Mittwoch, 3. Mai 2023

Die Wahrheit - Mattias Edvardsson


Alltagsprobleme und ihre Herausforderungen -ein jeder kennt sie und das schier friedvolle, angenehmes Leben kann sich sehr, sehr schnell ins Gegenteil umkehren. Krankheit, Arbeitslosigkeit, Schwierigkeiten im Beruf oder Studium, finanzielle Nöte – seien wir ehrlich, die Mehrheit von uns dürfte diese Situationen bereits kennengelernt haben. 

 

Not macht erfinderisch, kann aber jeden Menschen situativ zu taten verführen, die jenseits der Gesetze sind. Die die Grenzen von Ethik, Moral und auch der Vernunft deaktivieren. Der Kriminalität sind also Tür und Tor geöffnet. Kann man dies als „Böse“ bezeichnen, sicherlich nicht – aber die Wahrheit ist aus verschiedenen Perspektiven ist schwierig zu bewerten. 

 

Der vorliegende Roman von Matthias Edvardsson: „Die Wahrheit“, der eigentlich ein Krimi sein soll, vielleicht ein Thriller ist schwer in diesem Genre einzuordnen. Eigentlich ist die ganze Geschichte nur eine einbändige Chronik von Alltagsproblemen und Sorgen, dabei wenig bis gar nicht spannend und inhaltlich noch weniger unterhaltsam. 

 

Bill verliert seine Frau an Krebs und wird von einem Tag auf den anderen alleinerziehender Vater. Um seine Rechnungen bezahlen zu können, vermietet er ein Zimmer an die Jurastudentin Karla.
Karla arbeitet als Reinigungskraft für Steven und Regina Rytter. Schnell merkt sie, dass mit dem Paar etwas ganz und gar nicht stimmt. Denn warum verlässt die Ehefrau des angesehenen Arztes nie ihr abgedunkeltes Schlafzimmer?
Jennica, die ehemals beste Freundin von Bills verstorbener Frau, steckt mitten in einer Lebenskrise. Als sie Steven über eine Dating-App kennenlernt, scheint sie ihr Glück gefunden zu haben. 
Doch dann werden Steven und seine Frau tot in ihrem Haus aufgefunden …(Verlagsinfo) 

 

Es ist undefinierbar, eine Trennung von Haupt- und Nebengeschichten zu erkennen. Irgendwie ist alles Drama – absolut authentisch, aber dennoch und trotz der immer gegenwärtigen Achterbahn der Emotionen, sehr langweilig. Die Geschichte plätschert vor sich hin – aus vielen verschiedenen Perspektiven geschildert, erkennt man keinen roten Faden. Viele Charaktere – und auch hier ein identisches Muster, keiner nimmt eine bestimmte Richtung ein – weder Haupt- noch Nebenfigur sind erkennbar. 

 

Zwischendurch folgen Auszüge aus polizeilichen Befragungen, die zwar hilfreich sind, um den „Mörder“ zu identifizieren, doch auch hier zu wenig Substanz haben.

 

Die emotionale Eskalationsspirale dreht gewissermaßen völlig frei. Ich kann „Die Wahrheit“ nicht im Genre Krimi einordnen. 

 

Das Positive an diesem Roman ist, dass der Autor Mattias Edvardsson wirklich schriftstellerisches Talent hat, er dies aber wenig offensiv zeigt. Melodramatik gehört zu einem Krimi ggf. dazu, aber hier völlig über-proportioniert. 

 

Fazit 

Sehr langweilige Geschichte, die inhaltlich künstlich verlängert am Leben gelassen wird. Keine Spannung – keine Charaktere, die hier wirklich überzeugen können. 

Beispiellose Langeweile, die sich hier in den Vordergrund drängt. 

 

Michael Sterzik

Sonntag, 30. April 2023

Nachtjagd - Jan-Erik Fjell


Der vorliegende Titel: „Nachtjagd“ wurde in Norwegen für den renommierten Riverton-Preis nominiert im Bereich – Krimi. Wohlverdient, wie ich es jetzt schon einordnen kann. Es gibt ja inzwischen viele skandinavische Thriller auf dem deutschen Buchmarkt – Krimis und Thriller aus Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen – im Norden wird halt öfters (un)willkürlich gemordet, aber das ist wirklich nur ein überzeichnetes Klischee, dass im Verhältnis analysiert, nicht den Tatsachen entspricht. 

