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Montag, 9. Januar 2023

Das dunkle Lied der Toten - Ben Creed


Am Ende des Zweiten Weltkrieges begann auch der Wettlauf um das technische Wissen brillanter deutscher Wissenschaftler. Die alliierten Siegermächte überredeten, erpressten und bedrohten die führende Akademiker-Elite für sie zu arbeiten. Die Waffenforschung, die Medizin, technische Ideen und Entwicklungen – die Jagd nach genau diesem Wissen war die größte Belohnung für den Blutzoll, den sie in all den Jahren entrichten mussten.

Die Nachkriegszeit war für die Russland auch eine Zeit der „Säuberung“. Politische innere Feinde, Randgruppen, Intellektuelle und Künstler – es gab keine Grauzone. Entweder war man für den Personenkult „Stalins“, oder nicht? Letzteres bedeutete den Tod, oder die fürchterlichen Straflager im Gulag, wobei dieser schlimmer sind als ein schneller Tod. Diese Straf- und Arbeitslager bedeutete volkswirtschaftlich zu viel für Russland. Förderung von Bodenschätzen und Metallen, die Häftlinge bauten, Verkehrswege und Kraftwerke und vieles mehr. In diesen starben ca. 2,7 Millionen Häftlinge unterschiedlicher Nationen, natürlich waren auch Kriegsgefangene darunter, oder ethnische Minderheiten.

Das Autorenduo „Ben Creed“ verarbeitet das Leben und Sterben in einem dieser Lager im vorliegenden, zweiten Roman der Leningrad-Reihe: „Das dunkle Lied der Toten“.

Der erste Band: „Der kalte Glanz der Newa“ war ein Überraschungserfolg und erinnerte stellenweise sehr an den Klassiker „Gorki Park“ von Martin Cruz Smith.

Die Hauptfigur Leutnant Revol Rossel überzeugte durch eine hohe Beobachtungsgabe und einem gewissen leidenschaftlichen und später verhängnisvollen Ehrgeiz.

Winter 1953: In der weißen Hölle eines sibirischen Gulags ist der ehemalige Leutnant Revol Rossel dem Tod näher als dem Leben, als er überraschend gerettet wird – ausgerechnet von dem Mann, den er mehr als jeden anderen hasst: Major Nikitin. Seinetwegen wird der virtuose Geiger Revol nie wieder eine Violine halten können.

Zusammen mit der Fliegerin Tanja Vasilievna sollen Revol und der Major in Leningrad einen Killer stoppen, der den Leuten wie ein rachsüchtiger Geist aus einem slawischen Märchen erscheint. Er schneidet seinen Opfern die Zunge heraus und ersetzt sie durch eine Papierrolle mit italienischen Versen.

Der Fall ist allerdings mit einem weitaus tödlicheren Rätsel verknüpft, das die Verschwörer in Stalins Kreml um jeden Preis lösen wollen: Im fernen Berlin führt eine verschlüsselte Nachricht zu jenem brillanten Nazi-Physiker, der den Bauplan für die Wasserstoffbombe kennt …(Verlagsinfo)

Russlands Tragödie ist die stille Traurigkeit, die verzweifelte Hingabe an die politische Ideologie und Führung der Staatenlenker. Die Partei, dass kommunistische Leitbild – kommt zuerst, dann der Glaube, dann ggf. die Familie. Russland bedeutet auch eine Melancholie ohne Exit, eine Akzeptanz, die ggf. aus einer Gewohnheit und einem Grundstein der Angst herführt. Das Autorenduo fängt atmosphärisch genau diese Stimmung ein, das Buch ist förmlich durchtränkt von einer selbstauferlegten Traurigkeit und Verzweiflung.

