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Montag, 9. Januar 2023

Das dunkle Lied der Toten - Ben Creed


Am Ende des Zweiten Weltkrieges begann auch der Wettlauf um das technische Wissen brillanter deutscher Wissenschaftler. Die alliierten Siegermächte überredeten, erpressten und bedrohten die führende Akademiker-Elite für sie zu arbeiten. Die Waffenforschung, die Medizin, technische Ideen und Entwicklungen – die Jagd nach genau diesem Wissen war die größte Belohnung für den Blutzoll, den sie in all den Jahren entrichten mussten.

Die Nachkriegszeit war für die Russland auch eine Zeit der „Säuberung“. Politische innere Feinde, Randgruppen, Intellektuelle und Künstler – es gab keine Grauzone. Entweder war man für den Personenkult „Stalins“, oder nicht? Letzteres bedeutete den Tod, oder die fürchterlichen Straflager im Gulag, wobei dieser schlimmer sind als ein schneller Tod. Diese Straf- und Arbeitslager bedeutete volkswirtschaftlich zu viel für Russland. Förderung von Bodenschätzen und Metallen, die Häftlinge bauten, Verkehrswege und Kraftwerke und vieles mehr. In diesen starben ca. 2,7 Millionen Häftlinge unterschiedlicher Nationen, natürlich waren auch Kriegsgefangene darunter, oder ethnische Minderheiten.

Das Autorenduo „Ben Creed“ verarbeitet das Leben und Sterben in einem dieser Lager im vorliegenden, zweiten Roman der Leningrad-Reihe: „Das dunkle Lied der Toten“.

Der erste Band: „Der kalte Glanz der Newa“ war ein Überraschungserfolg und erinnerte stellenweise sehr an den Klassiker „Gorki Park“ von Martin Cruz Smith.

Die Hauptfigur Leutnant Revol Rossel überzeugte durch eine hohe Beobachtungsgabe und einem gewissen leidenschaftlichen und später verhängnisvollen Ehrgeiz.

Winter 1953: In der weißen Hölle eines sibirischen Gulags ist der ehemalige Leutnant Revol Rossel dem Tod näher als dem Leben, als er überraschend gerettet wird – ausgerechnet von dem Mann, den er mehr als jeden anderen hasst: Major Nikitin. Seinetwegen wird der virtuose Geiger Revol nie wieder eine Violine halten können.

Zusammen mit der Fliegerin Tanja Vasilievna sollen Revol und der Major in Leningrad einen Killer stoppen, der den Leuten wie ein rachsüchtiger Geist aus einem slawischen Märchen erscheint. Er schneidet seinen Opfern die Zunge heraus und ersetzt sie durch eine Papierrolle mit italienischen Versen.

Der Fall ist allerdings mit einem weitaus tödlicheren Rätsel verknüpft, das die Verschwörer in Stalins Kreml um jeden Preis lösen wollen: Im fernen Berlin führt eine verschlüsselte Nachricht zu jenem brillanten Nazi-Physiker, der den Bauplan für die Wasserstoffbombe kennt …(Verlagsinfo)

Russlands Tragödie ist die stille Traurigkeit, die verzweifelte Hingabe an die politische Ideologie und Führung der Staatenlenker. Die Partei, dass kommunistische Leitbild – kommt zuerst, dann der Glaube, dann ggf. die Familie. Russland bedeutet auch eine Melancholie ohne Exit, eine Akzeptanz, die ggf. aus einer Gewohnheit und einem Grundstein der Angst herführt. Das Autorenduo fängt atmosphärisch genau diese Stimmung ein, das Buch ist förmlich durchtränkt von einer selbstauferlegten Traurigkeit und Verzweiflung.

Besonders gut erzählt ist der Part im Arbeitslager, in der sich der gefallene, ehemalige Leutnant Revol wiederfindet. Das Reich des Gulags eröffnet sich dem Leser mit einem brutal erzählten Realismus. Mithäftlinge, die getötet werden, um deren Leben bei einem Kartenspiel unter herrschenden Dieben gespielt wird. Enthaltsamkeit was Nahrung, medizinische Versorgung und Kleidung angeht. Hygiene – dafür ist mal selbst verantwortlich und sich selbst nicht zu schade, einen toten Freund und Mithäftling wenige Minuten später auszurauben und zu entkleiden. Alles ist kostbar – alles an Kleidung, Güter usw. Jedes falsche Wort, eine Geste, ein Blick könnte das Ende bedeuten. Vielleicht ist der Tod am Grenzzaun doch gleichbedeutend mit der Erlösung?!