 

Sehr wohl den Tatsachen entspricht der Spannungsbogen, der sich im Grunde gar nicht entspannt. Die Story, die sich in zwei Zeitzonen auslebt, ist ein erzählerisches, gut durchdachtes Labyrinth. Jan-Erik Fjell verflechtet seine Story nicht nur über die Vergangenheit und Gegenwart, sondern katapultiert den Leser auch in den Todestrakt und Hinrichtungsraum in einem texanischen Gefängnis. 

 

„Nachtjagd“ ist einer der wenigen Krimis, die es schaffen, ohne gängige Klischees auszukommen. Kein Kommissar, der sich als ein Antiheld aufspielt und kein Mörder, der das „Böse“ personalisiert. Gleichwohl verteilt sich die atmosphärische Spannung gut, wobei der Ausflug in die Vergangenheit sich als ein wenig stärker präsentiert.

 

Am Ufer eines Sees in Norwegen wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, ihr geschundener Körper ist mit Wunden übersät. Kriminalkommissar Anton Brekke von der Polizei Oslo läuft es bei dem Anblick eiskalt den Rücken herunter. Wenn sich sein Verdacht bestätigt, dann hat der flüchtige Serienmörder Stig Hellum sein grausames Werk wiederaufgenommen – und bereits sein nächstes Opfer im Visier. Für Brekke beginnt ein Kampf gegen die Zeit und gegen unvorstellbar Böses. Denn der Fall ist mit einem Mann verbunden, der in Texas in der Todeszelle sitzt und nun sein Schweigen über eine verhängnisvolle Nacht vor über zehn Jahren bricht …(Verlagsinfo) 

 

Genau dieser Part, in dem der Todeskandidat rückblickend einem Geistlichen seine Verfehlungen und Sünden „beichtet“ springen wir in eine so dichte Atmosphäre, die wir am liebsten gar nicht mehr verlassen wollen. Im Vorhof des Todes, im Angesicht einer Todesspritze wird es intensiv dramatisch, wie auch traurig. 

 

Der Autor spielt mit vielen Elementen; die wir aus anderen Werken anderer Autoren schon kennengelernt haben. Das wären ein Auftragskiller, die CIA, eine Kreuzfahrt, ein norwegischer Serienmörder usw. Da klingt nach altbekannten Mustern, aber die Kunst diese Spannung so selbstbewusst und selbstverständlich über den ganzen Roman konstant einzuhalten – das findet man eher selten. 

 

Die Charakterköpfe markieren nur noch mehr die Qualität der Story. Anton Breeke hat im wahrsten Sinne des Wortes „dicke“ Eier, selbstbewusst, analytisch und eine Führungspersönlichkeit, dabei auch eine spitze Zunge und einen ironischen Humor. Sein junger Partner handelt überlegt und rational, ruhiger insgesamt, aber wie sein Mentor, geht er in seinen Ermittlungen strukturiert vor. Die Interaktionen der beiden sind voll von humoristischen Spitzen und latenten, freundschaftlichen Provokationen und Wortspielchen. 

 

Der Autor Jan-Erik Fjell hält sich nicht lange mit Nebengeschichten auf, die es offensichtlich kaum gibt. Seine Konzentration bewegt sich auf diesen beiden erwähnten Zeitebenen. Sein schriftstellerischer Stil ist nicht einmalig, aber eben doch selbst in der skandinavischen Autorenwelt ungewöhnlich. Mit der Komplexität der Story, trickst der Autor den Leser in eine Atmosphäre, die es einem unmöglich machen, nur wenige Seiten am Stück zu lesen. 

 

Es gibt nicht viel Negatives. Die Auflösung der Story klingt ein wenig unrealistisch, aber mindert keineswegs die Unterhaltung. 

 

Jan-Erik Fjell ist ein Autor, den man sich merken sollte. Ich bin gespannt auf weitere Romane, die sicherlich auch bald ins Deutsche übersetzt werden.

 

Fazit

 

„Nachtjagd“ lässt die Nacht des Lesers etwas kürzer werden. Ungemeine intensive Atmosphäre und eine Spannung, die nicht nachlässt. Einer der wichtigen Krimis in diesem Jahr, die man lesen sollte. 

 

Michael Sterzik


Samstag, 22. April 2023

Der Morgen - Marc Raabe


Die Wahrheit – aus verschiedenen Perspektiven ist diese für die unterschiedlichen Menschen nicht immer gut. Sie kann verletzen, sie kann befreien und ebenfalls eine Bürde sein. Die Wahrheit ist eine variabel in einer Gleichung voller unbekannten Faktoren. Interpretierbar und man kann sie auch in jegliche Richtung verbiegen.

