Samstag, 30. Januar 2021

The Expanse - Persepolis erhebt sich - James Corey

 


Die vorliegende Reihe – „The Expanse“ gehört zu einer der erfolgreichsten im Genre Science Fiction. Das Autorenduo, dass unter dem Pseudonym „James Corey“ diese fantastisch gute Reihe verfasst hat, legt viel Wert darauf, Geschichten zu schreiben, die durchaus realistisch sein könnten. Mitunter werden viele soziale, kulturelle und gesellschaftskritische Themen eingebaut. Ebenfalls bilden die politische Lager – Erde – Mars – Fraktion der Gürtler nun neben der Kolonisation ferner Planeten inzwischen eine eigene sehr komplexe Handlung. Also viele kleine inhaltliche Konflikte, die aus verschiedenen politischen Motiven, nebst militärischen und kulturellen Themen gebildet werden und somit eine fesselnde Story bilden.

Haben die ersten 6 Bände nahe los zeitlich chronologisch , die Story um James Holden und seiner Crew erzählt, so machen die beiden Autoren mit „Persepolis erhebt sich“ einen Zeitsprung von 30 Jahren. Die Ereignisse die innerhalb dieses großen Zeitraums stattgefunden haben, werden nur kurz, aber doch inhaltlich gut erklärt. Auch die Welten haben sich nach den terroristischen Anschlägen auf Erde und Mars verändert. Die Jahre des Aufbauens waren auch Jahre eines angespannten Friedens. Die Wunden, sind verheilt – die Kolonisation der bis zum 1300 Welten schreitet voran. Doch trotz diese Allianzen der Mächte und einem Frieden, bilden sich auf eine der kolonisierten Welten eine Kräfte, die ein „Imperium“ bilden möchten. Und diese Eroberungspolitik, die passiv beginnen soll entwickelt sich zu einer dynamischen Eskalationswelle. Hochkonsul Duarte, der als „Imperator“ in den letzten dreißig Jahren viel Zeit damit verbrachte, dass Protomolekül auch militärisch für sich nutzbar zu machen.

Bis weit in die Tiefen des Alls ist die Menschheit vorgedrungen. Gewaltige Tore haben den Weg in fremde Sternsysteme geöffnet, und nun wird ein Planet nach dem anderen besiedelt. Währenddessen haben sich die Erde, der Mars und der Asteroidengürtel verbündet. Doch der neu gefundene Frieden bröckelt, als auf einer der neuen Koloniewelten ein Despot seine Herrschaft um jeden Preis verlängern will und eine namenlose Macht geweckt wird, der selbst James Holden und seine Crew hilflos gegenüberstehen …(Verlagsinfo)

Mit diesem Roman, der tonangebend der Story auch für die Folgebände den Weg weisen wird, wird es wieder interessanter. Noch sind die Aliens – und die Mächte, die diese vernichtet haben, nicht aufgetaucht. Die Technologie und die Ruinen und wenigen Geräte werden erforscht – nur von der Erdallianz nicht wirklich vorangetrieben, nicht militärisch interpretiert. Mit der Bedrohung durch das, ich nenne es Imperium wird  es interessant – denn wie können die „Rebellen“ –  politisch und militärisch dieser überlegenen Waffentechnologie begegnen?

Es gibt durchaus Parallelen zu anderen Romanen. Interessant jedoch, dass auch die Person des Hochkonsuls sich erklären darf. Seine Motivation, sein Verständnis die Macht zu übernehmen und die Menschheit zu vereinen ist ja im Grunde ein löblicher Gedanke – doch es zeigen sich auch konsequente, tyrannische Züge und ein gewisser Egoismus um dessen eigenen Personenkult.

Die Spannende Atmosphäre ist grandios – auch die wechselnden erzählerischen Perspektiven der verschiedenen Charaktere sind perfekt in Szene gesetzt. James Holden, der sich eigentlich zur Ruhe setzen will – ist als Experte der Alientechnologie und Kommunikation vielleicht mit einer der wichtigsten Faktoren.

Die nächsten Bände von „The Expanse“ könnten also mit dem frischen Wind dieser neuen Handlung vielversprechend sein. Leider ist es auch offensichtlich, dass diese Reihe baldig enden könnte. Die Hauptcharaktere sind nicht unsterblich und ohne James Holden und seiner Crew, wäre damit dann diese Reihe, denke ich auch inhaltlich abgeschlossen.

Auch dreißig Jahre später, trifft man auf viele Figuren aus den letzten Bänden, alte Feind- und Freundschaften werden reanimiert, es werden neue Beziehungsebenen entstehen – der Ausgang allerdings noch offen.

Fazit

Ein spannender Band, ein neue Bedrohung die neben vielen unbekannten Faktoren eine neue Atmosphäre bereithält. Das könnte ganz, ganz groß werden.

