Samstag, 2. März 2019

Tom Clany - Pflicht und Ehre von Grant Blackwood


Der verstorbene, amerikanische Schriftsteller Tom Clancy hat mit seiner Figur des CIA-Analysten und späteren US-Präsident Jack Ryan ein eigenes und sehr komplexes Universum geschaffen. Seine Polit-Thriller sind außerordentlich authentisch – manche waren gar zu prophetisch, da manche fiktiven, terroristischen Bedrohungen und Anschläge in seinen Romanen zu dramatisch, bitterer Realität wurde.

Tom Clancy verstarb 2013 – seine Figuren überlebten ihn schließlich und diese erfolgreiche Reihe wird von einigen Autoren weitergeführt. Bisher ist es den Autoren gut gelungen, den „Roten Faden“ einer übergeordneten Handlung durchgängig logisch zu erhalten. Die Charaktere entwickelten sich, Beziehungsebenen wurden konsequent ausgearbeitet und step by step ging alles so seinen Weg. Diese Reihe gehört mitunter zu den wirtschaftlich erfolgreichsten, damit ist die Erwartungshaltung bei einer Neuerscheinung also recht hoch.
„Pflicht und Ehre“ von Grant Blackwood ist der 19. Band dieser sehr actionreichen, politischen Reihe um Jack Ryan Senior und Junior. Die Story schließt unmittelbar an den Ereignissen in „Die Macht des Präsidenten“. Jack Ryan jr. letzter Einsatz war semiprofessionell und man hat im nahegelegt einmal über seine oftmals sehr fragwürdigen Handlungen nachzudenken. Genau das macht er – allerdings wird seine Ruhephase durch einige Mordanschläge auf ihn just unterbrochen. Wer möchte ihn tot sehen? Rache eines Angehörigen, den er womöglich bei einer seiner geheimdienstlichen Operationen getötet hat, oder möchte man seinen Vater, den amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten schaden? Jack Ryan jr. Einzelgang wird blutig werden…

„Pflicht und Ehre“ bezieht sich zwar inhaltlich auf die letzten Ereignisse der letzten Jahre und es werden auch namentlich einige Protagonisten genannt, die man natürlich aus der Reihe kennt. Mehr allerdings nicht – „Pflicht und Ehre“ ist ein actionreicher Agentenroman – nicht mehr und nicht weniger – auch die Hauptfigur eines Jack Ryan jr. Ist im Grunde austauschbar.

Vermissen wird man hier die Komplexen inhaltlichen Politischen Themen, die nicht selten ein Spiegelbild der aktuellen Weltlage waren – egal ob nun Wirtschaftlich, politisch oder militärisch.  Genau das zeichnet die Attraktivität und Eloquenz dieser Reihe aus. Im vorliegenden Band „Pflicht und Ehre“ bemerkt nach hier rein gar nichts. Fokussiert auf eine einzige Person – Konzentriert auf Action, mit wenig bis gar keinen guten Dialogen, originellen Handlungsebenen und Entwicklungen, verliert sich der Roman einfach in sich selbst.

Eine charakterliche Entwicklung findet bei Jack Ryan auch nicht statt. Alles läuft zumeist glatt, alles vorhersehbar und ohne das inhaltlich bemerkenswertes passiert. „Pflicht und Ehre“ stagniert einfach – ein Titel der absolut austauschbar, bzw. überflüssig wirkt.
Solide Spannung herrscht hier vor – ein bestimmtes Grundrauschen, ein Flüstern, dass aber letztlich nicht die Erwartungshaltung erfüllt und den Leser einfängt.

Fazit

„Pflicht und Ehre“ von Tom Clancy/Grant Blackwood ist ein statistisch, leichter Actionroman. Wenig Spannung – insgesamt ein Titel, der in diesem Jack Ryan Zyklus einfach ausgeblendet, oder übersprungen werden kann.
Nicht wirklich zu empfehlen.

Michael Sterzik

Freitag, 22. Februar 2019

Abgeschlagen - Michael Tsokos


„True Crime“ gewinnt in dem Genre „Thriller/Krimi immer mehr an Bedeutung. Doch seien wir mal ehrlich – wer kann denn am besten aus dem kriminalistischen Nähkästchen plaudern!? Polizisten – die gab es auch schon, vielmehr Co-Autoren, die deren Erlebnisse und Erfahrungen inhaltlich und methodisch für die Belletristik aufgearbeitet haben, dann noch ehemalige Staatsanwältinnen usw., die die dunklen Seiten der Bevölkerung und seine Schatten thematisch aufgreifen. Bekanntlich schreibt das Leben, die besten Geschichten – mitunter die grausamsten und vieles sprengt unseren moralischen Kompass in allerkleinste Fragmente.