Letztlich drängt sie sich immer ans Licht und nur der Zeitpunkt könnte eine Überraschung sein. Die Wahrheit ist in der Realpolitik aus verschiedenen Standpunkten heraus gesehen nicht unschuldig. Und auch in Gesetzen und Vorschriften wirkt sie manipulierbar und äußerst angespannt.

Im neuesten Thriller von Marc Raabe geht es um die Wahrheit verschiedener Personen, in unterschiedlichen Berufen, um eine Freundschaft, eine Schuld und Rache. Marc Raabe jongliert mit vielen Themen wie z.B. die mediale Manipulation von Fakten, dem Einfluss von journalistischer Berichterstattung und um öffentliche Personen für die, die „Wahrheit“ Angriff oder Verteidigung darstellt.

Dabei beweist die Handlung eine hohe Aktualität von brisanten Themen und Marc Raabe geht originelle Wege mit seinen Figuren. Auch wenn der „Bundeskanzler“ in Person hier eine gewisse Nebenrolle spielt, so wird es nicht politisch. Hier wird dieser als „Mensch“ gezeigt, der aber seinen als öffentliche Person, politischen Anzug immer trägt. Aber ist er „Unantastbar“ wenn die Vergangenheit ggf. ans Licht kommt, so nachvollziehbar wie jugendliche Handlungen auch sein mögen? Als öffentliche Person werden alle Nuancen der Vergangenheit, der Gegenwart und einer geplanten Zukunft transparenter als man glauben mag.

Im morgendlichen Schneegestöber an der Berliner Siegessäule steht ein verlassener Kleinlaster. Auf der Ladefläche findet die Polizei eine halbnackte tote Frau. Jemand hat ihr mit roter Farbe etwas auf den Körper geschrieben - die Privatadresse des Bundeskanzlers.
Am Tatort trifft die unerfahrene und ehrgeizige Kommissar-Anwärterin Nele Tschaikowski auf den berüchtigten Ermittler Artur Mayer. Was sie nicht wissen: Das ist kein Zufall.( Verlagsinfo)

Das Ermittlerduo bestehend aus Art Mayer und Nele Tschaikowski ist ambivalent. Der erfahrende alte Wolf und der junge Nachwuchs. Beide starke Charaktere mit unkonventioneller Methodik eine Ermittlung durchzuführen. Die Figuren sind stark und tiefgehend erzählt. Die Vergangenheit von Art spielt eine große dramatische Rolle und verbindet den Kriminalfall und alte Freunde und Feinde. Die Wellen, die der junge Art und seine Freunde auslösen, erreichen sehr schnell die Gegenwart und dieser emotionale Tsunami könnte ihr Leben auf immer verändern.

Die Dialoge sind herausragend gut und Marc Raabe versteht es auch dadurch, die Stärken und Schwächen seiner toll aufgestellten Figuren sympathisch und authentisch darzustellen. Die Verletzlichkeit aller Charaktere unterstreicht nur noch mehr die gegenwärtige Spannung. Diese ist hoch – sie dreht und wendet sich, und viele Szenen kommen überraschend daher. Marc Raabe spart auch nicht den gegenwärtigen journalistischen Einfluss zu beschreiben. Wo fängt die Pressefreiheit an – wo hört sich auf – da wären wir also wieder beim Kernthema: der „Wahrheit“.

Loyalität und steht eine Freundschaft außerhalb der Gesetze? Genug Zündstoff um gesellschaftliche Themen genauer zu hinterfragen Der Balanceakt von Marc Raabe gelingt sehr gut – so spannend, tiefgründig und unkonventionell erzählt – damit gehört der Titel „Der Raabe“ zu einem Roman, den man unbedingt lesen sollte.

Er ist auch der Auftakt einer neuen Serie und beide Hauptfiguren haben viel Potenzial für weitere Storys.

Fazit

Ein Meisterwerk, das mit aktuellen Themen eine Spannung erzeugt, die fast beispiellos ist. Originelle Story, die eine perfekte Unterhaltung bietet. Prädikat: Ein must-read-Titel.

