Mittwoch, 12. März 2025

Im Wind der Freiheit - Tanja Kinkel


Um 1830 waren die Rechte der Frauen außerordentlich eingeschränkt. Ihr Schicksal wurde ausschließlich von Männern bestimmt. Das Recht auf Bildung, auf ein selbstbestimmtes Leben, auf freie Meinungsäußerung, auf freie Berufswahl usw. - für uns heute in den Grundrechten verankert - mussten sich die Frauen damals erst erkämpfen. Und dieser Kampf war für Frauen wie Louise Otto, die unter anderem die Hauptrolle in diesem Roman spielt, mehr als schwierig. 

Politische, kulturelle und sozialkritische Themen wurden immer wieder torpediert, aber auch unterstützt, nicht zuletzt von Männern, deren intellektueller Zeitgeist zur Revolution beitrug. 

Louise Otto war zeitlebens Schriftstellerin, Vorkämpferin für Frauenrechte und später auch Gründerin und Leiterin von Frauenvereinen. 

Der vorliegende Roman “Im Wind der Freiheit“ von Tanja Kinkel greift diese Themen in einem informativen Roman auf.

1848: Die Menschen im Deutschen Bund erheben sich gegen die Macht der Fürsten und der Zensur. Während Deutschland die Morgendämmerung der Demokratie erlebt, finden in den Wirren der Zeit zwei ungleiche Frauen zueinander: Die arbeits- und mittellose Susanne, die sich auf einen gefährlichen Auftrag eingelassen hat – und die mutige Schriftstellerin und unbeirrbare Demokratin Louise Otto. Seite an Seite kämpfen sie für Freiheit und Selbstbestimmung in einer Revolution, die trotz ihres Scheiterns das Land für immer verändern wird. (Verlagsinfo)

Die Französische Revolution war einer der Funken, der diesen Sturm für die Gleichberechtigung der Frauen auslöste. Wir können uns heute nicht mehr vorstellen, wie die Arbeitsbedingungen in den Fabriken waren und welche Abhängigkeiten entstanden. Die Armut trieb viele Frauen in die Prostitution, ein Schicksal, das auch die zweite Hauptfigur Susanne erleidet, deren Weg sich mit dem von Louise Otto verbindet. 

„Der Wind der Freiheit“ ist leider nur ein spannender Luftzug. Der Unterhaltungswert ist eher spröde, die Atmosphäre leidenschaftslos erzählt. Die Emotionen der Frauen werden von der Autorin zwar beschrieben, aber zu nüchtern. 

Das Thema wird informativ und ausführlich erklärt, aber es gleicht eher einem mittelmäßigen Sachbuch mit vielen inhaltlichen Lücken. Man quält sich von Kapitel zu Kapitel durch das Buch, ohne mit den Personen oder dem Thema sympathisieren zu können.

Auch die Erzählweise ist zu eindimensional. Die Perspektive, die Ansichten und Ideale der dominanten Männerwelt werden kaum erzählt. Sie sind eigentlich die Bösen, bekommen aber keine Gelegenheit, sich zu positionieren. 

Die Recherchearbeit von Tanja Kinkel ist wie immer hervorragend, nur der Erzählstil hinkt deutlich hinterher. Auch vermisse ich ein Nachwort der Autorin. Wenn man ein so wichtiges, historisches Thema aufgreift - wo erklärt die Autorin dann Hintergründe etc. Es gibt nur ein kleines, überschaubares Quellenverzeichnis.

Fazit

Ein wichtiges Thema, leider ohne spannende Unterhaltung erzählt. Emotionslos, nüchtern - aber sachlich informativ. 

Wer sich für das Thema und die Hintergründe interessiert, dem empfehle ich ein Sachbuch.

Michael Sterzik

Montag, 10. März 2025

Die Komplizin – Steve Cavanagh


Wann kennt man seinen Partner wirklich gut? Ab wann kennt man seinen „Lieblingsmenschen“ mit all seinen Facetten - seinen Licht- und Schattenseiten?  Wobei die „dunkle“ Seite manchmal erschreckend abgründig sein kann. Macht Liebe also blind - oder gaukelt man sich eine heile Welt vor, weil man wenig Lust hat, durch Scherben zu laufen? 

