Sonntag, 14. Februar 2021

Die 7. Zeugin - Florian Schwieker/Michael Tsokos


Der vorliegende Titel: „Die 7. Zeugin“ soll ein Justiz-Krimi sein und soll ebenfalls einen guten Eindruck in den Bereich der deutschen Rechtsmedizin vermitteln. Michael Tsokos ist der wohl bekannteste Rechtsmediziner in unserem Land, ein anerkannter Experte, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Florin Schwieker ist ein ehemaliger Strafverteidiger, der glaubt man seinen Worten – eine gute Vernetzung mit den bekannten Sicherheitsbehörden hat. Soviel so gut.

Unser Rechtssystem gehört mit zu einem der Besten der Welt – doch auch die Justiz handelt nicht immer souverän und professionell. Menschen machen Fehler – immer schon – immer zu. Doch diese Fehler können gravierende Folgen haben – für den mutmaßlichen Täter, und ggf. dann auch für die Angehörigen. Justizirrtümer sind selten – aber dramatisch. Die Schuldfrage ist oftmals schnell geklärt – doch das „Warum“ – das „Wieso“ – den Hintergrund einer Gewalttat zu bemessen und zu erklären, ist für den Staatsanwalt und auch dem Verteidiger manchmal schwieriger als man denkt. Justizia ist nicht unbedingt blind und ihr moralischer Kompass – nun ja auch dieser ist nicht immer kalibriert.

Sagen wir mal schnell vorab – ein schwacher Auftakt mit noch vielen, vielen „to Do`s“ für den nächsten zweiten Band.

An einem Sonntagmorgen wie jeder andere auch verlässt der Verwaltungsbeamte Nikolas Nölting sein Haus in Berlin-Charlottenburg. Er winkt seiner kleinen Tochter zu, schwingt sich aufs Fahrrad und fährt zu einer Bäckerei. Dort schießt er plötzlich aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung um sich. Ein Mensch ist tot, zwei weitere verletzt – und Nikolas Nölting schweigt.


Nöltings Anwalt Rocco Eberhardt steht vor einem Rätsel: Welches Motiv könnte der unauffällige Familienvater für eine solche Tat gehabt haben? Das Ganze erscheint völlig sinnlos – bis der Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer eine überraschende Entdeckung macht, die Rocco Eberhardt mitten in einen Sumpf aus Korruption, Geldwäsche und Clan-Kriminalität führt. Doch wer sich mit der Unterwelt von Berlin anlegt, bringt nicht nur sich selbst in größte Gefahr …(Verlagsinfo)

„Die 7. Zeugin“ ist nicht unbedingt spannend. Souveräne Unterhaltung wird geboten. Was viele Fragen aufwirft ist die thematische Verteilung innerhalb der Storyline. Einblick in die Rechtsmedizin? Es ist nicht die Rede wert, was hier eingebaut worden ist. Einblick in das Rechtssystem? Ausreichend bis mangelhaft und alles nur absolut im Oberflächlichen Rahmen. Alles wirkt stereotypisch – Story, Figuren, Inhaltliche Themen.

Die Figuren sind allesamt weder sympathisch, noch unsympathisch. Sie sind da – ja und? Vielschichtig interpretiert ist hier absolut niemand. Der Staatsanwalt ein Profil Neurotiker, die Verteidigung und sein Ermittler – klassische, berufliche weiße Westen und hoch motiviert „Recht“ sprechen zu lassen. Analysiert man dann die Nebengeschichten – die das private Umfeld der Protagonisten zeigen, ist das genauso wenig einfallsreich erzählt und wieder finden wir die Klassischen Merkmale wieder – schwierige, familiäre Beziehungsebenen, eine kleine Liebesgeschichte – die sich dramatisch erstmal entwickelt.

Die beiden Hauptfiguren – der Verteidiger Rocco Eberhardt und der Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer – auch hier eine Aufteilung innerhalb der Story von 95% Rocco Eberhard. Der Rechtsmediziner ist nur eine blasse Nebenfigur.

Die Story: Anfang sehr interessant – aber so transparent und vorausschaubar, das es hier zu keinerlei Überraschungen kommt.

Vergleicht man alle Titel, an denen Michael Tsokos beteiligt war – so haben wir mit diesem Band: „Die 7.Zeugin „ den absoluten literarischen Tiefpunkt erreicht. Die Bücher von Tsokos sind allesamt tolle, originelle und spannende Titel – hier kann man ggf. mutmaßen, dass der Name „Tsokos“ als Instrument des Marketings verwendet wurde um den Verkauf anzuheizen.

