Samstag, 28. März 2020

Die Meisterin - Der Beginn - Markus Heitz


Der deutsche Autor Markus Heitz ist eine feste Größe, wenn man sich über Titel im Genre Fantasy unterhalten möchte. Seine Reihe „Die Zwerge“, oder die düstere Serie, die mit „Ritus“ startete, begeistere viele Leser und reanimierte auch die „urbane“ Fantasy, die durchaus manchmal düster wurde.

In diesen Reihen tummelten sich eine Vielzahl von Kreaturen der Nacht – Vampire, Werwölfe, Wandler, Dämonen und viele Wesen aus der Sagen- und Legendenwelt.
Nun hat Markus Heitz den Auftakt zu einer neuen Reihe  veröffentlicht – Die Meisterin – Der Beginn. Das Besondere an dieser Reihe ist, dass der erfolgreiche Autor, die Genre „Historische Romane“ und „Fantasy“ kombiniert. Des weiteren gibt es natürlich auch neben den mystischen Elementen, viel Action und Spannung.

Als Basis seiner Storyline dient eine unsterbliche Henkerstochter, die sich auf die Medizin fokussiert hat, und nicht der alten Familientradition -  möglichst trefflich Verbrechern einen Kopf kürzer zu machen, oder Schmerz und Leid in einer peinlichen Befragung, der Folter zu unterziehen. Die Geschichte spielt primär in der Gegenwart – und wen wundert es noch, als Schauplatz wurde die schöne Stadt Leipzig gewählt. Aber vorsichtig – die muntere Meisterin der Heilkunst kann sich auch verteidigen und Töten, wenn sie dazu gezwungen wird.

Die Berufsgruppe, der Henker, Scharfrichter, Nachrichter umgibt eine mörderische, tödliche Aura. Immer schon und prädestiniert dafür sich neben dem historischen Aspekt, auch in einen Stammplatz in der bunten, vielfältigen Welt der Fantasy zu verschaffen. Der Tod war ihr Geschäft, aber neben dem professionellen Töten verstanden sie ebenfalls für ihre Zeit sehr viel von der Anatomie, der Medizin, und der klassischen Naturmedizin. Ein Balanceakt – der nicht nur dem Henker und seiner Familie viel abverlangte, waren sie doch sowieso schon durch das Töten stigmatisiert und von der Gesellschaft zum größten Teil ausgeschlossen. Es waren keine ungebildeten Menschen und sie verdienten gar nicht schlecht am Töten und verstümmeln, doch psychisch und physisch zerbrachen auch viele an ihrem Beruf.

In Rückblenden schildert Markus Heitz private und berufliche Situationen dieser Henker und gibt dem Leser somit einen kleinen, aber historisch recht genauen Einblick in diesen Berufsstand.

Markus Heitz bedient sich bei „Die Meisterin“ vielen Elementen – selbst die Kirche – der Vatikan, darf an der Story teilnehmen – schließlich sind diese ja die „Guten“. Ein Kreuzzug der Kirche gegen die dunklen Kreaturen der Nacht – man darf gespannt sein, wie das weitergehen mag. Ich persönlich hätte diesen Handlungsstrang stärker ausgebaut.

Seit Jahrhunderten bemüht sich die Heilerin Geneve Cornelius um Neutralität in der ewigen Fehde ihrer Familie mit der Scharfrichter-Dynastie der Bugattis. Doch dann wird ihr Bruder im Hinterhof eines Londoner Pubs brutal enthauptet. Ein Racheakt, der den uralten Zwist zwischen den Scharfrichter-Familien Bugatti und Cornelius anfachen soll – so scheint es zumindest.

Denn zur gleichen Zeit häufen sich in Geneves Heimatstadt Leipzig unheimliche Vorfälle. Die Anderswelt mit ihren mystischen Kreaturen ist in Aufruhr. Die unsterbliche Heilerin ahnt, dass ihr eine Entscheidung bevorsteht: Behält sie ihre Neutralität bei oder nimmt sie gegen all ihre Überzeugungen den Kampf gegen die unbekannte Bedrohung auf und findet dabei vielleicht den Tod? (Verlagsinfo)

Der Mix aus den verschiedenen Genre passt gut. Die Spannung ist fast immer vorhanden, die Personen und Kreaturen betreten abwechselnd die verschiedenen Handlungsstränge – sowie in der Vergangenheit – wie auch in der Gegenwart.

„Die Meisterin“ ist ein wirklich temporeicher Roman, der Spaß macht und eine gute Unterhaltung bietet. Nicht die Handlung – diese Fehde ist der eigentliche Point of Action, sondern die Protagonisten – egal ob nun menschlich, oder unmenschlich – sie faszinieren und schicken die Handlung in die zweite Reihe.

Inhaltlich stark erzählt – finde ich die historische Komponente als leider zu vernachlässigt. Schade – ich hätte es gerne gesehen – wenn die Gegenwart und Vergangenheit zu gleich großen Teilen erzählt worden wäre.

Fazit

„Die Meisterin – Der Beginn“ von Markus Heitz ist ein starker Auftakt zu einer Reihe, die richtig „Groß“ werden könnte. Spannend und vielseitig – ein Mix der überzeugt und viel Lust auf mehr macht.