Besonders gut erzählt ist der Part im Arbeitslager, in der sich der gefallene, ehemalige Leutnant Revol wiederfindet. Das Reich des Gulags eröffnet sich dem Leser mit einem brutal erzählten Realismus. Mithäftlinge, die getötet werden, um deren Leben bei einem Kartenspiel unter herrschenden Dieben gespielt wird. Enthaltsamkeit was Nahrung, medizinische Versorgung und Kleidung angeht. Hygiene – dafür ist mal selbst verantwortlich und sich selbst nicht zu schade, einen toten Freund und Mithäftling wenige Minuten später auszurauben und zu entkleiden. Alles ist kostbar – alles an Kleidung, Güter usw. Jedes falsche Wort, eine Geste, ein Blick könnte das Ende bedeuten. Vielleicht ist der Tod am Grenzzaun doch gleichbedeutend mit der Erlösung?!

Die Schilderung der Serienmorde und die Ermittlungen dazu sind ebenfalls gut, aber manchmal ziehen sich diese auch unerwartet in die Länge. Die natürliche und logische Konsequenz, dass die Politik hier involviert ist, liegt auf der Hand und ist keine Überraschung. Die Hoffnung, dass (Über)Leben im Lager hinter sich gelassen zu haben, ist der Motor für Leutnant Revol, ganz egal, dass er Hand in Hand mit Major Nikitin ermitteln soll – der Mann, der ihn gefoltert hat. Diese verschwörerische und verschworene Schicksalsgemeinschaft ist packend erzählt und man fragt sich immer wieder, wer wird das Duell am Ende dieser geplanten Trilogie noch leben ?!

Die politische Stimmung, die Kultur von Russland um 1953 ist fantastisch intensiv erzählt. Schauplatz ist aber nicht nur das „fremde“ Russland, sondern auch noch ein ungeteiltes Berlin, das Kriegsgefangenengefängnis Spandau in der man auch einem charismatischen Albert Speer, der helfen soll, einen alten Code zu entschlüsseln.

Diese Rückblicke in die Vergangenheit sind neben den Beschreibungen des Gulags der Höhepunkt des Romans.

Fazit

Eine spannende Zeitreise in ein konsequent dunkles Russland. Die Hoffnung ist der Leuchtturm aller Figuren, die (über)leben wollen. Martin Cruz Smith – hat einen Nachfolger gefunden. Ben Creed.

Michael Sterzik

Mittwoch, 27. Oktober 2021

Witness X - Deine Seele ist der Tatort - S.E.Moorhead


Gedankenkontrolle – oder das Nachempfinden von Erfahrungen einer Person und das mit visuellen und Audio-Elementen – als würde man einen Film sehen, in dem man die Emotionen und tatsächlichen Erinnerungen des Protagonisten fühlt, sieht, riecht. Wäre dies realisierbar und wenn ja, in welchen medizinischen, therapeutischen Bereichen könnte man diese einsetzen? Wäre diese auch für die polizeilichen Behörden ein wertvolles Werkzeug um einen Tathergang zu analysieren?

Wir würden dabei ethische und moralische Türen eintreten. Ein Blick in das innerste „Selbst“ – ein psychologischer Offenbarungseid, der mitunter Gefühle und Ereignisse zeigt, die dessen Persönlichkeit verletzen könnten.

Die Idee ist nicht neu – erinnern wir uns an dem Film „Strange Days“ aus dem Jahre 1995. Hier wird die Technologie auf einer Cyberpunk-Bühne verwendet. Übrigens ist der Film sehr zu empfehlen.

Nun im Jahre 2021 angekommen, greift die britische Autorin S.E.Moorhead zu einer sehr ähnlichen Technologie in ihrem Debütwerk: „Witness X – Deine Seele ist der Tatort. Die Story spielt im Jahre 2035 – die digitale Technik hat sich natürlich auch bei Alltagsgegenständen verändert, ist kommunikativer, persönlicher geworden. Dabei ist das vorliegende Buch, aber keine Science Fiction, auch kein Cyberpunkroman mit wilden futuristischen Ideen. Es ist ein Thriller geworden und ein sehr spannender.

Sein Opferprofil: Heilige & Hure
Sein Tatort: London, jeden Februar
Sein Aufenthaltsort: ein Hochsicherheitsgefängnis ... Oder?

