Freitag, 2. April 2021

Cold Case - Das verschwundene Mädchen - Tina Frennstedt


Wir können es in Worten nicht beschreiben, was ein Vater, eine Mutter empfinden muss, wenn ihrem Kind etwas zustößt, wenn es vielleicht als vermisst gilt und alles darauf hinweist, dass ein Verbrechen stattgefunden hat und das Kind eines der Opfer sein mag. Dies mag schlimmer sein als den lieben Menschen tot zu wissen, eine Ungewissheit in der auch immer ein Stück Hoffnung übrigbleibt.

In den Landes- und Bundeskriminalämtern der Staaten liegen viele „Cold Case Fälle“ – Verbrechen die nicht aufgeklärt wurden – Opfer die nicht gefunden wurden, Täter die man nicht überführen könnte und Angehörige, die die Vergangenheit niemals abschließen werden können. Und nicht weniger oft, verzweifeln auch die Kriminalbeamten an diesen ungelösten Fällen, und stellen sich wahrscheinlich immer wieder die Frage, ob etwas übersehen worden ist, oder der Kriminalbeamte die richtigen Schlüsse gezogen und alles unternommen hat?!

Die schwedische Autorin Tina Frennstadt, die auch als langjährige Kriminalreporterin beim Fernsehen tätig ist, hat im Verlag „Lübbe“ den Titel: „Cold Case – Das verschwundene Mädchen veröffentlicht“. Der vorliegende Titel reiht sich nicht unbedingt in den Bereich „True Crime“ ein, aber die Autorin wurde durch tatsächliche Kriminalfälle inspiriert. So kann schon jetzt sagen, die Autorin weiß wovon und was sie schreibt.

Morde und Vermisstenfälle, die nicht aufgeklärt werden, lassen Angehörige voll quälender Fragen zurück. Irgendwann wird die Akte geschlossen – doch die Qual bleibt. Als an einem Tatort Spuren auftauchen, die auf ein seit Jahrzehnten verschwundenes Mädchen hinweisen, übernimmt Tess Hjalmarsson, Expertin für COLD CASES, die Ermittlungen. Kann das spurlose Verschwinden der 19-jährige Annika nun aufgeklärt werden? Tess ermittelt unter Hochdruck, offenbar ist der Mörder von damals wieder aktiv (Verlagsinfo)

Der Titel „Cold Case – das verschwundene Mädchen“ ist der Auftakt einer neuen Reihe und ist sehr, sehr vielversprechend. Tina Frenndstedt versteht es Spannung und Dramatik immer leicht steigend zu entwickeln. Dabei ist es recht originell, ein aktuelles Verbrechen mit einem anderen zu verbinden, das fast 20 Jahre in der Vergangenheit liegt. Das mag ggf. nicht realistisch anmuten, aber das ist es keineswegs. Die Autorin versteht es so authentisch zu schreiben, dass es hier wenig Unlogik gibt, oder überzeichnet aussehen mag.

Tina Frennstedt legt viele mögliche Wege offen, mehre Abzweigungen, die auch manchmal eine Sackgasse sind. Geschickt erzählt, aber stilistisch kann und muss da noch viel passieren. Die Rückblenden sind perfekt eingebaut, und sind emotional aus der Sicht des verschwundenen Mädchens erzählt. Die parallele aktuelle Geschichte  steht in puncto Spannung in nichts nach. Nach und nach komplementiert sich das Bild, wenn auch die endliche Auflösung einerseits die gute, alte Ermittlungsarbeit wiedergibt und letztlich im Finale  nicht überraschend ist.

Interessant und facettenreich ist auch die Figur der Tess konzipiert. Eine introvertierte, vorsichtige Frau – die zugleich aber auch selbstbewusst ist und einen praktischen Aktionismus zeigt. Ihr Privatleben wird auch thematisiert, manchmal etwas zu ausufernd, denn wirklich noch analytischer kann man eine Figur nicht auseinandernehmen.