Michael Sterzik

Mittwoch, 27. Januar 2021

Engelsgrund - Linus Geschke


Der vorliegende Titel „Engelsgrund“ von dem Autor Linus Geschke, ist der dritte und abschließende Band um dessen Hauptfigur Alexander Born. Nach „Tannenstein“ und dem zweiten Band „Finsterthal“ erleben wir ein furioses und brillantes Ende, dieser Trilogie mit der sich Linus Geschke auch schriftstellerisch enorm weiter entwickelt hat. 

Seine Krimireihe um den investigativen Journalisten Jan Römer und seiner Kollegin „Mütze“ ist schon bezeichnend mehr wie gut. Diese beiden Reihen kann man aber miteinander überhaupt nicht vergleichen. Die Trilogie um Alexander Born kategorisiert sich mühelos in das Genre „Harter Thriller“ ein. Die gesamte Storyline dieser fulminanten Thriller-Reihe ist konsequent und kompromisslos sehr hart. Sie ist keineswegs unrealistisch, verfängt sich nicht in ein Netz voller bekannter Klischees, und die Action bewegt sich nicht in einem Raster überspitzter, erzählter Brutalität.

Eine friedliche Gemeinschaft in der Abgeschiedenheit der Ardennen. Zwei tote junge Frauen, brutal ermordet. Eine dritte junge Frau in höchster Gefahr. Eine unheilvolle Allianz zwischen Jäger und Gejagtem.

Höchst alarmiert wendet sich Carla Diaz, Alexander Borns frühere Kollegin bei der Sitte, an den Ex-Polizisten. Zwei junge Frauen, Mitglieder der Sekte ›Cernunnos‹, der auch Carlas Tochter Malin angehört, wurden ermordet aufgefunden. Nun fürchtet Carla um Malins Leben, dringt aber nicht zu ihr durch. Auch Borns Mission scheitert – an Sektenführer Lampert und an Malin selbst. Da schaltet Born seinen alten Gegenspieler Andrej Wolkow ein, der ihm noch einen Gefallen schuldet. Tatsächlich schickt der Russe einen jungen Killer, dem es schnell gelingt, sich bei ›Cernunnos‹ einzuschleichen. Doch Wolkow treibt ein doppeltes Spiel.(Verlagsinfo)

„Engelsgrund“ überzeugt durch eine enorm spannende Atmosphäre, aus gut platzierten Charakteren und noch wichtiger – und fokussiert sich auf den Ansatz zu zeigen, dass das „Böse“ und das „Gute“ nicht nur verwandt, sondern im Grunde auch voneinander abhängig sind. Die Kernbotschaft ist: Um das „Böse“ zu bekämpfen muss man selbst diesen Methoden bedienen?!  Die Figur des Alexander Borns ist nicht der Typus des klassischen Antihelden. Sein Schöpfer Linus Geschke konzipiert ihn als einen Mann, der alles verloren hat, der sich undiszipliniert verhält, seinen eigenen Ethischen und moralischen Kompass kalibriert und stark dabei wirkt. Analysiert man mit etwas Tiefgang diese Figur, offenbart sich eine Verletzlichkeit, eine Verlorenheit im Schatten seiner Vergangenheit und absolut am Rande der Gesellschaft positioniert. Doch und das ist das besondere und exemplarische an dieser Reihe ist, dass die übrigen Charaktere unabhängig ob Haupt- oder Nebenfigur ebenfalls eine brillante, tiefgehende Ausprägung haben.

Es ist auch ein mehr wie würdiger Abschluss, die Story ist dramatisch, dass Tempo hoch, und überraschende Situationen und Konflikte stellen „Engelsgrund“ als einen spannenden, gefährlichen Eisberg in ein kaltes Gewässer dar, dass gefährliche Tiefen zeigt.

Die Idee, eine Sekte schwerpunktmäßig als manipulativ und als verkanntes Paradies darzustellen ist nichts Neues. Doch darum geht es auch gar nicht. Engelsgrund weißt hochgradige, komplexe Beziehungsebenen aus – doch auch hier mit Perspektive auf die Basis – sieht man „Gut“ und „Böse“ bedienen sich mit einer  Motivation der Individualität seiner Figuren. Im Grunde verfolgen alle das gleiche Ziel, aber es gibt extrem viele kleinere und größere Grauzonen.

„Engelsgrund“ ist auch keine Gute-Nacht-Geschichte, kein „Happy End“, der eine heile Welt offenbart. Linus Geschke „lebt“ und „liebt“ sein Storytelling – und auch hier zeigt sich nur eine verschwommene Karikatur von Gut und Böse in der jeder alles sein kann.