Wieder ist es Februar. Wieder wird eine brutal entstellte Leiche gefunden. Neuropsychologin Kyra Sullivan erkennt Parallelen zu den Taten des Februar-Killers, dem vor 14 Jahren ihre Schwester zum Opfer fiel. Sie fürchtet, dass es bald ein zweites Opfer geben wird und der Falsche hinter Gittern sitzt. Eine neue, höchst umstrittene Technologie könnte Kyra helfen, den wahren Killer zu stellen – doch die Folgen für ihre Seele wären schrecklich. (Verlagsinfo)

Ein Neuropsychologischer Thriller – mit wissenschaftlichem Fundament, und dabei noch nicht mal unrealistisch. Ein Erinnerungstransfer ist eine hochemotionale Reise in den Gedankenpalast eines anderen Menschen. Spannend und erkenntnisreich in jedem Fall – doch unsere Psyche ist noch immer in der Medizin zum Teil unentdecktes Land. „Witness X – überzeugt nicht nur über einen hochkomplexen Spannungsbogen, sondern überzeugt durch erzählerische Emotionen, die die Hauptperson Kyra an ihre Grenzen bringt. Diese touristischen Flashbacks in die Gedanken eines anderen funktionieren recht gut – aber die Nebenwirkungen und Effekte sind extrem nachhaltig. Kyra sieht „verstorbene“ Personen – als „Geister“ – als Phänomene. Sie ist sich nicht mal sicher – ob sie das träumt, oder diese real sind und mit ihr interagieren möchte. Hinzu noch erhebliche Vorwürfe, dass sie ihrer Schwester nicht helfen konnte und ist der Killer, den sie ins Gefängnis gebracht hat, wirklich der Täter, oder hat sie sich einfach emotional verwirrt und geirrt?

Die Story ist ungemein spannend und vielfältig. Tolle Dialoge präsentieren sich. Die Atmosphäre, in die uns die Autorin katapultiert, ist zum großen Teil sehr, sehr angespannt, manchmal düster und verzweifelt, aber nicht, ohne dass hier eine Hoffnung und Erlösung entstehen könnte.

Diese Dramaturgie wirkt überzeugend, dass Tempo der Story überschlägt sich nicht in wilden actiongeladenen Szenen. Die Raffinesse sind diese Gänsehautmomente, manchmal plötzlich auftretende explosive Emotionen, die den Leser überfallen.

Die erzählerischen Perspektiven wechseln souverän, sodass sie ein Gesamtbild zeigen bei dem Kyra, der Täter usw. ihre Beweggründe offenbaren. Aus dem wissenschaftlichen, technologischen Bereich erfährt man leider viel zu wenig. Hier hätte ich mir durchaus mehr Hintergrundwissen und Erklärungen gewünscht.

Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Fortsetzung geben könnte. Sicherlich ist es aber – dass ich empfehle den vorliegenden Roman: „Witness X“ zu verfilmen. Es lädt dazu förmlich ein, denn schon beim Lesen formt sich ein sprichwörtliches Kopfkino.

Der schriftstellerische Stil der Autorin ist sehr gut. Klar verständlich – auf den Punkt gebracht und doch sehr komplex erzählt. Haupt- und Nebenfiguren sind abgestimmt und es gibt nichts an überflüssigen Informationen, die ggf. die Story künstlich aufhalten.

Fazit

„Witness X – Deine Seele ist der Tatort“ ist ein Thriller, der emotionale Türen eintritt und gleich den Raum betritt und einfach konsequent bleibt. Großartiger Spannungsbogen – tolle Charaktere und viele Schockmomente, die perfekt inszeniert wurden. Einer der stärksten Thriller in diesem Jahr. Unbedingt lesen.

Michael Sterzik

Sonntag, 31. März 2019

Nemesis - Jilliane Hoffman


Mit der Cupido-Reihe wurde die ehemalige Staatsanwältin und Autorin Jilliane Hoffman weltbekannt. Vor 15 Jahren – 2004 veröffentlichte sie mit „Cupido“ ihr Debütwerk. Serienmörder sind in dem Genre Thriller allgegenwärtig – sie morden sich durch Handlungen, sie verbünden sich untereinander, oder wechseln sogar die Seiten. Manche von Ihnen sind hochintelligente Persönlichkeiten, andere wurden in ihrer Kindheit und Jugend traumatisiert, andere hingegen treiben individuelle Bösartigkeiten und Triebe an…es gibt also sprichwörtlich gesehen eine ganze Bibliothek des Grauens.

