Freitag, 7. Mai 2021

Das Windsor-Komplott - S. J. Bennett


Es gibt ja sehr originelle Ermittlerinnen im Genre „Thriller/Krimi“ – verschiedene Berufe, oder Berufungen, verschiedene Motive um sich auf den Spuren von „Miss Marple“ zu bewegen. Im vorliegen Roman „Das Windsor-Komplott“ ermittelt Eure „Königliche Hoheit“ – die Queen Elisabeth persönlich. Der Auftakt zu dieser herrlichen amüsanten Reihe, ist äußerst gut gelungen.

„Das Windsor-Komplott“ ist eine nette und herzliche Krimi-Komödie, die allerdings auch eine gewisse, erzählerische Tiefe hat.

Wer hätte das geahnt: Queen Elizabeth hat eine heimliche Passion – sie löst für ihr Leben gern Kriminalfälle! Unerkannt, versteht sich, den Ruhm müssen andere ernten. Als während einer Feier auf Schloss Windsor ein russischer Pianist unter ausgesprochen peinlichen Umständen ums Leben kommt, wittert der MI5 sofort ein Komplott Wladimir Putins. Die Queen ist not amused über so viel politisch brisanten Übereifer. Da muss eingegriffen werden, aber diskret, versteht sich.
Queen Elizabeth zieht ihre neue nigerianische Privatsekretärin Rozie ins Vertrauen, die bald ebenso diskret wie beherzt ihre Kompetenzen überschreiten muss. Wird es den beiden Frauen gemeinsam gelingen, dem wahren Mörder auf die Spur zu kommen, bevor der MI5 größere diplomatische Verwicklungen auslöst? (Verlagsinfo)

Der gute, englische Krimi halt – passt wohl, wenn auch weniger Spannung vorhanden ist, dafür umso mehr, einen hohen amüsanten Unterhaltungswert aufweist.

Wenn die Autorin über Wladimir Putin referiert und seine strategische Sympathie für große Hunde betont, kommt schon ins schmunzeln. Und ist nun halt auch keine Fiktion, sondern leider eine historische Anekdote, und es gibt da noch ein paar mehr von. Es gibt aber noch diverse andere Unterhaltsame „Dialoge“ – z.B. wenn sich Queen Lilibet mit Ehemann Prinz Philipp unterhalten, bewegen sich die Mundwinkel lächelnd nach oben.

Die Queen bricht sich auch keine Zacken aus der Krone – selbstbewusst und intelligent zieht sie ihre Schlüsse und zieht natürlich ihre neue Sekretärin Rozi, als eine enge Beraterin hinzu. Dieser Nebencharakter ist allerdings völlig inhaltslos und überflüssig. Die „alte“ Dame sollte besser zukünftig auf ihrer Insel selbst ermitteln.

Alter – bringt Weisheit mit und die Autorin S.J. Bennett bastelt dies hervorragend in ihre Story ein. Auch hier findet eine gewisse erzählerische Tiefe statt, wenn die Politik & Geschichte aus der Perspektive eines Staatsoberhauptes erzählt wird. Ihre repräsentative Figur ist herrlich gut in Szene gesetzt.

Die Mischung macht es aus – und in dem vorliegenden Roman ist diese gut ausgewogen, sodass hier auch kaum erzählerische Längen sind. Größtes und einziges Kritikmerkmal ist die Person von Rozie.

Fazit

„Das Windsor-Komplott“ ist zwar nicht Queen of Crime – aber königlich gelungen. Man könnte sagen der Leser wird „amused“ sein. Witzige Unterhaltung – viel Wissen und sagenhaft gute Dialoge und fertig ist eine große Krimiüberraschung.

Michael Sterzik

 

Freitag, 30. April 2021

Ostseefalle - Eva Almstädt


Cold Case“ ist inzwischen im Genre Krimi/Thriller vielleicht etwas Hype-orientiert und es funktioniert ausgesprochen  gut. Dunkle Geheimnisse, die in der Vergangenheit liegen, alte Beziehungen,  die noch nicht abgeschlossen sind und Ermittler, die sich Jahre oder Jahrzehnte später immer noch fragen, ob sie etwas übersehen haben, an etwas nicht gedacht hatten….eine alte „Schuld“ ist fast unsterblich und ernährt sich von menschlichen Fehlern, oder vielleicht auch von der Raffinesse der Täter.