Ein geradezu dramatisches Worst-Case-Szenario wäre es, wenn sich herausstellen würde, dass der fürsorgliche, liebende Partner, vielleicht sogar Vater gemeinsamer Kinder, ein Krimineller ist! Vielleicht sogar ein Mörder, der seine dunklen, krankhaften Triebe auslebt? Wie tragisch, wenn der Stimmungsseismograph wild ausschlägt und sich der Frontalangriff auf ein glückliches Leben als Vorposten zum Friedhof entpuppt.

Dieser emotionale Tsunami zerstört dann alles im persönlichen Umfeld und die Wellen der Gewalt sind nicht mehr aufzuhalten. Wird man „mitschuldig“, wenn man die Tat für möglich hält, oder ist man zu feige, vielleicht auch zu ängstlich, um den Partner mit Verdachtsmomenten oder gar Beweisen zu konfrontieren? 

Vielleicht übt die Gewalt aber auch eine morbide Faszination aus und die Partnerschaft nimmt „neue“ Formen an? Ein wahrer Alptraum und wer ist nun Täter und Opfer oder vertauschen/erweitern sich die Rollen? 

Im vorliegenden 7. Band der Eddie-Flynn-Reihe konfrontiert uns der Autor und ehemalige Anwalt Steve Cavanagh mit dieser Thematik.

Carrie Miller ist die meistgehasste Frau Amerikas. Ihr Mann Daniel hat vierzehn Menschen ermordet, bevor er verschwand. Nun steht Carrie als Komplizin des »Sandmanns« vor Gericht. FBI, Staatsanwaltschaft und Medien sind überzeugt, dass sie von den Taten wusste und Daniel gedeckt hat. Für ihren Anwalt Eddie Flynn wird es schwer, allen das Gegenteil zu beweisen. Doch er glaubt Carrie, dass sie keine Ahnung von der dunklen Seite ihres Mannes hatte. Erst im Laufe des Prozesses kommt ihm der Verdacht, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Unterdessen verlässt Daniel sein Versteck, um seine Frau vor einer lebenslangen Haftstrafe zu bewahren. Und jeder, der mit dem Fall zu tun hat, wird zur Zielscheibe...(Verlagsinfo) 

„Die Komplizin“ ist ein spannender Roman, der seine Spannung aus verschiedenen Perspektiven aufbaut. Die Hauptfigur Eddie-Flynn, ein ehemaliger Trickbetrüger und nun erfolgreicher Anwalt, hat den größten Anteil an der Erzählperspektive, aber auch die Ehefrau des vermeintlichen Serienmörders Carrie Miller erklärt sich in Rückblenden mit Tagebuchaufzeichnungen, während der „Sandmann“ selbst über seine Taten spricht. Letzteres leider manchmal zu oberflächlich, ich hätte mir mehr Rückblenden gewünscht, die seinen Charakter und seine Motive etwas transparenter gemacht hätten.

Die offensichtliche Wahrheit über die „Komplizin“ ist dann doch verstörend und überraschend. Erwähnenswert ist auch, dass die Handlung ein hohes Tempo hat, die Ereignisse sich manchmal überschlagen und leider am Ende die Gedankengänge von Eddie Flynn etwas auf der Strecke bleiben. Es wird auch persönlich für Flynns Verteidigungsteam - und vielleicht wird das Team noch um eine Person erweitert - ein ehemaliger FBI-Agent, der erst schießt und sich dann als Staatsanwalt, Richter und Vollstrecker sieht. Eine ausbaufähige Figur. 

Der vorliegende Band ist der 7. dieser Reihe - man kann die Titel unabhängig voneinander lesen, aber das kann ich nicht empfehlen. Viele Charaktereigenschaften, Freundschaften und Feindschaften beziehen sich immer wieder auf die vorherigen Bände. 