Die Atmosphäre der Handlung ist toll, die Stimmung vollumfänglich sehr, sehr spannend. Tina Frennstedt muss allerdings manchmal das Tempo linear ansteigend einsteuern, es gibt Längen, aber die sind zum Glück auch letztlich recht kurz.

Fazit

„Cold Case – Das verschwundene Mädchen“ von Tina Frennstedt ist ein sehr starker Auftakt. Die Autorin sollte man sich gut merken. Als Kriminalreporterin versteht sie es Fakten mit einer spannenden Fiktion zu verbinden kann. Sehr zu empfehlen und ich freue mich auf weitere Titel aus dieser Reihe.

Michael Sterzik

Samstag, 27. März 2021

Der Fall des Präsidenten - Marc Elsberg


Der Autor Marc Elsberg ist bekannt dafür, dass er in seinem Roman gewisse, realistische wissenschaftliche Themen und Tatsachen verwendet. Ein bisschen Fiktion eingepackt von einer authentischen Idee.

Machtmissbrauch im Amt – ein alter Hut und nicht wirklich eine fesselnde, originelle Idee und seien wir ehrlich – Macht korrumpiert – das gab es schon in alten Rom und sowie schon in früheren Epochen. Präsidenten, Könige, Kaiser, Minister, Politiker….usw. die Liste lässt sich beliebig erweitern.

Marc Elsberg lässt in seinen neuesten Roman: „Der Fall des Präsidenten“ den ehemaligen Präsidenten der USA durch den Internationalen Gerichtshof verhaften. Ja – kann man machen – ist aber realistisch gesehen ein nettes Märchen. Wollen wir uns wirklich und ernsthaft darüber unterhalten, welche amtierenden Staatsoberhäupter Fehler im Amt und Würden machen? Wollen wir wirklich, allen Ernstes eine Diskussion vom Zaun brechen und über Machtmissbrauch, oder Verbrechen sprechen zu wollen? Die Realität ist deutlich schrecklicher als die Fiktion von Marc Elsberg.

Aber ich kann die Motivation des Autors schon verstehen – springen wir bei voller Fahrt auf den Mainstreamzug. Die Verbrechen eines Ex-Präsidenten? Ich glaube, dass der Internationale Gerichtshof ganz andere Themen von anderen hochrangigen Staatsoberhäuptern auf den Schreibtisch und in verstaubten Archiven haben. Stellt sich die Frage warum widmet sich der Autor Marc Elsberg nicht die Verbrechen, die vom Kreml geduldet und ggf. auch eingesteuert worden sind? Merkwürdige Morde an Dissidenten, Kremlkritikern, Geschäftsleuten und Journalisten – seit Jahren schon!

Was ist mit Saudi-Arabien, die einen Journalisten getötet haben, der die Hoheiten des Staates offen kritisierte! Ja – klar gibt es entrüstete Stimmen, die mit Konsequenzen drohen, nur das wenig später nicht wirklich etwas Nachhaltiges passiert? Was unternimmt der Internationale Gerichtshof?

Nie hätte die Juristin Dana Marin geglaubt, diesen Tag wirklich zu erleben: Bei einem Besuch in Athen nimmt die griechische Polizei den Ex-Präsidenten der USA im Auftrag des Internationalen Strafgerichtshofs fest. Sofort bricht diplomatische Hektik aus. Der amtierende US-Präsident steht im Wahlkampf und kann sich keinen Skandal leisten. Das Weiße Haus stößt Drohungen gegen den Internationalen Gerichtshof und gegen alle Staaten der Europäischen Union aus. Und für Dana Marin beginnt ein Kampf gegen übermächtige Gegner. So wie für ihren wichtigsten Zeugen, dessen Aussage den einst mächtigsten Mann der Welt endgültig zu Fall bringen kann. Die US-Geheimdienste sind dem Whistleblower bereits dicht auf den Fersen. Währenddessen bereitet ein Einsatzteam die gewaltsame Befreiung des Ex-Präsidenten vor, um dessen Überstellung nach Den Haag mit allen Mitteln zu verhindern ...(Verlagsinfo)

„Der Fall des Präsidenten“ ist nicht nur absolut unrealistisch und mit Klischees durchsetzt. Er ist nicht spannend – die Figuren sind übertrieben dargestellt. Eine junge Juristin – die sich mit der Weltmacht USA anlegt und dann förmlich ihren Mann steht und als politische Einzelkämpferin auf einen Kreuzzug geht? Schon klar….!

