Sonntag, 13. Dezember 2020

Der englische Löwe - Mac P. Lorne


Der Autor Mac P. Lorne hat eine persönliche Leidenschaft für englische Geschichte. Schon mit seiner historischen Reihe um die sagenhafte, legendäre Figur des englischen Volkshelden Robin Hood, konnte er begeistern. Diese historischen Abenteuerromane, die natürlich viele authentische Personen beinhalteten sind eine Garantie für spannende Unterhaltung. Einer dieser authentischen Figuren ist Richard Plantagenet – König von England – auch genannt Löwenherz. Die Plantagnet – eine französischstämmige Herrscherdynastie, die auch Nebenlinien des Hauses Lancaster und York bildeten. Der Mythos um diesen König ist unsterblich. Doch wer war dieser König, der in vielen Robin Hood Filmen und in der Literatur eine tragende Nebenrolle hatte!? Versinnbildlichte dieser wirklich das Ideal eines Ritters in Perfektion?

Mac P. Lorne gibt der Figur dieses Königs in seinem Roman: „Der englische Löwe“ ein historisches Gesicht.

Nur wenig Zeit ist Richard Löwenherz in seiner Heimat England vergönnt: Nachdem er die Rebellion seines Bruders Johann Ohneland niedergeschlagen hat, bricht Richard mit einem kleinen Heer nach Frankreich auf. In der Normandie und Aquitanien hält der französische König Philipp II. Gebiete besetzt, die rechtens ihm gehören und die er von seinem Vater geerbt hat.

Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit schlägt das Heer des englischen Löwen seine Gegner ein ums andere Mal, doch Richards Kriegskassen sind fast erschöpft. Schließlich stimmt er einem Waffenstillstand mit Philipp zu. Noch während sie ihr Siegel unter den Vertrag setzen, wissen beide Männer, dass es zwischen ihnen keinen Frieden geben kann …(Verlagsinfo)

Hinter jeder Legende und jedem Mythos steckt natürlich auch eine definitive Wahrheit. Der vorliegende Roman unterscheidet sich immens von seiner Robin Hood-Reihe. „Der englische Löwe“ ist kein Abenteuerroman, kein Mantel- und Schwert Duell auf dem Schlachtfeld, kein actionreich ambitioniertes Schlachtengemälde. Es ist mehr eine analytische Aufarbeitung seines Charakters und nebenbei dann gleich auch der Person Königs Philipp von Frankreich. Der englische wilde, gefährliche Löwe vs. dem französischen, scheuen, fast schon feigem Reh.

Der Roman erzählt die fünf Jahre seiner Herrschaft nach seiner Gefangenschaft. Nun in Freiheit hat er kein anderes Ziel vor Augen, als seine angevinische Herrschaft auf dem französischen Festland wieder zu erhalten. Seine Version einer Diplomatischen Lösung findet dann eher auf den Schlachtfeldern statt. Mac P. Lorne erzählt relativ nüchtern und trocken, diesen Lebensabschnitt Richards. Er räumt aber weiterhin auf, dieser Figur eine heroische, glänzende Krone zu geben. Der Autor zeigt Richard, wie er gemäß der aktuellen Forschung wohl wirklich gewesen sein mag. Ein Egozentrischer, jähzorniger Mann – ein Mörder, ein Herrscher der Männer opferte um seine persönlichen Ziele zu erreichen. Jede Persönlichkeit hat aber auch mehre charakterliche Eigenschaften und nebenbei lässt der Autor diesen auch als professionellen Taktiker und Stratege hochleben, und zeigt mitunter auch menschliche Züge, wenn er z.B. als Großvater seinen Enkel Liebe und Aufmerksamkeit gibt.

Nach mittelalterlichen Maßstäben ein guter König!? Nach aktuellen – ein Tyrann, der England ausblutete um seine Dynastie auf dem französischen Festland zu etablieren. Seine Politik war blutig und brutal. Sein persönliches Universum war mickrig, wenig Perspektivisch nachhaltig und immer nur auf sich bezogen.

„Der englische Löwe“ von Mac P. Lorne ist eine großartige, unterhaltsame und spannende Aufarbeitung eines von der Geschichte überzeichneten Herrschers. Genauso gut oder schlecht – wie auch immer man es persönlich sehen will – lässt Mac P. Lorne auch an dem französischen König Philipp kein gutes Haar. Es ist interessant, dass diese beiden Kinder ihrer Zeit – halt auch nur als Menschen zu präsentieren, die dramatische Fehlentscheidungen lebten. Mac P. Lorne erzählt auch munter, ironisch und schmunzelnd von deren Siege und halsbrecherischen Fluchten von Schlachtfeldern. Auch die Figur von John ohne Land wird angerissen, aber fokussiert sich natürlich nicht.