Eva Almstädts Reihe um die Lübecker Kriminalbeamtin Pia Korittki ist einer der besten im Genre Krimi. Regionale Krimis liegen ja eh im Fokus – bekanntlich kann man sich also auch an Tatorten ganz wie zu Hause fühlen. Die Bühne zeigt die „Ostsee“ – mit Lübeck als frühere Königin der Hanse - als Stadt, ein hervorragendes Ambiente. Nicht nur als Urlaubsland, oder als kulturelle Reise bietet Schleswig-Holstein viele Möglichkeiten und die verschiedenen Städte, Gemeinden und Regionen, die in dieser Reihe vorkommen,  sind auch ein unterhaltsamer Reiseführer.

Die Reihe überzeugt aber nicht nur durch die charmante Ostsee, sondern vielmehr durch die starke Figurenzeichnung. Pia Korittkis berufliche Laufbahn, auch ihre Liebesgeschichten, die eine gewisse dramatische Komponente aufweisen, lassen die Figur uns realistisch nahekommen. Als erfolgreiche Beamtin, als selbstständige Frau, und auch als eine phasenweise, alleinerziehende Mutter. Geschickt – Glaubwürdig und auch spannend in Szene gesetzt.

Bei der Sanierung eines Bauernhauses entdecken die Bewohner im Keller einen skelettierten Schädel. Kommissarin Pia Korittki leitet die Ermittlungen. Sie stößt auf den Fall einer vor neun Jahren verschwundenen jungen Frau. Der damals Hauptverdächtige lebt noch immer in dem kleinen Ort. Doch all das wird nebensächlich, als Pia die Nachricht erhält, dass ihr Sohn Felix einen schweren Unfall hatte. Zu spät erkennt sie, dass es eine Falle war – und dass der Cold Case, in dem sie ermittelt, alles andere als "kalt" ist ...Ein Fall, der Pia Korittki in tödliche Gefahr bringt…(Verlagsinfo)

Alte Liebe rostet nicht – alte Feindschaften aber ebenso wenig. „Ostseefalle“ ist als Mehrteiler konzipiert. Leser, die die Reihe kennen werden alten Bekannten begegnen – aus „alt“ wird „neu“ und es wirkt auch gar nicht künstlich aufgesetzt. „Ostseefalle“ von Eva Almstädt verfügt bis zur Mitte etwa über eine sich langsam, aufbauende Spannung, explodiert aber dann in einem sehr persönlichen Duell.

Authentisch wirkt das Storytelling allemal, wenn man auch manchmal darüber nachdenkt, ob es etwas überstrapaziert ist. Die Autorin überlässt hier wenig, bis gar nichts dem Kollegen Kommissar Zufall. Sehr schlau und mitunter sehr gut konstruiert macht „Ostseefalle“ einfach eine Menge Spaß und überzeugt ebenfalls durch ein gesundes Tempo.

Eva Allstädt baut hier einen kleinen Cliffhanger ein – und motiviert, nein zwingt den Leser dazu den nächsten Teil kaum erwarten zu können. Rache kann auch zweischneidig sein – und aus einer Hoffnung heraus – kann man auch zurückschlagen um wiederrum später eine Rückkehr zu feiern.

Es gibt nicht viel auszusetzen. „Ostseefalle“ ist und wird zu einer persönlichen Vendetta. Für alle zukünftigen Bände sollte man den Punkt: „Persönliche Fehde“ ein für alle Mal abhaken. Alles andere wäre kontraproduktiv.

Fazit

Fallen Sie auf den Titel „Ostseefalle“ bitte rein. Gehen Sie alten Feind- und Freundschaften ruhig auf dem Leim. Sie werden begeistert sein, wie manipulativ Eva Almstädt mit Ängsten und Hoffnungen spielt.

Sehr zu empfehlen.

Michael Sterzik

 

 

Samstag, 24. April 2021

Die Kobra von Kreuzberg - Michel Decar

 


Meisterdiebe und Ganoven haben in der belletristischen Literatur immer schon einen besonderen Stellenwert. Diese edle Robin-Hood Ideologie hat neben etwas romantisch-verruchten, auch eine gewisse unabhängige Freiheit in der diese Diebe und Räuber leben. Nicht unbedingt böse – aber halt Individualisten, die sich mit ihrer eigenen Lebenseinstellung über Wasser halten.