Stilistisch interpretiert – handlungsarm – überzeichnet – sehr langatmig und nicht unterhaltsam.

Fazit

„Der Fall des Präsidenten“ ist durchgefallen. Das ist nicht nur voller Mängel – sondern schlichtweg ungenügend. Für mich bisher das schlechteste Buch des Autors und insgesamt eines der schlechtesten Bücher das ich jemals gelesen habe. Prädikat: Lost Time.

Michael Sterzik

 

Sonntag, 21. März 2021

Die Napoleon-Saga - Kampf und Tod - Simon Scarrow


Der vierte und letzte Band der Napoleon-Saga behandelt die letzten Jahre der Herrschaft des „kleinen“ Korsen und Kaisers Napoleon Bonaparte. Der Autor Simon Scarrow lässt wieder abwechselnd den englischen Herzog und General Wellington und den französischen Kaiser Napoleon zu Wort kommen.

Diese beiden Männer sind militärische Oberbefehlshaber ihrer Zeit. Wellington eingesetzt von der britischen Regierung, vertreibt und besiegt auf spanischen Boden Napoleons Marschälle und reduziert dabei die personelle Mannschaftsstärke der französischen Armee. Napoleon Bonaparte konzentriert sich auf seinen Feldzug gegen den russischen Zar Alexander und muss sich mit immer mehr Kritik von seinen Stabschefs und Offizieren beschäftigen.

Simon Scarrow erzählt prägnant und sehr unterhaltsam von diesen beiden Männern, dessen Karrieren zwar unterschiedlich verlaufen sind, aber auf ihrer ganz eigenen Weise erfolgreich waren. Napoleons tyrannische Herrschaft endete mit der verlorenen Schlacht im belgischen Waterloo  – der Blutzoll der letzten Jahrzehnte war erschreckend hoch. Französische Soldaten, aber natürlich auch Soldaten vieler Europäischen Länder, sowie die Zivilbevölkerungen, kämpften, litten und starben, weil der kleine Kaiser unter allen Umständen und mit allen militärischen und diplomatischen Mittel eine Dynastie aufbauen wollte. Galt sein Ego dem Wohle Frankreichs, oder mehr seinen eigenen? Rückblickend gesehen letzteres.

Der Autor beschreibt gekonnt, das egozentrische Verhalten und Entscheidungen Napoleons. Das Vertrauen, dass ihm anfänglich von seinen Offizieren und auch von der französischen Bevölkerung entgegengebracht wurde, schwindet. Frankreich ist kriegsmüde – der Feldzug gegen Russland wird stark kritisiert, sein innerer Kreis der Macht bekommt Ecken und Kanten, die ihn körperlich wie auch seelisch erkranken lassen.

1809: Viscount Wellington und Kaiser Napoleon sind beide mächtige Feldherren - und erbitterte Feinde. Beide halten ihre Armeen für stark genug, um jeden Feind zu besiegen. Doch im Krieg gibt es keine Gewissheiten.

Während Wellington in Spanien Siege erringt, scheint sich Napoleons Schicksal gewendet zu haben. Doch selbst nach der verheerenden Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig weigert sich der Franzosenkaiser, die Waffen zu strecken. Seine Armee ist noch immer gewaltig. Bei Waterloo stehen sich die beiden Erzfeinde zur letzten Entscheidungsschlacht gegenüber.(Verlagsinfo) 

Der letzte Band ist insgesamt gut – die Reihe großartig. „Kampf und Tod“ erzählt leider aber auch die letzten Jahre etwas lückenhaft. Die Völkerschlacht bei Leipzig wird kurz erwähnt, der Feldzug gegen Russland und der Showdown bei Waterloo sind die konzentrischen Schauplätze dieses Romans. Diese Verteilung der Ereignisse ist leider nachlässig. Wellingtons Feldzüge in Spanien, wirken dagegen ausufernd interpretiert.