Michael Sterzik

Samstag, 15. April 2023

Der Paria - Der stählerne Bund von Anthony Ryan


Es sind doch die Schurken, die Diebe, die dunklen Gestalten, die uns manchmal mehr faszinieren, als die, sagen wir es ruhig, weichgekochten Helden, die keine Verschmutzung auf ihrer weißen Weste dulden. Die Antihelden und Grenzgänger in der Literatur sind interessant, gerade weil sie oftmals tiefgründig, und vom Leben enttäuscht und desillusioniert sind. Meistens sind es keine extrovertierten Menschen, sie sind still, ruhig, verschlagen und hochintelligent, sie besitzen feine mediale Antennen und bezeichnen sich selbst als Einzelgänger. Sie sind die Ausgestoßenen – nicht weil sie es müssen – sondern weil es ihr eigener Wunsch, vielleicht auch ihre Bestimmung ist. Ihr moralischer Kompass bewegt sich zwischen Gut und Böse, ohne auf eine Seite zu tendieren. Ihr Verständnis für Gerechtigkeit, für Moral und Ethik ist vielleicht der Wahrheit näher als vermutet.

Diese Figuren findet man in jedem Genre der Belletristik natürlich in abgewandelter individueller Form, aber die typische Charakteristik ist wie ein traditionelles Rezept.

Anthony Ryan hat in seinem vorliegenden Titel: „Der Paria – der stählerne Bund“ seiner Hauptfigur Alwyn, die Rolle eines gesetzlosen Ausgestoßenen förmlich auf den Leib geschrieben.

Ein Verrat trifft den Gesetzlosen Alwyn wie ein Blitz und führt auf einen Pfad voller Blut und Rache. Es dauert nicht lange, da findet er sich als Gefangener und Arbeiter in den Erzminen wieder, wo er unter den verwahrlosten Gefangenen Sihlda kennenlernt, eine Frau,die für diesen Ort seltsam gelehrt ist. Sie bringt Alwyn das Lesen und Schreiben bei. Und dann begegnet er auch noch Evadine, einer Frau, die aus ganz anderem Holz geschnitzt ist und an deren Seite er in den Kampf gegen dunkle Mächte ziehen wird. Beides wird ihn und womöglich das ganze Reich von Albermaine für immer verändern. (Verlagsinfo)

„Der Paria“ ist der Auftakt einer neuen Reihe von Anthony Ryan. Ein Fantasy-Roman, der inhaltlich ohne viel „Magie“ und anmutenden, klassischen unmenschlichen Figuren auskommt. Ebenso könnte die Story sich auch im Mittelalter wiederfinden.

Das Setting, die Ortschaften und Regionen – die verschiedenen Fraktionen, all das weist Parallelen zu historischen und uns bekannten Länder und Städten hin. Selbst die kulturellen und religiösen erdachten Erklärungen, könnte man in unserer, realen Welt adaptieren. Eigentlich alles, selbst das wenige, was an „Magie“ seinen Auftritt hat, könnte man als eine alternative, naturelle Medizin bezeichnen.

Es ist eine teilweise dreckige und natürlich ungerechte Welt, die Anthony Ryan hier erschaffen hat. Bürgerkriegsähnliche Konfrontationen – Machtansprüche verschiedener Herrscher, andere Völker und Kontinente – auch all das stellt eine Verwandtschaft zu unserer realen Welt dar.

Also nichts Spektakuläres, oder – aber man täuscht sich schnell. Die eigentliche Faszination zeichnet sich über die hervorragende Aufstellung und Beschreibung der Charaktere. Allen voran natürlich „Der Paria“ selbst – Alwyn ein zu Beginn jugendlicher Dieb und Räuber, der auch tötet, wenn es sein muss. Zwischen anderen Gesetzlosen aufwachsend, ist er einer der wenigen, die anders sind, die sich innerhalb dieser Gruppe distanzieren und ihren eigenen Weg gehen.

Damit konzentriert sich die Handlung überwiegend nicht auf die Schlachten, die später auch stattfinden, als unser „Paria“ gezwungenermaßen den Karriereweg eines Soldaten gehen muss. Die Story fokussiert sich auf das Schicksal verschiedener Figuren, die ihre Welt maßgeblich beeinflussen.

Nach und nach stellt der Autor seine Figuren zu einem stählernen Bund auf. Ein „Paria“ – ein Ausgestoßener, eine Diebin, ein einfaches versehrtes Mädchen, ein ehemaliger Adeliger und Ritter, der desillusioniert seinen eigenen Weg sucht, ein pflichtbewusster Soldat. Also insgesamt sind dies alles Charaktere mit verschiedenen Talenten, die als „Gemeinschaft“ vieles bewirken können.