Die Geschichte wird fast gänzlich aus der Perspektive von König Richard Löwenherz erzählt. Nur wenige Passagen, und das finde ich sehr schade, lassen Philipp, oder andere wichtige Persönlichkeiten aus dem Umfelds Löwenherz zu Wort kommen. Das wirkt sehr eindimensional und manchmal schwerfällig, fast schon zäh und mindert das Lesevergnügen ein wenig.

Hauptsächlich sind die langen Kapitel geprägt von vielen Dialogen der Figuren. Diese sind informativ, spannend, sogar witzig, aber vor allem auch unterhaltsam. Mac P. Lorne lässt es also zu dass Richard Löwenherz sich offenbart – sein Verhältnis zur Kirche, zum deutschen Kaiser, zu seiner Ehefrau, seinen Nachkommen, seine großen Pläne für England – die faktisch gar keine waren. England war Löwenherz gänzlich egal. Irland, Wales, Schottland – wofür hatte man Verwalter!?

„Der englische Löwe“ von Mac P. Lorne überzeugt im Genre Historischer Roman. Eine großartige, ehrliche Interpretation einer königlichen Figur, die wenig königlich agierte. Keine Figur mit der man beim Lesen wirklich eine sympathische Beziehung aufbauen kann. Ein negativer Antiheld seiner Zeit.

Ein Roman – kein Sachbuch. Der Autor orientiert sich sehr gut an der historischen Quellenlage, aber nimmt sich auch natürlich die Freiheit, seine eigene Interpretation damaliger Ereignisse einzubauen.

Ich sagte schon eingehend dass es hier wenig Actionelemente gibt. Also einen Vergleich mit der Robin Hood Reihe kann es an dieser Stelle nicht geben.

Fazit

„Der englische Löwe“ ist eine spannende, analytische Aufarbeitung eines geschichtlich überzeichneten Charakters. Wenig Ritterlichkeit – mehr Egozentrik. Ein Roman der nachhaltig interessant und unterhaltsam ist – der aber hätte viel stärker sein können.

Michael Sterzik

Samstag, 5. Dezember 2020

Die Hornisse - Marc Raabe

 


Nach den Titeln „Zimmer 19“ und „Schlüssel 17“ von Marc Raabe – geht nun im dritten, vorliegenden Band „Die Hornisse“ in der Tom-Babylon-Reihe weiter.  

Diese Serie verhält sich sehr originell und bietet neben der Spannung , viele Actionelemente und etwas von einer eigentümlichen Mystik.

In „Die Hornisse“ wird es persönlich für den LKA-Kriminalbeamten Tom Babylon. Aber nicht nur für ihn – denn auch die Vergangenheit holt seine Frau und seinem Vater auf dramatische Weise ein. Es gibt also demnach zwei Perspektiven: Natürlich die, der Gegenwart und in der rückblickenden Zeitschleife erleben wir dann die Ereignisse, die sich kurz vor Fall der Berliner Mauer im Jahren 1989 bei der Familie von Tom Babylon ereignet haben. Beide Perspektiven sind ungemein spannend und bilden in kurzen Kapiteln, die jeweils mit einem kleinen Cliffhanger enden, eine extrovertierte Abwechslung. Vorab sei zu sagen, dass sich der Titel inhaltlich an einem Drehbuch orientiert – und diese Reihe ist als Medium Buch eigentlich überflüssig. Eine Fernsehserie wäre das perfekte Medium für diese manchmal sehr abgefahrene Story und das Setting sowieso. Hier merkt man sehr schnell, dass der Autor Marc Raabe ein noch recht festgefahrener Filmemacher ist. Das Tempo ist hoch, die Spannung baut sich gut – die Actionelemente sind chronologisch gut eingebettet. Die Charaktere sind gut aufeinander abgestimmt – allerdings sind die Nebenfiguren nun interessanter gezeichnet, als die Hauptakteure.

Die Nebenstory, dass Tom Babylon noch immer auf der Suche nach seiner Schwester Viola ist, war im zweiten Band schon grenzwertig. In „Die Hornisse“ ist dieser Part schwächer erzählt, aber nervig ist dieser Handlungsstrang dennoch.

