Freitag, 4. Dezember 2015

Verschwörung - Millennium Reihe 4 - David Lagercrantz

Zehn Jahre nach Veröffentlichung des ersten Bandes der „Millenium“ Reihe um den Journalisten Mikael Blomkvist  und der geheimnisvollen Hackerin Lisbeth Salander, geht nun die welterfolgreiche Reihe, mit dem aktuellen Titel „Verschwörung“ weiter. Allerdings ist der Autor nicht Stieg Larsson, der 2004 plötzlich an den Folgen eines Herzinfarktes starb, sondern der Journalist David Lagercrantz.

2013 wurde bekannt, dass Stieg Larssons schwedischer Verlag den Schriftsteller David Lagercrantz beauftragt hat, die Reihe fortzuführen. Larsson Vater und Bruder setzten sich für eine Fortsetzung ein. Viele Kritiker und Leser sprechen von einer „Grabschändung“, einem Sakrileg und es wäre nicht im Sinne des verstorbenen Autors. Man kann und darf debattieren, aber es ändert nun mal nichts an der Veröffentlichung.  Und wenn wir ehrlich sind: Es werden inzwischen einige Roman- Reihen bekannter und verstorbener Autoren fortgesetzt. Sicherlich spielt der Umsatz ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle und wirkt motivierend.

David Lagercrantz befasst sich in „Verschwörung“ mit sehr aktuellen Themen unserer Zeit. Wie wirkt sich der Journalismus aus, wenn der Staat Kontroll- und Überwachungsmechanismen installiert? Sind Journalisten noch als die letzten, idealistischen Kreuzritter anzusehen? Welche Macht und Einfluss haben die Geheimdienste derzeit?

Aller Anfang eines Romans ist schwer und Mikael Blomkvist  „Stern“ ist am verblassen. Der ehemals erfolgreiche und unabhängige Journalist befindet sich in einer Sinn- und Schaffenskrise. Der Erfolg der letzten Jahre, lässt sich nicht fortführen. Seine Zeitschrift „Millennium“ kann nicht an die Erfolgszahlen anknüpfen und somit setzt der wirtschaftliche Druck zunehmend ein. Das bleibt Konkurrenten nicht verborgen und konsequenter Weise übt ein großer Medienverlag großen Druck auf den „kleineren“ aus. „Millennium“ steht damit an einem Scheideweg.

Als Blomkvist von einem Wissenschaftler – Frans Balder -  erfährt, der sich in Gefahr befindet, wird er aufmerksam und erwacht aus seiner Lethargie. Als sich herausstellt, dass der schwedischer Wissenschaftler der renommierteste und berühmteste seines Berufszweiges ist und sich mit dem Thema „KI – Künstliche Intelligenz beschäftigt, ist sein Interesse geweckt. Doch ehe er persönlich den Wissenschaftler treffen kann, gerät der Journalist zwischen die Fronten und wird Zeuge eines gewaltsamen, professionellen Mordes. Balders Sohn überlebt das Attentat muss aber in Sicherheit gebracht werden. Schwer autistisch ist dieser auf unmittelbare Betreuung angewiesen und nicht zuletzt als „Einziger Zeuge“ enorm von Bedeutung.

Auch Lisbeth Salander, schwerreich und fürchterlich gelangweilt befindet sich auf ihrem idealistischen Kreuzzug. Ihr Ziel – den Geheimdienst NSA zu infiltrieren und deren Schwachstellen zu finden. Ein überaus gefährliches Spiel, aber für die exzentrische, junge Hackerin als Ziel faszinierend. Als Blomkvist Kontakt zu ihr sucht, wird sie neugierig und nach wenigen, typischen lisbethischen Recherchen befindet sie sich schnell in höchster Gefahr.

„Verschwörung“ als Titel und Pseudonym der Handlung ist klug gewählt.  Von den aktuellen Themen einmal abgesehen, werden gute alte Elemente aus bekannten Thrillern einfach aber prägnant eingebaut. „Der einzige Zeuge“ ist ein Rain Man – und verfügt über eine besondere „Gabe“. Dieser Plot ist im Grunde nichts Neues, doch ermöglicht der Autor es, die Story mitsamt seinen Nebengeschichten den Leser zu überzeugen.  

Die Spannung so durchschnittlich sie auch sein mag, ist absolut präsent. Die handelnden Personen kommen dem Leser vor, wie die bekannten Nachbarn von nebenan. Man steigt somit schnell in die Geschichte ein und selbst die Charakterisierung der Figuren wirkt wie ein alter aber guter Anzug, den man aus dem Schrank nimmt.

David Lagercrantz hat sich wirkliche Mühe gegeben, den erzählerischen Stil Stieg Larssons fortzusetzen. Das ist ihm mit „Verschwörung“ fürs erste gute gelungen. Die nächsten Teile werden darüber entscheiden, ob er nun als erfolgreich oder gescheitert zu kategorisieren ist.

