Historische Kriminalromane sind im Genre „Krimi/Thriller“ inzwischen stark vertreten. Gemordet wurde halt auch in der Vergangenheit und das nicht zu wenig. Eine historische Bühne kann für den Autor atmosphärisch wirkungsvoll verwendet werden. Dieses Ambiente überträgt sehr schnell die Stimmung einer ganzen Bevölkerung und kann somit politisch, kulturell, wie auch mit sozialen Aspekten reizend eingebaut werden. Nebenschauplätze und Nebenfiguren wird hier eine Bühne gebaut, die ggf. für die Story von größerer Bedeutung sein können, als wenn eine Story in unserer Zeit spielt. Das Interesse an einer Zeitreise in vergangene Epochen ist noch immer von großem Interesse.
Alex Beer lässt seinen neuesten, historischen
Kriminalroman vor fast genau 100 Jahren spielen. 1922 – ist Wien nach dem Krieg
noch immer schwer gezeichnet. Eine Inflation, die Lebensmittelknappheit, die
Verbreitung von Krankheiten steigern die Wut der Bevölkerung auf die Amts- und
Würdenträger der Stadt. Damit ist die Atmosphäre der Handlung sehr schnell
präsent und bildet ein hervorragendes Stimmungsbild der Bevölkerung.
Wien im September 1922: Die Inflation nimmt immer weiter
Fahrt auf, die Lebenshaltungskosten steigen ins Unermessliche, und der
Staatsbankrott steht kurz bevor. Unterdessen haben Kriminalinspektor August
Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter es mit einem grausigen Fund zu
tun: Auf dem Gelände des Wiener Hafens wurde in einem Tresor eine mumifizierte
Leiche entdeckt. Und dabei bleibt es nicht, denn der Mörder tötet nach einem
abscheulichen Muster, und er hat sein nächstes Opfer schon im Visier. Doch
damit nicht genug: Ein alter Feind aus Emmerichs Vergangenheit taucht wieder
auf – und er trachtet dem Ermittler nach dem Leben …(Verlagsinfo)
Der Autor Alex Beer legt viel Wert darauf, seinen
Kriminalroman so perfekt zu inszenieren, wie es ggf. möglich ist. Das fängt wie
oben beschrieben bei dem gewählten Schauplatz an und setzt sich weiter fort,
wenn wir die Haupt- und Nebenfiguren betrachten.
Besonders die Hauptfigur, der Ermittlungsbeamte August
Emmerich trägt vieles, ggf. alles dazu bei, die Story nicht nur spannend,
sondern auch emotional zu erzählen. Seine (Un)Sensibilität ist für ihn Fluch
und Segen zugleich. Er ist der Schrecken aller Nachbarn, aller Vorgesetzten und
manchmal auch seiner eigenen Familie.
Es ist schwer zu sagen, ob der Kriminalfall nun
spannender ist, wie das manchmal katastrophale, aber unterhaltsame Auftreten
des eigensinnigen Inspektors. Sehr förderlich ist die angespannte Atmosphäre in
der Stadt Wien. Selbst einen feinen Humor hat Alex Beer eingebaut , z.B. wenn
sich August Emmerich mit seiner Nachbarin unterhält, die mit ihrer Zankerei
Bürgerkriege entfachen könnte. Der Roman ist kein touristischer Guide für Wien,
aber vermittelt doch viel Wissenswertes um die Hauptstadt Österreichs. Leider
wiederholt sich Alex Beer mit einigen Informationen, das wirkt oft so künstlich
eingebaut und damit fehl am Platze.
Spannend ist „Der letzte Tod“ – auch in seinen
Nebengeschichten – und damit nimmt das persönliche Leben des August Emmerich,
der eigentlichen Haupthandlung die Luft weg. Ein alter Feind, ein altes Trauma,
alte Verletzungen – lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Selbst seine persönliche
Suche herauszufinden, wer seine Eltern waren, warum er als Findelkind in einem
Heim aufgewachsen ist – raubt der eigentlichen Storyline die Präsenz.
Was ich sehr vermisst habe, ist das viel zu wenig der
sprachliche Dialekt verwendet wurde. Im Buch ggf. nicht viel von Bedeutung,
denke ich allerdings an ein „Hörbuch“ so würde dies der Atmosphäre mehr wie
guttun. Das Stimmungsbarometer würde explosionsartig ansteigen. Aber nun gut.
Authentisch ist die Handlung allemal – aber wenig
originell. Nichts was man ggf. von anderen Titeln bekannter Autoren schon versucht
hätte.
Fazit
Schön, dass die privaten Schlachtfelder eines
Ermittlungsbeamten im Vordergrund stehen!? Ein souveräner, manchmal sehr
schwacher Kriminalroman, der letztlich doch nur über eine tolle Atmosphäre und
seiner Figuren überzeugt. Der Unterhaltungswert ist nicht nachhaltig genug. Ein
netter Krimi mit zu wenigen Fokussierungen, oder mit viel zu viel privaten
Herausforderungen. Kann man sehen wie man will.
Michael Sterzik
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