„I love you all“, ruft der gefeierte Rockstar Brad Galloway seinen 22.000 Fans in der Berliner Waldbühne zu. Plötzlich tritt eine unbekannte Frau ins Scheinwerferlicht und überreicht ihm einen mysteriösen Umschlag. Am nächsten Abend wird Galloways ausgeblutete Leiche ans Bett gefesselt im Gästehaus der Polizei gefunden.
LKA-Ermittler Tom Babylon wird vom Babyschwimmen zum Tatort gerufen. Gemeinsam mit der Psychologin Sita Johanns fahndet er nach der unbekannten Frau. Die Spur führt dreißig Jahre zurück – zu einer heimtückischen Kindesentführung mit dem Decknamen „Hornisse“ – und zu einer Frau, die zwischen zwei Männern stand. Beide waren bereit zu töten. Einer sinnt noch heute auf Rache.
Und das kann Tom Babylon alles kosten, was er liebt.(Verlagsinfo)

Kommissar Zufall – ist diesmal als personifizierter Nebencharakter allzu präsent. Sehen wir von der Spannung einmal ab und ignorieren den Unterhaltungswert und konzentrieren uns nur auf die Authentizität – dann driften wir schnell ab ins „Genre“ Mystik/Phantastik und finden uns inmitten einer deutschen Version von Akte X wieder.

Die komplexe und persönliche Verbindung zwischen dem aktuellen, brutalen Mord an dem Rockstar, und der Vergangenheit der Familie Babylon ist absolut unrealistisch erzählt. Ja, dass Leben erzählt die besten Geschichten, aber diese Geschichte hört sich dann nach einer billigen, unterhaltsamen Soapserie an, die völlig überzeichnet und unrealistisch ist.

Am Ende erscheint noch ein alter Feind auf der Bühne der Handlung und genau diese Szenen sind ärgerlich – weil – ich wiederhole mich gerne: „ Absolut überzeichnete, unrealistische Zufälle.

Fazit

„Die Hornisse“ von Marc Raabe ist zwar spannend, aber einer der unrealistischen Bücher im Genre „Krimi/Thriller“ – den ich je gelesen habe. Herr Raabe – schreiben Sie bitte keine Bücher – sondern konzentrieren sich bitte auf phantastische Geschichten, die ähnlich wie „Akte X“ zumutbar sind. Und wenn Sie Krimis schreiben – behalten sie bitte die Authentizität im Blick.

Michael Sterzik

Samstag, 28. November 2020

Schwert und Krone - Preis der Macht - Sabine Ebert


Der vorliegende fünfte Band der hervorragenden historischen Reihe um Kaiser Friedrich Barbarossa aus dem Geschlecht der Staufer und seinem Vetter Heinrich dem Löwen der als Staufer neben seinem verwandtschaftlichen Verhältnis, auch ein Rivale ist, ist der letzte Teil dieses Zyklus.

„Schwert und Krone“ – Preis der Macht – von Sabine Ebert lässt uns wieder einmal auf eine epochale Zeitreise gehen. Unsere heutige Geschichte ist das Produkt unserer Vergangenheit. Unter der Führung und Herrschaft dieser beiden „großen“ Männer – Friedrich und Heinrich, und anderen kleineren Herzogtümer und Grafschaft entstanden Städte, Landkreise, es formten und veränderten sich ganze Landstriche und Ländergrenzen. Der Grundstein für eine spätere demokratische Gesetzgebung wurde gesetzt, auch wenn dieser mitunter noch recht klein war. Das Mittelalter gilt als ein dunkles Kapitel, doch es gab sehr viele helle Aspekte, die wir nicht vergessen sollten.

1167. Friedrich Barbarossas Italien-Feldzug endete verheerend. Nur mit Mühe entkommen er, seine geliebte Kaiserin Beatrix und ihre Kinder der Seuche, die unter seinen Männern wütet, und den Angriffen der Lombarden. Zwischen Heinrich dem Löwen und seinen zahllosen Feinden sind die Kämpfe mit großer Heftigkeit von Neuem entflammt. Friedrich muss schlichten, doch das gelingt ihm nur vorübergehend. Heinrichs Hochmut und Macht steigern noch, als er die blutjunge englische Königstochter Mathilde heiratet. Während sich Mathilde an das Leben an einem deutschen Hof gewöhnen muss, entfremden sich Kaiser Friedrich und seine Gemahlin Beatrix voneinander.