Es wird mit Sicherheit einen zweiten Band geben, aber der muss deutlich besser ausgearbeitet werden. Florian Schwieket, der hier anscheinend den größten Anteil an dem Buch hatte, sollte ggf. noch etwas dazulernen, bevor ein zweiter Band veröffentlicht wird. Für Michael Tsokos – ist der Titel kein wirkliche Empfehlung hier weiter seinen Namen einzubringen.

Fazit

„Die 7. Zeugin“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Souveräne, nette Unterhaltung – mehr auch nicht. Es gibt hier noch viel unendecktes Land – dass man als Autor betreten und erforschen muss. Kann ich leider überhaupt nicht empfehlen.

Michael Sterzik

Freitag, 12. Februar 2021

Im Visier des Feinden - Tom Clancy/Mike Maden


Der Balkan war schon immer eine unruhige Region in Europa. Die verschiedenen Völkergruppen im alten Jugoslawien – Serben, Kroaten, Bosnier  - die verschiedenen Glaubensrichtungen und Kulturen bergen auch noch in unserer Zeit ein gewisses Risiko. Kein Pulverfass – bei dem die lange Zündschnur vor sich hin glimmt -. Aber dennoch könnte hier ein neuer Konflikt entstehen. Als Staatenmittelpunkt zwischen der Nato und Russland ist das Land eine strategische und taktische Größe, wenn man sich die Situation aus der Politik heraus, auch noch militärisch analysieren möchte.

Der amerikanische Autor Mike Maden – der das literarische Erbe und dessen Figur „Jack Ryan“ weiter am Leben erhält, hat nun einen neuen Titel veröffentlicht: „Im Visier des Feindes“.

Der Titel bedient sich vieler Elemente. Zweifelsohne werden hier Themen, der Spionage, der Politik, die Auseinandersetzungen der Großmächte über Vertreterstaaten und viele mehr verwendet. Die Gefahr des islamischen Terrors ist hier ebenfalls ein großer Bestandteil und auch ein internationales Verbrechersyndikat mischt hier sehr aktiv mit.

Die Figur Jack Ryan Jr. entwickelt sich immer mehr zu einer amerikanischen Version eines britischen James Bonds. Seinen Auftrag bekommt er allerdings nicht von „M“ sondern von seiner Mutter.

In Sarajevo trifft Jack Ryan jr. Aida wieder – das Mädchen, dessen Augenlicht Ryans Mutter vor fünfundzwanzig Jahren im Krieg gerettet hat. In ihrer Heimat braut sich erneut ein Krieg zusammen, und Jack will Aida beistehen. Dabei muss er sich nicht nur mit der serbischen Mafia herumschlagen, sondern auch mit Attentätern des geheimnisvollen Eisernen Syndikats.

Etwas sagt ihm, dass er es hier mit mehr zu tun hat als mit lokalen Reibereien: Im schlimmsten Fall können die Konflikte im Balkan zu einem neuen Weltkrieg führen. Also trotzt er der Anweisung, sich zurückzuziehen, stellt sich dem Feind allein – und bringt dadurch Aida in Gefahr.(Verlagsinfo)

„Im Visier des Feindes“ ist auch ein munterer Reiseführer durch Sarajewo und auch rückblickend gibt es immer wieder Erklärungen woher der Hass zwischen den Volksgruppen kommt. Etwas geschichtliche Aufklärung, die aber eindimensional daherkommt – und sich nur auf die Perspektivische Sicht der Weltmacht und Weltpolizei Amerikas bezieht. Geschichte wird durch die Sieger geschrieben. Wenig Objektivität und Selbstkritik was der Autor Mike Maden hier verwendet. Alles in allem werden hier aber auch Museen, historische Schauplätze, Sehenswürdigen und selbst die Gastronomie des Landes hervorgehoben.

Politik war und ist immer ein großer Bestandteil diese Reihe, tritt aber leider immer mehr in die zweite Reihe. Die Spannung wird hier über die Actionelemente erzeugt. Aber das gelingt dem Erben von Tom Clancy sehr souverän.