Als einen großen Kritikpunkt empfinde ich, dass die tragische Familiengeschichte von Lisbeth Salander immer noch nicht zu Ende erzählt ist. Es geht weiter –  Wie? Lesen Sie selbst.

„Verschwörung“ ist ein starker und würdevoller Thriller der die hohe Erwartungshaltung bedingt erfüllt. Spannend, realistisch, unterhaltsam allemal –und perfekt dafür geeignet unter dem einen oder anderen Weihnachtsbaum verpackt als Geschenk zu dienen. Ich freue mich auf ein weiteres Abenteuer mit Fucking Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander.

Michael Sterzik


Dezember 2015

Freitag, 16. Oktober 2015

Der Campus - Tom Clancy

Whistleblower im Spiel der Macht – der neue große Tom Clancy
Dominic Caruso, Neffe von Präsident Jack Ryan, ist Agent bei der Geheimorganisation Campus, die gänzlich inoffiziell operiert, vorbei selbst an CIA und NSA. Der plötzliche Mordanschlag auf seinen israelischen Freund und dessen Familie deutet auf eine undichte Stelle bei den Geheimdiensten hin. Die Suche nach Hintermännern führt ihn zu Ethan Ross, einem Mitarbeiter im Weißen Haus mit Zugang zu hochsensiblen Daten. Ross wähnt sich zwar einen Whistleblower mit hehren Absichten, aber die von ihm weitergegebene Festplatte enthält genügend Sprengstoff, um sämtliche amerikanischen Geheimdienstoperationen zunichtezumachen und die westliche Welt ins Chaos zu stürzen. Wer hat die Daten schon in Händen? Weltverbesserer? Terroristen? Die Russen? Die Iraner? Nicht selten wurden Tom Clancys gedankliche Planspiele zu Prophezeiungen, die zeitnah von der Realität eingeholt wurden. (Verlagsinfo)

Michael Sterzik


Sonntag, 20. September 2015

Engelszorn - Alex Thomas

Engelzorn – Alex Thomas

In Rom laufen die Vorbereitungen für das Dritte Vatikanische Konzil auf Hochtouren, als eine abgelegene Abtei Opfer eines Gewaltanschlags wird. Bis auf einen Mönch verbrennen alle Ordensleute bei lebendigem Leib. Die rebellische Nonne Catherine Bell und Kardinal Ciban reisen nach L’Aquila, um zu ermitteln. Schon bald entpuppt sich das Kloster als eine Bastion des Geheimordens Lux Domini, der gegen eine alte, skrupellose Macht kämpft. Als Catherine und Ciban das Protokollbuch der Abtei finden, wird das gesamte Ausmaß des Schreckens klar: Der bestialische Anschlag war erst der Auftakt. Der Feind ist längst auf dem Weg nach Rom ...(Verlagsinfo)

Kritik

Der dritte Band des in London lebenden Autorenehepaars um die aufrührerische Nonne Catherine Bell und den von Geheimissen umgebenen Kardinal Ciba, setzt die Handlung der ersten beiden Bände souverän fort.

„Engelszorn“ baut auf viele Mysterien, Legenden und ebenso vielen wissenschaftlichen Themen. Als Vatikan- und Mysterien Thriller eingestuft verbindet die Handlung viel Fiktion und Fakten miteinander. Diese Elemente bilden die Stärken und die Schwächen des vorliegenden Romans. Für Laien, die sich mit diesen „Wissenschaften“ nicht beschäftigen und wenig Gedanken und Motivation einsetzen, ist dieser Roman zu eindimensional. Die übersinnlichen Theorien, wie z.B. die Jenseitsforschung, der Glauben an Dämonen und Engeln – konkurrieren evtl. mit dem bodenständigen Weltbild der Leser.

Für die Leser die sich mit diesen genannten Mysterien schon im Vorfeld auseinandergesetzt haben und vielleicht auch die Bücher von Dr. Raymond A. Moody gelesen haben, werden sich bestens zurechtfinden. Das eintauchen in einer Welt die Religion und Wissenschaft trefflich miteinander kombinieren, ist „Engelszorn“ ein besonderer Roman. Persönlich empfand ich den dritten Band „Engelszorn“ als den schwächsten und zugleich intensivsten Roman aus der Reihe.  Schwach allerdings, nur aus dem Grund, dass hier offensichtliche Chancen „noch“ nicht wahrgenommen wurden. Verwirrend und manchmal etwas langatmiger waren die einzelnen Theorien der Grenzwissenschaften, diese miteinander zu verweben, wirkte oftmals der Handlung angemessen, als zu überlagert.