Jilliane Hoffmans Hauptprotagonistin ist die Staatsanwältin C.J.Townsend – im vorliegenden vierten Band dieser großartigen Serie – Nemesis – geht es um Vergeltung, um Rache – und das hat auch schlichtweg sehr persönliche Gründe. „Cupido“ ist zwar tot – doch sein Vermächtnis beeinflusst noch immer das private und sowieso berufliche Umfeld der Staatsanwältin. Genau dieser Serienmörder – versprach der Staatsanwaltschaft Informationen zu einem mörderischen Snuff-Club, der in Florida junge Mädchen vor der Kamera, foltert, vergewaltigt und letztlich grausam tötet. C.J. Townsend besitzt einige Namen dieser elitären Vereinigung, der Richter, Prominente, Wirtschaftsgrößen und selbst Politiker angehören. Ein Club von einflussreichen, erfolgreichen Menschen, die zum Vergnügen foltern und töten lassen. Sie selbst machen sich nicht ihre gepflegten Hände schmutzig, aber sie geben in der Folterkammer über Mikrofone ihre Anweisungen, verachten und beschimpfen ihre Opfer, erniedrigen die jungen Frauen…und schlachten sie am Ende ab.

Als in Florida wieder junge Frauen verschwinden und später ihre Körperteile in Sümpfen und anderen Regionen gefunden werden, nimmt C.J. Townsend Justizia an die Hand und übt Vergeltung.

Nemesis ist in der griechischen Mythologie die Göttin des gerechten Zorns, der ausgleichenden Gerechtigkeit, wodurch sie zur Rachegottheit wird. Der Titel des Romans weist allzu offensichtlich darauf hin, in welcher Richtung die Handlung sich bewegen wird. Das Staatsanwälte ihren moralischen Kompass in die Ecke werfen und Justizia die sowieso schon blind ist, fesseln, einsperren und den Schlüssel wegwerfen. Auch C.J. Townsend wird zur Rachegöttin – und damit wird diese Reihe auch ein Ende gefunden haben. Ob nun positiv, oder negativ, dass muss jeder Leser für sich selbst entscheiden.

„Nemesis“ verfügt über eine fortwährende, angespannte und spannende Atmosphäre. Auf dem Präsentierteller liegen brutale Szenen, die allerdings nicht ins Ekelhafte abdriften, sondern die Ängste und Verzweiflung der entführten Mädchen und ihrer Angehörigen schildern. Die Story wird hauptsächlich aus der Perspektive der Staatsanwältin C.J.Townsend berichtet, doch auch die Mitglieder des „Snuff-Clubs“ erklären sich. Die Staatsanwältin als selbsterklärte Rachegöttin, wird polarisieren – so richtig nimmt man ihr diese Rolle allerdings nicht ab. Es gibt viele Möglichkeiten die Mitglieder zur Rechenschaft zu ziehen – persönlich zu diskreditieren, sie am öffentlichen, medialen Pranger zu stellen, oder Sie bibelfest Auge um Auge – Zahn für Zahn, vor die Höllenpforten zu schicken.
Es gibt kaum Nebengeschichten, in diesem Thriller. Das Privatleben von C.J. Townsend wird thematisiert und auch hier gibt es viele Herausforderungen, der sie sich stellen muss. Die Vergangenheit ist noch immer fester Bestandteil der Gegenwart.

Es gibt viele Thriller, bei denen man meint, dass die Handlung nicht realistisch sein kann, oder darf. Das Leben schreibt die besten Geschichten – und auch die grausamsten. Dass es solche Vereinigungen auch realistisch gesehen geben kann ist allzu offensichtlich und gehört nicht ins Reich der Fabeln und Mythen.