Die Diplomatie eines Jack Ryans wird eher durch Nahkampftechniken und Schusswaffen ausgeführt. Als nachrichtendienstliche Allzweckwaffe – so zwischen Analyst und Außenagent – tritt er in die Fußstapfen seines Vaters Jack Ryan – Senior, der als Präsident der Vereinigten Staaten, alle militärischen, wirtschaftlichen Staatsgeschäfte steuert. Leider, weil  die Story halt weniger politisch ist, verkommt die Figur des legendären Jack Ryan Seniors zu einer attraktiven Nebenrolle.

Die Figurenzeichnung ist nett und orientiert sich wie gesagt an die Figur eines berühmten Britischen Agenten. Von diesem hat Jack Ryan jr. viel, auch eine gewisse Naivität, aber die Waffen einer Frau sind halt gefährlich für das Herz und den Verstand.

Täuschung, Lug, Betrug, Intrigen…alles vorhanden – alles gut und spannend eingebaut. Es gibt nicht viel originelles – die touristischen Ausflüge sind nett – die alten Feindbilder und Beziehungskisten der Staaten, Interessen- und Volksgruppen beinhalten auch nicht viel Neues. Also warum ist der Roman gut? Sehr gekonnt spielt Mike Maden sein Talent aus, wenn es darum geht Action zu beschreiben – dass ist spannend, wenn es auch keine überraschenden Komponenten gibt.

Ich empfehle und wiederhole mich gerne – dieser Reihe fehlt etwas die politische Note und mehr noch – wie wäre es das Jack Ryan Senior eine größere Rolle spielt!?

Fazit

„Im Visier des Feindes“ ist eine persönliche, sehr aktive Räuberpistole. Packend und schnell erzählt. Ein hoher Unterhaltungswert der eher gerührt, wie geschüttelt ist. Ein Spion der mich liebte und wo man später sagen könnte: Sag niemals nie.

Michael Sterzik

Samstag, 6. Februar 2021

2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt - Noah Richter


Machen wir uns nichts vor und sehen die Situation realistisch: Ja – wir haben klimatische Probleme und stehen vor großen Herausforderungen, wenn wir den kommenden Generationen eine relativ, gute Erdkugel hinterlassen wollen!

Vergleichen wir die Erderwärmung, die geographischen Veränderungen in der Arktis, ganz davon zu schweigen, dass der Regenwald abgeholzt wird – mit einer Momentaufnahme vor 30 Jahren – erschrecken wir uns. Die Sommer werden heißer, die extremen Temperaturschwankungen werden intensiver – was auf die Natur und damit schließe ich die Menschheit mal mit ein, schlimmer wird.

Die kleineren Klimakatastrophen haben wir schon erlebt, die größeren, vielleicht kommenden könnten sich dramatisch auf unser Leben  auswirken.

Noah Richter – ein Pseudonym für einen bekannten und erfolgreichen Autor für Drehbücher und Theaterstücken, der zudem noch ein engagierter Klimaschützer ist, gibt den „Klimakatastrophen“ und die schlimmsten Auswirkungen eine literarische Bühne.

Was wäre wenn? Diese Frage hat sich „Noah Richter“ offensichtlich gestellt – und das Ergebnis ist ein Buch mit dem Titel: „2,5 Grad – Morgen stirbt die Welt“. Das „Morgen“ ist zwar noch weit entfernt, aber näher als wir uns das vorstellen können.

Die Welt steht in Flammen. Wer kann sie retten? Es ist wärmer als je zuvor. In der Antarktis bricht ein Milliarden Tonnen schwerer Gletscher ab. Die deutsche Forschungsstation Neumayer III versinkt im Meer und mit ihr der Glaziologe Jakob Richter. Doch vor seinem Tod konnte er seiner Freundin Leela noch Dokumente schicken, die beweisen, wie große Konzerne die Klimakatastrophe befördern. Leela nimmt den Kampf gegen die Mächtigen auf, erleidet Niederlage um Niederlage, und weiß am Ende nur noch einen Ausweg … Jahrtausendhochwasser, wochenlang mörderische Hitze, Monsterstürme - eine junge Frau im Kampf gegen die Klimakatastrophe, gegen übermächtige Verschwörer und ums nackte Überleben.(Verlagsinfo)

Das Buch ist gut. Allerdings verfängt sich der Autor in der Beschreibungen einzelner Szenarien und manchmal etwas schwerfälligen Dialogen, sodass die Spannung größtenteils nicht aufkommt, und (oder) nicht gehalten werden kann. Da hilft es auch nicht das die Katastrophenspirale sich schneller und dramatischer dreht.