In der Mark Meißen wird in Ritter Christians Siedlerdorf Silber gefunden. Markgraf Otto zögert nicht, daraus den größten Nutzen zu schlagen - ein Entschluss auch mit Auswirkungen auf das Machtgefüge im Kaiserreich. Die Front der Fürsten gegen Heinrich den Löwen, an der Otto und seine Brüder maßgeblich beteiligt sind, zwingt den Kaiser zu handeln, obwohl er dem Löwen bislang jedes Unrecht nachsah. Wer wird sich am Ende behaupten? (Verlagsinfo)

Sabine Ebert nimmt sich vielen Themen an und erzählt diese vortrefflich, berührend, sensibel und vor allem Nachhaltig. Ihre Perspektive ist die eines neutralen Beobachters, einer unterhaltsamen Analytikerin, die dieser Reihe ein historisches Echo gegeben hat. Die Reihe spricht auch von einer Rivalität der Fürstenhäuser – ein realistisches „Game of Thrones“ – inhaltlich mit allen Szenarien, die man sich denken kann. Die beiden führenden Häuser der Staufer und der Welfen begegnen sich hier in der Politik, auf dem Schlachtfeld, am Hofe des amtierenden Kaisers. Beider Gier nach Macht hat einen hohen Preis. Letztlich nicht unbedingt für diese beiden adeligen Alphamännchen persönlich, sondern für die Menschen, für die sie eine beachtliche Verantwortung trugen. Deren beider Ego kostete wahrscheinlich tausenden Soldaten und Zivilisten das Leben. Völlig zerstörte Dörfer und Städte, die Vernichtung ganzer Familien – ob nun adelig, oder letztlich einfache Bauern. Der Blutzoll war hoch – und man fragt sich letztlich wofür?!

Auch in diesem Band – räumt Sabine Ebert mit dem Mythos um Kaiser Barbarossa konsequent auf und auch Heinrich der Löwe – der gerne mit seinen Klauen und Zähnen Tod und Verderben bracht, gilt nicht als der idealisierte, romantisierter Ritter seiner Zeit. In dieser Reihe spricht Sabine Ebert eine kristallklare Sprache – und räumt so ganz selbstverständlich mit vielen Klischees auf. Es gibt auch keine romantisierten Ideale – auf die sie sich als Autorin bezieht. Also nicht viel mit einer edlen Ritterfigur und einem holden Burgfräulein? Weit gefehlt – auch die gab es. Es gab Ritterlichkeit, vielleicht anders, als es in Filmen dargestellt ist, doch ja auch hier gibt es erzählerische Beispiele. Denkt man darüber nach, was Friedrich und Heinrich hätten alles gemeinsam erschaffen können, wenn sie sich nicht ständig selbst im Wege gestanden hätten!? Sicherlich waren beide für unser Land wie wir es jetzt kennen prägende, historische Figuren. Doch sie waren auch charakterlich Kinder ihrer Zeit. Pflicht, Ehre, Verantwortung für ihr eigenes Haus, zerstörten Ethik, Moral und Menschlichkeit.

Auch dies wird in dem vorliegenden Roman zur Kernaussage: „Der Preis der Macht“.

Wie schon im letzten Band zuvor – wird auch die Rolle der Frau als „Handelsware“ thematisiert. Eine Heirat aus Liebe – beide konnten sich glücklich schätzen, wenn aus gegenseitigem Respekt Liebe entstand. Ansonsten stand es in der Verantwortung der edlen Ehefrau männliche Erben zu zeugen. Ein Damoklesschwert – eine Erwartungshaltung, die auch so manche adlige Seele zerbrochen hat.

Wie immer, hat Sabine Ebert professionell recherchiert und sich wenig künstlerische Freiheiten herausgenommen. Brauchte sie auch nicht – Geschichte kann lebendig und unterhaltsam transportiert werden, man muss nur wissen wie.

Die atmosphärische Spannung ist Sabine Ebert perfekt gelungen. Die Dialoge egal um welches Thema es sich handelt, sind unterhaltsam aufgearbeitet. Begleiten wir die Ritter und Fürsten auf die Schlachtfelder, finden wir uns inmitten eines Angriffes wieder. Bildgewaltig –realistisch – und konsequent zeigt Sabine Ebert auch auf, dass ein Menschenleben wenig Wert war. Die Zerstörung einer ganzen Stadt, ist verstörend brutal erzählt – aber ungemein packend und auch hier steht die Authentizität im Vordergrund.  

Es gibt allerdings einen Kritikpunkt: Das Sabine Ebert inhaltlich die Geschichte der beiden Fürsten nach dem Sturz Heinrich des Löwen beendete und darauf verweist, dass die letzten 15 Jahre in ihrer „Hebammensaga“ erzählt wird, ist nicht nachvollziehbar. Wenn man schon die beiden Lebensläufe parallel erzählen möchte, warum wird dann die Reihe nicht souverän zu Ende erzählt?! Mich hat es sehr enttäuscht.

Fazit

„Schwert und Krone – Der Preis der Macht“ ist der krönende Abschluss einer historischen Reihe, die mit einer der besten ist, die ich je gelesen habe. Sabine Ebert hat es geschafft, nicht nur Geschichte bildgewaltig und unterhaltsam zu erzählen, sondern sich selbst weiterentwickelt. Willkommen im Olymp im Genre „Historischer Roman“. Der Name Sabine Ebert wird sich mit dieser fulminanten Reihe unvergessen machen.

