Sonntag, 18. Juli 2021

Die Töchter Roms - Flammentempel - Debra May Macleod


 Das „alte“ Rom und insbesondere die Personen der Familie der Julier – einer alten Dynastie, politischer hoher Einfluss, militärisch erfahren verfügte das altrömische Patriziergeschlecht über etwas Macht im Senat. Nicht unbeliebt bei dem einfachen Volk ebnete sich Julias Caesar mit politischer und militärischer Macht sein Amt vom Konsul zum Diktator. Nach dem mörderischen Attentat im Senat verfügte sein Großneffe und Haupterbe Octavius (Kaiser Augustus) über das Prinzipat als neue Staatsform im Römischen Reich. Seine Rache entgingen unbequeme Mitglieder des Senats und andere Personen nicht. Mit einer kalten, aber konsequenten Kompromisslosigkeit entledigte er sich aller personellen Gefahren.

Der vorliegende Roman „Die Töchter Roms – Flammentempel“ behandelt die Aufstiegszeit von Octavius, der Machtkampf zwischen ihm und Antonius und natürlich darf auch nicht die ägyptische Herrscherin Kleopatra in der Handlung fehlen.

Die Autorin Debra May Macleod hat viele historische Romane und Sachbücher verfasst. Ausschlaggebend war wohl der erste Besuch auf dem Forum Roman in Rom. Insbesondere der Orden der Vestalinnen hat die Autorin fasziniert. Inzwischen gibt es ja viele Romane, die sich mit der beginnenden Kaiserzeit, und mit historischen Personen beschäftigen, deren Quellen und Chroniken keine Geheimnisse mehr tragen.

Rom, im Jahr 45 v. Chr.: Pomponia ist noch ein Kind, als sie von Julius Caesar für den Orden der Vestalinnen ausgewählt wird. 30 Jahre soll sie Rom in Keuschheit dienen, über der Ewigen Flamme des Tempels wachen, Reichtum, Privilegien, Ansehen und Macht genießen. Doch kaum hat sie ihre ersten Jahre des Lernens absolviert, findet sie sich an der Spitze des Ordens wieder. Julius Caesar wird ermordet, sein Erbe Caesar Augustus behauptet sich an der Spitze des Imperiums. Julius’ Geliebte Kleopatra flieht mit ihrem illegitimen Sohn nach Ägypten und hält die für Rom überlebensnotwendigen Getreidelieferungen zurück. Kann Vestalis Maxima Pomponia sich von der Politik fernhalten? Oder muss sie für sich selbst, für ihre Liebe, für ihre Ordensschwestern – für Rom – ihre Macht ausspielen? (Verlagsinfo)

„Die Töchter Roms – Flammentempel“ ist wenig bis gar nicht spannend. Es ist eine Liebesgeschichte – Drama, Tragik, Intrigen….eine Liebe auf Abstand, dass bringen von persönlichen Opfern für die alte Traditionen und Riten. Atmosphärisch erweckt sie mit einer Vielzahl von historischen Personen Rom zum Leben. Allerdings und das ist das unabwendbare an dieser Geschichte – sie ist bekannt. Originalität, vielleicht eine neue Interpretation der Ereignisse – es gibt nichts von alledem. Und damit bleibt eine von historischen Fakten versetzte, langweilige Handlung übrig, deren Ausgang man unschwer erkennt. 

Sehr schnell erkennt man, dass das Talent der Autorin sich auf einer Sachebene konzentriert – an historischen Fakten, an der Kultur, der Lebensart, der Religionen, der Traditionen, des Militärs usw. Genau das ist auch die alleine Stärke und Ausprägung dieses Romans.

Die Charaktere sind so eindimensional, so langweilig konzipiert, dass ich darüber kein weiteres Wort verlieren möchte. Ähnlich wie die eigentliche Handlung – es fehlt an vielen – besonders an erzählerische Atmosphäre – da können auch die historischen Personen nichts mehr retten.

Die Zielgruppe ist auf Leserinnen ausgerichtet – da sich alles um diese Liebesgeschichte dreht, bei allen geschichtlichen Flanken – das ist viel zu wenig um sich gut zu unterhalten zu fühlen. Als Sachbuchautorin bestimmt sehr, sehr gut  - als Autorin für eine packende, unterhaltsame und spannende Geschichte, wirkt sie zu überfordert.

Fazit

„Die Töchter Roms – Flammentempel“ von Debra May Macleod ist ein oberflächiger, wenig unterhaltsamer und nicht spannender Titel. Keine Leseempfehlung die ich geben kann und weitere Bände der Autorin erspare ich mir.