Er baut faktisch alles ein: Konzerne – die mitunter den Profit optimieren wollen, und Menschenleben dafür in Kauf nehmen, dann rechtsradikale Gruppen und Sekten, die da Ende der Welt sehen, eine Bundesregierung die fast hilflos agiert, eine ambitionierte Protagonisten, die absolut unrealistisch wirkt, ein Profi-Killer der „Spiel mir das Lied“ vom Tod anscheinend gut kennt….usw. usw.  Machen wir es also kurz – zu viele Informationen eingebaut und das völlig wirr und unkoordiniert.

Die Figurenzeichnung befindet sich in der gleichen, relativ schlechten Umsetzung. Ales wirkt schnell – auf Tempo abzielend, völlig überhastet und theatralisch dramatisch. Letzteres bezieht sich auf die inhaltliche Atmosphäre – auch hier zu ambitioniert.

Schade – denn der Anfang war vielversprechend – die Umsetzung allerdings katastrophal.

Fazit

„2,5 Grad – Morgen stirbt die Welt“ von Noah Richter hatte ambitionierte Ziele. Leider völlig verfehlt, verfahren, überhastet und nicht spannend. Ein Titel, den ich leider nicht empfehlen kann.

Noah Richter hat als Autor ganz sicherlich potenzial – allerdings sollte der nächste Titel inhaltlich sauberer konzipiert sein.

Michael Sterzik

Freitag, 5. Februar 2021

Die Mitternachtsbibliothek - von Matt Haig


Ein Buch muss unterhaltsam sein im Genre Belletristik, oder eine Spannung erzeugen, vielleicht gruseln wir uns auch, mögen schmunzeln, oder auch weinen. Emotional werden wir eingefangen und in andere Welten, Länder, Situationen und Perspektiven katapultiert. Und es gibt Geschichten, die uns verändern, unsere Seele und Gedanken zum Schwingen bringen. Geschichten, die uns so sehr nachhaltig berühren, dass das Echo dieser Story noch lange nachhallt.

Diese besonderen Bücher und es gibt wenige davon, sind wahre Schätze, da sie mitunter uns verändern können, und wenn das nicht, dann beeinflussen sie uns.

Unser irdisches Leben ist nicht unendlich. Unendlich, bzw. unzählbar sind die Entscheidungen, die wir täglich fällen, und diese verändern unser Leben und das von vielen anderen dann auch parallel gleich mit. Am Ende unseres Lebens und sicherlich auch mal im Laufe unseres Daseins, ärgern wir uns darüber, dass einige Entscheidungen gefällt haben. Wir wollen diese am liebsten revidieren und fragen uns, was wäre gewesen, wenn ich anders reagiert hätte. Wäre unser Leben schlechter, oder besser verlaufen? Fragen über Fragen, oder!? Andersrum interpretiert – sind wir jemals zufrieden mit unseren Leben – mit den schönen Momenten – aber auch mit kleineren und größeren Katastrophen, die uns begegnen?  

Unsere individuelle Philosophie (er)leben wir jeden Tag, aber wann können wir uns sicher sein, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben!?

Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.
Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist? (Verlagsinfo)

„Die Mitternachtsbibliothek“ von Matt Haig ist ein wundervolles, sensibles Buch, dass aufzurütteln vermag, und uns vor Augen führen kann, was wirklich wichtig ist im Leben. Der britische Autor vermag es spielerisch zu philosophieren, nicht immer tiefgründig, aber doch mit so klaren Worten umgeht, dass die Kernbotschaft kristallklar vor uns liegt.

Die größte und tiefgreifendste Veränderung begreifen wir, wenn wir erkennen, wer wir wirklich sind, unabhängig, davon ob wir berühmt, berüchtigt sind, oder wir arm oder reich sind. Wir sind dann am stärksten und glücklichsten, wenn wir an uns selbst glauben, wenn das Gesicht im Spiegel, die Spuren unseres Lebens zeigt – ein schmunzeln, dass glänzen der Augen, feine Fältchen, vielleicht Narben, die uns geformt aber nicht besiegt haben, vielleicht auch schmerzhafte Erinnerungen, die wir überlebt haben. John Lennon sagte einmal: Die Antwort auf alle Fragen ist die Liebe – verdammt er hatte so recht damit.