Prof. Dr. Michael Tsokos, geboren 1967 in Kiel, ist Professor für Rechtsmedizin an der Berliner Charité. Seit 2016 leitet er das Institut für Rechtsmedizin der Charité und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. Seit 2014 ist er zudem Ärztlicher Leiter der ersten Berliner Gewaltschutzambulanz in Berlin-Moabit.

Er ist der bekannteste deutsche Rechtsmediziner und regelmäßig als Experte im In- und Ausland tätig, beispielsweise für das BKA bei der Identifizierung der Opfer von Terrorangriffen und Massenkatastrophen. (Verlagsinfo)

Michael Tsokos der mit Sebastian Fitzek den Titel „Abgeschnitten“ veröffentlicht hat, reanimiert nun die Hauptfigur: Paul Herzfeld. Dessen Comeback spielt einige Jahre in der Vergangenheit. Auch der Autor Michael Tsokos besinnt sich zu seinen ersten medizinischen Schritten und lässt die Handlung in der Hauptstadt Schleswig-Holsteins spielen – Kiel.
Rechtsmediziner sind medial schon seit Jahrzehnten etabliert. Allerdings nimmt es mit der Wahrheit meist nicht ganz so genau. Spannend muss die Story sein – Blutig sowieso – und wenn „Sex and „Crime“ miteinander kombinieren, so erweitert man sowieso seine Zielgruppe.

Die Figur des Paul Herzfeld ist nicht Michael Tsokos alter Ego – doch eine literarische-verwandte Charakterisierung gibt es –hinzu kommt noch, dass Paul Herzfeld erfrischend natürlich ist, kein verstaubter Nerd, kein Soziopath, einfach ein guter Rechtsmediziner der äußerst unbequem sein kann.

Rechtsmediziner Paul Herzfeld ist irritiert, als sich sein Vorgesetzter, Prof. Schneider, bei der Obduktion einer zerstückelten Frauenleiche überraschend schnell auf eine Machete als Tatwaffe festlegt. Auch der Sektionsassistent wirkt ungewöhnlich nervös und fahrig. Und tatsächlich taucht kurz darauf das blutverschmierte Mordwerkzeug in einer Kieler Parkanlage auf: eine kunstvoll verzierte Machete. Von den Medien wird Schneider sofort als rechtsmedizinisches Genie gefeiert, sein Aufstieg zum Direktor der Kieler Rechtsmedizin scheint reine Formsache. Doch dann gesteht der Hausmeister des Instituts Herzfeld, dass er die Machete schon einmal gesehen hat und dass die tote Frau für ihn keine Unbekannte ist …(Verlagsinfo)

„Abgeschlagen“ ist der erste Band einer neuen Trilogie um den Rechtsmediziner Paul Herzfeld. Vergleichbar mit der Reihe um Dr. Abel ist diese Reihe nicht. Primär geht es natürlich um authentische Kriminalfälle, die spannend in Szene gesetzt werden. Herzfeld hat Herz und scheint sich im Feld außerhalb der Sektionssäle wohl zu fühlen. Ein kriminalistisches Talent besitzt er zweifelsfrei und das bringt ihn und seine Familie in Lebensgefahr.

Der Autor und Rechtsmediziner Michael Tsokos ist ein begnadeter „Aufschneider“  und inzwischen ein erfolgreicher Autor. Schon längst als Mediziner über die Grenzen Berlin und überhaupt Europas bekannt – überzeugt er durch seine fachliche Expertise. Auch literarisch bewegt er sich eher auf der Seite der Fakten – Fiktion ja – aber bitte nicht übertreiben. Als Leser seine Bücher lernt man immer mal wieder etwas über die Realität im Sektionssaal und über Diagnosen, und detektivische Spurensuche an äußerst stillen Patienten.
Michael Tsokos zeigt allerdings auch, dass Menschen nur des Erfolges, des Prestiges und des Ruhms manipulieren, drohen, erpressen und nicht zuletzt auch morden.

„Abgeschlagen“ ist ein munterer, todernster True Crime Thriller – authentisch, spannend, und verdammt unterhaltsam. Die Figurenzeichnung ist absolut gelungen, zwar weiß man als Leser relativ fix wer hier wen auf den Sektionstisch transportiert, aber der Weg dahin ist innovativ und spannend aufgezeigt.