Die Verteilung der Haupt- und Nebenfiguren ist ausgewogen - konzentriert sich aber auf Eddie Flynn, der allen, aber auch wirklich allen, immer mindestens drei Schritte voraus ist. Gerade in diesem Band wirkt er manchmal nicht authentisch genug. Besonders interessant und abwechslungsreich ist aber seine persönliche Affinität, Zeugen, Richter und Staatsanwälte zu manipulieren - seine Trickkiste scheint hier keinen doppelten Boden zu haben. An originellen Ideen mangelt es hier also nicht - und flankiert von spannenden Ereignissen und Situationen macht er diese Serie zu einer der besten im Thriller-Genre. 

Auch „Die Komplizin“ ist kein reiner Justizthriller/Krimi. Als Leser nehmen wir zwar im Gerichtssaal Platz, aber leider gibt es dort viel zu wenige Szenen. Die rhetorischen Duelle zwischen den Zeugen oder zwischen Eddie-Flynn und dem Staatsanwalt sind nicht nur spannend, sondern auch eine Momentaufnahme, wie die Justiz und die Geschworenen mit Theatralik und gespielter Dramatik manipuliert werden.

Fazit

Ein raffinierter und origineller Spannungsbogen, der eine gewisse Sogwirkung entfaltet. Ein authentischer Thriller, der manchmal etwas Wildwest-Charakter hat, aber empfehlenswert ist, wenn man über Recht und Gerechtigkeit nachdenkt.

Michael Sterzik 

Freitag, 7. März 2025

Amsterdam - Reiseführer von Baedekers


Amsterdam ist die Hauptstadt der Niederlande und mit fast einer Million Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt des Königreichs. Die von Grachten durchzogene Residenzstadt ist kulturell, politisch und gesellschaftlich eine der einflussreichsten Städte Europas. 

In Amsterdam vermischt sich moderne Architektur mit historischen Gebäuden, die ihre eigene Geschichte erzählen. Alles hier hat eine spektakuläre Atmosphäre, die man sofort spürt, wenn man durch die Straßen schlendert, in denen das Leben immer pulsiert. In angesagten Hotels, innovativen Cafés und schicken Boutiquen findet der Besucher etwas, das er vielleicht gar nicht erwartet. Die Leichtigkeit des Lebens ist in Amsterdam zu Hause.

Mit diesem Reiseführer verlieren Sie nie die Orientierung in dieser wunderschönen Stadt, die Sie vielleicht mehrmals besuchen müssen, um auch nur einen Bruchteil von dem zu sehen, was auf Sie wartet. 

Der handliche Reiseführer ist in fünf Kapitel unterteilt, denen jeweils eine Farbe zugeordnet ist. In den Kapiteln sind die Sehenswürdigkeiten in einer Liste zusammengefasst - die Top 10 der jeweiligen „Stadtteile“!

Kleine Stadt-/Straßenkarten helfen bei der Orientierung. Tolle Momentaufnahmen von Museen, Straßen, Plätzen und Gebäuden sind fotografisch fantastisch eingefangen. Natürlich gibt es auch praktische Tipps, die das Leben etwas leichter machen, z.B. Übernachtungstipps oder eine Auswahl an Restaurants - hier kann man sich auch durch 55 Esskulturen schlemmen. Guten Appetit!

Die Beschreibungen der einzelnen Sehenswürdigkeiten sind informativ und auch sehr kurz - also auf das Wesentliche konzentriert. 

Ich kann den Reiseführer sehr empfehlen. Schnelle Informationen, die Lust machen, diese tolle Stadt wieder zu besuchen. Der Reiseführer passt in jede Tasche, auch in eine große Jackentasche. Trotzdem empfehle ich, diesen Reiseführer vor der Reise zu lesen, denn die Möglichkeiten sind vielfältig, egal ob man den Sehenswürdigkeiten nachjagt, auf eine ausgiebige Shoppingtour geht oder sich ins Nachtgetümmel stürzt, hier ist für jeden Besucher etwas dabei.