Der Schriftsteller Michel Decar greift dieses Thema in seinem neuesten Roman „Die Kobra von Kreuzberg“ auf. Das Buch ist eine trashige Räuberpistole, eine herbe, derbe Sprache, viel Situationskomik und eine völlig überdrehte rhetorische Dialoge, mit netten Anspielungen und Andeutungen. Ein Roman der sich selbst nicht ernst nimmt – eine Geschichte , die durchaus faszinierend unterhaltsame Züge aufweist.

Alleine schon der Storyplot ist abgefahren, wer kommt schon auf die Idee, die Quadriga auf dem Brandenburger Tor zu stehlen!? Es gibt dabei unzählige Argumente genau, dieses nicht zu tun, es nicht zu versuchen und vor allem, wer will das Wahrzeichen überhaupt später kaufen?

Die junge Diebin Beverley Kaczmarek, deren Familie sich traditionell, beruflich interpretiert in Verbrecherkreisen bewegt, und schon eine Menge Unfug angestellt hat, sieht sich  mit ihren Brüdern in einer wirklich ernst zu nehmenden Challenge, höher, schneller, weiter, auffälliger, berühmter…ein aberwitziges Rennen um mediale Beachtung. Michel Decar verwendet in seinem Roman, eine ganze Menge von klassischen Vorurteilen und Klischees, aber bekanntlich sind diese zwar übertrieben, aber im Kern steckt dann doch eine gewisse Wahrheit.

Für Beverly Kaczmarek läuft es überhaupt nicht. Eigentlich ist sie nach Berlin gekommen, um im großen Stil Museen und Juweliere auszuräumen, doch so richtig wollen ihre Pläne nicht zünden. Denn während ihre Brüder Fabergé-Eier aus der St. Petersburger Eremitage entwenden und es damit in die internationale Presse schaffen, ärgert sich über ihre mittelmäßige Ausbeute. Also beschließt sie einen Coup zu landen, der an Logistik und Tollkühnheit neue Standards setzen wird, und etwas wirklich Großes zu stehlen: die Quadriga auf dem Brandenburger Tor.(Verlagsinfo)

Ein Roman in einer Pop- und Gesellschaftskultur angesiedelt – völlig überzeichnet, ironisch und sarkastisch geprägt. „Die Kobra von Kreuzberg“ wirkt polarisierend und ist schwer einzuordnen. Je nachdem über welchen Humor der Leser sich angesprochen fühlt, wird er viel lachen und schmunzeln können, aber es wird auch Stimmen geben, die mit diesem vorliegenden Roman überhaupt nichts anfangen können.

Michel Decar schreibt mit einer gewissen Leichtigkeit, die einen anspricht. Originell in jedem Fall – frech und spritzig.

Fazit

„Die Kobra von Kreuzberg“ schlängelt sich mit aberwitzigen Ideen, überspitzten Dialogen und schafft es dennoch, eine gewisse ernsthafte Note zu geben, über die man nicht nur lachen, sondern auch nachdenken kann.

Ein Roman, wie ein schöner Strandtag mit verschiedenen Wetterkrisen – gut zu empfehlen.

Samstag, 17. April 2021

Tief in der Erde - Christa von Bernuth


Der vorliegende Titel: „Tief in der Erde“,  erschienen im Goldmann Verlag, basiert auf einer tatsächlichen Entführung mit anschließendem Tod der zehnjährigen Ursula Herrmann. Das kleine Mädchen konnte nur tot geborgen werden, vergraben in einer Holzkiste, erstickt tief in der Erde – in einem Waldstück zwischen Schondorf und Eching am Ammersee. In einem Indizienprozess wurde fast 30 Jahre später ein Mann aus der Nachbarschaft zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt

1981, ein Dorf in Oberbayern. Die zehnjährige Annika Schön ist mit dem Fahrrad auf dem Heimweg von einer Freundin, doch sie kommt nie zu Hause an. Tage des qualvollen Wartens verstreichen, bis die Polizei einen erschütternden Fund macht – eine Kiste, vergraben im Wald, darin die Leiche des Mädchens, das dort erstickt ist. Eine mögliche Spur in das nahe gelegene Internat wird nur halbherzig verfolgt. Jahre später verurteilt man einen Verdächtigen, doch es bestehen Zweifel an seiner Täterschaft. Basierend auf dieser wahren Geschichte und ihren eigenen Recherchen hat Christa von Bernuth, selbst ehemalige Internatsschülerin, einen Roman geschrieben, der den alten Fall neu aufrollt – auf der Suche nach der Wahrheit, was damals wirklich geschah. (Verlagsinfo)