Michael Sterzik

Samstag, 10. Juli 2021

Das Buch des Totengräbers - Oliver Pötzsch

 


Einer von Oliver Pötzsch Lieblingscharakteren ist der Tod in seinen verschieden Buchreihen. Er ist beides – Haupt- wie auch Nebenfigur. Immer präsent – aber immer niemand, der sich gerne zu erkennen gibt. Ist eben halt „Alles Sense“.

„Das Buch des Totengräbers“ – der neueste Titel von Oliver Pötzsch, schleudert den Leser nicht zwischen Henkerstöchtern und Dr. Faustus – nicht ins Früh- oder Spätmittelalter, doch es bleibt historisch.

Wien – 1893. Eine Weltstadt, die sich seiner Zeit sehr konträr in vielen Themen bewegt. Eine Metropole stehend auf der Schwelle zu einer „modernen“ Welt – und mit kleinen Schritten geht’s dann in die Industrialisierung. Viel länger, viel schwerfälliger ist allerdings der kulturelle und gesellschaftliche Wandel – alte Dogmen, alte Traditionen – und fangen wir mal gar nicht davon von alten Werten zu sprechen, die Clubs der alten, elitären Vereinigungen weigern und wehren sich, auch wenn sie schon längst wissen, dass ihre Zeit abläuft.

Morde gab es allerdings auch immer – die Mordwaffen verändern sich, die Methoden nicht, die Motive – wählen sie sich bitte eines aus den 7 Todsünden…eines passt immer. Das Täterprofil wandelt ja eh durch die Menschheitsgeschichte.

1893: Augustin Rothmayer ist Totengräber auf dem berühmten Wiener Zentralfriedhof. Ein schrulliger, jedoch hochgebildeter Kauz, der den ersten Almanach für Totengräber schreibt. Seine Ruhe wird jäh gestört, als er Besuch vom jungen Inspektor Leopold von Herzfeldt bekommt. Herzfeldt braucht einen Todes-Experten: Mehrere Dienstmädchen wurden ermordet – jede von ihnen brutal gepfählt. Der Totengräber hat schon Leichen in jeder Form gesehen, kennt alle Todesursachen und Verwesungsstufen. Er weiß, dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten. Geht in Wien ein abergläubischer Serientäter um? Der Inspektor und der Totengräber beginnen gemeinsam zu ermitteln und müssen feststellen, dass sich hinter den Pforten dieser glamourösen Weltstadt tiefe Abgründe auftun …(Verlagsinfo)

Oliver Pötzsch hat mit seinem neuesten Titel“ Das Buch des Totengräbers“ eine nicht neue, aber optimierte Autorenwelt betreten. Und dieser Entwicklungsschritt zeigt sich in der Konzeption der tollen, originellen und vielseitigen Figuren in dem vorliegenden Roman. Dazu reichen drei Hauptfiguren – Leopold von Herzfeldt, der Totengräber Augustin Rothmayer und der Wolf im Schafspelz Julia.

Alle drei sind skurril, geheimnisvoll und auf ihrer Art und haben eine kleine monopolistische Ausprägung. Obwohl hier noch ein paar menschliche Ecken und Kanten fehlen – aber warten wir mal die charakterliche Entwicklung in den nachfolgenden Romanen ab. Brillant aber auch die facettenreiche Nebenfiguren, die ebenfalls doch erdacht und aufgestellt wurden.

Die Dialoge sind toll und spiegeln die manchmal zu kleine anmutende, kulturelle und religiöse Welt wieder. Der Antisemitismus spielt hier keine tragende Rolle, aber lässt sich auch nicht einfach so ignorieren. Die Atmosphäre einer Stadt im Wandel beschreibt Oliver Pötzsch großartig. Die österreichische Metropole zeigt sich nicht immer von einer strahlenden Seite. Das Vergnügen auf dem Prater – leidenschaftliche südamerikanischer Tango in dunklen Wirtshäusern, und auch das Leben und Sterben inmitten dieser Stadt lässt tief, sehr detailliert blicken. Dazu gehören auch sittenlose Prostitution und verruchte Varietés

„Das Buch des Totengräbers“ ist ein fiktionales Werk, mit vielen, aber nicht ausschließlich historischen Personen. Wie Oliver Pötzsch Talent literarisch Bilder in die Köpfe der Leser zu projizieren ist professionell.

Die Spannung in dem Roman ist gut – aber bewegt sich auf einen schmalen Grad und diese driftet hin und wieder ab. Die Ermittlungsarbeit – egal ob wir von einer klassischen Methodik sprechen, oder die Wissenschaft an die Tür der Ermittlungsbeamten klopft – steht oftmals im Fokus und verdrängt die Perspektive des Täters und der Opfer. Genau das spürt man dann auch bei der Entwicklung des Spannungsbogens.