Michael Sterzik 

Mittwoch, 26. Februar 2025

Schattenwald - Jan-Erik Fjell


Die menschliche Psyche ist immer noch ein großes Rätsel: Wo fängt krankhaftes Verhalten an, wo hört es auf? Was können Auslöser sein - bei denen uns die Sicherungen durchbrennen und wir alle Vernunft ausschalten? Wir sehen rot in einer Momentaufnahme, die unser Leben und das Leben anderer radikal verändern kann - und überschreiten damit eine Grenze, von der es kein Zurück mehr gibt.

Die Begegnung mit dem Tod, in welcher Form auch immer, ist so eine Grenze - danach verändern wir uns. Entweder, weil wir zu viel Schmerz und Grauen erlebt und gesehen haben, oder weil wir selbst getötet haben. Diese Narben auf der Seele verschwinden nie. Man kann mit ihnen leben - aber der Preis dafür kann so hoch sein, dass wir diesen Schmerz und diese Last nicht mehr ertragen können. 

Auch Polizisten oder Soldaten in Kriegseinsätzen werden seelisch verletzt - und diese posttraumatischen Erlebnisse können sie ein Leben lang begleiten. 

Mit diesen Themen beschäftigt sich der norwegische Autor Jan-Erik Fjell im dritten Roman der Reihe um Magnus Torp und Anton Brekke.

Nach einer durchfeierten Nacht verschwindet nahe Oslo die junge Cecilie Olin. Zwei Tage später wird ihre Leiche in einem Waldstück entdeckt, sie wurde entsetzlich misshandelt und erdrosselt, ihr Ehering fehlt. Sofort fällt der Verdacht auf Cecilies Mann, doch dann wird eine weitere Frau vermisst. Der junge Ermittler Magnus Torp sucht Hilfe bei seinem Kollegen und Mentor Anton Brekke, der der Polizei nach einem traumatischen Fall den Rücken gekehrt hat. Zunächst will Anton nichts mit der Sache zu tun haben, zu sehr quälen ihn die Dämonen der Vergangenheit. Doch das Verbrechen lässt ihm keine Ruhe. Anton begibt sich auf die Spur des Mörders und damit erneut in bedrohliche Dunkelheit. (Verlagsinfo) 

Dieser dritte Band ist aus vielen Gründen großartig. Die Beziehungsebene zwischen Torp und Brekke ist interessant, nicht nur, weil sie völlig unterschiedlich ermitteln und ihre Charaktere so verschieden sind, sondern auch, weil sie sich immer weiter entwickelt. Es hat etwas von einem Schüler-Lehrer-Verhältnis, aber auch von einer sehr tiefen und verständnisvollen Freundschaft. 

Bitte nicht irritieren lassen - der vorliegende Band ist der 8. Teil dieser Reihe - die anderen werden, denke ich, nach und nach ebenfalls im Goldmann Verlag erscheinen.

Die Geschichte ist spannend, vielleicht auch deshalb, weil der Perspektivwechsel in die Vergangenheit aus der Sicht des Täters erzählt wird. So wird schnell klar, dass es sich um Serienverbrechen handelt, die in der Vergangenheit begonnen haben. Parallel zu diesem Fall ermittelt Anton Brekke auf eigene Faust. Er hat seinen Job bei der Polizei freiwillig an den Nagel gehängt und ist nun eine Art Sozialarbeiter. Diese Tätigkeit füllt ihn zwar nicht aus - aber er kann ein Verbrechen und gegebenenfalls einen möglichen Täter durch seine Erfahrung und sein Wissen identifizieren. Mit Verdächtigen geht er nicht besonders sensibel um - das muss er auch nicht, wenn er selbst etwas aufklären will. Sein Privatleben wird kaum thematisiert - außer, dass er spielsüchtig ist und sich damit ein wenig finanziert. Insgesamt wirkt er unruhig und seine Freundschaft mit Magnus Torp wird auf eine harte Probe gestellt. 

Magnus Torp hingegen zeigt sich gewohnt pflichtbewusst und übernimmt eine führende Rolle bei den Ermittlungen. Seine Geduld mit Anton Brekke wird auf eine harte Probe gestellt - aber er glaubt und vertraut seinem alten Freund und Mentor fast blind. 