Michael Sterzik

Freitag, 20. März 2020

Die Wächter - John Grisham


Das amerikanische Justizsystem – viel gelobt und auch stark kritisiert. Wenn Menschen urteilen, können ihnen Fehler unterlaufen. Aber genau diese Fehler können sich auf den Verurteilten dramatisch auswirken, gar den Tod bedeuten, oder noch schlimmer – das lange, quälende Warten auf die Todesspritze, oder einen Aufschub der Hinrichtung. Ist ein verurteilter von Rechts wegen immer schuld?!

In den USA sitzen mehr als 1600 Häftlinge in den Todeszellen und warten manchmal 10 Jahre, oder mehr auf ihre Hinrichtung. Statistisch gesehen könnten davon ca. 4% unschuldig sein. Belegt ist jedenfalls seit 1973 wurden mindestens 340 Menschen hingerichtet, die nachgewiesen unschuldig waren. Erschreckend.

John Grisham ist selbst Anwalt und seit Jahrzehnten ein erfolgreicher Anwalt. In seinen Romanen thematisierte er ganz unterschiedliche, rechtliche Gebiete und verpackte diese spannend und informativ. John Grisham befasst sich in seinem neuesten Titel: „Die Wächter“ mit der Todesstrafe, bzw. potentiellen Justizopfern, die ihre Unschuld beteuern.
In Seabrook, Florida wird der junge Anwalt Keith Russo erschossen. Der Mörder hinterlässt keine Spuren. Es gibt keine Zeugen, keine Verdächtigen, kein Motiv. Trotzdem wird Quincy Miller verhaftet, ein junger Afroamerikaner, der früher zu den Klienten des Anwalts zählte. Miller wird zum Tode verurteilt und sitzt 22 Jahre im Gefängnis. Dann schreibt er einen Brief an die Guardian Ministries, einen Zusammenschluss von Anwälten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, unschuldig Verurteilte zu rehabilitieren. Cullen Post übernimmt seinen Fall. Er ahnt nicht, dass er sich damit in Lebensgefahr begibt. (Verlagsinfo)

Auch wenn dieser Roman mit seiner Handlung, seinen Protagonisten fiktiv ist, so befasst sich John Grisham mit vielen kontrovers diskutierten Themen, die polarisieren. Neben der Frage: „Schuldig oder Unschuldig“ geht es auch um politische Themen, es geht um Rassismus, um einen konservativen, moralischen  Kompass, und um die Manipulation und dem Versagen dieses Rechtssystems.

Erzählt wird die Handlung aus der Sicht des ehemaligen Priesters und jetzigen Anwalts Cullen Post. Ein idealistisch handelnder Mensch der Mitarbeiter der kleinen Kanzlei „The Guardians“ ist.

John Grisham schleudert den Leser mitunter in den Todestrakt, lässt ihn mit Cullen Post Beweise suchen und nimmt an spannenden Dialogen teil, z.B. wenn sich jemand nach Jahrzehnten für seine Falschaussage im Gericht entschuldigt. Wir erfahren viel von den dunklen, trüben Gewässern einer Schuld oder Unschuld.

Als des „Teufels Advokat“ kann man Cullen nicht bezeichnen, aber auch er interpretiert die Suche nach Beweisen für die Unschuld seiner Mandanten sehr grenzwertig. Nichtsdestotrotz ist ein Kampf auf Leben und Tod – und manchmal wird es halt auch sehr zeitkritisch. In „Die Wächter“ können wir ebenfalls einen intensiven Blick auf die Prozesslandschaft werfen: Zuständigkeiten, die Argumentation von Staatsanwälten und ehemaligen Verteidigern, Berufungen um ein Wiederaufnahmeverfahren einzusteuern und vieles mehr.

Cullen Post ist vielleicht das einzige Element in der Handlung, dass man etwas kritisieren kann. Zu typisch aufgesetzt – zu idealistisch dargestellt – aber im Grunde auch nicht unglaubwürdig. Er hat ein wenig von dem Ritter in einer traurigen Gestalt. Das macht ihn weder sympathisch, noch abstoßend – er ist da ….ja und!?

Vielmehr faszinierend aufgezeigt und das sehr spannend, sind die Schwach- und Sollbruchstellen im Justizsystem der Vereinigten Staaten. Und Fakt ist – der Fehler in diesem System ist der Mensch – der nun mal fehlbar ist. Sehr emotional wird auch geschildert, was der mutmaßliche Täter erdulden musste, sei es vor Gericht der Willkür von korrupten Polizeibeamten standzuhalten, oder von der eigenen Familie verraten und verkauft worden zu sein. Spannend – traurig und lässt einen oft nachdenken über ein Pro- und Contra dieses Justizsystems. Selbst am Ende des Romans – mag ich mir hier kein Urteil bilden wollen.

Die Handlung ist atmosphärisch fesselnd und insgesamt sehr, sehr spannend. John Grisham ist bekannt dafür, dass die Bühne für seine Handlung, auch wenn sie fiktiv sein mag, sehr realistisch überzeugt.