Sie alle stellen als Symbol interpretiert, das wirklich „Gute“ dar, die Menschen, die im Schatten stehen, die immer ruhelos nach irgendwas suchen, die sich beklagend unter Einsatz ihres Lebens anderen helfen. Das ist, das eigentlich faszinierende an diesem sehr spannenden und tiefgründigen Roman.

Es gibt genug Actionszenen, doch als Auftakt ist dieser Roman eher ruhig, mit doch sehr spannenden Sequenzen. Sehr interessant sind die Dialoge der Figuren untereinander, das Abwägen zwischen den Entscheidungen, die diese entweder entzweien, oder noch näher zusammenbringen können. Gerade letzteres stellt für diese Schattengestalten einen inneren Konflikt dar.

„Der Paria“ ist damit ein sehr, sehr spannender und tiefgründiger Roman mit noch besseren Figuren. Der nachfolgende Band wird viele offene Fragen und die Schicksale dieser Figuren bestimmen. Es werden neue Gemeinschaften entstehen, und es werden wahrscheinlich auch Opfer gebracht werden müssen.

Die Handlung ist spannend, sie ist manchmal als brutal zu bezeichnen, wirkt aber nicht übertrieben. Die erzählerische Perspektive wird aus der Sicht von Alwyn beschrieben. Das Einzige, was mich wirklich sehr gestört hat, dass der Autor das Schicksal einzelner Nebenfiguren schon prophetisch erzählt.

Fazit

Ein Meisterwerk von Anthony Ryan. Unterhaltsame Spannung mit Figuren, die eine nachhaltige Atmosphäre bilden, denen man sich nicht entziehen kann. Ein großartiger Titel, den man lesen muss.

Michael Sterzik

Samstag, 8. April 2023

Feinde - John Grisham


Das gelobte Land – die Vereinigten Staaten von Amerika. Für viele Einwanderer, eine Möglichkeit sich ein neues Leben aufzubauen. Voller Hoffnung und Vertrauen träumten die Einwanderer aus Europa von einem „freiem“ Leben. Viele hinterließen alles, brachen alle Brücken ab, um neu anzufangen. Mit vielen Vorurteilen und Misstrauen hatten Sie es nicht leicht. Viele wurden enttäuscht und ihre Träume erfüllten sich nicht. Andere wurden kriminell, wieder andere sehr erfolgreich. Es gibt unzählige positive, wie auch negative Schicksale.

Für viele junge Menschen wurde der Sport zu einem Sprungbrett in den Wohlstand. In der High-School, oder dem College wurde so manches Talent entdeckt und gefördert.

Im vorliegenden Band „Feinde“ von John Grisham erzählt der Autor von dem Auf- und Abstieg zweier Söhne aus Einwandererfamilien.

Biloxi, Mississippi: Die Einwandersöhne Keith und Hugh wachsen in den Sechzigerjahren gemeinsam auf, verbunden durch eine scheinbar unverbrüchliche Freundschaft. Bis sie sich auf den verschiedenen Seiten des Gesetzes wiederfinden: Keith hat Jura studiert und ist Staatsanwalt geworden. Hugh dagegen arbeitet für seinen Vater, einen Boss der Dixie-Mafia. Eine tödliche Feindschaft entsteht, die vor Gericht ein dramatisches Finale findet.(Verlagsinfo)

Dieser Roman – „Feinde“ von John Grisham unterscheidet sich sehr von seinem vorherigen Werken. Man könnte fast meinen, dass ein anderer Autor unter seinem Namen dieses Buch geschrieben hat.

Die Einleitung gestaltet sich mehr als schwerfällig, die Aufstellung der Figuren, die Beschreibung der ersten Jahre für Keith und Jung, ihre sportlichen Ambitionen und natürlich die Karriere ihrer Väter, die beider Leben selbstverständlich stark beeinflusst haben. Insgesamt völliger überflüssige Passagen, überflüssige Personen und inhaltlich nicht interessant und ohne Spannung verfasst. Viele Informationen, ohne dass diese packend und wertvoll wären.

Zwei Familiengeschichten auf unterschiedliche Seiten des Gesetzes. Zwei Freunde, aus denen erbitterte Todfeinde werden. Die Passagen, die von einer Konfrontation beider ehemaligen Freunde vor dem Gericht erzählen, sind ab.

Wer also einen spannenden Justizthriller erwartet, wird sehr enttäuscht sein.