Die Schilderung der Serienmorde und die Ermittlungen dazu sind ebenfalls gut, aber manchmal ziehen sich diese auch unerwartet in die Länge. Die natürliche und logische Konsequenz, dass die Politik hier involviert ist, liegt auf der Hand und ist keine Überraschung. Die Hoffnung, dass (Über)Leben im Lager hinter sich gelassen zu haben, ist der Motor für Leutnant Revol, ganz egal, dass er Hand in Hand mit Major Nikitin ermitteln soll – der Mann, der ihn gefoltert hat. Diese verschwörerische und verschworene Schicksalsgemeinschaft ist packend erzählt und man fragt sich immer wieder, wer wird das Duell am Ende dieser geplanten Trilogie noch leben ?!

Die politische Stimmung, die Kultur von Russland um 1953 ist fantastisch intensiv erzählt. Schauplatz ist aber nicht nur das „fremde“ Russland, sondern auch noch ein ungeteiltes Berlin, das Kriegsgefangenengefängnis Spandau in der man auch einem charismatischen Albert Speer, der helfen soll, einen alten Code zu entschlüsseln.

Diese Rückblicke in die Vergangenheit sind neben den Beschreibungen des Gulags der Höhepunkt des Romans.

Fazit

Eine spannende Zeitreise in ein konsequent dunkles Russland. Die Hoffnung ist der Leuchtturm aller Figuren, die (über)leben wollen. Martin Cruz Smith – hat einen Nachfolger gefunden. Ben Creed.

Michael Sterzik

Mittwoch, 23. März 2022

Geheimdienstmorde - Christopher Nehring

 


Wer Krimis und Thriller liest, oder natürlich auch Filme sieht, wird unweigerlich mit dem Thema „Geheimdienstmorde“ konfrontiert. James Bond mit der Lizenz zum Töten, ist mit tödlicher Sicherheit das Paradebeispiel eines Agenten/Spions der im Auftrage des britischen Geheimdienstes töten darf. Wenn das auch weniger „geheim“ ist. Es tummeln sich medial viele (Anti)Helden auf den Kinoleinwänden oder im heimischen TV-Stream. Allerdings sprechen die gegenwärtigen Fakten sich dafür aus, dass selbst noch in unserer zivilisierten Zeit Geheimdienste munter morden. Manchmal wird dieser „nasser Job“ erfolgreich realisiert und die Medien bekommen von dieser Geheimdienstarbeit wenig mit, doch es passieren auch Pannen, menschliche Fehler, Zufälle usw. die diese alte Todsünde „Mord“ in die Nachrichten bringen, die dann mitunter Krisen auslösen (können).

Mit der Wahrheit ist das ja so eine komplizierte Angelegenheit. Wen, oder was kann man glauben? Warum greifen Staatsoberhäupter ein und verurteilen Menschen ohne Gerichtsurteil, Verteidigung oder Stellungnahme zum Tode? Wer sind diese Staaten und was sind deren Motive und Motivation.

Der Autor dieses Buches „Geheimdienstmorde“ Christopher Nehring räumt mit vielen Märchen, Legenden und spektakulären Vorurteilen auf. Leider ist die Wirklichkeit schlimmer als wir es uns ggf. vorstellen können, in jeden Fall sind die „Morde“ leiser – der Prozess und die Ausführung können aber genauso dramatisch sein. Das wenig Überraschende dabei ist auch der Gedanke: Über wie viele Opfer reden wir eigentlich? Damit springt dann die Vokabel „Geheim“ auf die Bühne. Wir wissen, so vermute ich nur einen Bruchteil, die Spitze des Eisberges über dieses Thema, aber noch mehr als vor 20 Jahren. Dem Internet, dem mutigen Investigativen Journalismus sei gedankt.

Spektakuläre Morde und Mordversuche im Auftrag von Geheimdiensten beherrschen immer wieder die Schlagzeilen: der Anschlag auf Alexej Nawalny 2020, der „Tiergarten-Mord“ an Zelimkhan Khangoshvili 2019 in Berlin oder die Ermordung Jamal Khashoggis 2018 in Istanbul ... Sie muten wie Relikte aus Zeiten des Kalten Krieges an und erinnern an die fiktiven Welten von James Bond, Jason Bourne oder John Le Carré. Die neue Welle von Geheimdienstmorden in Europa wirft zahlreiche Fragen auf: Sind die uns bekannten Fälle nur die Spitze des Eisbergs? Wer gerät ins Visier von Geheimdiensten, wer sind die Täter? Wie werden die Morde organisiert und was sind ihre Konsequenzen? Der ebenso erschreckende wie spannende Bericht des Geheimdienstexperten Christopher Nehring bringt Licht in eine mysteriöse Welt im Schatten der Mächtigen. Nehring rekonstruiert über 120 Fälle, vom Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart, und deckt die mörderische Seite der Geheimdienste vieler Nationen wie Russland, USA, Israel, Saudi-Arabien und Nordkorea auf. Dabei bringt er Verblüffendes zu Tage: zum Beispiel, dass die Welt der Geheimdienste ungeschriebenen Gesetzen unterliegt, dass Giftmorde von höchster symbolischer Bedeutung sind und Emotionen als Mordmotiv eine viel größere Rolle spielen, als man vermuten würde …(Verlagsinfo)

