Montag, 10. Juni 2019

So finster der Zorn - Alex Thomas


Ist das „Böse“ in uns von vornerein ein fester Bestandteil unserer Neurologie? Liegt der Schlüssel zum Bösen in einer kryptischen Verkettung innerhalb unserer DNA? Welche sozialen Muster und genetischen Risikofaktoren sind bei Trieb- und Serienmördern analysiert worden um vielleicht die Auslöser zu erkennen und ggf. abschalten zu können?

Ist das Böse die Summe von insgesamt dramatischen Traumata und schrecklichen Erlebnissen, die in uns die Tür zur dunklen Seite öffnen? Heilbar – oder gibt es schlichtweg keine medizinischen Möglichkeiten in Form von Therapien, oder neurochirurgischen Operationen, die das Böse ausknipsen können!?

Interessante Gedanken, oder?! Doch dies ist keine Fiktion, kein Science Fiction – die Wissenschaft forscht schon relativ lange auf diesem Gebiet und noch immer dringt diese in Bereiche vor, die uns noch völlig hilflos und mit vielen Fragezeichen dastehen lassen.

Warum faszinieren uns gewissenslose und grundlose systematische mordende Menschen so sehr? Können wir ggf. auch Sympathien für diese „Monster“ entwickeln, wenn diese „Bestie“ ihresgleichen jagt?

Im Genre „Thriller“ tummeln sich viele Serienmörder – viele davon haben realistische Vorbilder, die inzwischen zum Kulturgut in der Literatur und Film gehören.

Das in Bremen lebende Schriftstellerehepaar „Alex Thomas“ beschreibt in ihrem neuesten Roman : „So finster der Zorn“ das „Böse“ in nicht abstoßendem Auftreten. Im Gegenteil – auch wenn deren Hauptfigur: Paula Tennant, Agentin der fiktiven Behörde ISA den Serientäter „Ghost“ jagt, so kann diese nicht ihr Gewissen abschalten. Selbstjustiz eines Mörders, der seinesgleichen foltert und brutal exekutiert – Die Waage der Gerechtigkeit und der Vergeltung wechselt immer mal wieder die Gewichtung und Paula Tennants moralischer Kompass verfängt sich in einem anziehenden und erbitternden Bereich, der sie selbst ängstigt.

Dieser dritte Band mit der Hauptfigur Paula Tennant und dem „Gost“ ist ein komplexer, hochspannender Pageturner. Ihre mörderische Beziehungskiste ist salonfähig und das Autorenehepaar katapultiert die Figur des „Ghosts“ in den Hochadel der Serienmörder. Selten hat man in der Literatur mit einem Serienmörder sympathisiert – in der sogenannten Todeszone zwischen Gut und Böse, kann man schon mal in einem emotionalen Minenfeld hochgehen.

Die Spannung in dem Titel: „So finster der Zorn“ in omnipräsent – sehr lobenswert allerdings ist der Stil des Autorenehepaars, die für sie ganz selbstverständlich Faktion und Fiktion auf wissenschaftlicher Art locker in einem spannenden Roman einbauen. Gar nicht überfrachtet, oder völlig übertrieben – sondern immer schön auf den Boden der Tatsachen bleiben. Der Leser wird nicht nur die Identität des „Ghost“ kennenlernen, sondern auch an seiner Vergangenheit teilhaben können. Damit verwischen sich die internen Grenzziehungen und Paula Tennant verläuft sich in einem Nebel ihren Gewissens und ihrer beruflichen Pflicht. Ein „Exit“ aus dieser nicht unbequemen Situation möchte sie sich anscheinend nicht unbedingt nähern. 

Die bestehende Trilogie ist komplex, aber nicht irreführend – es gibt ggf. mehrere Ausgänge und wenn nicht – Paula Tennant könnte in ihrem emotionalen Dschungel neue Wege bahnen – diese könnten aber verdammt „endlich“ werden.

Weiterhin eröffnet sich dem Leser ein völlig neues Handlungsfeld, dass auch in dem vierten Band weiter ausgebaut werden dürfte – die Wissenschaftlichen Thesen und medizinischen Möglichkeiten die Psyche zu kontrollieren? Ob nun mit neurochirurgischen Operationsbesteck, oder der traditionellen Couch beim Therapeuten bleibt noch offen. Informativ und innovativ allemal – Großartiger Schlenker.