„Die Mitternachtsbibliothek“ und deren Botschaft, wird von vielen Lesern individuell interpretiert werden. In jedem Fall, ist das Buch kein ultimatives philosophisches  Werkzeug, dass uns „Lösungen“ aufzeigt. Man muss sich allerdings auch darauf einlassen und es am besten in wenigen Etappen lesen. Was nicht schwer ist – denn die Geschichte von Nora Seed hat auch sehr skurrile und witzige Momente, aber zeigt uns auch Szenen, die uns ggf. zu Tränen rühren können.

Die Ehrlichkeit der Story ist überzeugend. Das Buch wird nicht unser Leben verbessern, aber es zeigt uns – wer wir sind – wer wir waren – was wir erreichen können, wenn wir an uns selbst glauben.

Fazit

„Die Mitternachtsbibliothek“ von Matt Haig ist ein Licht, ein Funkeln in dunkelster Nacht. Ein Spiegelbild unserer Seele, wenn wir es wollen. Es ist eines der wichtigsten und besten Bücher, dass ich jemals gelesen habe. Reisen Sie bitte mit Nora Seed durch unterschiedliche Leben – seien Sie auf der Hut – mitunter finden Sie sich selbst.

Michael Sterzik

Samstag, 30. Januar 2021

The Expanse - Persepolis erhebt sich - James Corey

 


Die vorliegende Reihe – „The Expanse“ gehört zu einer der erfolgreichsten im Genre Science Fiction. Das Autorenduo, dass unter dem Pseudonym „James Corey“ diese fantastisch gute Reihe verfasst hat, legt viel Wert darauf, Geschichten zu schreiben, die durchaus realistisch sein könnten. Mitunter werden viele soziale, kulturelle und gesellschaftskritische Themen eingebaut. Ebenfalls bilden die politische Lager – Erde – Mars – Fraktion der Gürtler nun neben der Kolonisation ferner Planeten inzwischen eine eigene sehr komplexe Handlung. Also viele kleine inhaltliche Konflikte, die aus verschiedenen politischen Motiven, nebst militärischen und kulturellen Themen gebildet werden und somit eine fesselnde Story bilden.

Haben die ersten 6 Bände nahe los zeitlich chronologisch , die Story um James Holden und seiner Crew erzählt, so machen die beiden Autoren mit „Persepolis erhebt sich“ einen Zeitsprung von 30 Jahren. Die Ereignisse die innerhalb dieses großen Zeitraums stattgefunden haben, werden nur kurz, aber doch inhaltlich gut erklärt. Auch die Welten haben sich nach den terroristischen Anschlägen auf Erde und Mars verändert. Die Jahre des Aufbauens waren auch Jahre eines angespannten Friedens. Die Wunden, sind verheilt – die Kolonisation der bis zum 1300 Welten schreitet voran. Doch trotz diese Allianzen der Mächte und einem Frieden, bilden sich auf eine der kolonisierten Welten eine Kräfte, die ein „Imperium“ bilden möchten. Und diese Eroberungspolitik, die passiv beginnen soll entwickelt sich zu einer dynamischen Eskalationswelle. Hochkonsul Duarte, der als „Imperator“ in den letzten dreißig Jahren viel Zeit damit verbrachte, dass Protomolekül auch militärisch für sich nutzbar zu machen.

Bis weit in die Tiefen des Alls ist die Menschheit vorgedrungen. Gewaltige Tore haben den Weg in fremde Sternsysteme geöffnet, und nun wird ein Planet nach dem anderen besiedelt. Währenddessen haben sich die Erde, der Mars und der Asteroidengürtel verbündet. Doch der neu gefundene Frieden bröckelt, als auf einer der neuen Koloniewelten ein Despot seine Herrschaft um jeden Preis verlängern will und eine namenlose Macht geweckt wird, der selbst James Holden und seine Crew hilflos gegenüberstehen …(Verlagsinfo)

Mit diesem Roman, der tonangebend der Story auch für die Folgebände den Weg weisen wird, wird es wieder interessanter. Noch sind die Aliens – und die Mächte, die diese vernichtet haben, nicht aufgetaucht. Die Technologie und die Ruinen und wenigen Geräte werden erforscht – nur von der Erdallianz nicht wirklich vorangetrieben, nicht militärisch interpretiert. Mit der Bedrohung durch das, ich nenne es Imperium wird  es interessant – denn wie können die „Rebellen“ –  politisch und militärisch dieser überlegenen Waffentechnologie begegnen?