Fazit

„Ach Du lieber Augustin, Augustin …alles ist hin!? Ist es nicht – es ist alles in allerbester Ordnung und „Das Buch des Totengräbers“ ist die Eröffnung einer großartigen Saga mit der Oliver Pötzsch  alles richtig gemacht hat.

Ein Roman, der auch als Hörbuch ggf. mit einem Wiener Dialekt außerordentlich viel Spaß macht. Unterhaltung auf allerhöchstem Niveau. Prädikation. Ein Titel den man unbedingt lesen sollte.

Michael Sterzik


Sonntag, 4. Juli 2021

Die Spur des Bären - Martin Cruz Smith

 


Die Verfilmung des Bestsellers „Gorki Park“ von Martin Cruz Smith, katapultierte den Autor in einen höheren Bekanntheitsgrad. Die Hauptfigur des russischen Ermittlers Arkadi Renko wurde im Genre Thriller durchaus zu einer charismatischen Kultfigur. Spielte der Roman noch im Kalten Krieg der Großmächte so ging doch der Autor mit Arkadi Renko auf eine Reise durch die letzten fast schon vierzig Jahre – eine Reise der Sowjetunion durch verschiedene Krisen, durch eine prägende Entwicklung die nun in der Gegenwart angekommen ist. Martin Cruz Smith erzählt sehr bildgewaltig und vom Verfall der Sowjetunion und dem Aufbau einer russischen Weltmacht, die natürlich auch Wladimir Putin und seinen Staatsapparat kritisch zeigen.

Der vorliegende Roman ist der neunte Band der Arkadi-Renko-Reihe. Er kann als Einzelband gelesen werden, doch es wäre vorteilhaft, wenn man zuvor schon einige Bänder gelesen hat, und somit die Handlungen und Motive eines Arkadi Renkos verstehen kann. Auch seine charakterliche Entwicklung ist natürlich nicht in 40 Jahren stehengeblieben.

Der legendäre Moskauer Ermittler Arkadi Renko ist in größter Sorge um seine ehemalige Geliebte Tatjana. Die mutige Enthüllungsjournalistin ist nicht planmäßig aus Sibirien zurückgekehrt. Dort wollte sie den politischen Dissidenten Kusnezow porträtieren – einen charismatischen, aber auch skrupellosen Mann, der das ehrgeizige Ziel verfolgt, die Dauerherrschaft Putins zu brechen. Getrieben von bösen Vorahnungen, aber auch rasender Eifersucht, begibt sich Renko auf eine riskante Reise. Er merkt schnell, dass in der unwirtlichen, eisigen Natur Sibiriens ganz eigene Gesetze herrschen. Doch erst eine grausame Bärenjagd, von der er sich wichtige Insider-Informationen verspricht, führt ihm vor Augen, in welche gefährlichen politischen Fänge Tatjana geraten ist …(Verlagsinfo)

Interessant ist es das Martin Cruz Smith sich selbst treu bleibt und sich auf das politische, kulturelle und wirtschaftliche Russland konzentriert, mit all seinen Subthemen und Herausforderungen. Im Grunde ist es ein regimekritisches Buch, handelt es doch um Oligarchen, um einen politischen Dissidenten und mit der Figur der Journalisten Tatjana um die Pressefreiheit.

„Die Spur des Bären“ kommt auch ohne technischen Firlefanz aus, ohne Hightech deren sich die Ermittler bedienen können. Arkadi Renko ist anders – für ihn zählt der Faktor Mensch und dessen ausgesprochenen Talent Fehler zu begehen. Klassische Ermittlungsarbeit in einem autoritären System. Wie immer bringt sich aber Arkadi Renko in Lebensgefahr – Scharfschützen und wilde Bären hinterlassen durchaus psychische und physische Spuren bei dieser Figur.

Der Hauptteil der Geschichte spielt nicht in der Metropole Moskau – die natürlich prädestiniert wäre für politische, kulturelle und wirtschaftliche Ereignisse und Handlungen. Es geht recht fix in die Taiga – in einer Umgebung die grausam, schön und brutal gefährlich sein kann.

Die Stärken des Romans sind auch gerade die Dialoge, die innerhalb der spannenden Handlung fein geschliffen sind, besonders dann, wenn Arkadi Renko sich mit seiner typischen sarkastischen, ironischen Sprache Gehör verschafft. Es ist verwunderlich, dass er mit seiner spitzen Zunge überlebt hat, oder vielleicht auch gerade deswegen, weil er weiß wie er diese auch als intellektuelle Waffe einzusetzen vermag.  