Ein nachhaltiges Echo der Vergangenheit, dass bis in die heutige Gegenwart ankommt. Brillant.

Michael Sterzik

Mittwoch, 25. November 2020

Kaltes Gold - Cilla & Rolf Börjlind

 


Der sechste Band „Kaltes Gold“ von den beiden schwedischen Autoren Cilla & Rolf Börjlind ist wieder ein Garant für eine hochspannende Story. Das Ehepaar, die auch Drehbuchautoren sind, wissen wie man spannend, abwechslungsreich und zugleich tiefgründig man einen Krimi/Thriller schreiben kann.

Erinnern wir uns an den ersten Band: „Springflut“. Olivia Rönning war noch inmitten ihrer polizeilichen Ausbildung und Tom Stilton, der ehemalige Kriminalbeamte lebte als Obdachloser auf Schwedens Straßen. Desillusioniert und zerbrochen vegetierte er vor sich, ohne Orientierung und Aussicht darauf, wieder seinen „alten“ Platz, oder ein geregeltes Leben führen zu können. Seitdem hat sich viel getan – Olivia Rönning ist jetzt bei einer fast schon elitären Einheit der Kriminalpolizei und beißt sich souverän und selbstbewusst durch. Tom Stilton lebt nun mit seiner Freundin in Thailand – für ihn ist diese Zeit eine persönliche Kur, eine Reha Maßnahme, die ihn stärkt und zugleich auch verwirrt. Er war ein sagenhaft kompetenter und guter Kriminalbeamter – und er ist es noch immer, nur so einfach ist es nicht, sich das selbst einzugestehen und um dann die nächsten, zielführenden Schritte zu unternehmen.

Schneeschmelze in den Bergen Lapplands. Die Leiche eines Mannes wird freigelegt. Erschossen – vor zirka 20 Jahren. Olivia Rönning nimmt die Ermittlungen auf. Auf dem Weg zur Fundstelle gerät ihr Hubschrauber in einen Sturm und stürzt ab. Als Olivia aufwacht, ist sie auf sich gestellt, das Funkgerät funktioniert nicht. Sie befreit sich aus dem Wrack und rettet sich in eine einsame Fischerhütte. Doch sie ist nicht allein an diesem unwirtlichen, von der Welt abgeschnittenen Ort, denn jemand will unbedingt verhindern, dass die Wahrheit über den Toten ans Licht kommt. Als Tom Stilton erfährt, was Olivia zugestoßen ist, gibt er sein ruhiges Leben in Thailand auf, um ihr zu helfen.(Verlagsinfo)

Sie sind reifer geworden, ernster – zielorientierter. Das trifft auf insgesamt alle Hauptpersonen zu, die man in den letzten fünf Bänden kennen- und lieben gelernt hat. In „Kaltes Gold“ begegnen wir dem messerwerfenden Abbas wieder, oder den nervigen, schrulligen Informanten  - der Nerz, aber auch Olivias frühere Chefin Mette und ihr Ehemann  haben ihre Auftritte in diesem vorliegenden Band.

Besonderen Raum nehmen diesmal die Nebengeschichten ein. Und diese präsentieren sich über die privaten Herausforderungen der Hauptfiguren. Gerade das Privatleben von Olivia nimmt ausgesprochen viel Raum ein, und wirkt manchmal überproportional zu hoch. Betrachtet man die Gewichtung der Perspektiven aus der die Handlung erzählt wird, so ist die von Olivia die absolut überwiegende. Tom Stilton kommt natürlich auch zu Wort, aber dessen Rolle, ist vielmehr  zu der einer wichtigen Nebenfigur geworden.

Dadurch wird die Hauptstory nicht weniger interessant, oder spannend, aber weniger private Geschichten hätten es auch getan. Was das Autorenehepaar damit bezweckte, wird man in dem nächsten Band sehen, denn hier gibt es einige, offene Enden, die ggf .auch überflüssig sind.

Spannend ist „Kaltes Gold“ ohnehin. Souveränität ist hier das Stichwort – und originell und aktuell ist das verwendete Thema allemal, doch auch hier erlebt man durch ein geschicktes Setting, die eine oder andere überraschende Wendung.

Atmosphärisch insgesamt gut – kommt aber, an den einen oder anderen Vorgängerband nicht heran. Schade – denn die Story hatte großes Potenzial, dass leider aufgrund der komplexen Neben- und Privatgeschichten nicht ausgeschöpft wurde.