„So finster der Zorn“ auch sein mag – er ist hochspannend, tolle Charakterzeichnung und toll wissenschaftlich mit einigen Fakten durchsetzt. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der „Ghost“ mehr erzählerisches Volumen bekommen hätte. Vielleicht lässt sich ja mal über eine Vorgeschichte nachdenken?

Stellenweise bedienen sich die Autoren aus dem Fundus anderer Ideen, die schon in anderen Titeln, ggf. leicht abgewandelt erfolgreich eingesetzt wurden, aber größtenteils verwirklichen sie ihren eigenen Stil. Bravo – weitermachen J

Wir werden beim lesen diesen Titels in einem imaginären Wartesaal zwischen den traditionellen Ein- und Ausgängen zwischen Gut und Böse sitzengelassen. Man wird nachhaltig dazu aufgefordert, sich zu fragen: „Wie würde ich ggf. an Paula Tennants Stelle reagieren? Das Böse mit dem Bösen zu bekämpfen – ist das eine Alternative, oder eine Verzweiflungstat!? Was passiert wenn man der Legalität ausweichen muss, um die Ausfahrt zur Gerechtigkeit nicht zu verpassen!?

Fazit

„So finster der Zorn“ handelt von einem Serienmörder, der, der nette böse Mann von Nebenan sein könnte (es aber nicht ist). Eine Figur, die wenn wann sie noch weiter ausbaut in den literarisch-kulturellen Hochadel berufen sein könnte.

Hochspannender Pageturner – Wissenschaftlich interessant – Grenzüberscheitende Emotionales Minenfeld. Perfekte Unterhaltung.

Michael Sterzik


Freitag, 7. Juni 2019

Wolfskrieg - Bernard Cornwell


Der britische Autor Bernard Cornwell ist seit Jahrzehnten ein begnadeter Autor im Genre „Historischer Roman“. Wie kaum ein anderer, besitzt er das Talent, konventionell geführte Schlachten der Vergangenheit literarisch  in seinen Romanen zum Leben zu erwecken.

Kriege wurden schon immer geführt – bei den wesentlichen Gründen ging es Macht, Region, Geld, Frauen, Religion und das über ganz verschiedene Epochen mit unterschiedlichen Waffengattungen und individuellen Strategien. Bernard Cornwell „Schlachtfelder“ befinden sich zu Zeiten des legendären König Arthurs, gehen über in die Wikingerzeit, dann den 100-jährigen Krieg, die Napoleonische Zeit, und auch der Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten wird betrachtet.

Jeder Krieg bringt große Helden und große Opfer mit sich und vergessen wir nicht das immense Leid der Zivilbevölkerung. In Bernard Cornwells historischen Romanen gibt es immer den einen „Helden“, der auch Dreh- und Angelpunkt in einer ganzen Serie sein kann. Der vorliegende Band: „Wolfskrieg“ ist der elfte Band der Uhtred-Saga von Bernard Cornwell. Der Recke der zwischen den Fronten von den späteren Briten und den einfallenden Wikingers gerät, der sich auch kulturell und religiös zwischen Thors Hammer und dem angenagelten Gott bewegt, zählt inzwischen schon satte 60 Jahre. Also alles andere, als ein „junger“ Krieger, aber erfahren und gezeichnet vom Krieg, von Verlust und Schmerz. Noch immer hält er sich an für ihn heiligen Schwüren und lassen ihn nicht zur Ruhe kommen.

Auch im 11. Band dieser Saga muss Uhtred das zusammenwachsende England vor den Wikingern, den Nordmännern retten. Sein Schwiegersohn Sigtryggr ist der letzte Heidenkönig auf der britischen Insel und nun fallen die Norweger mit ihren Wolfskriegern ein. Diese Elitekrieger schrecken vor nichts zurück und Uhtred stellt sich ihnen in den Weg.

„Wolfskrieg“ ist nicht nur ein spannender, historischer Roman, er überzeugt auch über das Duell der Religionen – die Nordischen Götter vs. dem Christentum. Und sowieso beschäftigt sich der Roman mit Mythen und Legenden, und man weiß ja, irgendwo gibt es da immer ein Stückchen Wahrheit. Nebenbei allerdings hat sich Bernard Cornwell durchaus historischer Quellen bedient um historische, politische und kriegerische Ereignisse treffend erzählen zu können.