Die Schilderung der Schlachten an den jeweiligen Orten, werden nicht minutiös – aber auch nicht oberflächlich erzählt. Spannend ist die richtige Beschreibung und immer fragt man sich, was ging in diesen einfachen Soldaten vor, die wie die Lämmer für ihr Land, oder für verschiedene Ideale, geopfert wurden!? Die Perspektive der Offiziere an der Seite der beiden Männer wird mehr erzählerischen Raum gegeben. Gerade die französischen Marschälle sind nicht mehr die stillen Befürworter dieses Mannes – der Frankreich am Rande des Abgrunds bringt und Schuld an unzähligen Opfern ist. Diese Dialoge sind großartig emotional wiedergegeben.

Napoleons erste Abdanken, seine Verbannung auf Elba, und schließlich sein Ende, werden unterhaltsam, aber auch zu schnell erzählt. Nichtsdestotrotz überzeugt der vorliegende Roman, bzw. die ganze Buchreihe über eine authentische Atmosphäre, die keinerlei Längen aufweist. Dem Geschichtsinteressierten zeigt sich ein sehr spannendes Spiegelbild dieser Epoche – dessen Auswirkungen nicht nur historische Geschichte geschrieben hat, sondern auch Europa und seine Menschen prägten.

Fazit

„Die Napoleon-Saga – „Kampf und Tod“ erzählt mit einer nachhaltigen Spannung, die Entscheidungen zweier Politiker mit Herrscher. Eine sehr gute Persönlichkeitsanalyse Wellingtons und Napoleons. Die Reihe ist ein nachhaltiges Echos der Napoleonischen Zeit. Eine authentische Aufarbeitung historischer Ereignisse die man lesen sollte. Prädikat hochklassig.

Michael Sterzik


Mittwoch, 10. März 2021

Mordsand - Romy Fölck


Die DDR gehört auch zu unserer Deutschen Geschichte – ein Vermächtnis, ein Erbe, dass dessen Kapitel noch nicht beendet sind. Die Trennung in den Köpfen der Einwohner, ist oftmals nicht vollumfänglich abgeschlossen. Es gibt Vorurteile und Klischees, die wohl erst mit den nächsten Generationen ausgeräumt werden können. Dass das Regime der DDR ein totalitäres System war, ein eigener „Gefängnisstaat“ mit verbrecherischen Methoden ist leider faktisch unumstößlich. Es gibt so manches dunkles Kapitel, dass erst Jahre später aufgeklärt wurde, und der Schrecken ist für diese Menschen oftmals noch ein posttraumatisches Intermezzo, mit einigen psychologischen Narben auf der verletzten Seele.  

Romy Fölck hat eines dieser Themen in ihrem neusten vorliegenden Kriminalroman „Mordsand“ verarbeitet. Der vierte Band der Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn-Reihe ist überzeugende. Ohne ggf. eine Seite gelesen zu haben, weiß man schon, dass man sich auf spannende und originelle Unterhaltung freuen kann.

Wer die übrigen drei Bände schon gelesen hat, wird die beiden sympathischen Hauptfiguren liebgewonnen haben. Ein fast schon Familiäres Verhältnis was zwischen diesen fiktiven Charakteren und dem Leser entstanden ist.

Schauplatz dieser Geschichten sind die Küstennahen Regionen, die Elbmarsch – naturbelassen, rau und zugleich schön präsentiert Romy Fölck uns sehr anschaulich eine Region, die uns völlig vereinnahmen kann. Die Autorin versteht es, die manchmal wunderlich,, verschrobenen, aber auch herzlichen Menschen in ihren Romanen eine Stimme zu geben.