Es gibt nicht viel an Kritik. Ich hätte es spannend und innovativ gefunden, wenn es Ableger geben könnte – ohne Born, aber vielleicht mit Carla Diaz – vielleicht mit einer anderen Figur aus dieser Reihe? Potenzial ist allemal vorhanden.

Mit „Engelsgrund“ schließt sich der Kreis um Alexander Born. Ein Ende mit dem jeder leben kann, ein Ende für diesen Charakter und dieser außergewöhnlichen Reihe, die viele Melodien hat – eine davon ist ganz sicher: „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Linus Geschke hat wie schon beschrieben sich mit dieser Trilogie, sehr positiv weiterentwickelt. Enthusiastisch verfolgt er seinen Weg – eine Reihe zu schreiben, die sich von vielen anderen abhebt. Der Erfolg gibt ihm Recht. Mutig sich nicht einen Trend zu bedienen, sondern ggf. diesen gleich selbst zu bauen. Prima Entscheidung.

Damit kommen wir zu den zukünftigen Projekten. Lieber Linus Geschke – die Erwartungshaltung ist soeben gestiegen.

Fazit

„Engelsgrund“ ist im Grunde eine spannende Twilight Zone im Genre „Thriller“. Tonangebend – exemplarisch – und verdammt gut wie gut, dass Böse dargestellt wird. Eine der „Besten Thriller-Reihen“ – die man unbedingt lesen muss. Punkt.

 

Michael Sterzik

Freitag, 15. Januar 2021

Der Incubus - Thomas Vaucher


Der vorliegende Thriller ist der Roman mit der Figur des ehemaligen Kommissars Richard Winter, der das okkulte, dass paranormale, für real hält und dem in seinen verschiedenen Fällen schon das eine, oder andere Wesen begegnet ist. Eine persönliche Tragödie, beendete seine Laufbahn bei der Bremer Kriminalpolizei und zurzeit fungiert und löst er als Privatdetektiv mysteriöse Vorkommnisse. Viele davon sind allerdings allzu menschlichen Ursprungs.

In seinem neuesten Fall „Der Incubus“ – jagt er diesen Dämon, einen männlichen Alb, der sich nachts mit einer schlafenden Frau paart, ohne dass sie etwas davon bemerkt. Der Inkubus gilt auch als einer der Stellvertreter Satans, der dafür verantwortlich ist, die Seelen der Sündiger nach deren Tod in die Hölle zu schleppen.

Bremen – eine kopflose, männliche Leiche wird gefunden, dann noch eine. Als die beiden Witwen des Nachts von ihren verstorbenen Ehemännern besucht und missbraucht werden, ruft die Polizei Richard Winter, den ehemaligen Kriminalkommissar, der seit dem Harlekin-Fall als Experte für Okkultes bekannt ist. Schon bald stößt Winter auf die Legende vom Incubus, einem Dämon, der sich des Nachts mit schlafenden Frauen paart. Doch kann es sich bei den Sichtungen wirklich um solch ein übernatürliches Phänomen handeln? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Mann ohne Gesicht auf sich, der Winter stets aufsucht, nachdem ein Mord begangen worden ist? Spätestens als ein früherer Arbeitskollege umgebracht und eine Freundin entführt wird, merkt Winter, dass sich eine vormals unpersönliche Ermittlung auch für ihn in tödlichen Ernst verwandelt hat …(Verlagsinfo)

Es gibt eine Menge Thriller, die sich mit mystischen Elementen und Okkultismus beschäftigen. Vieles davon driftet manchmal gar abenteuerlich in übertriebene Klischees und wirkt dann allzu lächerlich und im wahrsten Sinne des Wortes – geistlos. Der Schweizer Lehrer und Musik hebt sich mit seiner Romanreihe von solchen Werken deutlich ab. Die beiden Vorgängerromane „Die Akte Harlekin“ und „Blutmond“ überzeugten über deren Originalität und einem sehr gut aufgebauten Spannungsbogen. Die Mixtur einer gruseligen Atmosphäre, die insgesamt die Story auf hohem Niveau stabil halten und die originellen Charaktere bilden professionelles Gerüst.

Die Hauptfigur Richard Winter ist der Fokus – ein chaotischer Charakter mit Charme, einer tragischen Vergangenheit und einer Hands-On-Mentalität, der dem „Bösen“ mit Herz und Verstand entgegentritt. Ein „Gläubiger“ – der es ahnt, vielmehr weiß, dass  es mehr gibt als die relativierte, theoretische Wissenschaft, blinden Aberglauben, oder religiösen Fanatismus. Durchaus sympathisch und weder ein glorreicher Held, noch ein zerstörtes, posttraumatisches Wrack.  