Der erfolgreiche Autor bemüht sich um Authentizität und wird diesem auch gänzlich gerecht. Auch neben Schlachtgetümmel und Schwerter schwingenden Berserkern kommen die Dialoge nicht zu kurz. Man könnte meinen, dass der alternde Krieger Uhtred nicht nur weiser wird, sondern auch spitzzüngiger und er entwickelt einen trockenen, bissigen Humor. Besonders gefallen haben mir die Rede- und Fluchduelle der verehrten Priester und Zauberern. Das war mitunter auch ein Stück Komödie – allerdings nicht für die Figuren selbst.

„Wolfskrieg“ reiht sich als durchschnittlich spannende Titel in die bestehende Saga ein. Letztlich gibt es dann zum Ende hin viel Tragik, Dramatik und auch Opfer, die Uthred und seine Männer tragen müssen. Der Lohn eines geeinten Königsreichs kann verdammt hoch ausfallen. Ebenfalls kommt hier die lokale Politik immer wieder zum tragen – wie gesagt – Alfreds Traum eines geeinten Englands ist nicht mehr so weit abwesend, aber noch immer gibt es Konflikte, Neid und Doppelspiele. Also auch ein bisschen von einem historischen „Game of Thrones“.

Sehr wichtiger Aspekt noch: Diesen Titel kann man nicht lesen, wenn wann man die vorherigen nicht angefasst hat. Die Protagonisten, die Politik und die Grenzen der einzelnen Königreiche, auch und gerade wegen dem Einfluss der Wikinger auf diese Insel, könnte man überhaupt nicht mehr folgen.

Trotzdem muss ich an dieser Stelle betonen, dass es gut wäre, diese Reihe jetzt einmal zu beenden. Sonst wird aus dieser komplexen, historischen Saga, die wirklich spannend ist, eine abenteuerliche Räuberpistole, die an Tief und Authentizität viel verlieren kann.

Fazit

„Wolfskrieg“ von Bernard Cornwell wirkt überzeugend – durch Spannung, Humor und durch seine Charaktere, die durchaus auch ihre sterbliche Seite zeigen. Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem geeinten England. Es wird allerdings höchste Zeit – diese Saga zu beenden.

Michael Sterzik


Samstag, 1. Juni 2019

NSA - Andreas Eschbach


„Was wäre wenn...?“ oder „Was wäre passiert wenn es damals schon, dass .....gegeben hätte? Elementare Fragen – auf die wir keine Erklärung finden können, die Vergangenheit ist passiert, sie ist nicht wieder rückgängig zu machen – Die Würfel sind gefallen – Punkt – Fakt – Geschichte.

Andreas Eschbach muss sich diese Frage allerdings auch gestellt haben. Einfach mal ein Gedankenspiel – das Dritte Reich hätte in den Kriegsjahren und ggf. schon Jahre vorher die Vielzahl von multimedialen und technisierten Kommunikationsmöglichkeiten gehabt. Computer, Email, Internet, mobile Endgeräte...usw. Wäre der Krieg womöglich anders ausgegangen, wenn wir gegenüber den Alliierten diesen wesentlichen Vorteil gehabt hätten!?

In Andreas Eschbach vorliegenden Roman: „NSA“ (Nationales Sicherheits-Amt) ist dieses o.g. Gedankenspiel, die Grundlage für diesen Roman. Vorab sei zu sagen, es gibt beim Lesen dieses Titel ein Merkmal, dass man beachten muss. Wenn sich der Leser schon vorab mit der Thematik des Dritten Reiches, des Nationalsozialismus und dem 2.Weltkrieg befasst hat und sowieso schon weiß, welche technischen Überwachungsmöglichkeiten, die Geheimdienste der führenden Staaten einsetzen kann, für den wird der Roman nicht mehr wie unterhaltsam sein.

Nazis, die sowieso gezielte Propaganda einsetzen, die Medien zensieren, die Menschen überwachen, manipulieren und letztlich vernichten konnten – all das wissen wir schon. Die Eskalationsspirale hätte sich schneller gedreht, wenn diese Nationalisten instrumentalisiert alle Kommunikation in ihrer Monopolstellung eingesetzt hätten!? Ist dem so? Andreas Eschbach erzählt die Story in dem vorliegenden Band sehr eindimensional und nur aus der Perspektive des Deutschen Reiches um 1942. Die Menschen sind zumeist alle ausgestattet mit Handys und können aktiv und passiv von der NSA abgehört werden. Nebenbei natürlich geortet usw. Eine Welle von individuellen Daten der deutschen Bevölkerung, die analysiert werden um innere Feindseligkeiten und Kritiker des Systems auszuschalten.