Die Charaktere – Bell und Ciban – gehen manchmal in einen Strudel von Ereignissen unter und verlieren, damit an Entwicklung. Es gab einen Charakter der den beiden Hauptprotagonisten die Show gestohlen hat – Larzarus/Martini/Gaius Cassius. Alleine diese Person mit seiner historischen Vergangenheit, ist ein Quell des Wissens. Diesen Charakter würde ich liebend gerne im nächsten Band mehr Raum in der Handlung einnehmen sehen.

Die Autoren Alex Thomas interpretieren die Kirche als weltliche Machtform, mit einzelnen konkurrierenden, politischen Gruppierungen. Doch die Kirche und deren Führungskräfte sind Menschen mit ganz verschiedenen antreibenden Motivationen, auch das ist offensichtlich und absolut realistisch beschrieben.

Die Handlung von „Engelszorn“ ist hochspannend und motivierte mich dazu, wieder einmal mehr über einzelne Theorien zu recherchieren.
Fazit

„Engelszorn“ ist ein wissenschaftlich, klerikaler Thriller der auf brillanter weise Wissenschaft und Religion mit einander kombiniert. Spannende Theorien umwoben von Mysterien, Legenden und interessanten Charakteren.

Auch wenn sich hier die Kritiken und Meinungen scheiden, bleibt übrig zu sagen, dass es weitergehen muss. Es gibt noch vieles zu erzählen aus diesem unendlichen Meer von Theorien der Wissenschaft und Religion. Und vielleicht, eines Tages – in späteren Generationen, werden wir feststellen – das es eine Einheit bilden kann. Es kommt nur auf die Perspektive des „sehenden“ und „verstehenden“ an.

„Engelszorn“ ist ein starker Thriller – für Insider und weltoffene Leser zwischen Himmel und Hölle.


Michael Sterzik

September 2015


Montag, 14. September 2015

Der leere Thron - Bernard Cornwell

In langen Kämpfen haben die vereinten Heere der Angelsachsen die Dänen zurückgedrängt. Doch die tödliche Gefahr aus dem Norden hängt weiter über den englischen Königreichen. Und nun liegt Æthelred, Herrscher von Mercien, im Sterben. Wie soll sein Land die Unabhängigkeit vom benachbarten Wessex wahren? Im Kampf um die Nachfolge hält der Krieger Uhtred treu zu Æthelflæd, seiner Herrin und heimlichen Geliebten, Æthelreds Weib. Aber werden die führenden Männer des Reiches eine Frau auf dem mercischen Thron akzeptieren _ und sei sie noch so halsstarrig und so tapfer wie diese? (Verlagsinfo)

Kritik

Der achte Roman aus der „Uthred-Reihe“ von Bernard Cornwell, erzählt in gekonnter Manier die Abenteuer des sächsischen Helden weiter. Die Bedrohung durch die Nordmänner ist nicht mehr ganz so akut, wie noch vor wenigen Jahren. Die britische Küste, ist zwar nach wie vor Ziel der Norweger und Dänen, die auf der Suche nach neuen Lebensraum und Gold, oftmals eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, doch auch ihr Blutzoll ist den nordischen Kriegsfürsten manchmal zu hoch.

Uthred, inzwischen Mitte vierzig hat für einen Krieger seinen Zenit erreicht. Sein Körper und sein Geist sind versehrt, er empfindet Angst und spürt durch das schwinden seiner körperlichen Kraft, seine unwiderrufliche und unausweichliche Sterblichkeit. Nach dem Kampf mit dem Heidenfürst Cnutson, ist Uthred noch immer durch die Schwertwunde verletzt. Sorgen bereiten ihm weniger die Nordmänner, die Gefahr geht eher durch den Kampf um die Thronfolge aus. Die beiden Königreiche Wessex und Mercia sind sich uneins. König Edward will die Königreiche unter einem Banner vereinen. Die Erben von König Alfred, sowie die machtgierigen Fürsten – spielen mit hohem Risiko und Einsatz ein politisches Schachspiel.

Die Handlung des Romans birgt im Grunde keine Überraschungen, langsam entwickelt sich allerdings ein nationales Bewusstsein im Denken der „Briten“. Doch noch sind die Fürsten aus Kirche und Adel sich nicht bewusst über die Konsequenzen ihres Handelns. Die Uneinigkeit könnte den Nordmännern signalisieren, wie verletzlich und angreifbar die kleineren Königreiche sein könnten, wenn man die richtigen Schlüsse zieht und sich Vorteile durch gewagte Bündnisse verspricht.