Die Autorin Christa von Bernuth hat diesen True Crime Thriller, den o.g. Kriminalfall eine Seele gegeben. Die hoch qualitative Spannung wirkt überzeugend, doch es gibt noch mehr was diesen Roman neben einer natürlichen, authentischen Atmosphäre auszeichnet. Man fühlt und spürt die Emotionen der Eltern, die Verzweiflung, die Ängste und auch die Hoffnung, dass die Tochter lebt. Christa von Bernuth schreibt mit einen brillanten, emotionalen Hammer – mit Schwung und einer fulminanten Durchschlagskraft überträgt sie genau diese Emotionen auf die Leser.

Es ist vom Vorteil, wenn man sich ggf. vor dem Leser, mit dem historischen Kriminalfall beschäftigt. Es gibt genug Quellen im Internet, die Dokumente, Berichte und auch Fotos liefern. Es geht nicht nur tief unter die Erde, es geht auch tief unter die Haut.

Auch dort wird man lesen, dass der Verurteilte, auch ein Justizopfer sein könnte. Indizien – sind keine Beweise und folgt man den historischen Fakten stellt sich heraus, dass Pleiten, Pech und Pannen dafür verantwortlich sind – neben dem persönlichen Versagen einzelner Ermittlungsbeamten  - dass man diesen grausamen Kriminalfall nicht eher aufgeklärt hat. Zeugen sind verstorben – Dokumente nicht mehr auffindbar – Erinnerungen ausgelöscht, oder Menschen, die nichts mehr erzählen wollen.

Auch das wird von Christ von Bernuth im Roman verwendet. „Tief in der Erde“ hebt sich ein wenig von den gängigen True Crime Thrillern ab, nicht durch die Spannung sondern über eine sehr gefühlsbetonte erzählerische Qualität. Ihr Stil in diesem Roman ist ganz, ganz stark ausgeprägt.

Doch nicht nur die Eltern, und einer der Brüder finden sich auf der Bühne der Handlung wieder, auch die Beamten lassen sich etwas in die Seele blicken. Im Nachhinein wird sich der Leser erschrecken, dass die Polizei fast schon dilettantisch die Ermittlungen führte. Wurden sie von anderen gedeckt, gesteuert, manipuliert? Man wird diese letztlich nicht mehr aufklären können.  

Die Vergangenheit hat hier deutlich mehr dazu beigetragen eine Spannung zu entwickeln und die Atmosphäre aufzubauen. Die Gegenwart befasst sich mit dem Indizienprozess und ist fast schon nebensächlich zu betrachten.

Doch es gibt auch Schwachpunkte. Die Zeit danach – nach dem Auffinden der Leiche des Mädchens, die Emotionen der Angehörigen wie auch die der Ermittlungsbeamten werden kaum erzählt. Unweigerlich schade.

Das Ende des Romans ist schwach – die Fragen, die Pleiten und Pannen, die hier offenbart wurden -. Schwingen erschöpfend mit.

Fazit

„Tief in der Erde“ von Christa von Bernuth geht „tief unter die Haut. Ein nachhaltiges Echo, dass das noch 30 Jahre später ein Grauen erzeugt. Die Autorin sollte man sich gut merken – Stil, Ausdruck und Sprache hochklassig. Ich hoffe, dass wir weitere True Crime Thriller von ihr lesen können.

Michael Sterzik

Sonntag, 11. April 2021

Blutnebel - Thomas Enger und Jorn Lier Horst


Beide Autoren sind jeder für sich schon sehr erfolgreich. „Blutnebel“ ist der zweite Roman um das Ermittlerduo Alexander Blix und Emma Ramms. Die Handlung spielt in Norwegen – in der Hauptstadt Oslo explodiert am Hafen eine Explosion und kostet mehren Menschenleben das Leben. Alleine schon dieser Knalleffekt – ist ein gut durchdachter Startschuss und katapultiert den Leser sofort in eine recht spannende Handlung. Die beiden Autoren gehen wie in ihrem ersten Roman einen verhältnismäßigen Weg – so scheint es jedenfalls, doch zielgerichtet führen sie den Kommissar und die Journalistin zu einem alten, noch nicht abgeschlossenen Cold Case Fall.