Spannend ist „Der Incubus“ allemal und zeichnet sich auch ganz nebenbei mit einer soliden Brutalität aus. Ganz vorn, sozusagen auf den Siegertreppchen steht die Dramatik – und die kommt ganz gut ohne theatralische Klischees aus.

Manchmal hackt es ein wenig mit einer greifbaren Realität und wirkt unlogisch, wenn man die Handlungen von Richard Winters analysiert, aber das mindert kaum das Lesevergnügen.

Was dem Roman etwas fehlt, sind Nebengeschichten und Figuren. Es gibt nur einen Hauptpart und flankiert von eigentlich nichts. Schade – denn ja, die privaten Herausforderungen sind nett – aber mehr Nebengeschichten könnten der Geschichte wesentlich mehr „Tiefe“ geben.

Es gibt viele Personen um Richard Winter – alte Kollegen, seine Freundin, die gerade dabei ist seinen unordentlichen Charakter einen vollumfänglichen Umzug zu geben, in dem sie bei ihm einzieht, und die Angehörigen der Opfer, die aufgrund der Situation mächtig verstört sind.

Abwechslungsreich und manchmal überschlagend hält sich die Story auf einem hohen Niveau. Allerdings auch hier manchmal zu viel des guten, sodass die gute alte Logik etwas abhebt. Aber es ist ja auch ein mystisches Buch – und bei allem Lob – haben wir einen Schwachpunkt. Es ist zu wenig Mystik vorhanden – zu wenig Okkultismus, zu wenig Übernatürliches. Schade – denn auch das beherrscht Thomas Vaucher und sollte zukünftig dieses Element großzügiger ausspielen.

Fazit

„Incubus“ ist ein spannender Albtraum, denn man gerne erlebt. Großartig und Hochspannend in Szene gesetzt. Thomas Vaucher hat großes Potenzial – aber trauen Sie sich mehr zu – Seien Sie verdammt nochmal mit den nächsten „Projekten“ geistreicher. Sie können das.

Alle drei Bände sind großartig und sehr zu empfehlen. Gute Spannungsliteratur, die noch viel Potenzial hat. Lesen.

 

Michael Sterzik

Sonntag, 10. Januar 2021

Die Dunkelheit zwischen uns - Molly & Rolf Björlind


Der vorliegende Titel ist der Debütroman der Tochter von Cilla & Rolf Björlind. Molly Björlind hat aber den Roman mithilfe ihres Vater Rolf verfasst.

Das erfolgreiche schwedische Autorenehepaar, die auch für viele Film- und Fernsehproduktionen, die Drehbücher verfasste, hat sich mit ihrer Reihe um die junge Kriminalbeamtin  Olivia Rönning und dem ehemaligen Kommissar Tom Stilton, im Genre Thriller/Krimi international einen Namen gemacht. Diese Reihe gehört mit zu den besten, die ich jemals gelesen habe. Zwei Bände wurden verfilmt, selbstverständlich haben die beiden Autoren auch dafür das Drehbuch verfasst. Mit diesem Erfolg im Nacken, ist die Erwartungshaltung also nicht klein.

„Die Dunkelheit zwischen uns“ ist zwar im Segment „Thriller/Krimi eingeordnet – aber gehört da allerdings faktisch nicht hin. Weder Thriller – noch ein Kriminalroman – eher eine posttraumatische Familientragödie. Die Stärke des Romans sind die Charaktere. Tiefgründig, interessant, mehrdimensional aufgebaut nehmen diese viel Raum ein. Allerdings ist die Story sehr, sehr schwach, überladen von überflüssigen Szenen und Dialogen kommt keine Spannung auf. Sehr zäh und langatmig kommt es dann inhaltlich zu solchen Längen, die so gar nicht unterhaltsam sind.

Ein windiger Tag in den Stockholmer Schären. Die 25-jährige Emmie taucht überraschend in der Ferienvilla ihrer Eltern auf. Das alte verwinkelte Haus hat ihr schon als Kind Angst eingejagt. Sie will herausfinden, was mit ihrem kleinen Bruder Robin geschah, der verschwand, als sie noch Kinder waren. Angeblich ist er ertrunken, aber sein Körper wurde nie gefunden. Emmi möchte endlich ihr eigenes Leben anfangen, sie sucht nach Antworten. Ihre Eltern bleiben stumm. Die Mutter ist seltsam kalt, der Vater wirkt überfordert. Dann entdeckt Emmie ein Bild von zwei spielenden Kindern. Es zeigt sie und ihren Bruder, an dem Tag, an dem er für immer verschwand ...(Verlagsinfo)

Die Längen entstehen über das Beziehungssystem der Figuren. Jeder kann schuldig oder unschuldig sein, jeder hat irgendwas zu verbergen und versteckt sich vor einer Verantwortung. Das mag ja interessant sein, aber ob das Verschwinden des Sohnes nun ein tragischer Unfall war, oder ein geplanter Mord – geht inhaltlich unter. Insgesamt hätte man aus dem Roman eine Kurzgeschichte gestalten sollen. 2/3 des Romans wurden verschwendet für überflüssige Szenen und Gespräche.