Die Atmosphäre der 60er Jahren, die von Aufbau, Entbehrungen, Tränen und Freude sprechen, gelingt es wenig zu überzeugen. Die Prohibition, der Auf-  und Ausbau einer mafiaähnlichen Vereinigung, selbst das Heranwachsen und auseinanderdividieren der beiden Protagonisten überzeugte mich nicht. Emotional wird es auch nicht, alles kühl und abgeklärt.

Entweder ist in diesem Roman alles zu viel, oder alles zu wenig erzählt.

Fazit

Der schwächste Band von John Grisham. Viel zu viel überflüssige Inhalte, eine schwache Charakterzeichnung und juristisch auf Sparflamme. Kann ich leider so nicht empfehlen.

Michael Sterzik



Freitag, 7. April 2023

Die Sünden von Natchez - Greg Iles


Der Dritte Band der „Natchez-Reihe“ von Greg Iles: „Die Sünden von Natchez“ bildet den krönenden Abschluss dieser Reihe, die zu den spannendsten gehört, die ich bisher gelesen habe.

„Wer ist denn nun der Mörder von Viola Turner? Wie ist ihre persönliche Verbindung mit der radikalen, rassistischen Organisation der „Doppeladler“- eine Abspaltung des Ku-Klux-Klans, die auch vor politischen Morden in der Vergangenheit nicht zurückgeschreckt haben?! Ebenfalls gibt uns Greg Iles einen komplexen, kulturellen Geschichtsunterricht über den Süden der USA.

Natchez – eine kleine Stadt inmitten des US-Bundesstaats Mississippi ist der Schauplatz der drei vorliegenden Bände: „Natchez Burning“ – „Die Toten von Natchez“ und „Die Sünden von Natchez“. Diese Trilogie umfasst knappe 3000 Seiten und erzählt anhand einer Südstaatenfamilie, dass Rassismus, Gewalt und Selbstjustiz noch immer ein nachhaltiges Thema sind. Wir leben in einer modernen Welt, mit ganz anderen Wertvorstellungen wie in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und früher, doch die alten tradierten Vorurteile und der Hass haben die Jahrzehnte und Generationen überdauert.

Der Mittelpunkt dieser Story bildet die komplizierte Vergangenheit der Familie Cage. Tom Cage, ein angesehener Arzt und Bürger von Natchez steht unter Anklage, seine frühere Krankenschwester ermordet zu haben, bzw. aktive Sterbehilfe durchgeführt zu haben. Hat Tom Cage Viola Turner ermordet, weil sie in den 60Jahren eine heftige, hemmungslose Affäre hatten? Eine Liebe zwischen einem „Weißen“ und einer Afroamerikanerin war gesellschaftlich im Süden der USA ein Tabu. Die aufkeimenden Bewegungen von Bürgerrechtlern, die sich für die Afroamerikaner einsetzen wollten, führten zu exzessiven Gewaltausbrüchen.

Einer der bedeutendsten Schriftsteller der USA sagte einmal: „Im Süden ist die Vergangenheit nicht tot. Sie ist noch nicht einmal vergangen. Die Sklaverei, die Trennung von Menschen verschiedener Hautfarbe, die beschnittenen Rechte und die gesellschaftliche Ausgrenzung der Afroamerikaner, und die allumfassende Gewaltbereitschaft – all das wird thematisch von Greg Iles verwendet, um eine hoch spannende Trilogie zu schreiben. Er beschreibt die Bürgerrechtsbewegungen und die politischen Durchsetzungsversuche, diese Unrechte zu überwinden, dieses düstere Erbe, das leider über Generationen hinweg spürbar ist.

 

Penn Cage, der Bürgermeister von Natchez, hat den Kampf gegen die Doppeladler aufgenommen – gegen jene Organisation rassistischer Weißer, die seit den sechziger Jahren seine Stadt terrorisieren. Doch nun steht sein Vater vor Gericht – wegen Mordes an einer Schwarzen, die er einst geliebt hat. Und der gefährlichste Doppeladler ist noch auf freiem Fuß und tut alles, damit sein Vater im Gefängnis stirbt. (Verlagsinfo)

Im dritten Band steht der Prozess von Tom Cage im Mittelpunkt der Handlung, der unter Verdacht steht, seine ehemalige Geliebte ermordet zu haben. Also wird hier weniger mit „Waffen“ gekämpft, was immer mal wieder vorkommt – es kommt zum rhetorischen Duell der Staatsanwalt und der Verteidigung, die eine brillante Spannung erzeugen. Es ist keine Auseinandersetzung von „Schwarz“ und „Weiß“ – jedenfalls keine die im Fokus steht. Es gibt andere Themen wie: Schuld, Sühne, Sterbehilfe, usw. die hier ihren Auftritt haben.