„Die Spur des Bären“ ist ein spannender und kurzweiliger Thriller. Ausdrucksstark und so munter und frech mit seinen Dialogen, dass die Handlung eigentlich nur wie ein Nebendarsteller wirkt. Die Figuren des Romans sind aufgestellt wie auf einem Schachbrett, und die Nebenfiguren besitzen einen sehr intelligenten, vorwitzigen Charme.

Die Handlung weist auch Action Elemente auf und teilt sich gezielt immer wieder im Wechsel mit großartigen Dialogen die Bühne. Es gibt nichts zu kritisieren – vielleicht wäre es ggf. an der Zeit diese Reihe abzuschließen, denn Arkadi Renko ist als Figur nicht unsterblich und folgt man der Reihe – so hat natürlich sein Schöpfer Martin Cruz Smith mit seinem „Alter“ geschummelt.

Fazit

„Die Spur des Bären“ ist ein bärenstarker Kriminalroman. Grandios erzählt – mit viel Humor und einer spannenden Handlung, ist er absolut überzeugend. Klare Leseempfehlung.

Michael Sterzik

 

 

 

Sonntag, 27. Juni 2021

Nahtod - Grenzerfahrungen zwischen den Welten - Dr. med Bruce Greyson


Leben – Sterben – Tod: Wir entkommen dem „Tod“ nicht – wir können ihn ggf. durch eine moderne Pharmazie und einer sehr, sehr fortschrittlichen Medizintechnik ggf. kurz verdrängen. Doch der biologische Tod ist unaufhaltsam – er ist gnadenlos – er kann plötzlich präsente werden, der Bruder des Schlafes – kann aber auch erlösend sein. Schwerkranke heißen ihn oft wie einen guten Freund willkommen.

Körper  - Geist – Seele – gleichbedeutend mit Vater, Sohn und Heiliger Geist!? Ist der Körper nur ein Gefäß für die Seele um unser innerstes Selbst – unsere Seele mit dem Auftrag uns zu zeigen wie wir emotional agieren, wie wir uns entwickeln können, wie wir anhand unserer Entscheidungen versagen, oder auch unser Schicksal, unsere Aufgabe erfüllen. Lassen Sie uns gemeinsam philosophieren.

Seit Jahrtausenden glauben die Menschen, an die unsterbliche Seele, an ein Fortleben nach dem physischen Tod. Ein Weiterleben im Jenseits, im Himmel, im Paradies, in einer anderen Dimension? Für viele Menschen, ob nun religiös, oder nicht ein tröstlicher Gedanke, eine Hoffnung, für andere die eine Nahtoderfahrung durchlebten – allerdings eine unumstößliche Bestätigung, dass der Tod nicht das Ende des Lebens darstellt.

Religion – Wissenschaft – Philosophie: Alle drei „Überzeugungen“ können im Einklang harmonisch miteinander umgehen, sogar interagieren – doch leider ist das eine seltene Ausnahme, wenn man sich über das Thema „Nahtodforschung“ kommunikativ austauschen möchte.

Das vorliegende Buch „Nahtod“ von Dr. med. Greyson befasst sich mit diesem Thema und versucht zwischen der Religion und der Wissenschaft zu vermitteln.

Was passiert mit uns, wenn wir sterben? Alles, was nach dem Tod kommt, scheint unerforschbar zu sein. Dabei gibt es unzählige Menschen, die nach einem Herzstillstand von außergewöhnlichen Erlebnissen auf der Schwelle zwischen Leben und Tod berichten, die in höchstem Maße darauf hindeuten, dass das menschliche Bewusstsein unsterblich ist und es tatsächlich ein Leben nach dem Tod gibt!
Der Psychiater und Neurowissenschaftler Dr. Bruce Greyson, der »Vater der Nahtodforschung«, untersucht dieses erstaunliche Phänomen seit über 40 Jahren. Hier präsentiert er die faszinierendsten und berührendsten Nahtoderlebnisse seiner Patienten und zeigt, welche tiefgreifenden Auswirkungen solche Erfahrungen auf das spätere Leben haben. Denn der Blick hinter den Vorhang, auf die »andere Seite«, verändert die Sicht der Betroffenen auf alle Aspekte der menschlichen Existenz für immer ...! Ein echter Meilenstein der Nahtodforschung, der wertvolle Lektionen für jeden von uns bereithält: darüber, wie wir mit dem Sterben und dem Tod bewusst und ohne Angst umgehen – aber auch darüber, wie wir ein erfülltes Leben im Diesseits leben können.(Verlagsinfo)

Das Buch beantwortet nicht alle Fragen! Aber wer sich schon mit dem Thema beschäftigt hat, findet interessante Ansätze und eine gewisse Bestätigung. Für die Skeptiker unter uns – die das Thema eher mit einer wissenschaftlichen Perspektive betrachten, gibt es keine Bestätigung – sondern eher es entstehen eher Fragen, die man mit der aktuellen Forschung nicht erklären kann. Vielleicht noch nicht – vielleicht nie?