Es gibt durchaus Parallelen zu anderen Romanen. Interessant jedoch, dass auch die Person des Hochkonsuls sich erklären darf. Seine Motivation, sein Verständnis die Macht zu übernehmen und die Menschheit zu vereinen ist ja im Grunde ein löblicher Gedanke – doch es zeigen sich auch konsequente, tyrannische Züge und ein gewisser Egoismus um dessen eigenen Personenkult.

Die Spannende Atmosphäre ist grandios – auch die wechselnden erzählerischen Perspektiven der verschiedenen Charaktere sind perfekt in Szene gesetzt. James Holden, der sich eigentlich zur Ruhe setzen will – ist als Experte der Alientechnologie und Kommunikation vielleicht mit einer der wichtigsten Faktoren.

Die nächsten Bände von „The Expanse“ könnten also mit dem frischen Wind dieser neuen Handlung vielversprechend sein. Leider ist es auch offensichtlich, dass diese Reihe baldig enden könnte. Die Hauptcharaktere sind nicht unsterblich und ohne James Holden und seiner Crew, wäre damit dann diese Reihe, denke ich auch inhaltlich abgeschlossen.

Auch dreißig Jahre später, trifft man auf viele Figuren aus den letzten Bänden, alte Feind- und Freundschaften werden reanimiert, es werden neue Beziehungsebenen entstehen – der Ausgang allerdings noch offen.

Fazit

Ein spannender Band, ein neue Bedrohung die neben vielen unbekannten Faktoren eine neue Atmosphäre bereithält. Das könnte ganz, ganz groß werden.

Michael Sterzik

Mittwoch, 27. Januar 2021

Engelsgrund - Linus Geschke


Der vorliegende Titel „Engelsgrund“ von dem Autor Linus Geschke, ist der dritte und abschließende Band um dessen Hauptfigur Alexander Born. Nach „Tannenstein“ und dem zweiten Band „Finsterthal“ erleben wir ein furioses und brillantes Ende, dieser Trilogie mit der sich Linus Geschke auch schriftstellerisch enorm weiter entwickelt hat. 

Seine Krimireihe um den investigativen Journalisten Jan Römer und seiner Kollegin „Mütze“ ist schon bezeichnend mehr wie gut. Diese beiden Reihen kann man aber miteinander überhaupt nicht vergleichen. Die Trilogie um Alexander Born kategorisiert sich mühelos in das Genre „Harter Thriller“ ein. Die gesamte Storyline dieser fulminanten Thriller-Reihe ist konsequent und kompromisslos sehr hart. Sie ist keineswegs unrealistisch, verfängt sich nicht in ein Netz voller bekannter Klischees, und die Action bewegt sich nicht in einem Raster überspitzter, erzählter Brutalität.

Eine friedliche Gemeinschaft in der Abgeschiedenheit der Ardennen. Zwei tote junge Frauen, brutal ermordet. Eine dritte junge Frau in höchster Gefahr. Eine unheilvolle Allianz zwischen Jäger und Gejagtem.

Höchst alarmiert wendet sich Carla Diaz, Alexander Borns frühere Kollegin bei der Sitte, an den Ex-Polizisten. Zwei junge Frauen, Mitglieder der Sekte ›Cernunnos‹, der auch Carlas Tochter Malin angehört, wurden ermordet aufgefunden. Nun fürchtet Carla um Malins Leben, dringt aber nicht zu ihr durch. Auch Borns Mission scheitert – an Sektenführer Lampert und an Malin selbst. Da schaltet Born seinen alten Gegenspieler Andrej Wolkow ein, der ihm noch einen Gefallen schuldet. Tatsächlich schickt der Russe einen jungen Killer, dem es schnell gelingt, sich bei ›Cernunnos‹ einzuschleichen. Doch Wolkow treibt ein doppeltes Spiel.(Verlagsinfo)