Das originelle und wirklich authentische bilden die Charakterzeichnungen. Selbst die „Guten“ sind nicht einfach eindimensional – die Sünden von Natchez – sind auch diese in Persona. Greg Iles erzählt von Generationskonflikten, die von Hass und einer traditionellen Erziehung quasi vererbt werden. Diese Wertvorstellungen aufzubrechen und der Versuch sich dem Hass zu entziehen, davon ist hier die Rede.

Es gab Opfer auf beiden Seiten und auch in diesem Band wird geliebt, gelitten und gestorben. Damit bedient Greg Iles in Perfektion unsere verschiedenen Emotionspunkte und erschafft dabei eine intensive Atmosphäre, der man nicht entkommen kann. Auch die Konfrontationen der Zeugen mit Wahrheiten und Lügen spitzen sich immer weiter zu, selbst wenn man denkt, dass es nicht spannender werden könnte – es wird noch viel spannender als man anfänglich vermutet.

Im letzten Band geht es weniger um den kulturellen, gesellschaftlichen, oder gar politischen Rassenhass – was ich schade finde, denn diese Themen bildeten u.a. auch den Mittelpunkt der vorhergehenden Romane. Die erzählerische Dynamik konzentriert sich auf die Vergangenheit und Gegenwart von Tom Cage.

Ich empfehle die drei Romane nicht unabhängig voneinander zu lesen. Die Komplexität dieser spannenden Story, lässt es überhaupt nicht zu.

Fazit

Die Trilogie ist ein „Meisterwerk“ – das die rassistische Vergangenheit des amerikanischen Südens in die Gegenwart katapultiert. Ein Spiegelbild – auch der gegenwärtigen Probleme im Süden der USA, die leider auch eine gesellschaftliche Realität ist. Diese Trilogie gehört mit zu den spannendsten Reihen, die ich jemals gelesen habe. Unbedingte Leseempfehlung.

Michael Sterzik




Donnerstag, 30. März 2023

Camelot - Giles Kristian


Die Sage von König Arthur und seiner Tafelrunde, von ehrenvollen Rittern, eine verhängnisvolle Liebe, dem Druiden Merlin und letztlich der Suche nach dem Heiligen Gral. Diese Legenden sind unsterblich und werde es womöglich immer sein. Das alte Britannien, aufgeteilt in viele lokale Fürsten und Königreiche, dass sich der Invasion der Sachsen entgegenstellen. Doch das Reich war uneins, und Arthur hatte die Möglichkeit, unter seinem Banner als Großkönig alle Fürsten zu einem. Er wurde verraten, von seinem eigenen Sohn, von Lancelot seinen treuesten Ritter und von seiner Frau. Arthur wurde zu einem Symbol der Freiheit. Es gab noch andere „Legenden“ wie sein Schwert Excalibur, oder seine legendäre Burg Camelot.

Das Wort „Camelot“ überdauert die Zeit und ist auch in unserem Sprachgebrauch ein Begriff für Freiheit und Rebellion und ebenso für umschreibt es einen Ort der Sicherheit und des Fortschrittes. Doch bleiben wir besser bei der Arthur-Sage. „Camelot“ ist der zweite Band um die mystische Legende um diese Männer und Frauen. Nach dem ersten Band „Lancelot“, der erfolgreich gelesen wurde, geht es nun weiter mit dem zweiten Band und widmet sich ganz der Karriere von Galahad, der als eine weitere Hoffnung gilt, denn die Sachsen werden mehr und der Widerstand der Briten weniger.