Christopher Nehring befasst und erzählt sehr plakativ und transparent von diesem Thema. Diese Ehrlichkeit birgt aber auch etwas Schreckliches, wenn man von Giftanschlägen liest, von Tötungsbefehlen, einer Desinformationskampagne, der medialen Zerstörung des Opfers, und das Schweigen und Lügen der verantwortlichen Regierungen, die diese Tötung im „legal“ in Auftrag gaben.

Russland ist einer dieser Staaten in denen die Ermordung von Journalisten, Regimegegnern, unangenehmen Oligarchen und abtrünnigen Agenten zum traditionellen, mörderischen und selbstverständlichen Prozess gehört. Das ist faktisch bewiesen. Und an dieser Stelle fragt man sich dann, warum haben wir die ganzen Jahre nichts dagegen unternommen? Der Autor beschreibt hinreichend, dass Geheimdienstmorde von der Regierung, dem amtierenden Staatsoberhaupt genehmigt, bzw. auch selbst angeordnet werden. Also lässt man in Mütterchen Russland gerne Regimekritiker und laute Journalisten endlich mundtot machen. Erschreckend, wenn man darüber näher nachdenkt.

Es ist ein kaltblütiges und paranoides Politikverständnis und es kommt noch schlimmer, wenn liest, warum und mit welcher Motivation der Geheimdienst mordet: Angst – Hass – Rache – dürften wohl die offensichtlichsten Argumente sein. Eine Psychologie des Mordens die verstört. Im Grunde lassen wir uns, als durch Emotionen dazu leiten jemanden ins Jenseits zu befördern.

Es ist spannend und informativ zu lesen und die Welt der Geheimdienste ist mit dem Kapital dann auch präsenter, aber auch wenig sympathischer. Der Mossad tötet aus Rache, die Amerikaner köpfen damit verantwortliche Personen, die sich dem Terror zugewendet haben und die Russen, na ja…die Morden einfach, weil sie ein Regime der Angst sind und Angst in die Köpfe der Menschen bringen wollen.

Besonders erschreckend sind die wortwörtlichen Dialoge, die sich herausreden, entschuldigen, argumentativ andeuten, oder schlichtweg Verräter als Dreckspack titulieren. Oder noch schlimmer – wir stellen das Mordopfer als Kriminellen dar, als Bestie, als Verbrecher usw. Diskreditierung par excellence.

Wer sich für das übergeordnete Thema also interessiert, wird hier spannend und informativ bedient. Kurzweilige Informationen – auf Fakten basierend, die kristallklar beschrieben wird. Es ist aber auch ein Titel, über deren Inhalt man dann nachdenkt, gerade darüber, dass es geduldet – selbstverständlich – und noch nicht einmal illegal ist.

Fazit

„Geheimdienstmorde“ von Christoper Nehring zeigt ein drastisches, offensives und ehrliches Bild der Geheimdienste, die mörderisch unterwegs ihre Ziele erreichen wollen. Der Leser springt hier über eine Klinge von Informationen, die erschreckend sind. Man hat es vermutet – doch die Wahrheit ist manchmal spannender als jede fiktive Geschichte. Sehr zu empfehlen.

Michael Sterzik

Sonntag, 4. Juli 2021

Die Spur des Bären - Martin Cruz Smith

 


Die Verfilmung des Bestsellers „Gorki Park“ von Martin Cruz Smith, katapultierte den Autor in einen höheren Bekanntheitsgrad. Die Hauptfigur des russischen Ermittlers Arkadi Renko wurde im Genre Thriller durchaus zu einer charismatischen Kultfigur. Spielte der Roman noch im Kalten Krieg der Großmächte so ging doch der Autor mit Arkadi Renko auf eine Reise durch die letzten fast schon vierzig Jahre – eine Reise der Sowjetunion durch verschiedene Krisen, durch eine prägende Entwicklung die nun in der Gegenwart angekommen ist. Martin Cruz Smith erzählt sehr bildgewaltig und vom Verfall der Sowjetunion und dem Aufbau einer russischen Weltmacht, die natürlich auch Wladimir Putin und seinen Staatsapparat kritisch zeigen.