Dr. med. Greyson lässt viele Menschen von ihren Erlebnissen erzählen. Er vergleicht viele Berichte miteinander, analysiert diese vergleicht, berechnet sie im Verhältnis zueinander. Doch dieser Ergebnisse sind tendenziell auch keine Beweise – sie sind bestenfalls Anhaltspunkte, mathematische Wahrscheinlichkeiten den Tod zu überleben.

Philosophisch stellte sich die Frage: „Hat Gott die Naturgesetze, die Physik erschaffen“? Hat Gott in seiner Weisheit und Voraussicht es uns ermöglicht zu forschen? Eine weitere Frage: Kann unser Intellekt alle Fragen beantworten – gerade wenn es darum geht: Raum – Zeit – Quantentechnologie – Dimensionen usw. metaphysisch zu hinterfragen? Wir kommen immer wieder an unsere Grenzen. Wir überschreiten sie und stehen wieder vor einer Mauer, eine Grenze, die uns als zu hoch erscheint.

„Nahtod – Grenzerfahrungen zwischen den Grenzen“ ist mehrdimensional aufgebaut und balanciert auf dem schmalen Grad zwischen Religion und Wissenschaft, und das wirklich sehr gut. Sprachlich sauber und offen in der Kommunikation erreichen uns die persönlichen Erzählungen und konfrontieren uns mit Wahrscheinlichkeiten und einer Hoffnung, derer man sich schwer entziehen kann. Es kommt sehr darauf an, ob man sich schon vorher mit dem Thema befasst hat, oder hier „Neuland“ betritt.

Fazit

„Nahtod – Grenzerfahrungen zwischen den Welten“ ist absolut zu empfehlen. Für alle Anhänger, der Religionen, für alle philosophischen Geister und alle bodenständigen Wissenschaftsanhängern gibt es hier Botschaften, die ihnen da abholen wo man gerade steht und dahin führt – wohin man ggf. auch will.

 

Michael Sterzik  

Sonntag, 20. Juni 2021

Lügen können töten - Harriet Tyce


Kinder können mitunter grausam sein, ihre Ehrlichkeit und ihre Naivität lassen dies entschuldigen. Auch weil sie gerade dabei sind „Grenzen“ zu erforschen – ihre eigenen, die ihrer Eltern und Angehörigen und natürlich auch ihren Freunden. Diese „Grenzerfahrungen“ verletzen alle – und die Kinder können deren Konsequenzen nur bedingt berechnen. Ganz anders verhält es sich mit den „Eltern“ – als erwachsene, schon von der Zeit und deren Erfahrungen geformte, intelligente Menschen – können sie die Konsequenzen ihrer Handlung gewissermaßen berechnen – doch Ur-Instinkte – das Beschützen ihrer Kinder, kann eine solche Dynamik entwickeln, dass diese einen emotionalen Tsunami auslöst.

Liebe ist leidenschaftlich – und die Liebe hat auch ihre tödlichen Seiten. Im vorliegenden Roman : „Lügen können töten“ von Harriet Tyce befasst sich die britische Autorin mit grausamen, aber mitunter realistischen Liebesbeziehungen, die manipulativ, grausam und mörderisch sein können. Es handelt sich nicht um die klassische Variante einer Liebesbeziehung einer Mann und einer Frau – sondern um eine sehr destruktive Liebesform.

Sadie ist kürzlich in das alte, efeubewachsene Haus ihrer verstorbenen Mutter in London gezogen. Ihre Tochter soll in der Stadt eine exklusive Schule besuchen. Diese Eliteeinrichtung ist extrem begehrt, unter den Schülern – und deren Eltern – herrscht Konkurrenz. Während Sadie versucht, ihrer Tochter die Eingewöhnung möglichst leicht zu machen, will sie gleichzeitig ihre Stelle als Anwältin in ihrer alten Kanzlei zurückbekommen. Tatsächlich hat sie die Möglichkeit, den Angeklagten in einem skandalösen, lügendurchzogenen Fall zu vertreten. Sie setzt sich für ihren Mandanten ein – fast schon zu sehr – und läuft Gefahr, ihre professionelle Distanz zu verlieren. Und auch in ihrem Privatleben durchschaut Sadie kaum noch, was Lüge und was Wahrheit ist. Doch diese Erkenntnis kommt zu spät …(Verlagsinfo)