Fazit

„Kaltes Gold“ ist wärmer als gedacht. Nicht der stärkste Band der Reihe – aber dennoch hebt sich dieser noch von vielen anderen Titeln des Genre ab. Man mag gespannt sein, wie es weitergeht. Eine Reihe – die durchaus das Potenzial hat zum Kult zu werden – aber etwas fehlt leider noch.

Michael Sterzik

Samstag, 21. November 2020

Die Schwertchronik - Der Gesandte des Papstes - Christoph Lode


Wir kennen den sympathischen Autor Christoph Lode auch unter seinem Pseudonym „Daniel Wolf“ – der mit seiner historischer Romanreihe um die Kaufmannsfamilie der Fleurys national, wie auch international einen beachtlichen Erfolg vorzuweisen hat.

Der vorliegende Titel: „Die Schwertchronik – Der Gesandte des Papstes“ ordnet sich nicht im Genre „Historischer Roman“ ein. Das Grundgerüst bildet natürlich die Zeit der Kreuzzüge, doch die Handlung ist eher mystisch und phantastisch gemalt.

Die Werke kann man bitte auch nicht miteinander vergleichen. In keiner Weise gibt es Parallelen, oder Ähnlichkeiten. Selbst Ausdruck, Stil und Sprache unterscheiden sich so stark, als wäre gäbe es tatsächlich zwei sehr unterschiedliche Schriftsteller.

Ein geheimer Auftrag des Papstes führt den jungen Ritter Raoul von Bazerat 1303 nach Jerusalem: Unter dem Vorwand, auf Pilgerfahrt zu sein, soll er das sagenumwobene Zepter des Heiligen Antonius finden. Für den todkranken Raoul ist die Reise möglicherweise die letzte Gelegenheit, seinem bislang recht ausschweifenden Leben einen Sinn zu geben. Doch der Tod könnte den Ritter schneller ereilen als gedacht, denn inmitten von Kriegshandlungen, Intrigen und Machtkämpfen im Heiligen Land ist Raoul ist nicht der Einzige, der das Zepter in seinen Besitz bringen will. Bald sitzen ihm päpstliche Handlanger ebenso im Nacken wie die Söldner des Sultans.Auf einer halsbrecherischen Flucht trifft Raoul auf die Ägypterin Jada. Auch sie hütet ein unfassbares Geheimnis – und kennt als Einzige die Wahrheit über das Zepter des Antonius (Verlagsinfo)

„Die Schwertchronik – Der Gesandte des Papstes“ ist ein spannender und unterhaltsamer Abenteuerroman. Ein Roman der Spaß macht, und auch deren mystische Elemente interessant sind – denn hinter jeder Mystik verbirgt sich auch ein wahrer Kern. Auch die Figurenzeichnung kommt natürlich nicht an derer einer Familiensaga an. Zwar sind die Figuren auch vielschichtig dargestellt, aber die Handlung konzentriert sich weniger auf aufschlussreiche und tiefgehende Dialoge, sondern eher auf actionreiche Elemente in der deren öfters man die Klingen gekreuzt werden.

Atmosphärisch transportiert Christoph Lode die Spannung recht angemessen. Die Handlung ist leider auch vorhersehbar, sodass es an fast keiner Stelle wirkliche Überraschungen gibt. Auch Nebengeschichten und Figuren gibt es leider nicht. Rückblenden in die Vergangenheit – gerade die der Ägypterin Jada – viel zu wenige. Also auch hier nur eine starke aber gelungene Oberflächlichkeit.

Ich vermute auch, dass der Roman dem Autor Christoph Lode viel Spaß gemacht haben dürfte. Das historische Umfeld ist sehr gut recherchiert und beschrieben. Auch die politischen Beziehungen der Länder und die Motive des Papstes, oder des Sultans sind zwar recht frei interpretiert, aber durchaus interessant aufgezeigt.

Fazit

„Die Schwertchronik – Der Gesandte des Papstes“ von Christoph Lode ist ein spannender Abenteuerroman. Ein Mantel-und-Degen Abenteuer das unterhaltsam ist, aber auch eine Geschichte deren Potenzial, auch durch eine historische Reihe durchaus ausgebaut hätte werden können. Kurzweilige, aber gute Unterhaltung.

Michael Sterzik

Sonntag, 15. November 2020

Zerrissen - Michael Tsokos


Der vorliegende Band „Zerrissen“ ist der aktuellste der Reihe und der vierte Roman um den Rechtsmediziner für Gewaltdelikte beim BKA – Fred Abel.

Das Subgenre „True Crime“ hat sich schon längst im übergeordneten Genre Krimi/Thriller durchgesetzt. Die Realität schreibt nun mal die besten Geschichten, und tragischerweise leider auch mit die brutalsten.