Die Hauptrolle in dem Roman spielen nicht die menschlichen Protagonisten, sondern Justitia – eine spröde, manchmal langweilige, aber letztlich endliche Göttin des Rechts. Aber auch „Götter“ werden von Menschen gelenkt und manipuliert.

Fazit

„Die Wächter“ ist einer der spannendsten und stärksten Bände von John Grisham. Fragen aufwerfend – Ergreifend inszeniert – mit guten und vielschichtigen Dialogen und einer Aura, die überzeugt. Ganz starker Titel. Unbedingt lesen.

Michael Sterzik

Samstag, 14. März 2020

Im Zeichen des Löwen - Daniel Wolf


Die Friesen ein germanischer Volksstamm im Norden von Deutschland und den Niederlanden. An der rauen Nordsee haben die bodenständigen Menschen im Laufe der Jahrhunderte gelernt mit den Gezeiten und mit immer wiederkehrenden, brachialen Sturmfluten zu leben. Bis zum Aufstieg der Hanse waren die Friesen erfolgreiche Händler und verstanden viel vom Schiffsbau und der Seefahrt.
Sie waren freie Männer, kein König regierte dieses selbstbewusste Volksgrüppchen.
Aus den eigenen Reihen wählten sie einen der ihren zum Richter. Also so etwas wie einen Adel gab es zwar, aber letztlich waren sie unabhängig, wie die Nordsee. Sie waren Christen, zollten aber ihren alten „Göttern“ noch Respekt und Achtung Der Fischfang, der Handel mit Salz und Bernstein, aber auch Ackerbau und Viehzucht hinter dem schützenden Deich, sicherten ihre Versorgung.
Christoph Lode hat unter seinem Pseudonym Daniel Wolf einen historischen Roman geschrieben – Im Zeichen des Löwen . Es ist der Auftakt zu einer neuen Reihe – der „Friesen Saga“. Bekannt wurde „Daniel Wolf“ mit seiner historischen „Fleury-Saga“, die noch immer sehr erfolgreich ist und sich im Genre „Historischer Roman“ einen Namen machte.
Die Erwartungshaltung ist hoch. Ja -. Ein Mittelalterlicher Roman – aber offensichtlich ohne das klassische Rittertum, ohne Kriege und andere Klischees!? Die Bühne ist vorbereitet für die Friesen, für den Handel, der Seefahrt und der Geburtsstunde der einflussreichen Hanse. Kann das spannend werden? Packend? Erfolgreich?
Friesland 1351: Schiffe zu bauen – das war schon immer der Traum des junge Zimmermanns Jann Wilken. Mit seinen genialen Ideen will er die Seefahrt revolutionieren und sich in den Häfen der Hanse einen Namen machen. Aber Jann hat es nicht leicht. Er ist der uneheliche Sohn des mächtigen Wilke Tammen Osinga, der den Bastard verabscheut und täglich erniedrigt. Der jähzornige Wilke führt eine Blutfehde gegen seinen Erzfeind Enne Rycken und zieht seine Söhne in den Konflikt hinein. Jann ist seit langem heimlich in seine Jugendfreundin Jorien verliebt. Doch als er ihr endlich seine Gefühle gestehen will, wird sein Dorf von Enne angegriffen, und es kommt zur Katastrophe ...(Verlagsinfo)
Christoph Lode – Daniel Wolf, hat vor der Fleury-Saga „Fantasy-Romane geschrieben, doch nun ist er literarisch gewachsen, sein Talent für den „Historischen Roman“ ist nicht nur allzu offensichtlich - mit „Im Zeichen des Löwen“ katapultiert er sich in den Olymp der deutschen Autoren, die sich diesem Genre verschworen haben.
„Im Zeichen des Löwen“ zeichnet sich nicht nur durch eine imposante, anhaltende Spannung aus, sondern überzeugt mittels so vielen überraschenden Wendungen, die den Roman atmosphärisch und selbstbewusst emporheben. Es ist natürlich auch eine Familiensaga, in der die klassischen Elemente nicht fehlen dürfen. Doch trotzdem hebt sich „Im Zeichen des Löwen“ von vielen anderen Romanen ab. Daniel Wolf erzählerischer Stil ist souveräner, bestimmter und selbstbewusster geworden. Das ist auch gut so – denn nur so gelingt es Spannung zu transportieren die zu fesseln vermag.
Familienfehden hin oder her – die Charaktere sind allesamt großartig. Der Wechsel der handelnden Charaktere ist gut strukturiert. Die Nebenfiguren stehen nicht weitab im Schatten, sondern unterstützen wo sie nur können. Liebe –Action – Freud und Leid – dürfen nicht fehlen und sind ebenfalls gut eingefügt.
Die Anzahl der Hauptfiguren ist übersichtlich und wirkt konzentriert. Neben dem Handel spielt natürlich an der Küste – die Seefahrt und der Bau der großen Handelsschiffe – der Koggen eine wichtige Rolle.
Der Roman spielt in den Anfängen des Hansebundes – aber konzentriert sich nicht auf die Städte und Regionen die maßgeblich dafür stehen. Mittelpunkt sind die Friesen – ihre Kämpfe untereinander, aber auch ihren Kampf gegen die Elemente, die immer wieder ihre Existenz überfluten können.
Der fast 1000seitige starke Band ist eine literarische Droge, die eine Abhängigkeit schnell herbeiführt. Um mich noch einmal zu wiederholen. Selten habe ich einen Roman gelesen – dessen Handlung mich phasenweise sehr überraschte, weil ich mit etwas völlig anderen gerechnet habe.
Doch es gibt auch einige Ansätze, die man hätte starker ausbauen können. Die Seefahrt – die Hanse – den Handel. Die Fehde zwischen den beiden friesischen Familien ist der „Point of Action“. Ich hätte gerne noch mehr über die Seefahrt und den Handel erfahren, aber das ist meine nur ganz persönliche Meinung.
Daniel Wolf hat sich als Autor weiterentwickelt – ist bereit etwas auszuprobieren und löst sich von den klassischen Elementen, die dem Vielleser fast schon inflationär in den Romanen rund ums Mittelalter begegnen.
Fazit
„Im Zeichen des Löwen“ geht Daniel Wolf nicht nur mit der Seefahrt neue Wege. Die Friesen sind ein bisschen, dass unentdeckte Land, dass man erforschen möchte. Schon jetzt gehört „Im Zeichen des Löwen“ zu einem der Romane, die man 2020 lesen sollte.
Auf zu neuen Ufern Herr Wolf. Brillante Wendungen – tolles Seeting – es geht vielleicht noch ein wenig besser – aber viel fehlt nicht mehr zum Perfektionismus
Michael Sterzik