Der vorliegende Roman ist der neunte Band der Arkadi-Renko-Reihe. Er kann als Einzelband gelesen werden, doch es wäre vorteilhaft, wenn man zuvor schon einige Bänder gelesen hat, und somit die Handlungen und Motive eines Arkadi Renkos verstehen kann. Auch seine charakterliche Entwicklung ist natürlich nicht in 40 Jahren stehengeblieben.

Der legendäre Moskauer Ermittler Arkadi Renko ist in größter Sorge um seine ehemalige Geliebte Tatjana. Die mutige Enthüllungsjournalistin ist nicht planmäßig aus Sibirien zurückgekehrt. Dort wollte sie den politischen Dissidenten Kusnezow porträtieren – einen charismatischen, aber auch skrupellosen Mann, der das ehrgeizige Ziel verfolgt, die Dauerherrschaft Putins zu brechen. Getrieben von bösen Vorahnungen, aber auch rasender Eifersucht, begibt sich Renko auf eine riskante Reise. Er merkt schnell, dass in der unwirtlichen, eisigen Natur Sibiriens ganz eigene Gesetze herrschen. Doch erst eine grausame Bärenjagd, von der er sich wichtige Insider-Informationen verspricht, führt ihm vor Augen, in welche gefährlichen politischen Fänge Tatjana geraten ist …(Verlagsinfo)

Interessant ist es das Martin Cruz Smith sich selbst treu bleibt und sich auf das politische, kulturelle und wirtschaftliche Russland konzentriert, mit all seinen Subthemen und Herausforderungen. Im Grunde ist es ein regimekritisches Buch, handelt es doch um Oligarchen, um einen politischen Dissidenten und mit der Figur der Journalisten Tatjana um die Pressefreiheit.

„Die Spur des Bären“ kommt auch ohne technischen Firlefanz aus, ohne Hightech deren sich die Ermittler bedienen können. Arkadi Renko ist anders – für ihn zählt der Faktor Mensch und dessen ausgesprochenen Talent Fehler zu begehen. Klassische Ermittlungsarbeit in einem autoritären System. Wie immer bringt sich aber Arkadi Renko in Lebensgefahr – Scharfschützen und wilde Bären hinterlassen durchaus psychische und physische Spuren bei dieser Figur.

Der Hauptteil der Geschichte spielt nicht in der Metropole Moskau – die natürlich prädestiniert wäre für politische, kulturelle und wirtschaftliche Ereignisse und Handlungen. Es geht recht fix in die Taiga – in einer Umgebung die grausam, schön und brutal gefährlich sein kann.

Die Stärken des Romans sind auch gerade die Dialoge, die innerhalb der spannenden Handlung fein geschliffen sind, besonders dann, wenn Arkadi Renko sich mit seiner typischen sarkastischen, ironischen Sprache Gehör verschafft. Es ist verwunderlich, dass er mit seiner spitzen Zunge überlebt hat, oder vielleicht auch gerade deswegen, weil er weiß wie er diese auch als intellektuelle Waffe einzusetzen vermag.  

„Die Spur des Bären“ ist ein spannender und kurzweiliger Thriller. Ausdrucksstark und so munter und frech mit seinen Dialogen, dass die Handlung eigentlich nur wie ein Nebendarsteller wirkt. Die Figuren des Romans sind aufgestellt wie auf einem Schachbrett, und die Nebenfiguren besitzen einen sehr intelligenten, vorwitzigen Charme.

Die Handlung weist auch Action Elemente auf und teilt sich gezielt immer wieder im Wechsel mit großartigen Dialogen die Bühne. Es gibt nichts zu kritisieren – vielleicht wäre es ggf. an der Zeit diese Reihe abzuschließen, denn Arkadi Renko ist als Figur nicht unsterblich und folgt man der Reihe – so hat natürlich sein Schöpfer Martin Cruz Smith mit seinem „Alter“ geschummelt.

Fazit

„Die Spur des Bären“ ist ein bärenstarker Kriminalroman. Grandios erzählt – mit viel Humor und einer spannenden Handlung, ist er absolut überzeugend. Klare Leseempfehlung.

