung bittend an das FBI/BCI wenden sollen.

Kate Ängste und dadurch wird sie selbst in den Fall involviert, lassen die junge Beamtin Fehler machen. Als der Täter erneut zuschlägt und diesmal noch bestialischer seine Foltermethoden an der jungen Frau hinterlässt, eskaliert die Situation. Kate bekommt Unterstützung durch einen Detective des BCI – John Tomasetti, dessen Karriere sich dahingehend entwickelt, dass er aufgrund von Fehlverhalten mit diesem Fall aufs Abstellgleis geschoben werden soll. Kate misstraut ihren neuen Kollegen und schließt ihn aus den Ermittlungen aus, zu groß sind ihre Ängste und als die Tochter eines Promienten Politikers aus Painters Hill das nächste Opfer des „Schlächters“ wird, bleibt den Vorgesetzten nichts anderes mehr möglich, als Kate aus den Polizeidienst zu entlassen. Ist Kate nun gezwungen sich ihrer Vergangenheit zu stellen um weitere Morde verhindern zu können?


Kritik


Linda Castillos Debütroman „Die Zahlen der Toten“ ist ein überaus kompetenter Thriller der nicht nur die ansteigende Spannung zu überzeugen weiß.
Auch wenn ein Thriller eben nicht mehr oder weniger als ein Thriller ist, so ist die Handlung zwar nach bekannten Muster gestrickt, aber sie wirkt zu keinem Augenblick als billiges Plagiat, oder kurzweilige Geschichte die man irgendwo oder so ähnlich schon mal gelesen hat.

Die Autorin spart nicht an grausamen Details, bei dem sich das Grauen spürbar entwickelt. Alleine schon im Prolog wird der erste Mord aus der Klarheit des Opfers beschrieben und damit entwickelt sich der Spannungsaufbau wie verlangt. Doch Vorsicht, die Autorin beschreibt hier nur den ersten Auftritt des Täters. Bei weiteren Funden der späteren Leichen und der methodischen und übergenauen Beschreibung der Wunden und Folterungen geht es morbide zu. Besonders dann wenn sich der Pathologe mit Kate unterhält, die erwartungsgemäß mehr darüber erfahren möchte, ob die „Handschrift“, des Täters die gleiche Visitenkarte ist, wie es vor 16 Jahren war. Kates Panik und Ängste berichtet Linda Castillo großartig, denn mit steigender Intensität gehen hier auch die Hilflosigkeit und ja auch die Fehler den gleichen verhängnisvollen Weg. Die Panik der jungen Beamtin wird drastisch und empfindlich für den Leser fassbar. Nach und nach erfährt der Leser mehr über die Vergangenheit der jungen Frau, ihren frühern Leben als Amishe, deren glückliche und behütete Kindheit so abrupt mit einem Gewaltverbrechen endete. Sympathisch konzipiert ist die Figur der Kate Burkholder allemal, wenn auch nicht immer nachvollziehbar.

Als ihr durch John Tomasetti Unterstützung an die Seite gestellt wird, empfindet sie erstmal nichts anders wie den Verlust ihrer Autorität und ihrer Kompetenz als Polizistin. Zugleich wird ihr dennoch nicht klar, dass sie diesen Fall nicht als Einzelkämpfer bewältigen kann, nicht mit der Last von Schuld und Sühne die sie sich selbst auferlegt hat.

Auch Tomsetti dessen Charakter sich erst spät entwickelt ist relativ gut beschrieben. Wenn auch die Autorin hier nichts Überraschendes oder Abwechslungsreiches zu erzählen hat. Als „starker“ Mann wird er seine Rolle hier perfekt ausspielen können. Dass sich hier die obligatorische Lovestory anbahnt ist leider ein so logisches Klischee, dass man das gerne in Kauf nimmt.

Die vielen anderen Protagonisten sind nichts anderes als Nebenfiguren, deren Auftritt, kurz und prägnant gehalten sind. Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt die Perspektive von Kate Burkholder.

Die Autorin Linda Castillo entwickelt in „Die Zahlen der Toten“ eine Spannung die nur zu loben ist, auch wenn sich diese meistens durch die Grausamkeit des „Schlächters“ zeigt. Kate ist immer wieder einen Schritt zu spät und der Täter genießt offenbar den Tanz auf Messers Schneide.

In den Roman werden die Amishe immer wieder thematisiert und werden hier als Gegenpol zum Schlächter thematisiert. Ihr Pazifismus, ihr streben nach Einfachheit und ihre selbst ernannte Ausgrenzung sind nicht fiktional. Linda Castillo hat sehr gut recherchiert, jedenfalls so gut, dass der Leser mehr über diese für sie merkwürdige Gemeinschaft wissen möchte, deren Angehörige zeitlich noch nicht das Zeitalter der Industrialisierung erreicht haben. Spannend und auch aufschlussreich sind durchaus die Beschreibungen durch die Autorin.


Fazit



„Die Zahlen der Toten“ ist eine echte Überraschung. Ein sehr respektabler Thriller der überzeugt. Nicht nur durch die Figur der sehr realistischen, manchmal überheblichen Kate Burkholder, sondern wird der Leser auch sehr schnell durch die Spannung eingenommen.

In jedem Fall ist „Die Zahlen der Toten“ nichts für schwache Nerven. Die Schilderung der Foltermethoden, sowie die Ängste der Opfer und die in Panik aufgewühlte Kate, werden den Lesern nicht aufatmen lassen können.

Auch wenn das Debüt mich im Grunde schon vollstes überzeugt hat, dass Potential von Linda Castillo ist noch nicht erschöpft. In ihrem nächsten Roman – Blutige Stille, der im Juni 2011 erscheinen wird, haben wir weiterhin die Gelegenheit Kate Burkholder beim Ermitteln über die Schulter zu schauen.

„Die Zahlen der Toten“ von Linda Castillo ist ein beinharter Thriller, der beweist das Frauen durchaus gute Thriller schreiben können, und deren grausame Phantasie scheinbar keine Grenzen gesetzt sind.

Lesen Sie diesen Thriller in der Nacht, bei Kerzenschein, sie werden sich wundern wie laut die stille der Nacht sein kann.

Für mich eine ganz klare Leseempfehlung und ich freue mich schon auf den zweiten Teil.


Autorin


Linda Castillo, geboren 1960 in Dayton, Ohio, hat als Finanzmanagerin gearbeitet, bevor sie mit dem Schreiben begann. Sie hat bereits über zwanzig Liebesromane veröffentlicht, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. »Die Zahlen der Toten« ist ihr erster Thriller, und der erste Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde. Sie lebt mit ihrem Ehemann, vier Hunden und einem Pferd auf einer Ranch in Texas. (Verlagsinfo)

Broschiert: 430 Seiten
ISBN-13: 978-3596184408
Originaltitel: Sworn to Silence
Unter dieser Adresse  bietet der Verlag eine Leseprobe an


 Michael Sterzik