Samstag, 29. Februar 2020

Wolves - die Jagd beginnt - Daniel Cole


„Wolves“ – von Daniel Cole erschienen im Ullstein Verlag ist der dritte Band aus der Ein New-Scotland-Yard-Thriller. Nach „Ragdoll“ und „Hangman“.

Die ersten beiden Bände handelten jeweils von einem Serienmörder. Schauplätze waren London im ersten Band und im fernen New York spielt sich der zweite Band „Hangman“ ab. Der vorliegende unterscheidet sich schon aus dem Grund, dass ein Polizist getötet wurde – ob nun durch eigenes oder fremdes Verschulden – es geht um einen der ihren, nicht um einen Ausstehenden der in Serie mordet. Alleine schon aus diesem Aspekt, sind die Handlung und ihre Figuren eingeschränkt. Das nimmt auch der eigentlichen Spannung, die man aus den beiden Vorgängertiteln kennt, viel Raum. Der Kreis der möglichen Täter ist sowieso damit ebenfalls eingeschränkt. Stellt sich dann natürlich welcher „Freund“ könnte der eigentliche „Feind“ sein!?

Ein toter Mann liegt in einem Zimmer, eine Pistole in der Hand. Tür und Fenster sind von innen verriegelt. Selbstmord, offensichtlich. Wäre der Tote nicht der ehemalige Polizist Finlay Shaw. Und wäre Finlay Shaw nicht der väterliche Freund von William „Wolf“ Fawkes. Denn der will es einfach nicht glauben. Mit der Kraft des Verzweifelnden kämpft er gemeinsam mit Emily Baxter gegen das Offensichtliche. Erfolglos. Zunächst. Bis Wolf etwas entdeckt. Der Tod Finlays könnte mit einem spektakulären Drogenfund in Verbindung stehen, der ihn vor 37 Jahren zum Helden machte. Aber Helden sind entweder unsterblich oder werden ermordet. Und selten von einem Feind…(Verlagsinfo)

„Wolves – die Jagd beginnt – ist auch ein Roman, der sich selbst nicht ungemein ernst nimmt. Obwohl die Handlung wenig spannende Elemente bereithält, ist diese doch munter unterhaltsam. Die Dialoge und Wortspielchen der Figuren beweisen den spitzbübischen Humor von Daniel Cole, es darf also auch mal mehr gelacht, als mitgefiebert werden. Die Story ist in zwei Zeitfenstern unterteilt – einmal die Gegenwart und natürlich die Vergangenheit – die zweifelsfrei schon früh ausspricht was man eh vermutet. Wenn schon wenig Spannung, dann halt viel Humor und ebenso viele Meinungsverschiedenheiten, Missverständnisse, und Abhängigkeiten zwischen den Figuren – darin liegt die eigentliche Stärke des Romans.

Die Ermittlungen sind ein wenig von „die mit dem Wolf tanzen“ – dadurch, dass man früh weiß, wer der Täter ist – es kommt nicht mal zu einem Ausschlussverfahren, dreht sich alles um William „Wolf“ Fawkes – der mitunter eine absolute Nervensäge ist und der Geschichte den wirklich Antrieb gibt.

Ich hoffe, dass die Reihe weitergeführt werden, denn nach diesem dritten Band, hat man die skurrilen Charaktere doch etwas liebgewonnen und alleine schon aus dieser Quelle heraus, könnte man die Reihe bitte fortführen. Aber dann bitte etwas konsequent dramatischer und vor allem spannender – dass das geht hat Daniel Cole in „Ragdoll“ und „Hangman“ schon unter Beweis gestellt.