König Arthur ist tot. Längst vergangen sind die Tage, da sich die Fürsten Britanniens unter seinem Schwert Excalibur vereinten. Das Land ist ohne Herrscher. Marodierende Banden ziehen umher, die Bevölkerung hungert. In einem abgelegenen Kloster in den Sümpfen von Avalon bereitet sich ein junger Novize auf das Leben als Mönch vor. Doch als die Bogenschützin Iselle und der alternde Krieger Gawain in sein Leben treten, muss er sich seiner wahren Bestimmung stellen. Der junge Mann ist niemand anders als der Sohn des einst berühmtesten und gefürchtetsten unter Arthurs Kriegern. Er ist Galahad, Sohn des Lancelot, und sein Schicksal ist untrennbar mit dem Britanniens verbunden.(Verlagsinfo)

(König) Arthur war der Inbegriff eines edlen Ritters, das Idealbild von Ehre und selbstlosen Mut, von Einigkeit, Gerechtigkeit und Freiheit. Viele Bücher und auch Filme verwendeten diesen glorifizierten Ansatz der Ritterlichkeit. Glanz und Gloria. Giles Kristian zeigt das Britannien Arthurs in seinem zweiten Band, als düster, dreckig und gemein. Das Recht des Schwertes und der Brutalität zeigt das klare Bild des historischen Britanniens seiner Zeit. Der Traum und die Hoffnung, der Wille die Sachsen wieder ins Meer zu treiben, vereinen die „alten“ Helden um Gawain, Cai, Galahad, Merlin usw. Sie sind wirklich alt, die letzte, verhängnisvolle Schlacht, in der Arthur fiel – knappe 15 Jahre später.

In der Legende wird „Galahad“ als galant und edel dargestellt, in dem vorliegenden Roman „Camelot“ sind wird davon weit entfernt. Giles Kristian schildert ihn anfänglich als einen desillusionierten Novizen, der sich dem Christengott verschreiben will, doch das Schicksal katapultiert ihn, in die Rüstung seines verstorbenen Vaters „Lancelot“.

Giles Kristian interpretiert die Legende sehr, sehr frei, bedient sich aber umsichtig den Figuren dieser Sage. Selbst die „Magie“ eines kauzigen Merlins findet Verwendung, obgleich dieser nach links und rechts manipuliert, mit vielen Taschenspielertricks, doch dieser Druide ist und bleibt ein Stück dieser Legende.

Es dauert ein wenig bis der Roman an Fahrt gewinnt und inhaltlich passiert im ganzen Band relativ wenig, aber dafür intensiv. Der zweite Band gestaltet sich nach dem Motto „Suchen und Finden“ – Personen, Rituale, Relikte, Verbündete und viel Hoffnung darauf, die Hoffnung nicht gänzlich zu verlieren.

Es gibt viel Ironie und Sarkasmus in den Dialogen, eine ungefilterte raue Sprache, die die Geschichte einen authentischen Touch gibt. Es gibt leider wenig historische Quellen, die noch weniger Licht in diese Epoche bringen. Wahrheit oder Legende? Bekanntlich findet sich immer etwas „Wahrheit“ in diesen Überlieferungen.

Bis zur Mitte des Romans baut sich wenig Spannung auf, dafür aber die eine, oder andere Überraschung, wenn der Kreis der Figuren größer wird. An Actioneinlagen wird auch nicht gespart, und wie die übrigen Beschreibungen sind diese auch sehr bildhaft, konsequent brutal erzählt. Von „Camelot“ wird wenig, inhaltlich wenig gesprochen. Es wird von unseren „Helden“ besucht, allerdings befindet es sich in den Klauen der Sachsen und dem angepassten britischen Adel. Erst auf den letzten Seiten zeigt uns der Autor, was dieser mit „Camelot“ uns sagen möchte.

„Camelot“ ist ein Roman, auf dessen Geschichte man sich einlassen muss und man sollte „Lancelot“ vorher gelesen haben, um die Figuren besser verstehen zu können.

Auch mit diesem Roman ist die Geschichte noch nicht abgeschlossen und gespannt, welchen erzählerischen Bogen der Autor in seinem dritten Band verwenden wird, denn die „Legende“ ist eigentlich zu Ende erzählt. Also „was wäre, wenn“ – darum geht es schon jetzt und auch in der Fortsetzung, die kommen mag.

Alles deutet darauf hin, dass ich im dritten Band alle Schicksale erfüllen, allerdings und das ist lobenswert gibt es auch Verluste auf Seiten der „Guten Ritter“. Damit ist dieser Roman als Mittelteil ein munteres Luft-holen für den kommenden Endkampf.

Beide Bände sind nicht im Genre „Fantasy“ anzusiedeln, für mich eindeutig ein historisches Thema, da der Autor sinnbildgemäss und das Britannien kurz nach der Zeit des römischen Einflusses zeigt.

Fazit

Imposante Interpretation, die authentisch gesehen diese Legende weiter erzählt. Hervorragender Aufbau. „Lancelot“ und „Camelot“ kann ich sehr gut empfehlen.

Michael Sterzik