Verbrecherisch in jedem Fall – aber ist das eine überraschende Botschaft?! Eine globale Überwachung unserer Kommunikationskanäle....oh Gott, welche brisantes Thema. Sorry – dass ist nicht „Neu“.

Die Protagonisten im Roman sind naiv, verbrecherisch, nicht weitsichtig genug und schlichtweg einfach zu dumm. Die Tiefe der Story lässt zu wünschen übrig, da die Perspektive nur sehr eindimensional ist und ganz ehrlich – unrealistisch.
Andreas Eschbach verbindet in seinem Titel viele Themen, Personengruppen und Situationen in einem Netz, die man schon kennt: Anne Frank, die Vernichtung der Juden, Stalingrad, die Weiße Rose u.a. Alle Themen werden mir einfach viel zu oberflächlich erzählt, inkl. den Protagonisten.

Wo hat der Autor die anderen Nationen ins Bild gerückt? So gut wie gar nicht – Das Deutsche Reich ist führend in der Welt – die anderen Staaten sind uns nicht gewachsen.....! Interessant wäre es gewesen, wenn wir schon über Globale Verhältnisse lesen und reden wollen – was hätten die anderen Nationen in dieser Situation gemacht!? Deutschland als großer, Global Player und die Alliierten laufen uns hinterher?!

„NSA“ von Anderas Eschbach ist wenn man die Zielgruppe erreichen möchte, ganz klar als „Jugendbuchroman“ anzusehen. Für den einen, oder anderen jungen Leser, der zwar auch ein Handy hat und damit kommuniziert, aber noch lange nicht weiß, was er da eigentlich in den Händen hält, vom Datenschutz einmal ganz abgesehen, mag der Roman interessant sein – für ältere Leser nur durchschnittlich gute Unterhaltung ohne wirklichen, nachhaltigen Mehrwert.

Interessanter wäre es vom Autor zu lesen, welche Einsatzmöglichkeiten, inklusiver hoch motivierte Krimineller Energie auf Staatsebene, vielleicht in einem totalitären System, gibt es denn nun wirklich. Was setzen Geheimdienste derzeit ein, welche Risikobereiche haben wir in einem Cyberkrieg? Was bedeutet das für die Menschen und ihre Infrastruktur? Unzählige Fragen die ich für mich selbst beantworten kann – aber über die eine Vielzahl von Leser gar nicht nachdenken möchte, oder will.

In dem Titel : „NSA“ gab es unglaublich viele Variationen die Geschichte wirklich interessant und spannend zu gestalten, stattdessen fokussiert man sich auf blasse Protagonisten deren Schicksal nicht nahegeht. Auch hier pure Eindimensionalität.

Fazit

„NSA“ von Andreas Eschbach ist ein netter Unterhaltungsroman für eine nette naive Zielgruppe von Lesern, die es noch nicht verstehen, dass die Welt an den Ränderns des Displays ihrer Handys etwas größer ausfällt als gedacht.

Spannung nicht wirklich – Nachhaltige Botschaften ? Nichts neues....
Chancen verpasst – ein Titel der mich persönlich enttäuscht hat und den ich nicht empfehlen kann.

Michael Sterzik





Samstag, 25. Mai 2019

1793 - von Niklas Natt och Dag


2017 veröffentlichte der schwedische Journalist Niklas Natt och Dag seinen historischen Kriminalroman – „1793“ , der die Abgründe der Bellmann-Epoche aufzeigt. Der Spross einer Adelsfamilie konnte seinen Debütroman in über 30 Länder verkaufen.

In Deutschland wurde der Titel: „1793“ – im Verlag Piper in diesem Frühling veröffentlicht. Der Plot ist im Grunde aus der Schublade entnommen. In Stockholm wurde im Jahr 1793 in der Kloake eine brutal verstümmelte Leiche gefunden. Das Opfer muss schwer gefoltert worden sein – Arme, Beine, sind amputiert, die Leiche weist ebenfalls schwere Verstümmlungen im Gesicht auf: Zunge und Augen wurden herausgeschnitten. Die Ermittlungen werden von dem tuberkulösen Juristen Cecil Winge und dem im Kriege verstümmelten Veteranen Jean Michael Cardell aufgenommen. Wer tötete diesen jungen Mann – und entfernter mit chirurgischer Präzision seine Glieder in einer Reihenfolge...?