Fazit
„Wolves – die Jagd beginnt“ von Daniel Cole ist einer der witzigsten Thriller, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Die Spannung wurde mit Humor ausgetauscht, die Figuren und deren Wortgefecht sind originell und amüsant. Zielscheibe einer Spannenden Story vollumfänglich verfehlt – aber der Unterhaltungswert ist absolut in Ordnung.  Wie wäre es denn mal mit einer Kombination!?

Die Reihe ist insgesamt gut zu empfehlen. Lesen.

Michael Sterzik

Donnerstag, 27. Februar 2020

Abgefackelt - Michael Tsokos


Das Untergenre „True Crime“ im Ressort Thriller, erfreut sich in der Belletristik für überaus sehr erfolgreiche Romane und darüber hinaus stattliche Verkaufszahlen. Da das Leben wie bereits bekannt, die besten Geschichten schreibt, warum also halt machen vor den tiefen Abgründen unserer (Un)Menschlichkeit?! Morbide ist es ja schon etwas, wenn man von wahren Verbrechen liest, bei dem uns ein Schauer über den Körper fährt, oder wir doch mal voller Teilnahme den Kopf schütteln, um anschließend mal kurz tief durchzuatmen.

Prof. Dr. Michael Tsokos leitet seit 2007 das Rechtsmedizinische Institut für Rechtsmedizin der Charité und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin. National und International ein detektivischer Experte, ein „Aufschneider“ der dem Tod jeden Tag auf dem Seziertisch begegnet –- vielleicht als Virus, oder Bakterie getarnt und verantwortlich, aber Gevatter Tod war schon immer originell und versteht sich als wahrer Bühnenstar.

In seinem neuesten Titel: „Abgefackelt“ – der zweite Band um den Rechtsmediziner Paul Herzfeld, lässt er nichts anbrennen.

Rechtsmediziner Paul Herzfeld steckt sein letzter Fall noch in den Knochen, weshalb er vorübergehend von Kiel nach Itzehoe auf eine vermeintlich ruhigere Stelle in der Pathologie versetzt wird. Doch die dortige Ruine des Klinikumarchivs zeugt von einem Flammenmeer, in dem nicht nur tausende Akten und Gewebeproben dem Feuer zum Opfer fielen, sondern auch Herzfelds Vorgänger in der Pathologie den Tod fand. Ein Todesfall mit zu vielen Ungereimtheiten, wie Herzfeld findet. Und je weiter er nachforscht, desto klarer wird, dass er einem Skandal ungeheuren Ausmaßes auf der Spur ist. Die Gesundheit der Bevölkerung Norddeutschlands ist ernsthaft bedroht. Seine Ermittlungen auf eigene Faust bleiben nicht lange unentdeckt, denn bald verfolgt ihn eine eiskalte Killerin auf Schritt und Tritt. Ihr Mordwerkzeug: eine Drohne. Ihr Lieblingsspielzeug: Feuer.

Während immer mehr Leichen auf Paul Herzfelds Sektionstisch landen, bringen seine Nachforschungen den Rechtsmediziner erneut in akute Lebensgefahr. (Verlagsinfo)
Der vorliegende Band ist zeitweiser ruhiger erzählt. Nicht so dramatisch, nicht so viel an Spannung die sich präsentiert, obgleich der Unterhaltungswert absolut stabil ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass unsere Erwartungshaltung sehr hoch ist. Die Romane von Michael Tsokos erreichen eine Unterhaltungsqualität, die in diesem Genre „True Crime“ durchaus mit am meisten überzeugt – also kann es ruhig, etwas ruhiger zugehen.

Nichtsdestotrotz nimmt man Paul Herzfeld die Rolle des posttraumatischen, gestressten Verbrechensopfers nicht ohne weiteres ab. Seine private Situation, sowieso schon angespannt, könnte in einer nicht allzu kurzen Zeitspanne implodieren. Und der gute Rechtsmediziner ist inzwischen ein Profi, wenn es darum geht sich und andere in Lebensgefahr zu bringen. Alle Achtung.

Wie in vielen anderen Thrillern des Autors zuvor, hat dieser viele tatsächlich geschehene Ereignisse faktisch gut interpretiert in seiner Handlung für „Abgefackelt“ verwendet. Im Nachwort geht Prof. Dr. Michael Tsokos darauf ein.

Fazit

„Abgefackelt“ ist der zweite Teil der Reihe und wie gesagt etwas ruhiger, aber das Ende wirft schon große Schatten auf den dritten Teil und dieser wird, dass kann man vermuten persönlicher und drastischer werden für Dr. Herzfeld. Die Spannung pausiert also nur etwas – oder bereitet sich auf den absoluten Höhepunkt vor.

Michael Tsokos fackelt nicht lange – die Lunte für Teil 3 brennt und könnte vermutlich ein Pageturner werden.

Michael Sterzik



Samstag, 22. Februar 2020

Finsterthal - Linus Geschke


Ein Jahr nach dem großen Erfolg des Thrillers „Tannenstein“ von Linus Geschke, ist nun der zweite Teil um den Ex-Polizisten Alexander Born – „Finsterthal“ im Verlag dtv veröffentlicht worden.