Friedlich und unberührt liegt die kleine Insel Bargsand inmitten der idyllischen Unterelbe. Bis zu jenem Morgen, als ein junges Paar am Strand eine grauenvolle Entdeckung macht: Aus dem Sand ragt der Schädel eines Skeletts. Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn von der Mordkommission Itzehoe stehen vor einem Rätsel. Wer war dieser Mann, der vor dreißig Jahren mit gefesselten Händen dort im Schlick vergraben wurde?
Kurz darauf wird auf einer Nachbarinsel ein Hamburger Bauunternehmer tot aufgefunden wird – bis zum Rumpf im Sand eingegraben und gefesselt wie das Opfer von Bargsand. Die Spur führt das Ermittlerduo in die damalige DDR – zu vier Jungen und einem Verrat, der Jahre später einen grausamen Plan reifen lässt ...(Verlagsinfo)

Dass schöne und originelle an dieser Reihe ist, dass sich der Leser sofort wie zu-Hause-angekommen fühlt. Viele Figuren der letzten Romane finden sich auf den Seiten von „Mordsand“ wieder ein.

Die Handlung in „Mordsand“ hat ein gemächliches Tempo, wenige dramatische Momentaufnahmen, die Spannung nimmt erst Fahrt im letzten Drittel des Romans auf – dann mit einer Intensität, die schon verdammt nachhaltig ist. Zwischendurch wird das dunkle Kapitel der DDR in sehr, sehr kurzen Kapiteln über zwei Seiten erzählerisch beschrieben. Der konzentrierte Schauplatz der Story, sind die kleinen Inseln an der Unterelbe. Also für die beiden Ermittler wieder einmal ein Heimspiel.

Das Verhältnis zwischen den Nebengeschichten, dem privaten Umfeld von Paulsen und Haverkorn und der eigentlichen Storyline ist etwas unausgeglichen. Nebengeschichten und Nebenschauplätze sollen die Figuren entwickeln, diesen eine gewisse, charakterliche Tiefe geben, doch in „Mordsand“ ist das Privatleben zu weit – viel zu intensiv beschrieben, sodass sich die Stimmung nicht gleich zeigen kann.

Auch dass sich der Standort der Geschichte, wieder einmal in bekannter Umgebung einfindet mitsamt allen Figuren, aus den letzten Romanen wirkt ein wenig eintönig.

Trotz aller Kritik allerdings, hebt sich der Titel „Mordsand“ und überhaupt die ganze Reihe im Genre Krimi/Thriller hervor. Originell – sehr authentisch – und auch im vierten Band eine Atmosphäre der man sich gar nicht entziehen kann.

Das dunkle Kapitel, dass die Autorin hier aufgreift ist leider kein fiktives und es ist wirklich erschreckend. Romy Fölck erklärt Hintergründe und Quellen im Nachwort des Romans.

Für die weitere Entwicklung der Reihe empfehle ich, ein anderes Setting, neue Figuren – einen anderen Schauplatz und weniger erzähltes Privates der Hauptfiguren.

Fazit

„Mordsand“ hinterlässt unterhaltsame Spuren. Romy Fölck „mordet“ ganz fürchterlich und wunderbar. Kriminalistische Unterhaltung, die uns einfängt und nicht loslässt. Bitte weiter so

Michael Sterzik

Samstag, 6. März 2021

Der Held Roms - Douglas Jackson


Die Eroberungspolitik des Römischen Reiches war unter der Julischen Dynastie der Kaiser außerordentlich aggressiv, aber auch sehr effektiv, wenn es darum ging Länder und ihre Bevölkerung Roms Willen aufzuzwängen. Dieser Eroberungsprozess beinhaltete auch die Indoktrinierung der Kultur, der Religion – schlichtweg die Lebensweise der Römer zu übernehmen. Gerne passiv, gerne manipulativ – wenn nötig mit noch mehr militärischer Gewalt.