Als Staatsanwältin hat die Autorin Jilliane Hoffman einen integren, detaillierten Einblick in die dunklen Abgründe von Menschen, die ihre Menschlichkeit seit langem verloren haben. So viel also zur Realität der Handlung.

Stil, Ausdruck und Sprache sind absolut in Ordnung. Atmosphärische Spannung immer on air. Die Figurenzeichnung ist konzeptionell gut gestaltet. Allerdings wäre es vorteilhaft gewesen dem Ende dieses Zyklus mehr Raum zu geben. Das ging mir persönlich etwas zu schnell – ein Ende auf zwei Bände verteilt, dass wäre eine zufriedenstellende Lösung gewesen.

Damit gehört „Nemesis“ nicht zu den besten Titeln, dieser Reihe, aber ist trotzdem ganz stark und beendet die Reihe ganz okay.

Fazit
„Nemesis“ von Jilliane Hoffman ist ein spannender Pageturner. Die Reihe um C.J.Townsend hat Maßstäbe gesetzt. Spannende Atmosphäre, die den Leser eine Momentaufnahme des Grauens liefert, ohne übertrieben zu wirken.

Lesen Sie „Nemesis“ niemals als Einzelband – Die Story ist viel zu komplex und sowie spannend aufbauend. Prädikat: Eine Reihe, die man gelesen haben muss.

Michael Sterzik

Montag, 29. Januar 2018

Hangman - Daniel Cole

Der britische Autor Daniel Cole hat nun seinen zweiten Band aus der New Scotland Yard – Reihe „Hangman“ im Ullstein Verlag veröffentlicht.

Nach dem ersten Band „Ragdoll“, der zwar gut ist, aber auch deutliche Schwächen aufweist, ist die Erwartungshaltung für den zweiten Teil höher angesetzt. „Hangman“ schließt fast unmittelbar an den ersten Band. „Wolf“ ist geflüchtet und natürlich weiß der intelligente Detective, wie und wo er sich für seinen Kollegen verstecken kann. Seine berufliche Partnerin Baxter ist aufgestiegen – befördert, aber noch immer mit sich und jedermann absolut unzufrieden. Sie ist die wahrhaftige personifizierte „Schlechte Laune“ und wer sie zur Freundin hat, benötigt sicherlich auch keine Feinde mehr.

Nun gibt es in New York eine Reihe von brutalen Morden, die sehr an die Ragdoll-Morde vor einem halben Jahr erinnern. Der Geheimdienst – die CIA und das FBI ersuchen Hilfe und Unterstützung bei den britischen Nachbarn. Plötzlich passieren auch brutale und effektreiche Morde in der Hauptstadt Englands und Baxter muss in New York und London den Mörder fassen, um die Serie zu beenden. Doch ihr Gegner ist rücksichtslos und lädt sie zu einem tödlichen Spiel auf beiden Kontinenten ein.

„Hangman“ von Daniel Cole ist nach den ersten hundert Seiten ein Pageturner. Der Spannungsbogen entwickelt sich und gegenüber dem ersten Band sind die Action Elemente deutlich ausgeprägter. Es wird blutig – es wird innovativer und ideenreicher und damit tritt die Spannung auch deutlicher an die Oberfläche innerhalb der Handlung. Humoristische Einlagen gibt es auch – aber die sind überzeichnet und wirken deplatziert. Wie schon im ersten Band – legt der Autor wenig Wert auf Nebengeschichten. Allerdings wird den Charakteren unverkennbar mehr an erzählerischer Tiefe zugesprochen, was dem Titel wirklich guttut.

Trotz dieser erfreulichen Entwicklung gibt es auch eine ganze Reihe an Kritikpunkten. Auch wenn es sich um einen Thriller handelt, Authentizität und Logik erwarte ich einfach – wir befinden uns nicht im Genre Fantasy. Es gibt und das ist wirklich ärgerlich sehr, sehr viele unlogische Begebenheiten und Entwicklungen, die egal wie viel Mühe man sich mit Interpretationen macht, doch einen ungewürzten Beigeschmack haben. Entweder hat das Lektorat hier den Autor genötigt auf der Schnelle die Handlung umzuschreiben, oder der Schriftsteller legt nicht viel Wert auf diesen Bereich.