In den vielen Genre innerhalb der Belletristik gibt es wie in einem klassischen Kriminalroman, als auch in einem spannenden Thriller zumeist einen soliden, souveränen Abklatsch der Charakterzeichnung. Die Rollenverteilung ist zumeist ein Klischee – hier die Helden – dort die Bösewichter. Einfach, oder?! Zu einfach – was zählt ist die individuelle Perspektive der Protagonisten, deren Vergangenheit, deren Umfeld, deren Motivation und schon ist das „Leben“ alles andere als bloß Schwarz/Weiß. Die Abstufungen und Grauzonen dieser persönlichen Einstellungen lassen es dann zu, dass man als Leser eine emotionale Bindung eingeht, ob nun positiv oder gar negativ ist dann auch egal – aber man kann sich wenig davor nicht einfangen lassen.

Schon in Roman „Tannenstein“ lässt der Kölner Autor Linus Geschke seinen Figuren erheblich viel Raum um sich zu entfalten. Immer wieder Rückblicke, immer wieder erklärt sich in genau diesen Zeitfenstern, die Psychologie der Figur und sein Antrieb. Und siehe da: Es ist kompliziert.

In dem vorliegenden Band „Finsterthal“ ist es noch immer kompliziert. Im Punkto Spannung liegt er mit seinem Vorgänger gleichauf. Allerdings und jetzt wird es interessant – gehen die Figuren über ihre eigenen Grenzen. Rache, Leid, Verrat, Täuschung, Manipulation – wie weit darf man die Hölle betreten, bis der Teufel einem dem Ausweg verbaut und man sowieso die Hitze bevorzugt und der moralische Kompass durchdreht? Kommen wir zu den Wahrheiten und Lügen – jeder hat seine ganz persönliche Wahrheit und Perspektive und entweder belügt er sich am Ende oder die anderen, vielleicht auch gleich alle – sich selbst eingeschlossen!

„Finsterthal“ besitzt eine ganz eigene Atmosphäre. Nicht nur realistisch, sondern zieht die Figuren in eine Eskalationsspirale – am Ende „alles oder nichts“ mit dem Einsatz „All in“. Doch man kann in diesem spannenden Pokerspiel nicht einfach aussteigen. Der Einsatz ist mörderisch – der Preis hoch und mit Geld nicht zu bezahlen.

Wenn der Dunkle kommt, verschwinden Mädchen. Eins in Berlin, eins in Bayern und eins im hessischen Königstein. Nicht alle werden lebend zu ihren Vätern zurückkehren, die durch ein dunkles Geheimnis verbunden sind.
Nur widerwillig nimmt der kriminell gewordene Ex-Polizist Alexander Born die Spur eines Mannes auf, der sich Der Dunkle nennt. Anfangs geht er noch von ganz gewöhnlichen Entführungsfällen aus. Ein Täter, drei Opfer. Doch in diesem Fall ist nichts, wie es scheint, und hinter jeder Wahrheit verbirgt sich eine weitere. (Verlagsinfo)
Die Kunst des spannenden Erzählens hat Linus Geschke für sich in dieser Reihe perfektioniert. Konsequent und Kompromisslos lässt er seine Figuren leben, leiden und sterben. Es werden Opfer gebracht und später ist nichts mehr wie es vorher war. Die Seele ist vielleicht unsterblich – aber nicht unverletzbar – auch das wird Alexander Born zu spüren bekommen.
Einige Figuren aus „Tannenstein“ begegnet man wieder und diese positionieren sich schon für den dritten Teil, der 2021 erscheinen wird. Linus Geschke ist ein Trickser – und jemand der einen komplexen Plan verfolgt und damit stellt er schon jetzt die Weichen für die Fortsetzung. An diesem Punkt muss mal allerdings auch betonen – dass es wenig Sinn macht „Finsterthal“ unabhängig von „Tannenstein“ zu lesen. Zu vielschichtig sind die Beziehungskisten der Charaktere gegliedert.
In „Tannenstein“ war es der „Wanderer“ – in „Finsterthal“ der „Dunkle“. Linus Geschke besticht durch einfache, aber prägnante Namen – in denen eine atmosphärische Dunkelheit agiert und Duelle auf Augenhöhe geschehen.
Fazit
„Finsterthal“ ist ähnlich wie ein Scharfschütze – Tödlich – Passgenau - einschüchternd – ein endlicher Gegner, der Angst bereitet – kein finaler Rettungsschuss im Genre Thriller. Ein hemmungslos, entfesselter Thriller, der zeigt wie vielschichtig und spannend man seine Figuren entwerfen kann. Willkommen auf der dunklen Seite der Macht.
Prädikat: Ein Thriller – eine Reihe der Extraklasse – der sich zielführend bewegt und deren Ideen in naher Zukunft ein Vorbild werden kann. Unbedingt lesen.

Michael Sterzik


Mittwoch, 19. Februar 2020

Interview - Daniel Wolf - Im Zeichen des Löwen


Hallo Herr Lode,

Vielen Dank, dass Sie sich für das Interview etwas Zeit nehmen. Soeben ist Ihr neuester Roman: „Im Zeichen des Löwen“ veröffentlicht worden. Ich bin sehr gespannt auf Ihren neuesten Roman und freue mich ebenfalls was Sie zu erzählen haben.