Atmosphärisch gut in Szene gesetzt – thematische Verpackung passt soweit auch. Inhaltliche Spannung ist besonders am Ende gut – allerdings manchmal auch etwas drastisch auf dem Altar der Unterhaltung geopfert. Jedenfalls wird es weitergehen mit Paul Herzfeld und das spektakuläre Ende lässt hoffen.

Fazit

„Abgeschlagen“ ist ein ganz starker True Crimethriller. Mit viel Herzblut vom besten Aufschneider verfasst – lässt er die Spannung beim Leser „Aufschlagen“.

Michael Sterzik

Dienstag, 19. Februar 2019

Vespasian - Der gefallene Adler - Robert Fabbri


Historisch betrachtet war Kaiser Vespasian ein „guter“ Imperator des Weltreiches Rom. Eigentlich aus einfachen Verhältnissen stammende spätere Kaiser, wurde dieser zu einem großartigen, römischen Herrscher. Er entstammt nicht wie üblich aus der Senatsaristokratie, sein Vater war ein einfacher Steuereinnehmer, doch seine anfängliche militärische Laufbahn führte ihn geradewegs in die Politik Roms. Die Schlachtfelder die der junge Mann mit seinen Legionen betrat, waren ähnlich gefährlich wie die intriganten, politischen Spiele am Hofe. Die flavische Dynastie, die er begründete tat sich hervor durch eine Politik der Bürgernähe, eine reale Politik die er unter anderen finanziell geschickt führte. Seine Erfahrungen als Heerführer der römischen Legionen waren überlebensnotwendig, zweifelsfrei konnte Vespasian in der Außenpolitik viel Positives erreichen und als bodenständigen Kaiser etablierte er eine positive Steuerpolitik, die die Staatsschulden begleichen konnte.

Doch wie wurde dieser junge Mann geformt? Was zeichnete ihn aus? Welche Erfahrungen konnte er im militärischen und politischen Bereichen sammeln? Wie war er ggf. als Mensch? Robert Fabbri findet in seiner historischen Romanreihe „Vespasian“ antworten auf diese Fragen. Doch diese Reihe hebt sich nicht mit fiktionalen Szenen, oder Charakteren hervor – im Gegenteil. Der Autor stützt sich auf historische Quellen und Schriften von Sueoton, Tacitus und Cassius Dio.

Im vierten Band dieser großartigen Reihe – „Der gefallene Adler“ entsendet der Nachfolger des dekadenten und wahnsinnigen Kaisers Caligua – Claudius – die beiden flavischen Brüder Vespasian und Sabinus nach Germanien. Die ungleichen Brüder sollen die letzte, verbliebene Standarte der massakrierten Legionen unter Varus im Teutoburger Wald finden. Ein Himmelfahrtskommando - für einen Kaiser, der mit diesem Symbol die römischen Legionen dazu animieren möchte – Britannien ins Weltreich Rom einzugliedern. Ein blutiger Eroberungskrieg steht den Legionen bevor.

Die Grundstory klingt allzu fantastisch, ist aber nicht fiktiv. Ob nun Vespasian und sein Bruder dabei war, lässt sich nicht zweifelsfrei bestätigen, allerdings nahm der spätere Kaiser mit großer Wahrscheinlichkeit an der blutigen Invasion der britischen Insel teil. „Vespasian – der gefallene Adler“ splittet sich in zwei Handlungsebenen auf – Die Suche nach dem symbolischen Feldzeichen und wenig später, dann die brachiale Schlacht in Britannien. Waren die vorherigen Bände noch viel von politischen Ränkespielen und Intrigen geprägt, so konzentriert sich der Autor diesmal auf die Beschreibung von Roms militärischer Eroberungspolitik.

Es gibt viele Beschreibungen in Büchern und sehenswerte cineastische Darstellungen von der militärischen und disziplinarischen Methodik der Weltmacht Roms. Eine Kriegsmaschinerie – eine Bestie die von der Leine gelassen, aber zielgerichtet erobert und tötet. Robert Fabbri allerdings beschreibt die offene Feldschlacht zwischen den römischen Legionen und den britischen Kriegern, so intensiv, wie ich sie bisher noch nicht gelesen habe. Unglaublich wie atmosphärisch dicht und packend der Autor, die Aufstellungen, die Taktik, die Strategie und nicht zuletzt das fast schon methodische Töten der römischen Legionen erzählt. Schlichtweg faszinierend und bedrohlich wie hier Disziplin, Ausbildung, Ausrüstung und die Erkenntnisse der Offiziere thematisch dargelegt werden. Eine römische Legion war nicht unschlagbar, aber zeitweise das effektivste, tödliche militärische System der damaligen Epoche. Robert Fabbri erzählt es sehr plakativ, man meint das Geräusch von tausenden auftretenden, genagelten Sandalen römischer Legionäre zu hören, die harten Befehle der Offiziere, dass Zusammenprallen der Schilde und die Geräusche und Schreie der sterbenden Briten.