Doch es gab immer wieder Länder, die ihre Unabhängigkeit um keinen Preis der Welt aufgeben wollten. Germanien – und auch die britische Insel rebellierten mit aller verfügbaren Gewalt gegen die römischen Unterdrücker. Analysiert man Roms Berechenbarkeit, ihre Methodik sich Stammesfürsten und den Adel gefügig zu machen, spielte der Einsatz von finanziellen Mitteln, das nehmen von Geiseln und Erpressung die wesentlichen Überzeugungsaktionen.

Im vorliegenden Roman: „Der Held Roms“ von Douglas Jackson werden diese Themen sehr gut verarbeitet. Wie ging Rom mit seinen Veteranen um, nach 25 Jahren militärischen Dienst? Welche Subventionen lieferten römische Politiker um sich zu bereichern, und sich Stammesführern gefügig zu machen, nur um diese ggf. später in einem eiskaltem Regen stehenzulassen? Douglas Jackson erzählt aber auch sehr drastisch von militärischen Feldzügen gegen die Briten.

Britannia, 60 nach Christus. Schon lange hat Kaiser Nero den Blick vom weit entfernten Außenposten Britannia abgewendet. Doch römische Gräueltaten wecken den Unmut der Britonen. Gleichzeitig erstarken die Druiden und rufen zum Widerstand gegen Rom auf. Es kommt, wie es kommen muss: Die kriegerische Königin Boudicca führt die britonischen Stämme in den Krieg.
Der Tribun Gaius Valerius Verrens, Befehlshaber der Veteranenlegionen im Lager Colonia, stellt sich der wachsenden Gefahr. In einem erbittert geführten Gefecht kämpft Valerius Seite an Seite mit seinen Veteranen gegen Boudiccas Horden – und droht zu verlieren. Unter hohen Verlusten ziehen die Legionäre sich in den Tempel des Claudius zurück. Hier, in den heiligen Mauern, entscheiden allein die Götter über Sieg oder Niederlage, Leben oder Tod. (Verlagsinfo)

„Der Held Roms“ von Douglas Jackson ist spannend, sehr unterhaltsam und der erste Band einer Reihe um Gaius Valerius Verrens. Diese Figur ist zwar fiktiv, aber der Autor erzählt seine Laufbahn sehr realistisch. Ein junger Mann, knapp 22 Jahre alt der als Tribun einen Namen machen muss, wenn er seine persönliche politische Karriere in Rom weiter ausbauen möchte.

Auf der Insel, lernt er dann auch britische Kaufleute und Mitglieder des niederen Adels kennen – die sich von Roms Glanz und Gloria durch Geld und Einfluss instrumentalisieren ließen. Sehr interessant – aber noch interessanter liest es sich wenn der Autor beschreibt, wie sich ehemalige römische Legionäre in Britannien nach ihrem Kriegsdienst versuchen privat Fuß zu machen. Um es kurz zu machen…sie wurden nett aus- und benutzt und irgendwie bleibt man immer im Dienste Roms.

Roms erbarmungslose Kriegsmaschinerie lässt Douglas Jackson auch mit brachialer Gewalt auf die aufständischen, freiheitsliebenden Briten los. Lässt man dieses „Monster“ von oder an der langen Leine los, so gab es wenig römische Niederlagen zu beklagen. Effektiv – Diszipliniert  - Tödlich auf den Schlachtfeld ihrer Wahl.

Interessant auch, aber das sagt der Titel auch schon aus, dass die Römer, die „Guten“ sind, und die Briten die „Bösen“! Ja – es ist immer eine Frage der Perspektive, denn der Autor beschreibt Massaker von britischen und römischen „Soldaten“. Doch die Botschaft ist hier ganz klar – man ist auf römischer Seite.

Die Figurenzeichnung ist außerordentlich gut gelungen. Gerade die Hauptfigur wirkt nicht nur authentisch, sondern auch sympathisch und man darf gespannt auf die nächsten Bände sein. Die Handlung konzentriert sich fast gänzlich auf die Perspektive des jungen Tribuns. Nur ein kleines Kapitel erzählt von Senecas und Neros Plänen, wie man zukünftig mit der britischen Insel umgehen möchte. Viel zu kurz – aber dennoch auch spannend geschildert.