Nach dem großartigen Erfolg Ihrer historischen Fleury-Saga erscheint nun der erste Band ihrer neuen Reihe – Im Zeichen des Löwen – die Friesen-Saga.
Da der erste Band in zur anfänglichen Blützeit der Hanse 1351 spielt – ist es schon auffallend, dass Sie sich dem „Handel im Mittelalter“ durchaus als einen Mittelpunkt Ihrer Geschichten sehen, oder!?

Handel im Mittelalter spielt in der Fleury-Saga eine wichtige Rolle, in meinem neuen Roman »Im Zeichen des Löwen« ist das Thema eher untergeordnet. Die Hanse bekommt einigen Raum im Buch, aber die politischen Aspekte sind für die Geschichte relevanter als die kaufmännischen. Wie hat es sich auf die Nord- und Ostsee ausgewirkt, dass eine nichtstaatliche Organisation wie die Hanse zu einer Macht aufstieg, dass sie es mit Fürsten und Königen aufnehmen konnte? Das fand ich beim Schreiben sehr spannend.
Und dann ist da natürlich das Thema Seefahrt, das untrennbar mit der Hanse verknüpft ist. Meine Helden sind diesmal keine lothringischen Kaufleute, sondern ostfriesische Schiffsbauer, und sie entwerfen Koggen für hansische Kaufherren. Das ist das zentrale Motiv der Friesensaga.

Die Hansezeit war ein Zeitraum des Seehandels, und schloss mitunter nicht nur die Deutschen Städte ein. Welche Länder wird der Leser ihres neuen Titels, bzw. in den späteren Romanen besuchen dürfen?

»Im Zeichen des Löwen« spielt hauptsächlich in Ostfriesland, in dem fiktiven Hafenort Warfstede, wo die Familie Osinga Schiffe baut. Daneben sind Bremen, Lübeck, Travemünde, Köln, das nordfriesische Rungholt sowie das norwegische Bergen wichtige Stationen der Geschichte. Das Meer ist ein weiterer Schauplatz: Meine Helden bereisen die Nord- und die Ostsee, den Öresund, das Kattegat, den Skagerrak.
Die Hanse wird immer im Schwerpunkt als gut organisierter Innen- und Außenhandel bezeichnet. Doch die Hanse war erheblich mehr als eine Wirtschaftsmacht. Welche Ereignisse werden neben dem Handel, der Politik, die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Städten und Ländern, und auch die Religion und Kultur eine Rolle spielen?

Im Mittelalter prägte das Christentum jeden Bereich des Lebens; es ist also gar nicht möglich, das Thema auszuklammern, wenn man einen Mittelalteroman schreibt. »Im Zeichen des Löwen« streift daher auch diverse religiöse Fragen, etwa die vergleichsweise spät erfolgte Christianisierung Ostfrieslands, der Umgang der Kirche mit Ketzern oder das Alltagsleben der Beginen. Religion steht aber nicht im Vordergrund.
Von der hansischen Geschichte sind insbesondere die sogenannten »Waldemarkriege«, also die militärischen Konflikte der Hanse mit Dänemark, in den Roman eingeflossen. Daneben spielt der Bremer »Bannerlauf« – eine gewalttätige Auseinandersetzung innerhalb der Bremer Bürgerschaft – eine kleine Rolle.


Herr Lode - Sie schreiben unter dem Pseudonym Daniel Wolf „historische Romane“ , haben aber in der Vergangenheit auch über das Genre „Fantasy“ gute Erfolge erzielen können. In welchem Genre fühlen Sie sich nun am wohlsten?

Definitiv im historischen Roman. Ich liebe das Genre und habe fest vor, noch viele Historienromane zu schreiben. Ob ich noch einmal zur Fantasy zurückkehre, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass ich in den kommenden Jahren andere Genres ausprobieren werde. Ein Krimi reizt mich am meisten – daran werde ich mich demnächst versuchen.
Schreiben Sie einfach drauf los – oder haben Sie von Anfang an einen Plan denn konsequent einhalten?!

Ich recherchiere zunächst gründlich für einen Roman und erarbeite ein Storyboard, also eine Zusammenfassung aller Szenen und Kapitel, das außerdem Informationen zu den handelnden Figuren und zu den Schauplätzen enthält. Daran orientiere ich mich beim Schreiben, aber das Storyboard ist keine Vorschrift, die ich sklavisch einhalte – mehr ein Kochrezept. Davon weiche ich beim Schreiben ab, wenn ich merke, dass die spontane Idee besser schmeckt.

Einen historischen Roman schreiben, heißt auch immer sich mit der „Geschichte“ auseinanderzusetzen. Wie recherchieren Sie und erleben Sie dabei auch mal „Überraschungen“ bei der Suche nach Ideen, Ereignissen und historischen Fakten?

Ich lese für die Recherche viele Fachbücher und -artikel. Darüber hinaus besuche ich nach Möglichkeit die Schauplätze und spreche mit Fachleuten über Detailfragen. Für »Im Zeichen des Löwen« beispielsweise war mein wichtigster Experte ein Namenforscher, der mich zu altfriesischen Personennamen beraten hat. Bei der Arbeit an der Fleury-Saga hat mich ein Spezialist für mittelalterliche Stadtgeschichte unterstützt.
Auf überraschende Fakten und spannende historische Details stoße ich ständig, das macht das Schreiben eines historischen Romans so interessant. Als ich für »Im Zeichen des Löwen« recherchierte, fand ich beispielsweise durch Zufall heraus, dass der päpstliche Inquisitor Walter Kerlinger zur Zeit der Romanhandlung Bremen besuchte. Dadurch ergaben sich für meinen Plot ganz neue Möglichkeiten.