„Lügen können töten“ von Harriet Tyce ist zwar sehr authentisch entworfen, doch eine wirklich kontinuierliche Handlung besitzt dieser nicht. Die Handlung, bzw. die Botschaft, die die Autorin hier für die Leser bereithält, ist völlig überladen von überflüssigen Szenen und Dialogen. Erst im letzten Drittel des Romans steigt nicht nur die Unterhaltung, sondern man findet auch einen Weg durch das Intellektes Dickicht der Autorin. Auf diesen schwerfälligen Weg verpasst Harriet Tyce so manche Ausfahrt um die Handlung aufleben zu lassen.

Eindimensional ist leider auch die Perspektive der erzählenden Person „Sadie“ – die autark die Handlung beschreibt. Andere Personen und deren Motive – nicht mal die der Tochter von Sadie, werden gar nicht behandelt. Das ist mit einer der entschiedensten Kritikpunkte. Spannend wird es, wenn die Konflikte der Mütter untereinander an die Oberfläche gelangen – diese Atmosphäre ist nicht nur authentisch, sie ist geradezu erschreckend aufgesetzt. Neben dieser Haupthandlung ist der Fall vor Gericht, den sie als Nebenanwältin betreut spiegelbildlich überflüssig, nahezu ersichtlich.

Befasst man sich mit den Protagonisten, so sind diese überwiegend überzeichnet. Es dreht sich alles um die Konfrontationen dieser Helikopter-Mütter, deren Liebe so überaus krass beschrieben wird. Die Erwartungshaltung der Mütter gegenüber ihren Töchtern ist krankhaft, auch aggressiv und vernichtend für alle die nicht in ihr einfältiges Weltbild passen.

„Lügen können töten“ empfindet man, als ein Buch das orientierungslos entworfen wurde. Insgesamt unterhaltsam – doch entsteht der Eindruck das Harriet Tyce selbst nicht wusste, wohin sie will und was sie mit dem Roman ausdrücken wollte.

Als Schriftstellerin hat sie durchaus Talent, wenn auch hier die Struktur absolut vermisst wird.

Fazit

„Lügen können töten“ ist ein solider Thriller, der unterhaltsam, aber wenig spannend ist. Eindimensionale Erzählung, viele Chancen, die nicht genutzt wurden. Trotzdem hat die Autorin noch viel Potenzial – also warten wir noch auf das was kommen mag.