Widmen wir uns ein wenig den Charakteren – Haupt- und Nebenakteure aus dem ersten Teil sind ebenfalls vertreten. Es gibt ein paar neue Figuren, doch selten habe ich so viel Antihelden auf einmal gesehen, fast schon ein kleiner Verein – und den Vorsitz hat die Ermittlerin Baxter.  Sie ist die Oscar-Anwärterin für die Kategorie: „Kotzbrocken“ im Genre Charakter eines Thrillers. Unglaublich unsympathisch, eine soziale Atombombe. Auch wenn sie manchmal versucht Mitgefühl zu zeigen, wirkt es gekünstelt und aufgesetzt.

„Hangman“ ist nach anfänglichem Langweiligkeitsstau deutlich spannender. Viel böser, hinterhältiger und drastischer. Der Actionpart unmissverständlich höher, was gut ist.  Auch der Showdown ist spannend und der Epilog fast überraschend und wirft ein Lichtblick auf den kommenden und geplanten dritten Teil. Es wäre sehr vorteilhaft – Baxter im dritten Band als unterstützende Nebenfigur zu positionierten – auf manche Leser wirkt sie bestimmt sehr negativ. Die Chance besteht ja.

Fazit

„Hangman“ ist ein böser, spannender Roman, trotz aller Schwächen. Ein Thriller mit viel Zwischentönen – innovativ – ideenreich und schlichtweg auf der bösen Seite der Macht.

Der dritte Band muss allerdings auch die Fehler der ersten beiden Bände versuchen zu kompensieren, sonst wird sich das sehr negativ auf die Verkaufszahlen auswirken.


Michael Sterzik

Freitag, 20. Mai 2016

Die Sandwitwe - Derek Meister

Nach „Der Jungfrauenmacher“ von Derek Meister, erscheint nun im Verlag Blanvalet der zweite Teil der Thriller Serie „Die Sandwitwe“.

Die Handlung spielt nur wenige Monate nach den Ereignissen und schließt unmittelbar an die letzten Serienmorde, die sich in Valandsiel ereignet haben. Der noch junge und unerfahrene Leiter der Dienststelle Knut Jansen langweilt sich in seiner kleinen Stadt. Außer den üblichen kleineren Straftaten, passierte nicht viel in den letzten Monaten. Die erfahrende Profilerin Helen Henning dagegen steht vor einem Neuanfang. Beruflich wie privat hat sie für sich einen festen Ankerplatz an der Nordseeküste noch nicht finden können. Ihr tragisch erlebtes Trauma lässt sie noch nicht zur Ruhe kommen.

Mit der Ruhe ist es dann aber schnell wieder vorbei – in Valandsiel werden mehrere mit Sand gefüllte Leichen gefunden. Nach den ersten Ermittlungen von Knut Jansen und Helen Henning entdecken sie ein Muster, das fünfundzwanzig Jahre in die Vergangenheit führt.

Derek Meister hat schon mit seinem ersten, nordischen Thriller die Leser überzeugen können. In dem vorliegenden Roman wird es persönlicher für die beiden Ermittler. Zumal bekommt der Leser einen umfassenden Eindruck, was Helen Henning so nachhaltig traumatisiert und physisch verletzt hat. Knut Jansen dagegen benimmt sich manchmal noch immer wie ein spätpubertärer Bengel, der seine Gefühle für die junge Kollegin nicht in Worte fassen kann. Unsympathischer macht ihn das allerdings nicht.

Derek Meister überlässt seinen Figuren viel Raum um sich selbst zu reflektieren und gibt seinen zweiten Thriller somit viel an Atmosphäre mit. An Spannung mangelt es hier nicht. Obwohl die Nebengeschichten – die persönlichen Flashbacks von Hellen Henning innerhalb der Haupthandlung gut platziert sind, erreicht die Spannung ein intensives Tempo. Logikfehler oder erzählerische Längen findet man in dem Titel „Die Sandwitwe“ nicht.