Stil, Ausdruck und Sprache sind professionell und bilden trotz aller Kritik eine recht annehmbare Atmosphäre.

Fazit

„Die Dunkelheit zwischen uns“ von Molly & Rolf Björlind ist ein guter Schulaufsatz, und kein spannender Thriller. Mehr als ausreichend ist er nicht. Die junge Autorin hat Potenzial, aber noch deutlich und ehrlich an sich zu arbeiten. Vielleicht als „Hörbuch“ zu empfehlen – als Roman absolut „Nein“.

Michael Sterzik

Freitag, 8. Januar 2021

Krone der Welt - Sabine Weiß


Die Niederlande – deren Hauptstadt Amsterdam ist im Laufe der Jahrhunderte eine, fantastische, europäische Metropole geworden. Die Einwohnerstärkste Stadt des Königsreichs hat eine beachtliche Geschichte zu erzählen. Aber haben wir diese jemals gehört? Im Genre Historischer Roman gibt es viele Epochen, viele Länder und Städte, von denen Autoren uns mit spannenden Geschichten unterhalten. Dabei ist die Niederlande, dann doch eher exotisch und nur wenige Romane, befassen sich mit dieser Stadt der Grachten und Kanäle und ihrer spektakulären Vergangenheit.

Religionskonflikte und der Kampf um die Unabhängig ist die Basis des neuesten Romans „Krone der Welt“ von Sabine Weiß. Auch wenn dieser Plot primär die Hauptrolle spielt – so hat die Autorin Sabine Weiß auch der Architektur dieser wunderschönen Stadt eine Stimme gegeben. Weitere Themen neben der Religion sind noch die sozialen Schichten, der interkontinentale Handel auf dem Meer und sehr gut inszenierte Geschichten, die die Protagonisten perfekt ausleuchten.

Vincent will als Architekt prächtige Stadthäuser bauen. Ruben sehnt sich nach Abenteuern auf hoher See. Betje ist eine begnadete Köchin. Zusammen sind die Geschwister in Amsterdam gestrandet, einem Ort der märchenhaften Möglichkeiten. Doch es ist auch die Zeit der großen Auseinandersetzungen. Katholiken und Calvinisten streiten um den rechten Glauben, Engländer und Spanier um den Einfluss auf das Land am Meer, Kaufleute um die wirtschaftliche Macht. Können sich die Geschwister in dieser schwierigen Situation behaupten? (Verlagsinfo)

„Krone der Welt“ ist der stärkste, intensivste und spannendste Roman der sympathischen Autorin Sabine Weiß, die in der Hansestadt Hamburg lebt und schreibt. Die Story teilt sich über die drei Geschwister auf und könnte sich zu einer brillanten Familiensaga entwickeln. Der Fokus liegt hier auf den ehrgeizigen und gebildeten Architekten Vincent, der sein Handwerk und sein Talent von seinem Vater hat. Sein Schicksal ist unmittelbar, aber nicht ausschließlich mit seinen Geschwistern verschlüsselt. Beide spielen halt eine tragende Nebenrolle, aber distanzieren sich nicht. Dadurch sind fein sortierte und gute aufgestellte Nebengeschichten geworden, die ebenfalls spannend und unterhaltsam sind.

Dem gesamten Roman merkt man an, dass Sabine Weiß hier brillant und konzentriert recherchiert hat. Genau das – macht den Roman so gut – die atmosphärische Stimmung die sich durch alle Szenen und Themen bewegt und diese inhaltlich so durchdringen, dass man nach der gegenwärtigen Pandemie gerne Amsterdam zu seinem Reiseziel erklärt. Aber die Recherchetour hat sich gelohnt. Unterhaltsame und anschauliche Unterrichtung architektonischer Themen nimmt man gerne mit.

Die Story beinhaltet den Religionskonflikt, der unbändige Schrei nach Freiheit und damit katapultiert Sabine Weiß den Leser auch in brachiale Gefechte und Auseinandersetzungen zwischen den Spaniern, Engländer und späteren Niederländern. Fakten und Fiktion ergänzen sich hier in guter Harmonie und inkludieren die Figuren perfekt ein. Die Charakterinterpretation und Darstellung ist perfekt gelungen.