Breitbandkino in literarischer Form – so atmosphärisch packend, dass diese einen völlig vereinnahmt und atemlos macht. Emotional vielleicht etwas einseitig – da hier der einfache Soldat keine Stimme hat – aber Robert Fabbri gelingt, dass töten, sterben und das Überleben so dramatisch und spannend zu schildern, wovor man wirklich eine Hochachtung haben kann.

Charakterliche Beschreibungen – vor allem die der historischen Persönlichkeiten sind außerordentlich gut gelungen. Auffällig ist, dass hier keine Klischees bedient werden – der Autor verweist den Leser auf die unterschiedlichsten Motivationsperspektiven. Die Hauptfigur wird hier nicht heroisch emporgehoben, sondern Vespasian macht auch Fehler, kleinere, größere, mal mutig, mal naiv, usw.

Roms Politik untermauert vom amtierenden, römischen Kaiser Claudius wird nur wenig Raum geboten – reicht aber völlig aus, denn in den nachfolgenden Bänden sollte noch so wie Entwicklungsraum gegeben sein, dass man es durchaus verschieben kann.  
Robert Fabbri ist einer der wenigen Autoren, die sich entlang einer historischen Zeitlinie der Ereignisse bewegen, ohne zu stolpern, oder sich zu verlaufen. Großartig – immer unter dem Aspekt zu sehen, dass er Rom wieder „erblühen“ lässt. Der Leser kann viel aus dieser Reihe mitnehmen: soziale Strukturen und Stände, Politik und Militär, Religion und Fanatismus, Alltag und Traditionen – alles absolut ergreifend dargestellt.
Wer sich mit literarisch und unterhaltsam mit Roms Epoche beschäftigen möchte, wird mit dieser Reihe belohnt werden. Einer der besten, historischen Reihen, die zur Zeit veröffentlicht sind.

Fazit

„Vespasian – Der gefallene Adler“ von Robert Fabbri lässt die Legionen Roms auferstehen. Brillante Unterhaltung – allgegenwärtige Spannung, die einen einfängt. Legendäre Unterhaltung – ganz stark.

Michael Sterzik

Samstag, 9. Februar 2019

Parceval - seine Jagd beginnt - Chris Landow


Chris Landow ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Bestsellerautors. Wer immer es auch ist – es war gut seinen realen Namen hinter einen Vorhang zu verbergen. „Parceval“ ist der erste Band einer Reihe um den deutschen Bundespolizisten Ralf Parceval, der als Ausbilder in Afghanistan 15 Menschen getötet hat. Nach deutschem Recht – angeklagt – verurteilt – inhaftiert – soweit so gut. Als ehemaliger Verhörspezialist, wird dieser „Mörder“ von einem Berliner Polizeidirektor aus dem Gefängnis geholt – lassen wir jetzt bitte einmal die logischen und realistischen Hintergründe dieser bemerkenswerten Tat. Und so geht es dann auch nahtlos weiter – eine prächtige Schwarz/Weiß-Handlung, die nicht realistisch ist, die unlogisch wirkt, die absolut wenig Spannung erzeugt und deren Figurenzeichnung wie aus einem Sandkasten wirkt. Mal ganz abgesehen von inhaltlichen erzählerischen Lücken und einer ganzen Reihe von Fragen, auf die der Autor gar nicht erst eingeht!?

Was bleibt eigentlich übrig? Ein satter Actionroman – ein Bundesagent – mit einer selbst erstellten Lizenz zum Töten. Ein farbloser, brachialer Charakter, dessen Vergangenheit, bis auf seine „Serienmorde“ nicht ausgebaut wird. Erstmal schießen, erstmal Gewalt anwenden, und auch hier immer wieder das gleiche Muster – Köpfe bewegen sich pfeilschnell und radikal auf alle möglichen Gegenstände zu.
Dialoge gehen einfach unter – entweder ist Parceval auf der Flucht – lobenswert, dass der Autor Möchte-gern-Flüchtlingen gleich Tipps auf dem Weg gibt, wie sie unter dem Radar bleiben. Oder aber – Köpfe prallen gegen irgendwas, oder Wild-West-Schusswechsel finden statt.