„Engelsgrund“ überzeugt durch eine enorm spannende Atmosphäre, aus gut platzierten Charakteren und noch wichtiger – und fokussiert sich auf den Ansatz zu zeigen, dass das „Böse“ und das „Gute“ nicht nur verwandt, sondern im Grunde auch voneinander abhängig sind. Die Kernbotschaft ist: Um das „Böse“ zu bekämpfen muss man selbst diesen Methoden bedienen?!  Die Figur des Alexander Borns ist nicht der Typus des klassischen Antihelden. Sein Schöpfer Linus Geschke konzipiert ihn als einen Mann, der alles verloren hat, der sich undiszipliniert verhält, seinen eigenen Ethischen und moralischen Kompass kalibriert und stark dabei wirkt. Analysiert man mit etwas Tiefgang diese Figur, offenbart sich eine Verletzlichkeit, eine Verlorenheit im Schatten seiner Vergangenheit und absolut am Rande der Gesellschaft positioniert. Doch und das ist das besondere und exemplarische an dieser Reihe ist, dass die übrigen Charaktere unabhängig ob Haupt- oder Nebenfigur ebenfalls eine brillante, tiefgehende Ausprägung haben.

Es ist auch ein mehr wie würdiger Abschluss, die Story ist dramatisch, dass Tempo hoch, und überraschende Situationen und Konflikte stellen „Engelsgrund“ als einen spannenden, gefährlichen Eisberg in ein kaltes Gewässer dar, dass gefährliche Tiefen zeigt.

Die Idee, eine Sekte schwerpunktmäßig als manipulativ und als verkanntes Paradies darzustellen ist nichts Neues. Doch darum geht es auch gar nicht. Engelsgrund weißt hochgradige, komplexe Beziehungsebenen aus – doch auch hier mit Perspektive auf die Basis – sieht man „Gut“ und „Böse“ bedienen sich mit einer  Motivation der Individualität seiner Figuren. Im Grunde verfolgen alle das gleiche Ziel, aber es gibt extrem viele kleinere und größere Grauzonen.

„Engelsgrund“ ist auch keine Gute-Nacht-Geschichte, kein „Happy End“, der eine heile Welt offenbart. Linus Geschke „lebt“ und „liebt“ sein Storytelling – und auch hier zeigt sich nur eine verschwommene Karikatur von Gut und Böse in der jeder alles sein kann.

Es gibt nicht viel an Kritik. Ich hätte es spannend und innovativ gefunden, wenn es Ableger geben könnte – ohne Born, aber vielleicht mit Carla Diaz – vielleicht mit einer anderen Figur aus dieser Reihe? Potenzial ist allemal vorhanden.

Mit „Engelsgrund“ schließt sich der Kreis um Alexander Born. Ein Ende mit dem jeder leben kann, ein Ende für diesen Charakter und dieser außergewöhnlichen Reihe, die viele Melodien hat – eine davon ist ganz sicher: „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Linus Geschke hat wie schon beschrieben sich mit dieser Trilogie, sehr positiv weiterentwickelt. Enthusiastisch verfolgt er seinen Weg – eine Reihe zu schreiben, die sich von vielen anderen abhebt. Der Erfolg gibt ihm Recht. Mutig sich nicht einen Trend zu bedienen, sondern ggf. diesen gleich selbst zu bauen. Prima Entscheidung.

Damit kommen wir zu den zukünftigen Projekten. Lieber Linus Geschke – die Erwartungshaltung ist soeben gestiegen.

Fazit

„Engelsgrund“ ist im Grunde eine spannende Twilight Zone im Genre „Thriller“. Tonangebend – exemplarisch – und verdammt gut wie gut, dass Böse dargestellt wird. Eine der „Besten Thriller-Reihen“ – die man unbedingt lesen muss. Punkt.

 

Michael Sterzik

Freitag, 15. Januar 2021

Der Incubus - Thomas Vaucher


Der vorliegende Thriller ist der Roman mit der Figur des ehemaligen Kommissars Richard Winter, der das okkulte, dass paranormale, für real hält und dem in seinen verschiedenen Fällen schon das eine, oder andere Wesen begegnet ist. Eine persönliche Tragödie, beendete seine Laufbahn bei der Bremer Kriminalpolizei und zurzeit fungiert und löst er als Privatdetektiv mysteriöse Vorkommnisse. Viele davon sind allerdings allzu menschlichen Ursprungs.

In seinem neuesten Fall „Der Incubus“ – jagt er diesen Dämon, einen männlichen Alb, der sich nachts mit einer schlafenden Frau paart, ohne dass sie etwas davon bemerkt. Der Inkubus gilt auch als einer der Stellvertreter Satans, der dafür verantwortlich ist, die Seelen der Sündiger nach deren Tod in die Hölle zu schleppen.