Im direkten Vergleich mit dem ersten Band „Der Jungfrauenmacher“, schneidet dieser noch besser ab. Die Steigerung ist deutlich spürbar und geschickt konzipiert Derek Meister seine Idee weiter und stellt seine Charaktere in die Startlöcher zum dritten Teil. Dieser lässt schon vermuten, dass hier die beiden Ermittler persönlich im Fokus stehen werden. Für die Entwicklung der Charaktere ein immens wichtiger Schritt.

Aber nicht nur die Spannung entwickelt sich in „Die Sandwitwe“ weiter. Derek Meister schildert die Morde ohne Rücksicht auf zartbesaitete Gemüter.  Die Ängste der Opfer in Erwartung von Folter und ggf. dem Tod, verlangen viel an stabiler Herzfrequenz und gesundem Kreislauf.

Alles in allem ist „Die Sandwitwe“ ein hochspannender Thriller mit der Wucht einer kleinen Sturmflut. Grandios – Großartig – Pageturner.


Michael Sterzik

Sonntag, 23. August 2015

Samariter

Eine bestialische Mordserie erschüttert Süd-Florida: Junge Frauen werden entführt und zu Tode gequält, ihre Leichen inmitten von Zuckerrohrfeldern abgelegt. Die Polizei hat keine Spur. Bis eine Zeugin auftaucht: Eines Nachts, während eines schweren Tropensturms, beobachtet die junge Mutter Faith Saunders eine Frau, auf der Flucht vor einem Mann. Starr vor Angst begeht Faith einen folgenschweren Fehler. Und ihr Leben verwandelt sich in einen Albtraum…

Kritik

Die letzten Titel der amerikanischen und ehemaligen Staatsanwältin Autorin Jilliane Hoffmann waren grandios. Spannend, realistisch, tiefgründig, mit ausgefeilten Charakteren versehen, eine Atmosphäre der man sich nur schwer entziehen kann. Der vorliegende Roman „Samariter“ ist der offensichtlichste, schwächste aus einer langer Reihen mit den Serienmördern Cupido oder Morpheus. 

„Samariter“ hat ebenfalls mit der Staatsanwältin C.J. Townsend nichts zu tun. Der Plot ist allerdings ähnlich – es geht um bestialische Serienmorde – eiskalt ausgeführt und wohlbedacht geplant. Dies ist aber nur der Grundstein, dass eigentliche Gerüst besteht aus den Fehlern und Entscheidungen von Faith Saunders und der daraus resultierenden Welle von Versagen, Angst und Gefahr für sich und ihre Familie.

Die Geschichte zieht sich derart in Länge, dass es manchmal schwierig ist, hier eine Unterhaltung wiederzufinden. Die Serienmorde und die Täter werden in der Story zwar auch berücksichtigt, allerdings viel zu selten, der Fokus beschränkt sich Faith Saunders inkl. den internen Auseinandersetzungen um ihre Ehe, die Erziehung ihrer ungemein schwierigen Tochter und der immer stärkere Drang zum Alkohol zu greifen um damit Entschuldigung und Ablenkung zu finden.

„Samariter“ ist ein intensiver Thriller um Schuld und Sühne. Vielmehr ein Psychodrama um innerfamiliäre Krisen. Die Autorin Jilliane Hoffmann verrennt sich in diesem Labyrinth und verpasst damit starke Momente, in denen man den Kurs noch eine andere Richtung hätte geben können.

Als Pluspunkt dieser ganzen Misere sind die ganzen Charaktere zu sehen. Diese sind entscheidend realisiert und intensiv dargestellt. Trotz alledem ist das Buch nichts weiter als eine Psychoanalyse in einem Wirbelsturm von Fehlentscheidungen und Ängsten.

Fazit

„Samariter“ ist ein schwacher Roman aus der Feder der Autorin Jilliane Hoffmann. Leider ein Titel den man getrost umgehen und auf den nächsten warten kann. Die Weichen dafür erkennt man schon auf den letzten Seiten – C.J. Townsend und ihr Team stehen für den nächsten Roman schon bereit.


Michael Sterzik