Niklas Natt och Dag zeigt Stockholm im Jahre 1793 in einer verstörenden Atmosphäre. Eine verzweifelte Düsternis, die man förmlich schmecken kann. Die sozialen Strukturen sind eindringlich erzählt: Schmutzige Gassen, Spelunken die Verbrecher und Verzweifelte Menschen aufsogen und ausspucken. Brutale Schlägereien , Betrügereien – das dunkle Stockholm zeigt wie Menschen ähnlich wie Ratten in heruntergekommenen Absteigen hausen.

Diese verzweifelten Nebengeschichten und Schauplätze gehen unter die Haut. Faszinierender Ekel – ein Effekt, den man beim lesen nicht aus dem Weg gehen kann. Eine menschenverachtende Brutalität und Details von Opfern, Folterungen, Kämpfen und sowieso Verbrechen, die mit dem Lachen der Täter erzählt werden, das nur schwer zu begreifen ist. Gesetz und Recht – hier regiert die Korruption, der Einfluss der Mächtigen, dass Geld und der Adel – konsequent und bedingungslos.

„1793“ ist kein Roman, den man in einem Stück entspannt ohne viele Pausen durchlesen kann. Im Gegenteil, die schroffe und kompromisslose Schilderung von Leben und Tod lassen es zu, dass man das Buch immer mal wieder weglegen muss, um kurz durchzuatmen.

Spannung ist dieser historische Kriminalroman allemal. Die beiden Charaktere Cecil Winge und Jean Michael Cardell sind gut eingebaut – auch sie sind versehrte Menschen in dieser Gesellschaft, die rücksichtlos ihre Ellenbogen einsetzen. Typische Antihelden – die sich ergänzen und nur zusammen einen Erfolg erzielen können. Eine Sympathische und freundliche Grundlange bieten die beiden nur sehr bedingt.

Der Roman ist in vier Perspektiven aufgebaut. Im ersten Teil von „1793“ konzentriert sich die Handlung, auf die Einführung der beiden Ermittler und dem Leichenfund.
Die beiden weiteren Teile behandeln den Hintergrund des Opfers und stellen auch den manipulierten Folterer in den Vordergrund. Diese beiden Episoden sind hoch dramatisch erzählt – Mitleid und Verständnis finden sich beim Lesen ein, oder auch nicht. Was bleibt? Viele Szenen die sich nachhaltig einbrennen – abstoßend faszinierend.

Auch der dritte Teil handelt von dem Schicksal einer jungen Frau, die wegen Hurerei zu einer Strafe in einer Spinnerei verurteilt wird. Ein Sittengemälde das verlogen ist – eine Erzählung von Wächtern und Pastoren, die ihren Hass instrumentalisiert ausleben.

Der vierte Teil verbindet alle Anfänge und losen Enden und ergeben mit dem Motiv des Täters einige Überraschungen, mit der man nicht gerechnet hat.
„1793“ ist eine dunkle Geschichtsstunde aus Schweden. Ich empfehle dringend, dass Nachwort des Autors zu lesen. Der Roman ist eine „Höllenfahrt“ – die leider sehr auf sehr realistischen Fakten beruht.
Als Debütwerk absolut faszinierend. Ob ein zweiter Teil das Grauen und die Verzweiflung noch zu steigern vermag, ist zweifelhaft. Niklas Natt och Dag (Nacht und Tag) könnte vielleicht zukünftig mit etwas mehr Tageslicht arbeiten. Stockholm hat bestimmt auch seine historischen, schöne Seiten – die es erzählen gibt. Nein – kein Glanz, Gloria und Glimmer – dass würde aktuell zu dem Stil des Autors absolut nicht passen.
Fazit
„1793“ ist ein historische „Sin City“. Ein verzweifeltes Stockholm mit verzweifelten Ermittlern lässt keine weitern Zweifel zu. „1793“ ist anders – aber ein hochspannender Pageturner der beeindruckt und fasziniert. Absolute Leseempfehlung.
Michael Sterzik