Bremen – eine kopflose, männliche Leiche wird gefunden, dann noch eine. Als die beiden Witwen des Nachts von ihren verstorbenen Ehemännern besucht und missbraucht werden, ruft die Polizei Richard Winter, den ehemaligen Kriminalkommissar, der seit dem Harlekin-Fall als Experte für Okkultes bekannt ist. Schon bald stößt Winter auf die Legende vom Incubus, einem Dämon, der sich des Nachts mit schlafenden Frauen paart. Doch kann es sich bei den Sichtungen wirklich um solch ein übernatürliches Phänomen handeln? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Mann ohne Gesicht auf sich, der Winter stets aufsucht, nachdem ein Mord begangen worden ist? Spätestens als ein früherer Arbeitskollege umgebracht und eine Freundin entführt wird, merkt Winter, dass sich eine vormals unpersönliche Ermittlung auch für ihn in tödlichen Ernst verwandelt hat …(Verlagsinfo)

Es gibt eine Menge Thriller, die sich mit mystischen Elementen und Okkultismus beschäftigen. Vieles davon driftet manchmal gar abenteuerlich in übertriebene Klischees und wirkt dann allzu lächerlich und im wahrsten Sinne des Wortes – geistlos. Der Schweizer Lehrer und Musik hebt sich mit seiner Romanreihe von solchen Werken deutlich ab. Die beiden Vorgängerromane „Die Akte Harlekin“ und „Blutmond“ überzeugten über deren Originalität und einem sehr gut aufgebauten Spannungsbogen. Die Mixtur einer gruseligen Atmosphäre, die insgesamt die Story auf hohem Niveau stabil halten und die originellen Charaktere bilden professionelles Gerüst.

Die Hauptfigur Richard Winter ist der Fokus – ein chaotischer Charakter mit Charme, einer tragischen Vergangenheit und einer Hands-On-Mentalität, der dem „Bösen“ mit Herz und Verstand entgegentritt. Ein „Gläubiger“ – der es ahnt, vielmehr weiß, dass  es mehr gibt als die relativierte, theoretische Wissenschaft, blinden Aberglauben, oder religiösen Fanatismus. Durchaus sympathisch und weder ein glorreicher Held, noch ein zerstörtes, posttraumatisches Wrack.  

Spannend ist „Der Incubus“ allemal und zeichnet sich auch ganz nebenbei mit einer soliden Brutalität aus. Ganz vorn, sozusagen auf den Siegertreppchen steht die Dramatik – und die kommt ganz gut ohne theatralische Klischees aus.

Manchmal hackt es ein wenig mit einer greifbaren Realität und wirkt unlogisch, wenn man die Handlungen von Richard Winters analysiert, aber das mindert kaum das Lesevergnügen.

Was dem Roman etwas fehlt, sind Nebengeschichten und Figuren. Es gibt nur einen Hauptpart und flankiert von eigentlich nichts. Schade – denn ja, die privaten Herausforderungen sind nett – aber mehr Nebengeschichten könnten der Geschichte wesentlich mehr „Tiefe“ geben.

Es gibt viele Personen um Richard Winter – alte Kollegen, seine Freundin, die gerade dabei ist seinen unordentlichen Charakter einen vollumfänglichen Umzug zu geben, in dem sie bei ihm einzieht, und die Angehörigen der Opfer, die aufgrund der Situation mächtig verstört sind.

Abwechslungsreich und manchmal überschlagend hält sich die Story auf einem hohen Niveau. Allerdings auch hier manchmal zu viel des guten, sodass die gute alte Logik etwas abhebt. Aber es ist ja auch ein mystisches Buch – und bei allem Lob – haben wir einen Schwachpunkt. Es ist zu wenig Mystik vorhanden – zu wenig Okkultismus, zu wenig Übernatürliches. Schade – denn auch das beherrscht Thomas Vaucher und sollte zukünftig dieses Element großzügiger ausspielen.

Fazit

„Incubus“ ist ein spannender Albtraum, denn man gerne erlebt. Großartig und Hochspannend in Szene gesetzt. Thomas Vaucher hat großes Potenzial – aber trauen Sie sich mehr zu – Seien Sie verdammt nochmal mit den nächsten „Projekten“ geistreicher. Sie können das.

Alle drei Bände sind großartig und sehr zu empfehlen. Gute Spannungsliteratur, die noch viel Potenzial hat. Lesen.

 

Michael Sterzik