Spannung? Nur angedeutete – da die Handlung keinen roten Faden hat. Selbst die Gegner brillieren durch eine Intransparenz – Motivation, Hintergründe und auch hier charakterliche Entwicklung und Tiefenwirkung, die außerordentlich schlecht ist. Auch die Nebenfiguren besitzen anscheinend keine Vergangenheit – keine Vita – ein leeres Blatt Papier.
Der „Untertitel“ des Buches – „Seine Jagd beginnt“ – im Grunde sollte sie besser gleich eingestellt werden. Die Handlung ist an den Haaren herbeigezogen, völlig überzeichnete Gewalt eines Mannes, der sich emotional und professionell überhaupt nicht im Griff hat. Keine überraschenden Wendungen, die sich präsentieren. Selbst die Rückblicke in die Vergangenheit rücken weder die Handlung in einen interessanten Fokus, noch den Hauptcharakter. Auch hier total unausgereift.

Stil, Ausdruck und Sprache überzeugen nicht, bzw. fallen nicht über Originalität auf. „Parceval“ wirkt wie unter enormen Zeitdruck geschrieben, der Plot und Grundgedanke ist gar nicht schlecht, aber die Konzeption ist nicht gelungen.

„Parceval“ ist ein Actionthriller der emotionslos und seltsam unausgereift wirkt. Blasse Unterhaltung – nicht nachhaltig und Charaktere, die man weder sympathisch, interessant, oder gar reizvoll empfindet. Teil 2 werde ich lesen – sollte dieser erscheinen -  aber dann muss dieser eine außerordentliche Wandlung vollziehen.
Absolut nicht zu empfehlen.

Michael Sterzik

Sonntag, 3. Februar 2019

Tannenstein - Linus Geschke


Linus Geschke ist seit den drei Kriminalromanen um den investigativen Journalisten Jan Römer und seiner Kollegin „Mütze“ inzwischen bekannt geworden. Seine Bücher sind feine, sehr durchdachte und komplexe Kriminalgeschichten. Authentische Atmosphäre umgeben die feinfühlige Handlung, die Protagonisten sind ebenfalls realistisch aufgestellt – die Storyline besitzt einen souveränen Spannungsbogen.

Wir gehen als Leser immer davon aus, dass sich die Figuren einer Romanreihe weiterentwickeln, dass muss es auch – alles andere wäre absurd und würde jegliche nachhaltige Atmosphäre in Folgebänden faktisch einäschern. 

Doch wie ergeht es dem Autor? Bleibt er intellektuell in einem Standby-Modus, ein Talent, dass er besitzt, aber es nicht ausschöpft? Sind die späteren Romane inhaltlich thematisch exakt im gleichen Stil erzählt und wie mit einer Schablone gezeichnet? Natürlich kommt dies in der Belletristik in vielen Genres vor – im vorliegenden Roman „Tannenstein“ von Linus Geschke, geht der erfolgreiche Autor nun neue Wege.

„Tannenstein“ ist der erste Band einer neuen Thriller-Reihe, es gibt neue Figuren, neue Handlungen, eine völlig neue Atmosphäre – alles komponiert von Linus Geschke, und um es vorab schon zu sagen, bevor ich enger darauf eingehe – ein brillanter Entwicklungsschritt.

Inhaltsangabe

Wenn der Wanderer kommt, sterben Menschen. Elf in Tannenstein, einem abgelegenen Ort nahe der tschechischen Grenze. Ein Tankwart im Harz, eine Immobilienmaklerin aus dem Allgäu. Der Killer kommt aus dem Nichts, tötet ohne Vorwarnung und verschwindet spurlos.

Der Einzige, der sich ihm in den Weg stellt, ist Alexander Born: ein Ex-Polizist mit besten Kontakten zur Russenmafia. Einst hatte der Wanderer seine Geliebte getötet, jetzt will Born Rache – und wird Teil einer Hetzjagd, die dort endet, wo alles begann: Tannenstein. (Auszug- Verlagsinfo)

Der Prolog von „Tannenstein“ ist schon ein kleines Feuerwerk. Eine derartige starke Atmosphäre die sich hier explosionsartig mit intensiven Wellen durch die gesamte Story bewegt, ist mehr wie eindrucksvoll erzählt. Die Spannung und das ist kristallklar zeichnet sich auch durch eine realistisch erzählte Brutalität aus, nichts für zarte Nerven und Gemüter. Der düstere Ort Tannenstein ist zwar fiktiv, doch insgesamt ist die Handlung realistisch.
Die Figur des „Wanderers“ ist absolut hochklassig, ein Rächer, Killer, Mörder – ein Berufspsychopath!? Er ist vieles – von allem etwas und doch bleibt er mysteriös. Er ist eine Nebenfigur – aber mal ehrlich – er stiehlt allen Protagonisten sämtliche Auftritte und Gagen und seine Präsenz stellt die Hauptfiguren in die zweite Reihe.