Nachdem eine Explosion den Osloer Hafen erschüttert hat, herrscht Terroralarm in Norwegen. Viele Menschen wurden getötet oder verletzt. Ein Opfer kommt knapp mit dem Leben davon: Ruth-Kristine Smeplass. Diese ist keine Unbekannte für Kriminalkommissar Alexander Blix, denn sie war die Mutter der zweijährigen Patricia, die vor zehn Jahren gekidnappt wurde. Blix ermittelte in diesem Fall, erfolglos. Als sich der Rauch in Oslo legt, ist die Zeit reif, sowohl das Mysterium der Vergangenheit als auch das der Gegenwart zu lösen. Zusammen mit der Journalistin Emma Ramm entdeckt Blix ein unverzeihliches Verbrechen.(Verlagsinfo)

Ganz stark ist die Konzeption der beiden Hauptakteure gelungen, wobei diesmal die Priorität deutlich bei Emma Ramms liegt. Man muss nicht unbedingt den ersten Roman „Blutzahl“ gelesen haben, doch empfehle ich es unbedingt. Das Zusammenspiel der beiden, und ihre emotionale Beziehung sind nicht unwichtig, aber haben mit der Hauptstory in letzter Konsequenz in „Blutnebel“ wenig zu tun.

Spannend ist das Buch – kommt aber nicht bei weitem an seinen Vorgänger dran. Morde sind meistens „Beziehungsdaten“, und dieser Gewaltakt formt sich aus einer ganzen Sammlung von Emotionen, u.a. Rache, Hass, Neid. u.a – auch diese Sünden findet sich in „Blutnebel“ wieder. So nebulös der Titel klingt, so ist leider auch die Handlung aufgebaut. Zwischendurch erhält man den Eindruck, dass sich beide Autoren nicht unbedingt einig waren – wie die Storyline vom Aufbau und Entwicklung werden sollte.

Lobenswert in jedem Fall ist der erzählerische Stil der beiden. Gekonnte Dramatik – aufbauender Spannungsbogen – toll eingebaute Dialoge und das Tempo angemessen und auf dem Punkt gebracht. Stellenweise fehlte mir die Tiefe und Konzentration in den ohnehin wenigen Nebengeschichten.

Betrachten wir die Hauptstory mit einer authentischen Perspektive – nun gut, augenzwinkernd spielt Kommissar Zufall auch eine tragende Nebenrolle.

Fazit

„Blutnebel“ ist ein spannender zweiter Band. Solider Aufbau, guter Unterhaltungswert und man freut sich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit den beiden Ermittlern.

Michael Sterzik

 

 

Samstag, 10. April 2021

Hexenjäger - Max Seeck

 


Die Hexenverfolgung im Mittelalter war epochaler Schrecken. Besonders schlimm hat die Inquisition in Deutschland hauptsächlich Frauen, aber auch einige Männer – als Jünger des Teufels, als das personifizierte Böse in Menschengestalt auf die Scheiterhaufen gebracht. Das reinigende Verbrennen als Todesstrafe – grausam und nicht wenige Opfer wurden willkürlich, oder auch gezielt durch Verleumdung denunziert, gefoltert und schließlich umgebracht.

Der vorliegende Thriller des finnischen Autors Max Seeck spielt allerdings in der Gegenwart – spricht aber mystische Elemente in seinem Buch: „Hexenjäger“ an.

Der Mörder geht nach einem perfiden Plan vor: Detailgetreu stellt er die Morde einer Bestseller-Trilogie nach. Und die sind äußerst brutal und erinnern an mittelalterliche Foltermethoden. Die Opfer – allesamt Frauen. Ist ein Fan der Trilogie durchgedreht? Kommissarin Jessica Niemi und ihr Team ermitteln unter Hochdruck, doch der Mörder ist ihnen immer einen Schritt voraus. Die Ermittler tappen im Dunkeln, bis ihnen klar wird, dass die Opfer Jessica Niemi erschreckend ähnlich sehen ...(Verlagsinfo)

Max Seecks Thriller ist hochspannend, und erzeugt eine sehr gute Unterhaltung und das nicht durch Verwendung von außerordentlich brutal geschilderten Morden. Der sympathische Autor erschafft psychologisch gesehen, eine ungemein dichte, nüchterne, aber auch frostige Atmosphäre, dass meine ich aber im positiven Sinne.

In einer Lesung sagte der Autor, der würde über Dinge, Situation schreiben, die ihm selbst Angst bereiten würden. In der Tat ist die Atmosphäre grauenhaft gut, und das spürt der Leser in jedem Kapitel – denn der Spannungsbogen verläuft linear aufsteigend. Das winterlich, frostig geschilderte Helsinki verstärkt noch die ohnehin spannende Atmosphäre.