Auch zu kurz gekommen, ist die Perspektive von britischer Seite, bis ein paar kleine Momentaufnahmen. Dennoch – der Roman ist trotz dieser Kritikpunkte sehr gut.

Fazit

Hier zeigt sich die Bestie –Römische Kriegführung von seiner besten Seite. Außerordentlich spannend und unterhaltsam mit einer starken Hauptfigur. Geschichtlich sauber recherchiert und interpretiert – kann ich den Roman sehr gut empfehlen.

Michael Sterzik

 

Samstag, 27. Februar 2021

Blutzahl - Thomas Enger und Jørn Lier Horst

 

Es gibt eine große Anzahl von Ermittlern, die als Duo fungieren und funktionieren im Genre Krimi/Thriller. Das Konzept ist immer sehr ähnlich gestaltet, beide ergänzen sich mit ihren Stärken und Schwächen um aus verschiedenen Perspektiven das Verbrechen letztlich zu lösen. Auch in den vorliegenden Roman: „Blutzahl“ verhält es sich nicht anders – und auch wenn es an Originalität mangelt – der Titel ist ausgesprochen gut.

An dem Tag, als die Autorin Sonja Nordstrøm verschwindet, sollte sie zur Premiere ihres Buches »Ewige Erste« erscheinen. Dass sie nicht auftaucht, veranlasst die Promi-Reporterin Emma Ramm, Nordstrøm zu Hause aufzusuchen. Die imposante Villa ist leer, doch eine am Fernseher angebrachte Zahl weckt Emmas Neugierde: die Nummer Eins. Alexander Blix vom Osloer Dezernats für Gewaltverbrechen ist der nächste, der eine Zahl findet: die Nummer Sieben, und zwar auf der Leiche eines Mannes, der in Sonja Nordstrøms Sommerhaus gefunden wird ... Was Emma und Alexander noch nicht wissen: Ein Countdown hat begonnen, und er wird in Blut enden. (Verlagsinfo)

Jørn Lier Horst ist einer der beiden Autoren und auch hier ergänzt er mit seiner Erfahrung als Hauptkommissar in einer Mordkommission in Norwegen, neben Thomas Enger, einen erfahrenen Autor, das Autorenduo. Aber auch unabhängig voneinander sind sie beide Bestsellerautoren.

Alexander Blix und Emma Ramm sind ein starkes Team aus unterschiedlichen Lagern. Blix eher introvertiert, bewegt sich ungemein wenig und sehr ungerne im Rampenlicht. Seine Vergangenheit – bzw. seine Entscheidung, die er in einer dramatischen Situation fällte, verfolgt ihn bis in die Gegenwart. Das macht ihn zu keinem schlechten Ermittler, im Gegenteil – aber er ist halt auch Mensch. Flankiert wird er in „Blutzahl“ von Emma Ramm, einer Journalistin, einer Bloggerin, die sich im Promibereich tummelt und versucht sich hier bei einer Zeitung einen Namen zu machen. Mit allen Sympathiepunkten ausgestattet geben sie also der ohnehin guten Atmosphäre noch das besondere etwas mit.

Die Spannung im Roman ist ausgesprochen gut und die erzählerische Perspektive  von Alexander und Emma gelingt sehr gut. Nicht nur, dass man von den beiden viel Privates erfährt, formen und entwickeln sie beide die Story konsequent weiter. Ebendiese privaten Rückblenden bilden diese interessanten Nebengeschichten.

Das Tempo der Story ist gut. Ausgezeichnet gut gelingt dem Autorenduo eine Authentizität zu erschaffen, dass nicht nur durch die sich aufbauende Spannung, sondern vielmehr mit den Dialogen der Figuren. Es gibt keine logischen Fehler in den situativen Handlungen der Ermittler, oder Emma, die beiden Autoren wissen was und wovon sie schreiben.