Reden wir über Gewaltdelikte – reden wir darüber was Menschen sich alles an grausamen Methoden einfallen lassen, um einander zu töten, oder schwer zu verletzen. Prof.Dr. Michael Tsokos und seine Mitarbeiter im Institut für Rechtsmedizin an der Charité begegnen den Tod jeden Tag auf dem Sektionstisch. Seit 2007 ist Michael Tsokos der Leiter dieser Abteilung und schon längst auch international ein anerkannter Experte auf diesem Fachgebiet der Medizin.

In der ersten drei Bänden stand als Co-Autor Andreas Gössling an seiner Seite. Mit dem ehemaligen BILD-Nachrichtenchef Wolf-Ulrich Schüler, der seit 2019 stellvertretender Chefredakteur in der Zentralredaktion der Mediengruppe RTL ist dies Nachfolge, der höchstwahrscheinlich auch am zukünftigen 5.Teil der Reihe mitwirken wird.

Dr. Fred Abel muss vor Gericht in einem besonders schweren Fall von Misshandlung aussagen. Bei dem Opfer, einem kleinen Mädchen, handelt es sich ausgerechnet um die Nichte seiner langjährigen Kollegin Sabine Yao. Das Verhältnis zwischen den beiden Rechtsmedizinern ist dadurch äußerst angespannt.
Währenddessen findet Privatermittler Lars Moewig, Fred Abels alter Freund, in seinem Kickboxclub eine grausam zugerichtete Leiche in einem Boxsack. Lars muss wissen, wer in seinem Club Männer in Sandsäcke einnäht und bittet Abel um Hilfe. Schon bald führen ihre Nachforschungen sie in die Welt der libanesischen Drogen-Clans. Eine Schattenwelt, in der es weder Gefangene noch Zeugen geben darf, seien sie auch noch so jung und unschuldig …(Verlagsinfo)

„Zerrissen“ ist dieser neuester True-Crime-Thriller hochaktuell. Die deutsche Justiz geht immer mehr gegen sogenannte Clans vor, die die verbrecherische Unterwelt beherrschen und ähnliche mafiöse Verbindungen und Strukturen aufweisen, wie die Nachbarn aus Italien. In der Realität gibt es Clans aus vielen Ländern, die sich hier organisieren – Afrika, Russland, Asien, Europa und auch aus dem Osten. Das es zu blutigen Revierkämpfen kommt, steht außer Frage.

In dem vorliegenden Band spielt eine arabische Großfamilie, die Hauptrolle. Clankriminalität in Berlin? Natürlich – ein hart umkämpftes Gebiet. Also hier auch keine Fiktion, sondern traurige Realität. Im Nachwort geht Michael Tsokos auf die verwendeten Verbrechen näher ein.

Insgesamt ist der Titel „Zerrissen“ gut – aber kommt nicht an die Intensität der anderen Teile heran. Vielleicht liegt es nicht unbedingt an Michael Tsokos – vielmehr an seinem Co-Autor, der wenig professionelle Erfahrung vorzuweisen hat – damit erklärt sich dann auch die seichte Oberflächlichkeit. Leider – denn die Schicksale insbesondere das einer offensichtlichen Kindesmisshandlung gehen unter die Haut. Trotzdem sind diese ohne viele Emotionen geschildert und kommen ohne viel Tiefgang daher. Definitiv an Gewichtung hat der Fachjargon gewonnen – zwar auch sehr, sehr interessante – könnte aber für den einen oder anderen Leser mehr als Sachbuch, wie als ein unterhaltsames Buch zu sehen sein. Medizinische Untersuchungsmethoden und Obduktionsergebnisse gibt es also mehr wie genug.

Das Tempo ist mehr wie hoch und wirkt manchmal etwas gehetzt. Das gilt für die Hauptstory, wie auch für die Nebengeschichten, die eigentlich bis auf einem Part keine ist. Das die beiden Autoren, die organisierte Kriminalität durch einen Clan thematisieren ist neben der Aktualität gemessen gut – aber auch hier spielt der Faktor „Oberflächlichkeit “ eine tragende Rolle. Leider nehmen sich die beiden Autoren nicht die Zeit, deren Aufbau, deren Struktur und Motivation in den Vordergrund zu stellen. Stattdessen zeigt man deren brutale Durchsetzungskraft und stellt eine Rache in die erste Reihe. Schade.

Kommen wir zurück zu den Nebengeschichten, die allzu stark konstruiert wirken und sich unrealistisch zeigen. Kommissar Zufall spielt hier auch nebenbei mit und ist völlig fehl am Platze.  