Das letzte Drittel des Romans steigert die Spannung enorm, doch am Ende werden nicht alle Einzelgeschichten aufgelöst und auch das Schicksal der beiden Freunde endet mit einem dramatischen Ereignis, dessen Ausgang allerdings offen bleibt. 

Damit macht der Autor natürlich Lust auf Band 9. Ich empfehle aber auch, die beiden Vorgänger zu lesen: „Nachtjagd“ und „Dunkelwald“, denn die Beziehung und damit die Vorgeschichte von Torp und Brekke ist wichtig, um ihre beiden aktuellen Standpunkte besser verstehen zu können.

Fazit

Der Schatten zwischen Vergangenheit und Zukunft ist dunkel und abgrundtief böse. Ein großartiger Roman - eine großartige Serie, die zu den besten Skandinaviens gehört.

Michael Sterzik

Mittwoch, 19. Februar 2025

Admiral Nelson – Unter Flagge Englands – Mac P. Lorne.


Wir alle kennen aus der Geschichte „Helden“, die sich im Krieg durchgesetzt haben. Die waghalsige, großartige Schlachten durch ihre Entscheidungen gewonnen haben.  Ein Krieg fordert immer Opfer - Soldaten, Offiziere, Zivilisten - der Blutzoll ist immer zu hoch - aber es gibt auch Kämpfe, die man führen muss, um sein Land und seine Bevölkerung vor einem Aggressor zu schützen.

Kapitäne und Admiräle auf Kriegsschiffen entscheiden über Leben und Tod, jede Entscheidung hat Konsequenzen und kann Leben zerstören, aber auch retten. Sie sind Alleinherrscher, kleine Götter - ihr Wille ist Gesetz. Dass dabei Menschlichkeit, Moral und Ethik auf Kollisionskurs geraten können, liegt auf der Hand. In vielen, auch älteren Biographien wird der Mensch weniger geschildert, seine Taten werden zwar nicht immer glorifiziert, aber die Bandbreite der Wahrheit ist recht groß und manchmal zu eindimensional. 

Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt - das stimmt fast. Und doch darf die Menschlichkeit gegenüber dem Feind nicht ausgeschaltet werden. Solche Befehlshaber nennt man dann „Helden“ - weil sie trotz aller Gewalt nicht vergessen haben, was es heißt, Mensch zu sein.

Mac P. Lorne hat in dieser Fortsetzung Großartiges geleistet, indem er Admiral Nelson als großen Führer, aber auch als sensiblen und fehlerhaften Menschen darstellt.

Während Horatio Nelson dank seines taktischen Geschicks der Flotte Napoleons eine vernichtende Niederlage zufügt, wird er selbst schwer verwundet. In Neapel wird der Konteradmiral mit allen Ehren gefeiert – und aufopferungsvoll von Emma Hamilton gesundgepflegt. Der unglücklich verheiratete Nelson verliert endgültig sein Herz an die Frau des britischen Botschafters, die er seit ihrer ersten Begegnung nicht vergessen konnte.

In Englands Oberschicht und am Königshof sorgt die skandalöse Liebesgeschichte dafür, dass Nelson in Ungnade fällt. Doch dem Vereinigten Königreich droht nach wie vor Gefahr, und es braucht seinen größten Seehelden bald mehr als je zuvor …(Verlagsinfo) 

Wer sich mit der historischen Figur des Admirals Horatio Nelson beschäftigen möchte, dem seien diese beiden Bände von Mac P. Lorne empfohlen. Geschichte muss nicht nur nüchtern und sachlich ohne Emotionen erzählt werden, sie kann auch hervorragend unterhaltsam, spannend und informativ dargestellt werden. Mac P. Lorne beschreibt den Seehelden und Menschen - mit all seinen Siegen, aber auch seinen persönlichen, privaten Niederlagen und Herausforderungen. 