Michael Sterzik

Samstag, 5. Juni 2021

Krieger des Herrn - Tom Melley

Das Mittelalter ist im Genre Historischer Roman, eines der am meisten verwendeten Themen und zeigt oftmals ein idealisiertes und voreingenommenes Bild dieser Epoche. Edle Könige und Kaiser, höfische Gehabe von selbstbestimmten Frauen ihrer Zeit, die zeitlos schön und romantisch wirken sollen, Ritter die für Recht und Gerechtigkeit eintraten, und die Armen und Hilflosen unterstützen sollten.
Nette Vorstellung ,oder?! Es mag diese Menschen gegeben haben, die moralisch und menschlich agierten, die für viel positives eintraten und ihr Leben selbstlos für das von anderen hergaben. Übergeordnet mussten sich allerdings auch alle sozialen Stände – ob nun Adel, Kaufleute, Handwerker oder unfreie Menschen der Kirche unterordnen. Die alten Dogmen, die alten Traditionen und der Glaube daran, dass die Seele in einem herrlichen Himmel überlebt oder dem feurigen Inferno einer Hölle zum Opfer fallen könnte. Schon immer wurde die Religion als manipuliertes Werkzeug eingesetzt und schon immer wurden Verbrechen und Mord von der katholischen Kirche legitimiert – Gott will es!
Tom Melley zeigt uns in seinem historischen Titel: „Der Krieger des Herren“ eine kleine authentische Momentaufnahme des Mittelalters in einer bildgewaltigen Atmosphäre die einen völlig einnimmt.
Sachsen im Jahr 1190. Walter von Westereck, jüngster Spross eines Rittergeschlechtes, bestreitet unfreiwillig sein erstes Turnier beim Erzfeind seiner Familie, Graf Konrad von Lauenau.
Dessen verwirrte Tochter Jolande fleht ihn an, sie aus den Händen ihres sadistischen Bruders Wilfried zu befreien.
Er schenkt ihr keinen Glauben und zieht weiter, während ihr Bruder voller Hass Burg Westereck niederbrennt und seinen Vater kaltblütig hinrichtet.
Walter schwört Rache, verfolgt Wilfried und Jolande, die überraschend wegen Blutschande und Sippenmord verurteilt, eine Bußfahrt ins Heilige Land antreten müssen.
Er schließt sich einem Heer bewaffneter Pilger an, bis er die Stadt Akkon in Palästina erreicht, wo sich Christen und Muslime seit Jahren einen gnadenlosen Kampf liefern.
Dort stößt er auf seinen Todfeind, doch der steht unter dem Schutz des großmächtigen Königs Richard Löwenherz …Verlagsinfo
Tom Melleys zweiter Band übertrifft sein Debüt: „Die Gebote des Templers“. Die Intensität der Charaktere und der Story ist nicht nur authentisch gestaltet, sondern hochspannend und fesselnd. Wir nehmen als Beobachter an einer Geschichte teil und tauchen emotional tief in die Handlung ein. Sehr positiv ist der Ansatz, die Figuren und deren Handlungen so zu zeigen, wie sie ggf. tatsächlich waren. Viel Dreck und Blut, viel Gewalt und Liebe und verdammt wenig Glanz und Gloria – fertig ist ein historischer Roman, der nachhaltig überzeugt.
Besonders gut gelungen ist die Beschreibung einer Turniers. Der ritterliche, sportliche Wettkampf um sich in der Kampfkunst zu messen. Der Einsatz sehr hoch – der Gewinn ggf. auch – oder man verliert alles und findet sich als armer Ritter in einer Bedeutungslosigkeit wieder. Der Verlierer wird gefangengenommen und kommt gegen ein Lösungsgeld frei – oftmals verlieren diese aber ihre Rüstung, ihre Waffen und das Pferd. Auf der anderen Seite winken neben einer finanziellen Spritze, auch viel Ruhm und Ehre. Es bilden sich neue Freundschaften, aber hier entstehen auch viele Fehden zwischen den adeligen Personen und Interessengruppen, deren Auseinandersetzungen einen hohen Blutzoll haben. Wen interessiert schon der arme kleine Bauer, oder das kleine Dorf, oder die Bewohner einer Burg die erobert wird!? Ritterlichkeit findet man hier nicht – nur eine gnadenlose Verwirklichung von willkürlicher, brutaler Macht.
Die Figuren sind großartig, es sind keine klassischen, verzweifelten Antihelden. Es sind Menschen, die Fehlentscheidungen treffen, die Schuld auf sich geladen haben, die von Rache und Ehre getrieben Verbrechen begehen, die aber andererseits Mitgefühl zeigen und „edel“ agieren.
Es gibt auch historische Personen, denen Tom Melley hier eine Bühne gibt – es sind auch nur Nebenfiguren, die aber ganz nebenbei zielführend eingebaut sind. Allen voran Richard Löwenherz – der englische Monarch, der noch immer das hochidealisierte Bild eines Ritters darstellt – allerdings sprechen Historiker eher davon, dass er ein schlechter König und ein schlechter Mensch gewesen sein mag – aber ein großartiger Krieger war.
Dem letzten Drittel widmet sich der Autor den „Kreuzzügen“. Ein Paradeschauplatz, der allerdings überflüssig wirkt und deren Intensität nicht im Fokus liegt. Es wäre gut gewesen, die Handlung nicht auf zwei Schauplatzen zu trennen. Aber das mindert auch nicht im Geringsten die fabelhafte Unterhaltung.
Auch den Part des „bösen“ Gegners hätte man vielschichtiger darstellen können, so wirkt mir dieser manchmal zu übertrieben eindimensional böse.
Den Part der Kämpfe auf dem Turnier, oder auf dem Schlachtfeld erzählt der Autor bildgewaltig und scheut sich auch nicht davor es blutig und brutal zu schildern. Der Ton macht die Musik – und auch hier überspitzt es Tom Melley nicht ins plakativ grausame zu wechseln.
Atmosphärisch interpretiert ist der vorliegende Roman grandios erzählt. Verstand und Gefühl im absoluten synchronisierten Einklang. Stil, Ausdruck und Sprache sind hervorragend verwendet.
Fazit
„Der Krieger des Herrn“ von Tom Melley ist ein ganz, ganz starker historischer Roman, der grandios überzeugt. Wesentlich stärker und intensiver wie der erste Band. Ich würde es dem Autor wünschen, dass sich ein großer Publikumsverlag findet der diese beiden Titel veröffentlicht.
Michael Sterzik


Donnerstag, 27. Mai 2021

Katakomben - Alexander Schuller


Deutschland ist ein Sozialstaat. Wir haben ein soziales Netz – viele staatliche und private Organisationen, wir haben Hilfswerke, wir haben Verbände und können demnach viele Menschen auffangen, die durch unterschiedliche, persönliche Schicksalsschläge am Rande der Gesellschaft gedrängt wurden.