Ich bin ja ein wirklicher Freund von Nebengeschichten, denn diese tragen ja im Grunde die gesamte Haupthandlung, doch die Lebensgefährtin von Dr. Abel einzubauen war absolut überflüssig. Es passt einfach nicht in das Gesamtbild.

Trotzdem war der Roman sehr spannend und vor allem unterhaltsam – also im Grunde Ziel erreicht. Thematisch überzeugt es eben auch dadurch, dass wir hier über True Crime sprechen. Der Anspruch ist erfüllt und ich freue mich auf einen weiteren Band mit Dr. Fred Abel.

Fazit

„Zerrissen“ ist ein unterhaltsamer, spannender True-Crime-Thriller mit einer geschilderten Brutalität, die unter die Haut geht. Es gibt hinlängliche Schwachpunkte – aber trotzdem, auch wenn er mit Abstand der schwächste aus dieser hervorragenden Reihe ist – absolut zu empfehlen.

Michael Sterzik

Samstag, 14. November 2020

Wolfssommer - Hans Rosenfeldt


Die schwedische Krimireihe mit seinem Protagonisten „Sebastian Bergmann“ (Der Mann, der kein Mörder war. U.a.) gehört zu Recht zu den besten Spannungsromanen in diesem Genre. Zusammen mit Michael Hjorth veröffentlichte er bisher sechs Romane um den Kriminalpsychologen, der menschlich zudem den Charakter eines menschlichen Katastrophengebietes aufweist.

Nun ist im Rowohlt Verlag sein erstes Soloprojekt „Wolfssommer“ veröffentlicht worden. Der Auftakt einer neuen Reihe – die sich nun auch beweisen muss. In seinem Heimatland Schweden ist er nicht nur ein sehr angesehener Autor, sondern zählt auch zu den großen und bekannten skandinavischen Drehbuchautoren.

„Wolfssommer“ spielt in der schwedischen Stadt Haparanda, nahe an der finnischen Grenze.

In der schwedischen Stadt Haparanda wird ein toter Wolf gefunden. Als die Behörden das Tier untersuchen, finden sie im Magen menschliche Überreste. Nachforschungen führen die Ermittler auf eine Spur: In Finnland ist ein Drogendeal aus dem Ruder gelaufen, es gab mehrere Tote. Und daher tauchen gleich mehrere Kriminelle in Haparanda auf - allen voran Profi-Killerin Katja, die für ihren russischen Auftraggeber Drogen und Geld zurückholen soll. Die leitende Polizistin vor Ort, Hanna Wester, hat noch ganz andere Probleme: Sie befürchtet, ihr Mann könnte sie verlassen, die Affäre mit ihrem jüngeren Chef macht es nicht besser. Doch Hanna steht ihre Frau.(Verlagsinfo)

Dieser Debütroman mit der „Sebastian Bermann Reihe“ zu vergleichen, ist mitunter nicht ohne weiteres möglich. Atmosphärische Spannung kommt zwar auf, und stellenweise gelingt es dem Autor auch den Spannungsbogen relativ hochzuhalten, doch seine Intensität ist gerade mal als ausreichend zu bezeichnen.

Das Duell der beiden Hauptprotagonistin – der russischen Killerin und der leitenden Polizistin Hanna hat zwar den Anspruch vielseitig, tiefgründig zu sein – ist es allerdings leider nicht. Es ist vielmehr sehr oberflächig und trotz der Nebengeschichten, denen hier eine gute Bühne gegeben wurde, hätte es viel, viel mehr sein dürfen, um wirklich überzeugend zu wirken.

„Wolfssommer“ ist nicht langweilig, es passiert ja auch recht viel und es gibt unzählige Nebencharaktere, die die Story elementar tragen sollen, aber halt überflüssig daherkommen. Dadurch, dass die Spannung nicht immer präsent ist, weist der Roman absolute Längen auf,und man muss schon etwas hartnäckig sein um nicht den Faden zu verlieren.

Der Roman soll komplex wirken, allerdings viel zu oft und sehr verwirrend. Die perspektivischen Wechsel sind zwar gelungen, aber man erfährt viel zu wenig von den Charakteren – auch das wechselt – manchmal zu viel, und wann man dann meint es wird aufschlussreich, verliert es plötzlich an Tiefe.

Fazit

„Wolfssommer“ ist spannend. Aber leider nur durchschnittlich. Es fehlt an der Komplexität der Figuren, die noch zu eindimensional wirken. Der Auftakt ist gelungen, aber es fehlt noch viel an Spannungsmomenten und einer Atmosphäre, die letztlich überzeugt.

Michael Sterzik