Der Auftakt ist mehr wie gelungen, doch spürt man auch, dass der schriftstellerische Höhepunkt noch nicht erreicht ist.

Fazit

„Blutzahl“ ist hochspannend. Tolle Figuren, die aber noch mehr können. Ein Autorenduo das mehr wie vielversprechend ist. Man kann sich schon auf weitere Bände dieser Reihe freuen. Spannungsliteratur – die man lesen sollte.

Michael Sterzik

 

 

Samstag, 20. Februar 2021

Krieger Roms - Feuer im Osten - Harry Sidebottom

 


Der vorliegende Roman spielt zurzeit von Kaiser Valerian im Jahre 255 nach Christum. Die alte Glanzzeit des alten Roms ist Geschichte. Die Grenzen werden durch die Goten und der Perser bedroht – eine Reichskrise. Der Persische König aller Könige Schapur I. führte den Krieg gegen Rom erfolgreich weiter – sein Herrschaftsgebiet weitete sich bis nach Syrien aus. 

Diese Epoche wird literarisch im Genre Historischer Roman zwar gerne aufgegriffen, doch die meisten Geschichten handeln aus der Zeit der julischen, oder flavischen Kaiser. Harry Sidebottom distanziert sich von dieser sehr heftigen Zeit – in der Roms Eroberungspolitik vorherrschend war. Sozusagen der Höhepunkt des Römischen Reiches. Doch jedes Weltreich gerät mehr oder minder irgendwann ins Wanken.

Rom, im Jahr 255. Von allen Seiten stoßen die Feinde Roms vor, um sich Teile des angeschlagenen Weltreiches einzuverleiben. Auch Sassanidenherrscher Shapur steht mit seinem mächtigen Heer vor Arete, dem östlichsten Bollwerk des Imperiums. Um die Festung zu verteidigen, sendet Kaiser Valerian seinen Tribun Ballista aus. Ballista ist Germane, steht aber seit Langem in Diensten Roms. Unerschrocken und loyal folgt er seinem Auftrag, obgleich er weiß, wie aussichtslos die Lage ist, denn er verfügt nur über wenige Krieger….(Verlagsinfo)

Es ist nicht leicht den Roman zu bewerten. Es war auch nicht unbedingt ein Vergnügen diesen zu lesen. Harry Sidebottom hatte anscheinend viel vor mit seiner Geschichte, dass Ergebnis ist allerdings gerade mal als ausreichend zu bezeichnen. „Krieger Roms – Feuer im Osten“ ist wenig spannend, und dadurch auch weniger unterhaltsam. Die Story verfügt über langanhaltende erzählerische Längen, über Beschreibungen, die weder entscheidend sind, oder die Handlung vorantreiben.

Das bezieht auch die Charaktere mit ein, die man nicht wirklich greifen kann. Jemanden als Hauptfigur aufzubauen, dessen Wurzeln nicht Römisch, sondern Germanisch sind – ist nichts Neues und nicht originell. Sein Charakter obwohl als Hauptfigur aufgestellt ist blass, einfallslos und seien ehrlich schlichtweg langweilig.

Auch die flankierten Nebencharaktere sind eindimensional konzipiert. Eine spannende Atmosphäre entwickelt sich zu keinem Zeitpunkt.

Dagegen hat der Autor sich völlig losgelassen Alltagsgegenstände, Räumlichkeiten, usw. so detailliert eingebaut und beschreiben, dass ich mir immer sagt, nett…aber zu viel des guten. Die Geschichte konzentriert sich auf einen Zeitraum und auf eine Region und aus viel zu wenigen Perspektiven erzählt.

Und Faktor „historische Geschichte“ – zu langweilig, zu wenig, kaum vorhanden.

Fazit

„Krieger Roms – Feuer des Ostens“ von Harry Sidebottom ist ein historischer Roman auf Sparflamme mit viel Langeweile, keiner Atmosphäre und uninteressanten Figuren. Ein Reihe – die für mich mit den ersten Band endet. Weitere Versuche ausgeschlossen.

Michael Sterzik