Fast schon spannender ist die analytische Aufarbeitung der Hauptfigur „Jessisa Niemis“ – die als Mordermittlerin eine grandiose Tiefe ihres Charakters offenbart. Was für eine verdammt originelle und spannende Nebengeschichte, die hier Max Seeck auf die Bühne lässt. Ihre Erlebnisse als junge Frau in Venedig, dazu noch ein Familiengeheimnis und nicht zuletzt ihr gegenwärtiges Privatleben profilieren sie als einen ungemein tiefgründigen Charakter – wo die Betonung hier auch „Abgründig“ sein dürfte.   

Als absolute Hauptfigur, wird sich flankiert von ihrem älteren Kollegen Erne Miskon und ihrem Ermittlerteam. Mikson spielt auch in der Vergangenheit von Jessica Niemis eine ernstzunehmende Rolle. Ihrer beider Zusammenspiel endet aber im Band „Hexenjäger“.

Es ist sicherlich schwer im Genre Thriller/Krimi eine Handlung zu konzipieren, die „Neu“ ist. Irgendwie hat man ja schon vieles kennen- und schätzen gelernt. Auch in „Hexenjäger“ treten bekannte Muster auf, aber trotzdem geht Max Seeck selbstbewusst seinen eigenen Weg. Die Mischung macht es auch aus. Neben der traditionellen Ermittlungsarbeit haben wir hier noch mystische, okkulte Ansätze, die gerade im letzten Teil des Romans auftauchen. Das ist mitunter leider auch der einzige Schwachpunkt, denn die Auflösung ist übertrieben und ggf. etwas unrealistisch. Es wirkt sich aber wenig negativ auf den Gesamteindruck aus.

Max Seeck verwendet in seinem Roman „Hexenjäger“ auch keine aktuellen Themen, aus dem kulturellen, religiösen, politischen oder sozialen Umfeld. Seine Figuren bewegen sich frei und ungezwungen inmitten von Tatorten, Verdächtigen Personen und ihrer selbst und begegnen wenig anderen Themen.

Es gibt nordische Krimis und Thriller und dann gibt es noch Max Seeck – der als nordischer Autor mal ganz nebenbei, doch neue Wege geht und mit seiner Ermittlerin Jessica Niemes – eine originelle Person in das Genre wirft, die sich außerordentlich gut von anderen literarischen Hauptakteuren abgrenzt.

Fazit

„Hexenjäger“ ist ein Pageturner, dessen Handlung nicht neu – aber positiv anders gestaltet ist. Eine Ermittlerin – deren persönliche Geschichte den Leser einfängt und ein erzählerischer Stil, der fulminant perfekt wirkt. Einer der Thriller in 2021 den man unbedingt lesen sollte und Max Seeck – sollte man sich gut merken. Es geht weiter – im Herbst 2021. Ich freue mich sehr auf den zweiten Band.

Michael Sterzik

Montag, 5. April 2021

Der Verteidiger Roms - Douglas Jackson


Der Mythos „Nero“ – Kaiser von Rom ist unsterblich. Ein dekadenter, grausamer Despot, der sich auch für einen der größten, musischen Künstler seiner Zeit hielt. Die historischen Quellen stellen den „Gottkaiser“ für den er sich selbst hielt, als ausnahmslos psychopathisch dar. Die Zerstörung Roms durch ein Feuer, dass der Tyrann selbst gelegt haben soll, war der Startzeitpunkt für die grausame Christenverfolgung.

„Der Verteidiger Roms“ von Douglas Jackson ist der zweite Roman der Reihe um den jungen Gaius Valerius Verrens. Der junge Offizier, der im erfolgreichen Feldzug gegen Boudicca in Britannien teilgenommen hat, ist ein Held Roms. Ausgezeichnet von Nero – aber auch am Körper und Geist für immer gezeichnet versucht er irgendwo und irgendwie einen Platz und eine Aufgabe zu übernehmen.