Diese brillante Analyse Nelsons ist wunderbar gelungen und lässt uns an vielen überlieferten Dialogen zwischen Nelson und anderen Personen teilhaben. Mac P. Lorne nimmt sich viel Zeit und Raum, um Nelson auch als Mensch zu zeigen, und so zeigt er einen verletzlichen, arroganten und sich manchmal selbst überschätzenden Nelson auf privater Ebene. Fakt ist - Nelson polarisierte, er war ein eigensinniger Charakter, der sich nicht viel und nicht gerne befehlen ließ. Anweisungen und Befehle waren für ihn wohl manchmal nur akzeptierte und variable Richtlinien.

Was wäre wohl aus Nelson geworden, wenn er nicht so ein großartiger Stratege und Taktiker auf dem Schlachtfeld der Meere gewesen wäre? Um es kurz zu machen - nicht gut! Sein Privatleben, seine Liebe zu Lady Hamilton, war am Hof des Königs, in der Admiralität und auch in der Gesellschaft ein offener Skandal, der ihn ohne seine Erfolge und seine guten Beziehungen zu seinen Vorgesetzten ohne Frage ins gesellschaftliche Abseits gestellt hätte. 

Die beschriebenen Seeschlachten werden von Mac. P. Lorne konsequent und kompromisslos erzählt. Die Festungen aus Eichenholz und die Männer aus Stahl, die sie führten, wurden zum Sarg für viele Menschen, für viele Nationen. Es gab kein Entkommen, wenn Kanonenkugeln Decks und Menschen zerfetzten - Überleben war oft Glückssache, eine Laune des Schicksals. Nach der Schlacht erwiesen sich diese Festungen als Schlachthäuser für Sieger und Verlierer.

Mac P. Loren beschreibt in beiden Bänden auch die Menschlichkeit, die sich in der Schlacht zeigen kann, und zeigt Nelson und auch seine Offiziere als Führungspersönlichkeiten, die genau wussten, dass ohne die Mannschaft, für die sie sich verantwortlich fühlten, keine Schlacht zu gewinnen war. 

Nelsons Privatleben - die Beziehung zu seiner Frau und seiner Geliebten Lady Hamilton - wird ausführlich dargestellt und vertieft seinen Charakter. Manche seiner Entscheidungen sind selbst für Freunde und Vorgesetzte schwer nachvollziehbar - aber wie heißt es so schön: Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt.

Im letzten Teil des Romans wechselt auch die Erzählperspektive und Napoleon selbst kommt zu Wort. Der kleine Korse nimmt nun die Rolle des Bad Boy ein - der seine imperialistischen Wünsche auf dem Meeresgrund verwirklicht sieht. 

„Admiral Nelson - Unter Englands Flagge“ ist eine der besten und spannendsten Biografien, die ich bisher gelesen habe. Spannend, unterhaltsam, vielseitig und perfekt recherchiert ist diese historische Reihe ein Muss, wenn man sich ohnehin für Seekriege und die napoleonische Zeit interessiert.

Fazit

Die Geschichte Nelsons hat die faszinierende Durchschlagskraft einer Kanonenkugel. Militärgeschichte und menschliche Entscheidungen - Karriere und Privatleben eines großen Mannes, der nicht unfehlbar war, aber gerade deshalb so faszinierend auf uns wirkt. Unbedingte Leseempfehlung.

Michael Sterzik

Freitag, 14. Februar 2025

Eisiges Glas - Anders de la Motte


Es gibt ja im Genre Thriller/Krimi viele Szenarien, die, sagen wir mal, sehr ins Phantastische abdriften, von Authentizität kann dann keine Rede sein. Viele Ermittler sind auch persönlich in diese Kriminalfälle involviert, da gibt es wieder Minuspunkte für die Realitätsnähe. Natürlich steht der Unterhaltungswert im Vordergrund - er soll dem Leser entspannte, spannende Stunden bescheren. Doch wo ist hier die Grenze - ab wann wird eine Geschichte zu abgedreht? Das Leben schreibt bekanntlich die besten Geschichten, die besten Drehbücher, die wir uns vielleicht nicht einmal in unseren kühnsten Träumen vorstellen können.