Es gibt natürlich immer wieder Helden und Antihelden  - die „Guten“ und die „Bösen“ in einer immerwährenden Konfrontation. Gibt es bei den Charakteren in der neuen Reihe, die beides beinhalten?

Natürlich gibt es auch »Im Zeichen des Löwen« Gute und Böse, aber ich glaube, dass die Figuren insgesamt recht vielschichtig geraten sind und man viele Charaktere nur schwer in ein simples Gut/Böse-Schema einordnen kann. Ich bin gespannt, wie die Leser*innen das wahrnehmen.
Waren Sie als Schüler im Fach „Geschichte“ gut?

Ich war kein Überflieger, aber ich war ganz gut. Eine solide Zwei war meistens drin. Dass es selten für eine Eins gereicht hat, lag daran, dass – wie ich leider zugeben muss – meine Leidenschaft nur ausgewählten historischen Epochen galt. Das Altertum fand ich spannend, die römische Antike, den Ersten Weltkrieg, die NS-Zeit und natürlich das Mittelalter. Bei der Französische Revolution und beim 19. Jahrhundert dagegen ließ meine Begeisterung merklich nach ...

Werden Sie aktuelle Themen der Gegenwart in den nächsten Teilen Ihrer Reihe aufgreifen – die sich vielleicht vor Jahrhunderten ähnlich abgespielt haben? Verschiedene Geschäftsprozesse und Interessen? Militärische Ambitionen? Religiöser Fanatismus, dass Zusammenspiel und Leben anderer Kulturen? Lassen Sie solche Themen generell mit einfließen?

Das bleibt nicht aus. Ich beschäftige mich intensiv mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, sodass meine Ansichten dazu auch in die Romane einfließen – mal unbewusst, mal absichtsvoll. Aber immer dezent und zwischen den Zeilen, ich will die Leute schließlich unterhalten, nicht belehren.
Daneben finde ich es erstaunlich (und mitunter erschreckend), wie oft sich Geschichte wiederholt. Nehmen wir beispielsweise die Judenpogrome zur Pestzeit im 14. Jahrhundert und die aktuell grassierende Fremdenfeindlichkeit, die rassistische Gewalt in Deutschland und den Aufstieg extrem rechter Parteien: In beiden Fällen sind dieselben gesellschaftlichen Mechanismen am Werk. Diese Parallelen habe ich in meinem Buch »Die Gabe des Himmels« thematisiert.
Der neue historische Roman »Im Zeichen des Löwen« hat ebenfalls aktuelle Bezüge, aber diesmal sind sie indirekter, weniger offensichtlich. Es sei meinen Leser*innen überlassen, ihnen nachzuspüren.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Schreiben Sie jeden Tag und kann es passieren, dass Sie ganze Passagen einfach neu schreiben, weil die Figuren ggf. einfach nicht so reagieren, wie Sie eigentlich wollten?

Ich schreibe jeden Werktag, bis ich mein Pensum von mindestens 1500 Wörtern erreicht habe. Dafür brauche ich mal vier Stunden, mal acht. Das Wochenende ist frei – es sei denn, die Deadline dräut. Dann arbeite ich mitunter auch samstags und sonntags sowie länger an den Werktagen. Das ist zum Glück aber nur in der heißen Schlussphase eines Buches der Fall.

Ich gebe mich nie mit der ersten Fassung eines Textes zufrieden, ich überarbeite viel. Manchmal schreibe ich auch ganze Passagen neu, wenn die erste Version nicht funktioniert hat.

Die Schifffahrt und die Handelswege waren der Grundstein für den Erfolg der Hanse. Wie haben Sie sich auf den Roman vorbereitet? Haben Sie weitere Hansestädte besucht?

Zur Recherche habe ich mehrere Reisen unternommen. Ich war mehrmals in Ost- und Nordfriesland, in Bremen, in Lübeck und in Travemünde. In Wismar habe ich eine Fahrt auf der »Wissemara« mitgemacht. Die Wissemara ist ein originalgetreuer Nachbau einer spätmittelalterlichen Kogge, genauer gesagt ein Nachbau der vermutlich aus dem 14. Jahrhundert stammenden Poeler Kogge, die man 1999 bei der Insel Poel gefunden hat. Da der mittelalterliche Schiffsbau ein zentrales Thema des Romans ist, habe ich mir von der Fahrt nützliche Informationen über Koggen versprochen. Ich wurde nicht enttäuscht: Die Wissemara ist nicht nur sehr sehenswert. Die nette Crew hat außerdem meine Fragen zu mittelalterlichen Schiffen geduldig und kompetent beantwortet.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Eine Rezension zu Ihrem Titel werde in den nächsten Tagen veröffentlichten. 


Ich habe zu danken!

Michael Sterzik