Sein Gegenspieler Alexander Born – ehemaliger Kriminalbeamter, der auf dem schmalen Grat einen Schritt zu viel in Richtung Abgrund gegangen ist. Er hat für seine Taten gebüßt, er war in Haft und nun jenseits der Mauern des Gefängnisses giert er nach Rache – der Wanderer hat seine Freundin getötet….

Unterstützt wird er bei seinem Rachefeldzug von einer jungen Kriminalbeamtin. Natürlich entwickelt sich eine Liebesgeschichte usw. Manche traditionellen Elemente muss man einfach spielen. Auch die formale Selbstjustiz ist ein Teil davon.

„Tannenstein“ ist hochspannend – intensive Atmosphäre – Authentische Handlung – gute Charaktere. Alexander Borns Charakterzeichnung ist in einem effektvollen Schwebezustand zwischen Himmel und Hölle angesiedelt und ja, auch die klassischen Klischees werden hier bedient. Alexander Born hat keine weiße Weste, seine kriminelle Vergangenheit, seine Kontakte zur Russenmafia und sein zerstörerischer Glaube an Rache bilden den Dreh- und Angelpunkt. Als Anti-Held gesetzt – erfüllt er seine Stellenbeschreibung recht gut…Probezeit bestanden. Negativ gezeichnet und versehen mit den typischen Merkmalen, kann man den Charakter symphytisch finden, oder auch nicht. Für mich – allzu hervorsehbar – allzu einer Schablone entsprungen und mit und der einzige Schwachpunkt bei diesem Titel.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich ein Faible für Nebencharaktere habe. Linus Geschke erzeugt und das ist fantastisch – kein offensives Schwarz/Weiß-Bild – kein in Schubladen gestecktes Klassensystem in „Gut“ und „Böse“ unterteilt. Und kommen wir nun zur der Personalie des „Wanderers“ – absolut TOP –  die Aura eines geheimnisvollen Todesengels – der seinen Job professionell gelernt haben muss. Zack – Trommelwirbel – Der Wanderer kommt und die Spannung erzeugt eine Eruption, die faktisch alles überrollt.

Und es zeigt sich auch, dass „Gut“ und „Böse“ immer wieder aus einer individueller Perspektive aufgehen. Linus Geschke erzählerischer Stil ist weitaus konsequenter und kompromissloser als wie man ihn über die Jan-Römer-Reihe kennengelernt hat.

Mit „Tannenstein“ beweist er, dass sein Talent noch lange nicht ausgeschöpft ist. Beide Reihen kann mich nicht miteinander vergleichen. Linus Geschke hat sich weiterentwickelt – Stil, Ausdruck, Sprache haben einen großen Schritt nach vorne gemacht. Auch in der Beschreibung der Emotionen wirkt der Autor reifer, gesetzter und überhaupt ist „Tannenstein“ strukturierter als alles was ich bisher gelesen habe.

Ich bin gespannt, wie Band 2 sein wird – persönlich empfehle ich, mich von Alexander Born zu trennen und ebenfalls von der helfenden Figur der jungen Kriminalbeamtin. Beide Charaktere sind austauschbar – der „Wanderer“ – eine derartige Figur polarisiert – aber überzeugt um einiges mehr.

„Fazit“

„Tannenstein“ ist ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss, der bei dem Leser mit einer starken Atmosphäre einschlägt. Nachhaltige Spannung –  Action und Authentisch.
Brillante Umsetzung. Prädikat: Pageturner.

Michael Sterzik

Freitag, 1. Februar 2019

Wundbrand - Cilla & Rolf Börjlind


Das schwedische Autorenehepaar Cilla & Rolf Börjlind sind erfolgreiche Drehbuchautoren und über die skandinavischen Grenzen hinweg sehr bekannt. Seit einigen Jahren schreiben sie ebenfalls Kriminalromane – „Wundbrand“ ist der fünfte Band der Reihe um die beiden Protagonisten Olivia Rönning und Tom Stilton. Die Erwartungshaltung ist enorm hoch, denn die Vorgängerromane sind nicht nur unheimlich spannend, sondern demnach auch sehr erfolgreich. Der erste Roman „Springflut“, bei dem das schwedische Ehepaar natürlich das Drehbuch verfasste, wurde als Serie fantastisch umgesetzt.