Der Grundton dieses vorliegenden Romans ist nach wie vor kriegerisch. Doch auch an den Verhandlungstischen, in Audienzen und Verschwörungen wird mit Worten gekämpft. Das verspricht weniger Kämpfe mit Schild und Schwert, aber die Spannung ist nicht weniger gut platziert. Erstaunlicherweise gelingt dies dem Autor auch im achten Teil der Reihe. Bernard Cornwell erzählt wie immer die Story im recht hohen Tempo und schildert die Details der Handlung sehr realistisch.

Die Charaktere bilden das literarische Rückgrat der Story. Auch Uthred wirkt in diesem Band deutlich „menschlicher“. Er trifft Fehlentscheidungen, stellt sich selbst infrage und versagt so manches Mal, wenn es um seine Kinder und Freunde geht. Diese neu gefundene Sensibilität lässt ihn verletzlicher und dadurch nahbarer wirken.

Wenn man rückblickend die Reihe betrachtet, so wird der Leser manchmal das Treiben der Nordmänner schmerzlich vermissen. Diese bedrohliche Atmosphäre sucht man hier leider vergebens. Ich hoffe, dass in den nächsten Bänden, die Nordmänner wieder mehr am Geschehen teilnehmen.

Fazit

„Der leere Thron“ wirkt überzeugend, auch wenn man diesen Band besser nicht unabhängig von den anderen sieben Bänden lesen sollte. Die Geschichte ist zu Komplex um die kriegerischen wie auch politischen Handlungen der Charaktere einzuordnen und zu begreifen. 

Es wäre an der Zeit diese Reihe langsam zu beenden. Die Story, wenn diese auch überwiegend spannend zu lesen ist, verzerrt sich langsam selbst. Das Lebenswerk, das persönliche Schicksal von Uthred ist noch nicht zu Ende erzählt, doch es wird Zeit – Uthred abtreten zu lassen.

Michael Sterzik




Sonntag, 23. August 2015

Samariter

Eine bestialische Mordserie erschüttert Süd-Florida: Junge Frauen werden entführt und zu Tode gequält, ihre Leichen inmitten von Zuckerrohrfeldern abgelegt. Die Polizei hat keine Spur. Bis eine Zeugin auftaucht: Eines Nachts, während eines schweren Tropensturms, beobachtet die junge Mutter Faith Saunders eine Frau, auf der Flucht vor einem Mann. Starr vor Angst begeht Faith einen folgenschweren Fehler. Und ihr Leben verwandelt sich in einen Albtraum…

Kritik

Die letzten Titel der amerikanischen und ehemaligen Staatsanwältin Autorin Jilliane Hoffmann waren grandios. Spannend, realistisch, tiefgründig, mit ausgefeilten Charakteren versehen, eine Atmosphäre der man sich nur schwer entziehen kann. Der vorliegende Roman „Samariter“ ist der offensichtlichste, schwächste aus einer langer Reihen mit den Serienmördern Cupido oder Morpheus. 

„Samariter“ hat ebenfalls mit der Staatsanwältin C.J. Townsend nichts zu tun. Der Plot ist allerdings ähnlich – es geht um bestialische Serienmorde – eiskalt ausgeführt und wohlbedacht geplant. Dies ist aber nur der Grundstein, dass eigentliche Gerüst besteht aus den Fehlern und Entscheidungen von Faith Saunders und der daraus resultierenden Welle von Versagen, Angst und Gefahr für sich und ihre Familie.

Die Geschichte zieht sich derart in Länge, dass es manchmal schwierig ist, hier eine Unterhaltung wiederzufinden. Die Serienmorde und die Täter werden in der Story zwar auch berücksichtigt, allerdings viel zu selten, der Fokus beschränkt sich Faith Saunders inkl. den internen Auseinandersetzungen um ihre Ehe, die Erziehung ihrer ungemein schwierigen Tochter und der immer stärkere Drang zum Alkohol zu greifen um damit Entschuldigung und Ablenkung zu finden.

„Samariter“ ist ein intensiver Thriller um Schuld und Sühne. Vielmehr ein Psychodrama um innerfamiliäre Krisen. Die Autorin Jilliane Hoffmann verrennt sich in diesem Labyrinth und verpasst damit starke Momente, in denen man den Kurs noch eine andere Richtung hätte geben können.

Als Pluspunkt dieser ganzen Misere sind die ganzen Charaktere zu sehen. Diese sind entscheidend realisiert und intensiv dargestellt. Trotz alledem ist das Buch nichts weiter als eine Psychoanalyse in einem Wirbelsturm von Fehlentscheidungen und Ängsten.

Fazit

„Samariter“ ist ein schwacher Roman aus der Feder der Autorin Jilliane Hoffmann. Leider ein Titel den man getrost umgehen und auf den nächsten warten kann. Die Weichen dafür erkennt man schon auf den letzten Seiten – C.J. Townsend und ihr Team stehen für den nächsten Roman schon bereit.


Michael Sterzik