Sabine Weiß hat auch als Autorin einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Der Titel „Krone der Welt“ hebt sich von fast allen ihren Titeln positiv ab – und das ist gut so. Diesmal verzichtet die Autorin auf unrealistische und überzeichnete Frauenschicksale – sondern konzentriert sich auf drei Personen – drei Schicksalswege inmitten einer epochalen Umwälzung Amsterdams. Das heißt nicht, dass es hier keine romantischen Passagen gibt?! „Sex and Crime“ ist genug vertreten, aber perfekt in die eigentliche Handlung eingepasst, sodass diese wie bei vielen anderen ihrer Kolleginnen nicht als Einzelmerkmal dasteht.  Ein mutiger Weg der Autorin – aber diesen wird man begrüßen.

Dadurch offenbart sich auch ihr eigentliches Talent – eine atmosphärische Handlung, die einen sofort in ein umkämpftes, buntes, lautes und aufbauendes Amsterdam schleudert. Amsterdam – ist die Bühne dieser Story und man vermisst auch gar nicht andere Regionen, oder Schauplätze. Perfekt ins Licht gerückt. In ihrem Roman „Hansetochter“ – der übrigens in Lübeck spielt – ist ihr das vorher auch brillant gelungen.

Dass Religion natürlich auch immer auch ein soziales und machtvolles Instrument ist, um seine Schäfchen zu manipulieren – wird hier auch gut von Sabine Weiß geschildert. Verbrechen in Namen Gottes – Religiöse Konflikte unter dem Deckmantel seine Herrschaftsgebiete auszuweiten – auch sehr unterhaltsam und spannend dargestellt. Nebenbei zeigen sich hier auch die sozialen, meist noch starren herrschaftlichen Systeme die durch Traditionen, Vorurteilen, Angst und Hass bestehen und langsam durch ein anderes Denken und Handeln abgelöst werden.



Es gibt nicht viel zu bemängeln – persönlich hätte ich gerne mit von der Seefahrt, vom Handel erfahren – aber das ist Kritik auf überhöhtem Niveau. Wenn es einen Nachfolgeband geben würde – und geschichtlich ist mehr wie Potenzial vorhanden, wäre es vorteilhaft, die Geschichte der beiden anderen Geschwister zu intensivieren.

Stil, Ausdruck und Sprache haben bei Sabine Weiß, einen deutlichen Meilenstein erzeugt.

Fazit

„Krone der Welt“ von Sabine Weiß verdient ein „Krönchen“ im Genre Historischer Roman. Originell und positiv anders distanziert sich die Handlung von vielen, romantisierten Frauenschicksalen und ebnet den Weg zu einer hoffentlich angedachter Fortsetzung. Unterhaltung auf einem hohem Niveau – tolle Figuren, die sich und Amsterdam entstehen lassen. Brillante Unterhaltung.

Bitte verlieren Sie nicht diesen Weg – den sie gerade literarisch gehen. Er funktioniert zu Wasser und auf dem Land perfekt.

Danke für die tolle Unterhaltung. „Krone der Welt“ gehört schon jetzt für mich zu einem der besten Romane, die ich in diesem Jahr lesen werde. Ein Roman – den man, wenn man gerne historische Romane liest – unbedingt lesen sollte.

Michael Sterzik

Sonntag, 27. Dezember 2020

Vergeltung - Robert Harris

Den vorliegenden Roman, kann man schon im Genre „Historisch“ einordnen. Robert Harris erzählt die Geschichte der Vergeltungswaffe V2 – die Waffe, die ein Jahr vor Kriegsende ein verzweifelter Versuch der Nazis war, doch noch den verträumten Endsieg zu feiern. Das Deutsche Reich ist durch die britischen Bomberangriffe arg zerstört worden, deutsche Städte liegen in Trümmern, ein Mehrfrontenkrieg ist gleichbedeutend, wie eine große Kesselschlacht. Ein Ende des Krieges in Sicht – und der totale Krieg entpuppt sich in Zerstörung und Tod.  

Die V2 Rakete soll Angst und Schrecken auf der britischen Insel erzeugen. Die meisten Raketen detonieren in London und Antwerpen – ca. 8000 Menschen sterben durch diese moderne, ballistische Waffe.

Robert Harris erzählt von einem sprichwörtlichen Duell zwischen dem nationalsozialistischen Reich und der britischen Luftwaffe. Einerseits weiß die britische Regierung, dass das Ende des Krieges eine Frage von Monaten ist, andererseits sind sie not amused von diesen V2 Raketen, die relativ viel Schaden anrichten. Die Royal Airforce vermutet die mobilen Abschussbasen in Belgien und möchte diese durch gezielte Fliegerangriffe zerstören.