Nach dem erfolgreichen Feldzug gegen Boudicca in Britannien kehrt der Tribun Gaius Valerius Verrens zurück nach Rom. Doch ebenso wie Valerius nicht mehr der ist, der er einst war, so hat sich auch Rom verändert: Kaiser Nero leidet zusehends unter wahnhaften Vorstellungen und hört auf Männer, die ihm düstere Dinge zuflüstern. So besagt eins dieser Gerüchte, dass eine neue Sekte - Anhänger des Christus - Neros Göttlichkeit leugnet und die Menschen im Reich aufwiegelt. Der Kaiser ist beunruhigt. Er beauftragt Valerius damit, die Sekte aufzuspüren und den Anführer festzunehmen. Versagt der Tribun, droht ihm der Tod. Valerius bleibt keine Wahl. Er begibt sich auf die gefährliche Suche. Eine Suche, die ihn bis an die Grenzen des Reichs führt.(Verlagsinfo)

Der zweite vorliegende Band von Douglas Jackson ist hochspannend, sehr unterhaltsam und vor allem wird auch an blutigen, brachialen Actionszenen nicht gespart. Roms Politik unter Nero war eine sehr persönliche. Willkürliche Grausamkeit unterwarf nicht nur das Volk, sondern auch den Adel und die Bürger im Imperium. Kritik wurde in diesem Regime nicht geduldet, ein (Über)Leben oftmals von einer Laune Neros abhängig. Seine Prätorianer Garde war unter Nero bekannt und berüchtigt, ein verlängerter Arm seiner Brutalität zu sein.

Neben Nero gibt es dann noch eine interessante Nebenfigur – Seneca. Ein Philosoph, Schriftsteller, aber auch ein korrupter Politiker und Geschäftsmann. Zudem war er auch für die Erziehung des jungen Neros verantwortlich, und später fungierte er als Berater am Kaiserhof, bis er von Nero in den Selbstmord getrieben wurde.

Valerius soll die Christen in Rom finden, die inmitten des Personenkults Nero eine Gefahr für ihn darstellen. Rom duldet zwar Götter neben sich, aber einen Gott, der über alle stehen soll – würde gesellschaftliche Unruhen mit sich führen. Die Apostel Petrus und Paulus sind auch Nebenfiguren in „Der Verteidiger Roms“ – und beide sind vom Autor Douglas Jackson sehr frei inmitten der Handlung platziert worden.

Neben einer Spannung verwendet der Autor auch viel Emotionale Themen ein. Valerius Verhältnis zu seinem Vater, zu seiner Geliebten und zu sich selbst, bilden die Nebengeschichten, die sehr sensibel erzählt werden.

Besonders nachhaltig erzählt Douglas Jackson sehr detailreich, ein öffentliches Massaker, bei denen Christen von Löwen und Panthern zerrissen werden – darunter Frauen und ein junges Baby. Das Nero menschliche Fackeln als eine Art nächtliches Schauspiel inszenierte wird hier auch thematisiert. Es sind Szenen die unter die Haut gehen und die leider nicht fiktiv sind.

Die Figur Valerius ist genial und überzeugend authentisch dargestellt. Kein „Held“ Roms im klassischen Stil. Kein unbesiegbarer, glorifizierter Militarist – aber auch kein Antiheld. Er ist zu Taten gezwungen -  und es wird interessant sein, wie sein Weg im dritten Teil aussehen mag.

Historisch interpretiert ist der Titel eher sehr fiktiv anzusehen. Der Aufenthalt von Petrus und Paulus in Roms und die Kreuzigung von Petrus zweifeln Historiker an. Sehr gut erzählt Douglas Jackson von einem ersten, organisierten Aufflammen des Christentums. Wer hier noch den Brand von Rom erwartet – dieser findet zu einem späteren Zeitpunkt, könnte enttäuscht sein. Vielleicht im nächsten Band – noch herrscht Nero – aber auch die fiktive Figur des Valerius brennt ggf. für seine Rache an Nero. Es könnte zum Thema des dritten Bandes werden.

Spannend ist „Der Verteidiger Roms“ – es gibt bis auf eine erzählerische Länge nichts Negatives auszusetzen. Um den Roman einzuordnen, muss man noch wissen, dass die Actionelemente gewichtiger sind, als die Beschreibung von Intrigen und Machtkämpfen einzelner Berater und Würdenträger, aber auch letzteres findet hier seinen Platz.

Fazit

„Der Verteidiger Roms“ ist ein historischer Actionroman. Spannende Unterhaltung und sensible Emotionen, die hier passgenau in die Handlung eingebaut wurden. Eine Reihe – die ich sehr empfehlen kann. Gute Unterhaltung wünsche ich .

 

Michael Sterzik