Michael Sterzik

 

 

 

Freitag, 28. Juni 2013

Der Rote Sarg - Sam Eastland


Der rote Sarg (Sam Eastland)

Moskau 1939: Oberst Nagorski ist unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Der Ingenieur war für Stalins wichtigstes Projekt verantwortlich – den neuen, hochgeheimen Panzer T-34, von Spöttern auch »der rote Sarg« genannt. Der Diktator glaubt an Sabotage und vermutet, dass die »Weiße Gilde« Nagorski ermordet hat. Sonderermittler Pekkala erhält den Auftrag, die Verschwörer aufzuspüren – eine lebensgefährliche Mission. Denn niemand weiß, ob es die Gruppe überhaupt gibt. (Verlaginfo)

Kritik

Nach dem ersten Teil „Roter Zar“ von Sam Eastland lässt der Autor erneut seinen Sonderermittler Pekkala in Russland auf Verbrecherjagd gehen. In „Der Rote Sarg“ bekommt Pekkala direkt von Stalin den Auftrag zu ermitteln, wer den Ingenieur Nagorski ermordet hat. Der rote und für seinen Jähzorn bekannte Diktator vermutet nicht zu unrecht eine Reihe von Verrätern, die das russische Militär indirekt bedrohen, hinter dem Mordanschlag steckt.

Auch dieser zweite Band der Reihe spielt kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Der Angriff der Deutschen auf Polen scheint unmittelbar bevorzustehen und Mütterchen Russland befürchtet, trotz verschiedener vertraglichen Nicht-Angriffs-Pakte in den Krieg einbezogen zu werden. Das heißt für Stalin, mit aller Macht seinen Militärapparat aufzurüsten. „Der Rote Sarg“ ein neu entwickelter Panzer soll den Deutschen auf dem Schlachtfeld das Fürchten lernen, auch wenn dieser wie Pekkala schnell feststellt noch unter diversen Kinderkrankheiten leidet, nicht in Produktion gehen sollte. Damit ist eigentlich die grobe Handlung des vorliegenden Romans schon erzählt.

Da Pekkala, ein russischer Agent mit der Lizenz zum: Töten, Spionieren, Verhaften, Beschlagnahmen usw. ein durch und durch feiner Kerl ist, gibt er sich, obwohl er den aufkommenden Stalinismus kritisch sieht, dem System doch treu ergeben. Anders wie im ersten Teil erfährt der Leser nicht viel Neues über die Hauptfigur. Im Grunde werden die wichtigsten und dramatischsten Szenen seines Lebens noch einmal erzählt. Dies ist ein relativ großer Kritikpunkt, wenn man sich die Entwicklung der Hauptfigur anschaut. Seine persönlichen Gefühle, seine Emotionen und seine Gedanken schaltet Sam Eastland leider förmlich total ab. Trotzdem besitzt „Der Rote Sarg“ eine ganz eigene und interessante Atmosphäre. Die Spannung bleibt konstant im guten Niveau, entwickelt sich aber auch nicht mit der Handlung weiter fort.

Die Handlung wird dann interessant, wenn es zu Rückblenden in die Zarenzeit kommt. Alleine das wäre es wert einen eigenständigen Roman zu schreiben in der auch die Vergangenheit von Pekkala wieder mehr ins Licht rückt. Diese Passagen sind so interessant und lebhaft erzählt, dass sie, wenn man sie mit der eigentlichen Handlung vergleicht die Haupthandlung in den Hintergrund zu drängen vermag.

Es gibt nicht viel neue Charaktere in der Handlung, dafür allerdings ein paar mehr witzige Momente und ernste Dialoge mit seinem Assistenten Kirow, dem deutlich mehr Platz gegeben wird. Die Zukunft von Pekkala kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges bleibt am Ende verschwommen, auch wenn der Autor eine mögliche Aussicht auf das nächste Abenteuer des russischen Sonderermittlers wirft.
Fazit

„Der Rote Sarg“ von Sam Eastland ist schwächer als der erste Band der Reihe. Nach Möglichkeit sollte der Leser zu dem ersten Band „Roter Zar“ greifen, da hier die Figur von Pekkala mehr analysiert und dargestellt wird.

Nichtsdestotrotz gelingt dem Autor Sam Eastland mit diesem Roman wieder ein guter, solider Thriller der hält, was er eben verspricht. Er wird nicht langweilig oder schweift vom Thema ab. Der Autor konzentriert sich ausschließlich auf die Perspektive des Ermittlers, dass mag leider manchmal etwas eindimensional wirken.

Ich bin gespannt auf den dritten Teil, hoffe allerdings, dass der Autor sich evtl. ein Herz nimmt, um Pekkalas Vergangenheit uns noch schmackhafter zu machen.

„Der Rote Sarg“ ist absolut zu empfehlen, alleine schon weil der Roman in einer Zeit spielt, die interessant und viel Raum für Abenteuer gibt.

Michael Sterzik