Die atmosphärische Stimmung fängt und erzählt der Autor authentisch ein. Die deutschen Wissenschaftler wissen schon längst, dass sie eher an ihre Zukunft denken sollten, wie in der gegenwärtigen Lage einen verzweifelten Kampf zu führen. Wernher von Braun – der die V2 entwickelt hat –ist einer der wenigen faktischen Charaktere in dem Buch „Vergeltung“. Es handelt sich vielmehr darum, welche Anstrengungen beide Kriegsparteien unternehmen – und welche Gedanken und Gefühlen diese mit sich tragen. Die Wissenschaftler träumen eher von ambitionierten Zielen der Raumfahrt also von einem Großdeutschen Reich.

„Vergeltung“ ist ein mäßig spannender Roman. Die perspektivischen  Wechsel zwischen dem deutschen fiktiven Wissenschaftler Rudi Graf und der britischen Offizierin Kay Caton-Walsh sind tiefgründig, unterhaltsam, aber versprechen keine spannenden Momentaufnahmen. Vielmehr zeigt sich bei Graf eine Desillusionierung ab, und immer wieder gerät er durch seine Äußerungen in das Fadenkreuz der Gestapo. Und ja, er hat auch Gewissensbisse, dass seine Raketen, eine Botschaft des Todes sind.

November 1944. Das Deutsche Reich steht vor der Niederlage. In einer Großoffensive setzt es seine modernste Waffe ein – die V2. Tausende dieser ballistischen Raketen mit schwerem Sprengkopf werden auf England abgeschossen. Radar und Aufklärer können sie nicht orten – wie aus dem Nichts stürzen sie mit Überschallgeschwindigkeit auf London herab.

Der Ingenieur Rudi Graf hat mit seinem Freund Wernher von Braun einst davon geträumt, einmal eine Rakete zum Mond zu schicken. Jetzt findet er sich im besetzten Holland wieder, wo er die technische Aufsicht über die Abschüsse hat. Vom Krieg ist er längst desillusioniert. Inzwischen ermittelt gar ein NS-Führungsoffizier wegen Sabotageverdacht gegen ihn.

Kay Caton-Walsh, Offizierin im Frauenhilfsdienst der britischen Luftwaffe, entkommt einem V2-Einschlag nur knapp. Als kurz darauf 160 Menschen von einer der Raketen getötet werden, vor allem Frauen und Kinder, meldet sie sich freiwillig zu einer lebensgefährlichen Mission. Zusammen mit Kameradinnen wird sie im befreiten Belgien abgesetzt. Dort sollen sie die mobilen Startplätze ausfindig machen und zerstören. Das Schicksal wird Kay und Rudi schließlich aufeinandertreffen lassen. (Verlagsinfo)

Es ist ein Wechselspiel der Perspektiven und derjenige Leser, der auch gerne viele technische Details über die V2-Raketen erfahren möchte, wird hier fündig. Auch, dass das Raketenprogramm nicht tadellos und ohne Fehler lief, wird vom Autor erzählt. Der eine, oder andere Fehlstart äscherte dann auch gleich, neben der Vegetation, auch das Bedienungspersonal mit ein.

Robert Harris verzichtet sich auf ein Bild von „Gut“ und „Böse“ zu konzentrieren. Das diese sinnlosen Raketenangriffe, die viele Menschenleben kostete, den deutschen Wissenschaftlern auch als Motivation dienten, dem deutschen Vaterland den Rücken zu kehren und sich lieber den zukünftigen Siegermächten zuzuwenden, ist nahezu logisch und Wernher von Braun als Schlüsselfigur lässt dies in seinen Kurzauftritten zum Ende des Romans schnell durchblicken.

Ansonsten wird wenig vom Krieg gesprochen - nichts von den KZ-Häftlingen, die für dieses Raketenprogramm sterben mussten – dass waren weit mehr wie, die Opfer, die bei den Raketenangriffen starben. Schade – diese Information fehlte – wie noch einige andere wichtige mehr.

Insgesamt also ein sehr oberflächiger Roman von Robert Harris. Unterhaltsam, aber wenig tiefgründig. Der tiefere Sinn, und die Spannung kommen eben halt nicht an die besagte Oberfläche.

Über das weitere Schicksal – weder privat noch beruflich – erfährt der Leser nichts. Schade – denn es wäre mitunter spannend gewesen, zu erfahren wie es mit den einzelnen Figuren weitergegangen wäre.

Fazit

„Vergeltung“ ist ein unterhaltsamer Roman. Wenig spannend, aber dennoch interessant und offen erzählt. Nicht das stärkste Werk des Autors – aber auch nicht das schwächste.