Mich persönlich ärgert es sehr, wenn in einer Geschichte der Realismus eine Ausfahrt nimmt und damit den Weg der souveränen Authentizität verlässt. Unterhaltungswert hin oder her, und wenn dann auch noch Kommissar Zufall die Rolle des Kriminalbeamten übernimmt, dann wird es vollends absurd.

Im vorliegenden Roman „Eisiges Glas“ von Anders de la Motte - eigentlich ein Kriminalroman/Thriller - wechselt er blitzschnell das Genre und findet sich in einem fantastischen Horrorthriller wieder.   

Kaum hat Kriminalinspektorin Leonore Asker ihren ersten Fall als Leiterin der Abteilung für hoffnungslose Fälle gelöst, nimmt ihr Vater nach jahrelangem Schweigen Kontakt zu ihr auf. Der Prepper steht unter Verdacht, mit dem Tod eines Urban Explorers in Zusammenhang zu stehen, dessen Leiche ohne Augen aufgefunden wurde – und droht, sich der Verhaftung ohne Hilfe seiner Tochter gewaltsam zu widersetzen.

Zur gleichen Zeit erhält Leos Kindheitsfreund Martin Hill den Auftrag, auf einer Privatinsel mit verlassenem Observatorium an einer Biografie zu arbeiten. Bald entdeckt Hill, dass es in der Gegend noch mehr Geschichten gibt – über mysteriöse Lichter und über Körper ohne Augen …(Verlagsinfo) 

Wie schon in der Einleitung beschrieben, präsentiert uns Anders de la Motte in seinem zweiten Band dieser offenen Reihe eine Geschichte, die haarsträubend, abgedreht, unrealistisch und auch nicht gerade spannend ist. 

Dass den beiden Hauptfiguren Leo Asker und Martin Hill jeweils eine eigene Geschichte zugeteilt wird, die sich im Laufe der Handlung als eine gemeinsame herausstellt und nebenbei auch noch Leos Vergangenheit mit einbezieht und Kommissar Zufall allen Protagonisten den Weg ebnet, kann nur als völlig absurd bezeichnet werden.

Die sehr kurzen Kapitel werden meist aus der Erzählperspektive von Leo und Martin geschildert. Kurzweilig - manchmal mit einem gekonnten Cliffhanger beendet - kommt leider keine Spannung auf. Einzig der ebenfalls verrückte Handlungsstrang um Leos Vater verspricht Spannung, rettet den Roman aber nicht. Die weiteren kurzen Erzählperspektiven - Kommissar Hellmann und der „gläserne“ Mann - sind Nebenschauplätze und letztere Perspektive ist oberflächlich und überflüssig.

Man mag vermuten wie der Roman enden wird, und dass dabei jeglicher Realismus abhandenkommt und man der phantastischen Gedankenwelt des Autoren nicht folgen kann.

Viel zu wenig Raum wird der Abteilung „Etage -1“ und ihren Beamten eingeräumt. Die Vergangenheit und vielleicht auch die persönlichen Talente und Eigenschaften bleiben in diesem Exil einfach unentdeckt. Schade - denn das Potential ist mehr als deutlich vorhanden. 

Generell werden die Protagonisten zwar mit einer Vita ausgestattet, aber zu oberflächlich beschrieben. Zwar wird die Beziehungsebene zwischen Martin und Leo weiter ausgearbeitet, aber von den anderen und sehr zahlreichen Nebenfiguren erfährt man nichts.

Auch Nebenschauplätze und Nebenhandlungen gibt es faktisch nur wenige, was die erzählerische Tiefe des Romans in Bezug auf die Entwicklung der Figuren und natürlich auch der Geschichte selbst immens mindert. 

Fazit

Unglaubwürdige, völlig absurde Geschichte. Es kommt keine Spannung auf und viele Chancen werden einfach vertan. Leider überhaupt nicht empfehlenswert.

Michael Sterzik 


Mittwoch, 5. Februar 2025

Buchvorstellungen btb - Frühjahr 2025

Hallo zusammen.