Die Reihe überzeugt sowieso durch eine faszinierende Charakterzeichnung. Im ersten Band studierte Oliva Rönning noch auf der Polizeihochschule und widmete sich schicksalshaft einen alten Cold-Case-Fall. Und es war genau dieser ungelöste Mord, der den erfolgreichen und charismatischen Kommissar Tom Stilton das soziale Leben unter den Füßen wegriss. Zerbrochen, verzweifelt, sich selbst verlierend lebte er von nun an als Obdachloser auf der Straßen Stockholms, verkaufte Zeitungen und (über)lebte irgendwie. 

In den folgenden Bänden festigte sich nur beider Leben im beruflichen, wie auch privaten Sinne, sondern auch die Freundschaft zwischen ihnen und anderen involvierten Personen. Der Personenkreis ist überschaubar, aber geschickt entwickelt das schwedische Autorenehepaar mit und ihnen eine komplexe Welt mit einer immensen Tiefenwirkung. Die Schicksale dieser Nebenfiguren wie Mette und ihr Mann Marten, oder Stiltons Freund – der ehemalige Messerwerfer Abbas übernehmen nicht den Hauptpart der Story, aber als eigenständige Figuren sind diese der letzte Feinschliff.

„Wundbrand“ erfüllt sämtliche vorsichtigen Erwartungshaltungen und eröffnet ein dynamisches Labyrinth von Haupt- und Nebengeschichten. Als ein Ehepaar, mitsamt ihrer Tochter bei einem Bombenattentat ums Leben kommt ist der Leser schon an der Seite von Olivia Rönning, die nun als Ermittlerin im Team von Mette tätig ist. Terror in Stockholm? Ein terroristischer Akt – oder einfach ein Racheakt und wenn letzteres – steht hier ein großes „Warum“ herum.

Cilla und Rolf Börjlind schreiben mit einer Mischung aus Strategie und Taktik und verwenden allerlei aktuellen Themen, denen wir im Alltag begegnen. Vergeltung und Rache als Dreh- und Angelpunkt in Kombination mit der Me-Too-Diskussion, Drogen im Goldenen Dreieck und Tom Stilton mittendrin, flankiert von Sextourismus und dunklen Begierden. Klingt nicht unbedingt überschaubar, oder?! Ist es auch nicht – irgendwann verliert man sich in diesem Storydschungel und es braucht ein wenig, bis man ein Lichtung erreicht. Doch verdammt – es lohnt sich allemal.
Der Part von Tom Stilton, der sich nach den letzten Ereignissen wieder zurückzieht, ist deutlich kleiner. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin versucht der Ex-Kommissar auf einer Yogamatte – seine „goldene Mitte“ wiederzufinden. Zweifel drängen sich an die Oberfläche – also runter von der Yogamatte und auf in ein wildes Abenteuer. Willkommen in der Selbstfindungsphase.

Tja, und genau dieser Part – besagte Selbstfindungsphasen beherrschen die Nebengeschichten außerordentlich unterhaltsam. Auch Olivia sucht sich noch selbst, findet auch etwas um dass sie sich kümmern möchte und geht konsequent ihren Weg Schritt um Schritt weiter. Manchmal stolpernd, manchmal wird ihr unter die Arme gegriffen – aber eigentlich immer gut unterwegs auf den Boden der Tatsachen.

„Wundbrand“ ist großartig – eine grandiose Vorgeschichte und eine Positionierung – ein Ausgangspunkt für den hoffentlich bald sechsten Band dieser brillanten Kriminalreihe. Diese Reihe gehört mit zu den besten Kriminalreihen unserer Zeit – Protagonisten sind keine klischeeversehende Anti-Helden, keine James-Bonds, und sind weit davon entfernt charakterliche Züge eines Sherlocks Holms anzunehmen.

Die Handlungen der Protagonisten sind authentisch – die Grundidee der Story in Kombination mit Schicksal und Kommissar Zufall, grenzen manchmal etwas ins fantastische ab. Aber nun gut – Logik und Authentizität mal ausgeklammert – überzeugt „Wundbrand“ und garantiert ein großes Lesevergnügen.