Michael Sterzik

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Ocean - Insel des Grauens - Douglas Preston & Lincoln Child


Der vorliegende Roman ist der 19.Band der Reihe um den charismatischen Special Agent Pendergast. Diese fulminante Reihe überzeugt seit Jahren seine Leser. Eine gekonnte Mixtur mit mystischen, paranormalen Elementen, aber auch durch interessante, wissenschaftlich fundierte Fakten. Doch alle diese kleinen und größeren Komponenten, können nur ein überzeugendes Gesamtbild liefern, wenn auch die Figuren passgenau eingebaut werden. In den Titeln vorher gibt es ein stetes kommen und gehen von Protagonisten, immer mal wieder ein come back and stay – und das spezielle daran ist, dass sich diese Figuren auch weiterentwickeln, und ja auch manchmal sterben. Letzteres allerdings eher selten.

Das Autorenduo hat mit ihren fiktiven Charakter Aloisius Pendergast eine Kultfigur erschaffen. Vielleicht eine der geheimnisvollsten Figuren, die ich kennengelernt habe. Nicht ohne Schwächen, aber insgesamt ein genialer Kopf, immer etwas überlegen, charismatisch, arrogant und überheblich – aber rückblickend auch immer jemand der einen ganzen Friedhof im Keller mit Geheimnissen und Überraschungen hat. Der Originalität der beiden Autoren, sind hier wohl kaum Grenzen gesetzt.

In „Ocean – Insel des Grauens“ spielt auch eine „alte“ Haupt-/Nebenfigur eine tragende Rolle – Constance Green – nicht weniger geheimnisvoll, nicht weniger tödlich. Sie ist ein Raubtier – elegant, intelligent, kaltblütig – und wirklich niemand der man nachsagt, dass die Waffen einer Frau weniger gefährlich sind. Im vorliegenden Band lässt sie ihren Gegner, aber auch ihren Gefährten, das durchaus spüren.

„Ocean – Insel der Grauens“ ist ein sehr starker Titel aus dieser Reihe – und das ist einzig und allein, der Figur Constance Green zu verdanken. Die Handlung ist originell wie immer, bei den Ermittlungen hat Pendergast traditionell immer die Hoheit, doch diesmal hat er zum zweiten Mal Agent Coldmoon zur Seite. Dessen Part ist durchaus stärker profiliert und auch er zeigt sich nicht nur als guter Ermittler, sondern auch als ein Mann der Tat – wenn schon alle Diplomatie nix bringt.

Für Action ist also gesorgt und das nicht zu weniger. Die Spannung baut sich wie von alleine auf -. Schließlich will man ja wissen, warum zum Teufel dutzende von menschlichen abgetrennten Füßen auf den Strand zusteuern.

Ein grausiger Anblick erwartet eines Morgens die Urlauber auf einer Insel vor Floridas Golfküste: Am Strand des tropischen Paradieses werden über hundert identische blaue Sneaker angeschwemmt – und in jedem von ihnen steckt ein menschlicher Fuß! Special Agent Pendergast ist sich sicher, dass die Gliedmaßen nicht von den Insassen eines kubanischen Gefängnisses stammen, wie die Küstenwache vermutet. Auf eigene Faust lässt er von der Ozeanografin Pamela Gladstone ein Strömungsprofil erstellen, das in eine ebenso unvermutete wie tödliche Richtung weist ...
Unterstützt von Constance Greene und Agent Coldmoon legt Aloisius Pendergast sich diesmal mit einem Gegner an, der nicht nur über all ihre Schritte informiert zu sein scheint – er ist auch mächtiger und skrupelloser als jeder Feind, mit dem sie es bislang zu tun hatten. (Verlagsinfo)

Die Basis der Geschichte – bzw. wer der oder die Täter sind – ist allerdings ein alter Hut. Egal – kann man ruhig ignorieren, denn unterhaltsam ist der Roman allemal. Spannend, originell und die Dialoge sind manchmal spitzfindig von trockenen Humor durchsetzt. Ein Roman – der die Erwartungshaltung erfüllt und der jetzt schon motiviert zum 20. Band zu greifen, der sicherlich nicht lang auf sich warten lassen wird.

Ich bin gespannt, ob in den späteren Bänden diverse alte Freunde, oder auch totgeglaubte Feinde wiederbelebt werden. Es wäre jedenfalls sehr zu empfehlen, wenn der Part von Constance Green intensiviert wird. Gerne auch eine Splittung für eine „neue“ Reihe – das Potenzial hat sie – und wer sie aus älteren Bänden kennt, weiß auch – dass ihre Vergangenheit noch längst nicht vollumfänglich erzählt wurde.

Da gibt es sicherlich noch viel mehr.

Fazit

Der Roman ist eher weniger schlecht zu Fuß, wie gedacht. Constance Green schlägt mit den Waffen einer Frau zu. Hochklassige Spannung – versprochen. Ein tolles Lesevergnügen ist garantiert.

Michael Sterzik