Heute möchte ich Ihnen die neuen Krimis vorstellen, die im Frühjahr 2025 bei btb erscheinen! Bei Interesse merke ich Sie gerne für ein Rezensionsexemplar vor oder schicke Ihnen vorab die Fahne als pdf.

»Wenn das Wasser steigt« ist der neue Bestseller der spanischen Krimikönigin Dolores Redondo. In ihrem neuesten gefeierten Spannungsroman verwebt sie historische Tatsachen, wie das Rätsel um den Serienmörder und die verheerende Überschwemmung in Bilbao. Ihre Figuren faszinieren durch große psychologische Tiefe und zeigen, zu wie viel Grausamkeit, aber auch Hoffnung die Menschen fähig sind. ET: 12. März 2025

Nach »Die Psychologin« und »Die Affäre« ist »Die Witwe« der neue Psychothriller der norwegischen Bestsellerautorin Helene Flood! Die Autorin arbeitete selbst als Psychologin bevor sie zum internationalen Thriller-Star avancierte. In ihrem neuen Buch geht es um Evy, in deren Haus nach dem Tod ihres Mannes seltsame Dinge passieren. Wird sie langsam verrückt, oder trachtet ihr jemand nach dem Leben? ET: 26. März 2025

Anton Marklunds Kriminalroman »Der Flug des Falken« ist der furiose Auftakt einer neuen schwedischen Krimireihe. Eine Sozialarbeiterin, die in die Zukunft schauen kann, ein totes Mädchen am See - »Einer der besten schwedischen Kriminalromane des Jahres. Mit einer ungewöhnlichen weiblichen Hauptfigur.« findet Bibliotekstjänst ET: 16. April 2025


Dolores Redondo
Wenn das Wasser steigt
Thriller



Der Polizist Noah Scott ist herzkrank und weiß, dass seine Lebenszeit begrenzt ist. Doch er ist besessen davon, das Rätsel um den Serienmörder John Bible zu lösen, der Ende der 60er-Jahre junge Frauen tötete und nie gefasst wurde. Jetzt, im Jahr 1983, folgt Noah einer neuen Spur, die ihn nach Bilbao führt. Er weiß, dass sich der Mörder hier versteckt hält, und durchforstet die Stadt, deren herbe Schönheit ihn gefangen nimmt, bis sich eine Jahrhundert-Flut ankündigt, die alles zu verschlingen droht.

Helene Flood
Die Witwe
Psychothriller



Eine gutbürgerliche Nachbarschaft in Oslo: Auf offener Straße bricht Erling zusammen und stirbt. Allein im großen gemeinsamen Haus sitzt Evy, seine Frau, mit der er seit fünfundvierzig Jahren verheiratet war. Irgendetwas – das wird ihr immer klarer – stimmt nicht mit dem Tod ihres Mannes. Gegenstände verschwinden aus dem Haus, die drei erwachsenen Kinder verbergen Dinge vor ihr, und die Kellertür, die immer verschlossen ist, steht plötzlich offen. Nach vielen Jahren taucht ein alter Freund aus Erlings Jugend auf, und teilt Evy Unglaubliches mit. Wer wollte Erling schaden? Und verfolgt derjenige, der ihm nach dem Leben trachtete, nun auch Evy?

Anton Marklund
Der Flug des Falken
Kriminalroman



Die Sozialarbeiterin Ramona Lindh hat eine besondere Gabe: Sie kann Bruchstücke aus der Vergangenheit und Zukunft von Menschen sehen. Als in der Nähe von Ramonas Wohnort eine junge Frau tot am See aufgefunden wird, bittet die Polizei um Mithilfe. Wie konnte es in dem beschaulichen Ort in Nordschweden zu dieser Gewalttat kommen? Und was hat es mit dem Falken auf sich, der neuerdings häufig über dem See kreist? Ramona berührt das Schicksal der Ermordeten. Sie versucht, ihre Fähigkeiten nützlich einzusetzen, weiß aber auch, dass ihre Gabe Segen und Fluch zugleich ist.

Bilder und Texte - zur Verfügung gestellt vom btb Verlag. 

Michael Sterzik