Fazit

„Wundbrand“ von Cilla und Rolf Börjlind hat eine Sogwirkung, der den Leser keine Ausweichmöglichkeiten lässt, also anzufangen und nicht aufhören zu wollen. Diese Reihe ist einer der wenigen, die nicht inflationär erscheinen und die qualitativ das Prädikat „Hochspannung“ nicht nur verdienen, sondern ausleben.

Michael Sterzik

Samstag, 26. Januar 2019

Vespasian - Der falsche Gott - Robert Fabbri


Der in London und Berlin lebende Autor Robert Fabbri lässt den späteren Römischen Kaiser Vespasian – im dritten Band dieser großartigen Reihe „Der Falsche Gott“ aufleben.
Vom einfachen Bauernjungen, der er einmal war und keinen Gedanken daran verschwendete, eine militärische Laufbahn einzuschlagen, findet sich Vespasian inmitten der politischen und militärischen Mühle der Weltmacht Rom wieder.

Als Kaiser Tiberius stirbt, ergreift Caligula konsequent die Macht und erklärt sich zum faktisch zum Gott. Viele Versprechungen richtet er an das einfache Volk und den Senat Roms, nur um diese wenig später als Gottkaiser völlig unkontrolliert und willkürlich zu kippen. Mehr und mehr entwickelt sich Caligula als ein Gewaltherrscher, der dekadent zu einem Despoten wird. Leben und Tod – werden durch seine wechselhaften Launen gesteuert. Ausschweifende sexuelle Orgien, grausame – tödliche Spiele in seinem Palast, eine Atmosphäre der Angst und des Todes umgeben die Senatoren und die militärischen Größen dieses Imperiums. Auch Vespasian – einst und immer noch ein enger Freund des Wahnsinnigen bekommt einen Auftrag – Mission impossible – Er soll den Brustpanzer von Alexander dem Großen aus dessen Grab stehlen….

Robert Fabbri bedient sich allerhand historisch verbürgter Personen. Selbst die Inhaftierung und Kreuzigung von Jesus finden hier im Prolog eine thematische Interpretation. Parallel dazu die angespannte Situation der römischen Besatzung in Jerusalem und die innere Politik und Interessen der jüdischen Priester. Selbst Maria Magdalena wird erwähnt – eine interessante Theorie, die nicht neu ist, aber originell eingepasst. Selbst Saulus/Paulus sprengt mit seiner arg gewaltvollen Auffassung einer Idee des aufkommenden Christentums den Rahmen. Das Besondere an diesen ganzen Theorien, die der Autor hier beschreibt ist – sie sind absolut nachvollziehbar und plausibel.

Wie schon in den beiden vorigen Bänden, beschreibt der Autor sexuelle und gewaltstarke Szenen konsequent plakativ und resolut. Ebenfalls übermittelt der Autor hervorragend die Gefühle seiner Protagonisten: Wut, Angst, Erschöpfung, Hoffnung, Trauer..usw. Diese hohe Konzentration an stilistischer Feinarbeit entwickelt eine solche, großartige Atmosphäre, die den Leser einfängt und fesselt – Spitzenklasse.

Selbst der Humor kommt nicht zu kurz. Marius – dass Gewissen, der Schutzengel, der Beschützer und Freund Vespasian ist mitunter der schlauste Kopf von allen. Als Nebenfigur konzipiert, übt er insgesamt großen Einfluss auf und gewinnt damit alle Sympathien. Vespasian dagegen ordnet sich der sozialen, politischen und militärischen Struktur unter. Gezwungenermaßen macht er für sich allerdings das beste aus der jeweiligen Situation – Pragmatisch.

Die historische Figur des wahnsinnigen Caligulas ist erschreckend (Gut) interpretiert. Alle antiken Quellen sind sich einig, dass er ggf. Geisteskrank war. Größenwahnsinnig sowieso – ein brutaler Machtmensch, der zu seinem persönlichen Spaß willkürlich mordete. Herr über Leben und Tod zu diesem Zeitpunkt der Story beschrieben. Interessant allerdings wird es, wenn er sich selbst am Ende des Romans im Beisein Vespasian analytisch charakterisiert. Ganz, ganz starke Szene.

„Fazit“

„Vespasian – Der falsche Gott“ von Robert Fabbri ist hochspannend. Historisch – wie auch die anderen Bände großartig umgesetzt. Ganz starke Figurenzeichnung – spannende Story, die absolut kompromisslos, konsequent aufgebaut ist. Pures Lesevergnügen mit einer Unterhaltungsgarantie.

Michael Sterzik