In New York und anderen amerikanischen Großstädten gibt es die „Maulwurfmenschen“ – die verlorenen, die unter den Hochhäusern der Millionenmetropole leben. Sie zapfen Strom- und  Telefonleitungen an, sie bauen sich Unterkünfte in alten U-Bahntunneln, oder Versorgungsräumen – es entsteht so eine kleine Gemeinde unter der Stadt. Für Außenstehende, oder „Touristen“ keine ungefährliche Region. Nicht nur wegen der Bewohner, die nicht gefunden werden wollen, sondern viel mehr sind die Gänge, Räume und Schächte um ein vielfaches größer – sie können sich über mehrere hunderte Kilometer ziehen. Eine gefährliche Dunkelheit – deren Gefahren man unterschätzt.

Das Thema ist kein Mythos, keine Legende – es ist die traurige Realität. In Büchern und Filmen wird dieses Thema relativ oft verwendet – mal gut  - mal weniger gut.

Der vorliegende Thriller von Alexander Schuller greift dieses Thema auf und verarbeitet es nicht einmal weniger gut – sondern setzt es desaströs um.

Die Münchner „Rich Kids“ Nellie, Max und Janosch wollen mal nicht in einem angesagten Szene-Club feiern, sondern auf einem illegalen Luxus-Rave in den geheimen Gängen unter dem Hauptbahnhof. Sie ahnen nicht, dass im Untergrund Menschen leben, die in der normalen Welt keinen Platz mehr finden: die Unsichtbaren. Plötzlich eskaliert die Party nach einem Feuer in den Tunneln, und Massenpanik bricht aus. Die verheerenden Auswirkungen der Partynacht werden erst am nächsten Morgen klar: Dutzende Verletzte und drei Vermisste – darunter auch Max. Weshalb bietet ausgerechnet Tyler aus dem Untergrund bei der Suche nach den Vermissten ihre Hilfe an? Und wer profitiert tatsächlich von den Verschwundenen? (Verlagsinfo)

Meine Kritik bezieht sich auf das Buch – und nicht dessen Verfilmung, die man auf „Joyn“ gerade streamen kann. Was hätte der Titel „Katakomben“ doch gut sein können!? Welche spannenden, kritischen soziale Themen und Schicksale von Figuren hätte man hier im Detail darstellen können? Welche Dramatik hätte sich mitunter zeigen können? Welche Verzweiflung? Welche Ängste? Welche Hoffnungen? Soziale Brennpunkte – das Versagen des Staates – die Ignoranz der Politik und der Wirtschaft?

Was ist das Ergebnis? Alexander Schuller hat einen minderwertigen Schulaufsatz verfasst. Eine oberflächige Geschichte erzählt – die weder originell ist, noch tiefgründig wirkt. Ein „lauter“ Roman voller seelenloser Klischees. Ein bunter, schriller Roman – der versucht hat, die Grenzen zwischen Reichtum und Armut anhand von personalisierten Schicksalen von einzelnen Figuren aufzuzeigen. Das ist denkbar schlecht gelungen. Politisch und Kulturell – Menschlich und Sozial – all das hätte man thematisch aufarbeiten können.

Spannung? Es gibt sie nicht – es gibt keinen Spannungsbogen, es gibt keine Überraschungen, keine Wendungen – so viel Text – aber inhaltlich ein erzählerisches Vakuum.

Figuren: Wie kann man nur so blasse Charaktere kreieren? Keinen Tiefgang, keine Identifikation – weder Sympathie oder Antipathie. Ein gehetztes Auftreten von Figuren – die nicht viel von sich zu erzählen haben.

„Katakomben“ ist sprachlich, stilistisch und im Ausdruck mit das schlechteste, dass ich jemals in einem halben Jahrhundert gelesen habe. Ein versuchter „Jugendroman“ der genau das nicht schafft- eine Geschichte zu erzählen, die den Leser packt und sich kritisch mit Themen auseinandersetzt.

Fazit

„Katakomben“ von Alexander Schuller ist absolut nicht zu empfehlen. Eine Verschwendung von wertvoller Zeit. Ein mangelhafter, bisweilen ungenügender Schulaufsatz.

Michael Sterzik